Wenn Spin Realität wäre, würden wir in einer Erholung sein

Die Finanzjournalistin Nomi Prins hält der „wirtschaftlichen Erholung in den USA“ den Spiegel vor. “Wäre es nicht fantastisch, wenn Spin tatsächlich Probleme lösen könnte? Dann könnte man jedes Mal, wenn man eine Rede hielte, das Wort ‚Erholung‘ aussprechen, die negativen Daten ignorieren, und annehmen, dass die Märkte aufgrund einer generellen wirtschaftlichen Gesundheit obenauf sind, und nicht wegen einer massigen Infusion billigen Geldes, und so wäre es dann auch.“

Von Nomi Prins, Übersetzung Lars Schall

Nomi Prins wuchs im US-Bundesstaat New York auf und lebt heute in Los Angeles, Kalifornien. Nach ihrem Universitätsstudium der Mathematik und Statistik arbeitete sie für Chase Manhattan, Bear Stearns in London und als Managing Director bei Goldman Sachs an der Wall Street. Nachdem sie die Finanzbranche verließ, wurde sie eine herausragende Finanzjournalistin, die drei Bücher geschrieben hat, darunter das sehr zu empfehlende Werk “It Takes a Pillage: Behind The Bailout, Bonuses, and Back Room Deals from Washington to Wall Street”, das im September 2009 bei Wiley veröffentlicht wurde.

Sie ist ein Senior Fellow bei “Demos” (http://www.demos-usa.org/) in New York City, gab bislang zahlreiche TV-Interviews unter anderem auf BBC World, BBC, Russia TV, CNN, CNBC, CSPAN und Fox, und ihre Artikel erscheinen beispielsweise in der New York Times, Fortune, Newsweek, The Nation, The American Prospect sowie dem Guardian in Großbritannien. Ihre Website ist: http://www.nomiprins.com/. Die nachfolgende Übersetzung für LarsSchall.com wurde von Nomi Prins persönlich autorisiert. Siehe zusätzlich hierzu auch ein ausführliches Interview mit Nomi Prins, “Wir sind in keiner Erholung“, unter diesem Link:

http://www.larsschall.com/2011/03/05/wir-sind-in-keiner-erholung/

Wenn Spin Realität wäre, würden wir in einer Erholung sein

von Nomi Prins

Wäre es nicht fantastisch, wenn Spin tatsächlich Probleme lösen könnte? Dann könnte man jedes Mal, wenn man eine Rede hielte, das Wort „Erholung“ aussprechen, die negativen Daten ignorieren, und annehmen, dass die Märkte aufgrund einer generellen wirtschaftlichen Gesundheit obenauf sind, und nicht wegen einer massigen Infusion billigen Geldes, und so wäre es dann auch.

Es würde keine Rolle spielen, dass neue Eigenheimkäufe auf ihrem niedrigsten Niveau sind, seitdem die dazugehörige Berichterstattung im Jahr 1962 begann.

Es wäre in Ordnung, dass die Verkäufe existierender Eigenheime (die Anzahl der abgeschlossenen Transaktionen) über den Monat um 9,6% und 2,8% seit dem letzten Jahr gesunken sind.

Es wäre cool, dass anstehende Eigenheimverkäufe um 2,8% über den Monat und 1,5% gegenüber dem Vorjahr gesunken sind.

Es wäre ein Symptom der Erholung, dass der durchschnittliche Verkaufspreis für nicht-zwangsversteigerte Häuser bei $ 246.358 unter dem Niveau von 2003 liegt, und der für zwangsversteigerte Immobilien bei $ 169.965.

Es würde nur ein Zufall sein, dass 39% der Häuser, die im Februar verkauft wurden, notleidende waren (mit einem Abschlag verkauft), viele davon an Investoren, nicht an solche, die die Häuser am Ende bewohnen. Gegenüber zum letzten Februar ist das ein Antieg von 35%.

Es würde nichts mit der Wohnungsbausituation der Leute zu tun haben, dass Realty Trac, „der führende Onlinemarkt für zwangsversteigerte Häuser“, eine Top-Ten-Liste der Staaten mit “heißen“ zwangsversteigerten Eigemtumswerten unterhält (Ohio führt die Liste an – mit einer 43-igen “Zwangsversteigerungs-Einspar“-Quote für das “Investieren“ in zwangsversteigerte Eigentumswerte gegenüber dem Zahlen für nicht-zwangsversteigerte.)

Man könnte das Finanzministerium sein und ein „geordnetes“ Verkaufsprogramm ankündigen, um „bis zu“ $ 10 Milliarden pro Monat von den behördlich gewährleisteten $ 142 Milliarden an hypothekengesicherten Verbriefungen, die man im Portfolio hält, loszuwerden (und ja, man würde diese Verbriefungen weiter behördlich garantieren, was nichts mit dem Unterstützen ihrer Werte zu tun hat) – das sind die, die man als Teil eines Multi-Billionen-Rettungsplans für den Finanzmarkt kaufte, das „Stabilisierung“-Programm, das heißt: als man im Namen der Steuerzahler zu einem Hedge-Fonds wurde. Man müsste nirgendwo, in keiner Rede, je etwas von den über $ 4.1 Billionen an Schulden des Finanzministerums und anderer Behörden, die seit September 2008 aufgenommen wurden, erwähnen, denn was sind schon $ 4 Billionen, wenn man den Markt stabilisiert – im Namen der Steuerzahler.

Man könnte eine Mega-Bank sein, mit einem CEO, der auch ein erstklassiger NY Fed-Direktor (oder Jamie Dimon) ist, und seine neuen bald höhere Dividenden erhaltenen Aktionäre mit der Fähigkeit beeindrucken, Darlehensausfallvorschriften zu reduzieren, und das hätte nichts mit Rechnungslegungsvorschriften zu tun, die nicht erfordern, dass man die enorme Kluft zwischen den fiktiven Werten der Kredite und den ihnen zugrunde liegenden Sicherheiten (die realen Häuserwerte) oder die Unterstützung durch die Fed anerkennen muss.

Man könnte eine Mega-Bank (der oben genannten Sorte) sein, seinen zweiten Stress-Test mit Bravour bestehen, von der Fed zugesichert bekommen, dass keine Details des Tests öffentlich gemacht werden, und spröde tun, ob man sie offen legen will oder nicht.

Man könnte der Fed-Chef sein und die Vorstellung der Inflation von sich weisen, denn wenn man nicht die Kosten für Lebensmittel oder Benzin oder für die Krankenversicherung oder Kleider oder sonst etwas mit einem sportlich aufgeblasenen Preis zählen lässt, gibt es keine Inflation, und man kann dann mit dem Kauf, dem Halten oder Subventionieren der verschiedenen Formen der Verschuldung fortfahren, die die “Erholung“ aufrecht erhält.

Na ja, eigentlich, wenn man sich den Wohnungsmarkt oder die finanzielle Situation der Mehrheit der Kreditnehmer betrachtet, gibt es gar keine Inflation. Vielleicht ist Spin die Realität. Aber lassen Sie es mich wissen, wenn ich etwas verpasst habe.

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