Kapitän Offensichtlich (S & P) vs Kapitän Vergesslich (Tim Geithner)

Einerlei wer es auch ist: S & P, der US-Kongress, Finanzminister Geithner, Präsident Obama etc. – die Finanzjournalistin Nomi Prins wirft ihnen allesamt vor, über die eigentliche Ursache, warum sich die US-Wirtschaft stetig verschlechtert, hinweg zu lügen.

Von Nomi Prins, Übersetzung Lars Schall

Nomi Prins arbeitete nach ihrem Universitätsstudium der Mathematik und Statistik für Chase Manhattan, Bear Stearns in London und als Managing Director bei Goldman Sachs an der Wall Street. Nachdem sie die Finanzbranche verließ, wurde sie eine herausragende Finanzjournalistin, die drei Bücher geschrieben hat, darunter das sehr zu empfehlende Werk “It Takes a Pillage: Behind The Bailout, Bonuses, and Back Room Deals from Washington to Wall Street”, das im September 2009 bei Wiley veröffentlicht wurde.

Sie ist ein Senior Fellow bei “Demos” (http://www.demos-usa.org/) in New York City, gab zahlreiche Interviews unter anderem auf BBC World, BBC, Russia TV, CNN, CNBC, CSPAN und Fox, und ihre Artikel erscheinen in der New York Times, Fortune, Newsweek, The Nation, The American Prospect sowie dem Guardian in Großbritannien. Ihre Website ist: http://www.nomiprins.com/. Die nachfolgende Übersetzung für LarsSchall.com wurde von Nomi Prins persönlich autorisiert.

Siehe zusätzlich hierzu auch ein ausführliches Exklusiv-Interview mit Nomi Prins, “Wir sind in keiner Erholung“, unter diesem Link:

http://www.larsschall.com/2011/03/05/wir-sind-in-keiner-erholung/.


Kapitän Offensichtlich (S & P) vs Kapitän Vergesslich (Tim Geithner)

von Nomi Prins

Letzte Woche sabberte Präsident Obama auf nichts von Bedeutung in seiner Haushaltsrede herum. Ja, er sagte, er würde die Steuersenkungen für die Reichen zurückfahren und einige Off-Shore-Steuerschlupflöcher für Unternehmen schließen, aber beides sagte er (viele Male) zuvor und nichts von beidem geschah, also ist das in Bezug auf die Steigerung der Einnahmen ein Rohrkrepierer.

Am Montag kam S & P – das Leuchtfeuer der Bewertung toxischer Vermögenswerte (das für seine geheime Rolle beim Herunterbringen unserer Wirtschaft erst noch mit irgendeiner finanziellen Rechenschaftspflicht bedacht werden muss) – zum erstaunlichen Ergebnis, dass die Vereinigten Staaten ein Schuldenproblem haben, und belegte das Land mit einem „Negative Watch‚-Etikett. Der S & P-Bericht hob als die wichtigsten Punkte der Auseinandersetzung Fragen zur Ausgabenpolitik, der damit verbundenen politischen Debatte und unsere lächerlich hohe Verschuldung im Vergleich zum BIP-Prozentsatz hervor, der sich nur ein paar Punkte unter 100 befindet. Er widmete der „Finanzkrise“ als einem Faktor minder wichtige Lippenbekenntnisse. Er scheute davor zurück, die fortdauernden und möglicherweise verheerender werdenden Folgen der überschuldeten Hypotheken-bezogenen Vermögenswerte, die noch immer die Bücher der Fed verstopfen, die Wohnungsbaugesellschaften und die Finanzunternehmen zu tadeln. Er ignorierte die Tatsache, dass das Bankensystem nur durch staatlich unterstützte Buchführungs-Spielereien und niedriger Zinssätze im Angesicht der Inflation, die die Fed zu ignorieren beliebt, den Anschein der Zahlungsfähigkeit behält.

In der Zwischenzeit konzentrieren sich die Medien und Washington auf Haushaltskürzungen im Wert von $38 Milliarden, sage und schreibe kolossale 1 Prozent des gesamten Budgets. Anstatt sich mit Zeit vernichtenden und Geist tötenden Argumenten zu quälen, wäre es am besten gewesen, einfach 1% von allem proportional zu kürzen, doch das wäre zu einfach und nicht politisch genug gewesen. Vielleicht hätten wir dann aber die Konzentration auf die wahre Ursache unserer Haushaltsleiden verlagern können – und das ist, dass sich unsere Wirtschaft weiter verschlechtert, und dass die Menschen, die die Macht haben, etwas dagegen zu tun, über die eigentliche Ursache lügen und somit über die Abhilfe dazu.

Der blinkende Elefant im Kern unserer wirtschaftlichen Probleme, und damit der Haushaltsprobleme, bleibt die Reaktion auf den Finanz-Totschlag, der von den großen Banken begangen und durch die Federal Reserve und das Finanzministerium begünstigt wurde. Es gab im Herbst 2008 in Washington eine Wahl zu treffen. Entweder man verweise die Wall Street an ihren Platz und mache einen guten alten freien Markt möglich – das heißt: du scheiterst, wenn du es verdienst, zu scheitern, wir schützen die Vermögen der Kunden und handhaben die möglicherweise intensiven, aber definierbaren Folgen für einen kurzen Zeitraum. Oder man führe aufwendige Rettungsaktionen, Garantien, Zuschüsse und Vermögenswertaufkäufe bei den niedrigsten Zinsraten in der Geschichte unserer Nation an der Wall Street durch, und wringe von Anfang an die bloße Möglichkeit einer Erholung aus der allgemeinen Wirtschaft heraus. Natürlich entschieden sich die brillanten Köpfe unserer überaus privilegierten, abgehobenen wirtschaftlichen Führung für das Letztere und tun so, als ob diese Entscheidung in sich selbst nicht schon die Ursache der wirtschaftlichen Probleme, die folgten, war – von der Anämie der Mittelschicht über die Rohstoff-Inflation hin zur internationalen Verachtung bis hin zu einer schwachen Währung, die nicht einmal das Recht auf eine Kauffähigkeit hat, die sie immer noch besitzt.

