Bankenrettung mit Drogengeld

Drogenbeauftragter der UN: Nicht nur staatliche Rettungspakete haben dem Finanzsystem im letzten Jahr über die Runden geholfen, sondern auch das Durchschleusen von Drogengeldern von über 350 Milliarden US-Dollar. – Wird in Afghanistan statt der Freiheit der Anbau von Opium verteidigt? UN: Drogengelder “ now a part of the official system” | Drucken |
Von Lars Schall

Der UN-Beauftrage in Sachen Drogen und Organisierter Kriminalität – Antonio Maria Costa – hat seine Anschuldigungen bekräftigt, dass das Finanzsystem nur unter Verwendung massiver Kapitalspritzen aus dem internationalen Drogenhandel vor dem Untergang bewahrt werden konnte.

Nachdem Herr Costa dies bereits Anfang des Jahres gegenüber dem österreichischen Magazin „profil“ erklärte (MMNews berichtete[1]), sagte er nunmehr dem in England erscheinenden Observer, dass er „Beweise gesehen“ habe, wonach auf dem Höhepunkt der letztjährigen Krise das einzige zur Verfügung gestanden habende “liquid investment capital“ aus dem Drogenhandel stammte.[2] In the second half of 2008, liquidity was the banking system’s main problem and hence liquid capital became an important factor.”

Die Beweise, von denen er spricht, weisen darauf hin, dass „…Inter-bank loans were funded by money that originated from the drugs trade and other illegal activities… There were signs that some banks were rescued that way.“

Wie schon bei seinem Interview mit “profil”, lehnte es Costa abermals ab, konkrete Namen zu nennen. Gleichwohl sagte er, dass Drogengelder “ now a part of the official system” seien.

Die Tatsache, dass Drogengeld, d. h.: high profit capital erst jetzt Teil des Finanzsystems ist, darf allerdings sehr stark bezweifelt und als bloße Rhetorik abgetan werden. Die pakistanische Bank of Credit and Commerce International (BCCI) beispielsweise war über zwei Jahrzehnte der “running gag“ des internationalen Drogenhandels.

Die BCCI operierte in über 70 Ländern, hatte über 400 Niederlassungen und verfügte über Einlagen von ca. 25 Mrd. US-Dollar. Dass sie im Drogenhandel involviert war, kam einem offenen Geheimnis gleich. Unter anderem finanzierte sie mit Billigung der CIA  die anti-sowjetischen Mudschahedin in Afghanistan während der 1980er Jahre.[3]

Dass die Finanzmittel u. a. aus dem Reinwaschen von Drogen-Cash stammte, schien nicht wirklich zu stören. Jedenfalls unternahm der damalige US-Finanzminister James Baker nichts, um die BCCI zu belästigen, “…because he thought a prosecution of the bank would demage the United States’ reputation as a safe haven for flight capital and overseas investments.“[4]

 

Michael C. Ruppert, ein ehemaliger Drogenfahnder des Los Angeles Police Departements, kommentierte die derzeitige Situation des internationalen Drogenhandels wie folgt, als er von MMNews im April diesen Jahres ausdrücklich danach gefragt wurde:

„Der globale Drogenhandel erwirtschaftete 2004 meiner Schätzung nach Jahresgesamterlöse von etwa 600 Milliarden US-Dollar. Das war gut, solange die unendliche Wachstumsblase zu funktionieren schien. Banken und große Unternehmen wie General Electric, AIG, Philip Morris, Citigroup, etc. liefen damals dem Drogengeld hinterher.  Europa war da keine Ausnahme.

Aber jetzt hat die Explosion der 700-Billionen-Dollar-Derivatblase alles verändert. Was 2001 wie ein Schmiermittel wirkte und eine weitere Ausdehnung der Blase ermöglichte, ist heute weniger als die monatliche Mindestzahlung bei einer Kreditkarte. Der Grund, warum es in den U.S.A. nun all diese Drogengewalt gibt, besteht meiner Meinung nach darin, dass die U.S.-Banken nach so viel illegalen Bargeld schreien, wie sie waschen können, um den monatlichen Mindestbetrag ihrer offenen Derivatkontrakte zu bedienen…

Wer weiß schon, wie viele Drogen derzeit konsumiert werden? Ich persönlich glaube nicht, dass es wesentlich mehr als vor fünf oder auch fünfundzwanzig Jahren sind. Ich habe umfassend darüber geschrieben — unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Studien — dass nur etwa 10 – 12 % einer jeden Bevölkerung suchtanfällig sind.

Der Rest der Menschen nimmt möglicherweise Drogen, sie werden aber niemals abhängig, weil sie einsehen, dass es nicht förderlich ist. Sie mögen es nicht. Man kann keine Süchtigen erschaffen, indem man mehr Drogen in eine Gesellschaft pumpt. Man kann nur diesen festen Prozentsatz versorgen, der suchtanfällig ist. Das ist es, was unter dem gegenwärtigen monetären Regime als Eigenbedarfsmarkt bezeichnet wird.“[5]

In Anbetracht dessen dünkt es „naiv“ und völlig zu kurz gedacht, wenn der Observer über die Aussagen von Antonio Maria Costa anmahnt:

“This will raise questions about crime’s influence on the economic system at times of crisis. It will also prompt further examination of the banking sector as world leaders, including Barack Obama and Gordon Brown, call for new International Monetary Fund regulations.”

Nicht gänzlich unangebracht scheint beispielsweise ein Verweis auf Afghanistan, den weltgrößten Produzenten von Opium. Seitdem die NATO-Truppen am Hindukusch sind, liegt der Verdacht nahe, dass dort eher der uneingeschränkte Opiumanbau verteidigt wird, mitnichten aber die Freiheit.

Die eingefahrenen Ernten befinden sich seit 2002 stetig auf Rekordniveau, da hilft alles offizielles Ableugnen der Fakten nichts. Die Gesamterlöse, um die es hierbei geht, bewegen sich in einer Größenordnung von ca. 200 Milliarden US-Dollar. Im letzten Jahr der Taliban-Herrschaft wurde der Opiumanbau dagegen komplett verboten, die Ernte vernichtet, und die Aussaat fürs nächste Jahr fand nicht statt. Nur auf dem Gebiet der Nordallianz gab es 2000/01 noch Opiumanbau auf den Feldern.

Weniger naiv dünkt dagegen, dass die Drogenkartelle weltweit zunehmend den US-Dollar meiden.[6] Wie Europol bestätigte, ziehen sie es immer mehr vor, mit 500 Euro-Noten statt mit 100-Dollar-Scheinen zu operieren. “The gangs no longer use $100 bills because €500 notes – the largest denomination of euro – take up less room when transporting large amounts of cash across the world.” Dass das auch damit zu tun hat, dass der Dollar im Wert sinkt, wird hier nicht erwähnt. Und dass es sich dabei keineswegs um einen neuen Trend handelt, ebenfalls nicht.

Immerhin schaue man sich an, was Mike Ruppert Anfang 2005 in Seattle dazu erzählte. Der wesentliche Teil diesbezüglich fängt ab Minute 06:55 an. Wie der Titel des Vortrages verlautbarte: “Denial Stops Here“. (—>www.youtube.com)

Quellen:


[1] Michael Mross: „Bankenrettung: Mit Drogengeld?“, veröffentlicht auf MMNews am 25. Januar 2009 unter: www.mmnews.de

[2] Rajeev Syal: “Drug money saved banks in global crisis, claims UN advisor”, veröffentlicht in The Guardian am 13. Dezember 2009 unter:http://www.guardian.co.uk

[3] vgl. John K. Cooley: „Unholy Wars: Afghanistan, America, and International Terrorism“, Pluto, London, 2000, Seite 116-117.

[4] Jonathan Beaty / S.C. Gwynne: „The Outlaw Bank: A Wide Ride into the Heart of BCCI Random House, New York, 1993, Seite 357.

[5] Lars Schall: „Die sinkende Titanic“, Interview mit Michael C. Ruppert, veröffentlicht am 29. April 2009 unter: http://www.mmnews.de

[6] Rajeev Syal / Mark Townsend: “Euros become currency of drug cartels”, veröffentlicht in The Observer am 6. Dezember 2009 unter: http://www.guardian.co.uk

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