Und dennoch brachte Tim Geithner die Kühnheit der Job-Sicherheit auf, um auf seinen Sonntagmorgen-Talkshow-Schaltungen bezüglich der Schuldengrenze zu plädieren: Wirklich, wir werden in der Krise sein und in anderen Ländern wird man schlecht über unsere Fähigkeit denken, unsere Schulden zu bezahlen, wenn wir die Grenze nicht anheben und unsere Schulden erhöhen. In Wahrheit ist es Tim Geithners Ego, das auf dem Spiel steht. Der Vorsitzende der Federal Reserve, Ben Bernanke, schwieg zu dem Thema, nicht zuletzt, weil zwischen der Fed und dem Finanzministerium in den vergangenen zwei Jahren mehr Schulden als je zuvor aufgetürmt und gemacht worden sind. Natürlich wird die Schuldendeckelung angehoben werden, genauso wie sie unter den Finanzministern Paul O’Neil, John Snow und Hank Paulson angehoben worden ist.

Als Geithner von der Spitzenposition bei der NY Fed, von wo aus er der Wall Street in Zeiten der Not half, zum Finanzministerium befördert wurde, von wo aus er dem ganzen Rettungsaktion-Begriff als wesentlich für unser Überleben als Nation den Stempel geben konnte, beliefen sich die ausstehenden Schulden der vom Finanzministerium übernommenen Wertpapiere $ 5.7 Billionen (in handelbaren Wertpapieren und $ 591 Milliarden in unverkäuflichen). Im August 2008, kurz bevor die mächtigsten Banken die Seele des Landes in jeder möglichen Art und Weise aussaugten, waren die ausstehenden Schulden des Finanzministerium $4.9 Billionen.

Heute sind die ausstehenden Schulden des Finanzministeriums $9.1 Billionen, eine Steigerung von $ 4.2 Billionen, seit die großen Rettungsaktion begann. Das Meiste davon trat unter Geithner zutage, obwohl es unter Hank Paulson anfing, der 2007 und vor kurzem in Tims Namen sämtliche Gründe, die sich derzeit in Geithners Arsenal befinden, verwendete, um eine beträchtliche Erhöhung der Schuldengrenze zu verlangen. All das, um angeblich eine Depression zu vermeiden und um uns zu dem anzutreiben, was von niemand anderem als dem Finanzministerium, dem Weißen Haus und der Federal Reserve als eine langsame Erholung gewertet wurde.

Geithner kann (und wird) weiterhin so tun, dass dieser seismische Anstieg der Verschuldung eine Voraussetzung war, um unsere allgemeine Wirtschaft zu reparieren, obwohl das eigentliche Konjunkturpaket der Obama-Regierung bloß 18% dieses Zuwachses ausmacht, so dass die Zahlen einfach nicht aufgehen. Tatsächlich machen sie nur Sinn, wenn Sie andere Kurzweiligkeiten berücksichtigen, wie die $1.37 Billionen an Staatsanleihen, von denen sich über eine Billion in Überschussbankreserven befinden, die fast $ 1 Billion an Hypotheken-bezogenen Wertpapiere, die bei der Fed geparkt sind, die $ 142 Milliarden von Hypotheken-bezogenen Vermögenswerten beim Finanzministerium, die verschiedenen restlichen, von der FDIC garantierten Bankschulden, die aus der Rettungsaktion-Periode stammen, und Kleinigkeiten wie die fortdauernde Deckung von JPM Chase durch die Fed für die Übernahme von Bear Stearns.

In der Zwischenzeit werden unsere Schuldzinsen mehr als $430 Milliarden dieses Jahr sein oder mehr als die zehnfache Menge dessen, worüber die gewählten parteiischen Politiker debattieren, während der Wert unserer Verbindlichkeiten und Schuldenwürdigkeit abnimmt.

Jeder kann versprechen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft Einiges vom Haushalt mehr unter Kontrolle sein wird, oder sogar, dass Einhörner das Oval Office übernehmen und einen besseren Job beim Durchführen der Wirtschaft erledigen werden. Aber die Tatsache bleibt – eine fehlgeleitete, diebische Politik schuf eine Schiffsladung von Schulden, um ein Finanzsystem über Wasser zu halten, das uns nach wie vor trocken saugt. Und bis nicht dieser Tatsache auch nur ein Jota von der Zeit gewidmet wird, die dem kleineren Geplänkel gegeben ist, werden wir weiterhin in einem finanziellen Abgrund versinken, der von der Fed, dem Finanzministerium, dem Kongress und der Führung der Exekutive gemacht wurde, egal, wer zuständig ist. Für den Moment befinden sich diese Überschussreserven bei der Fed – nur so gesagt.

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