Der hochkarätige Finanzanalyst und Vermögensverwalter Marshall Auerback erklärt in diesem exklusiven Interview seine Ansichten über: den IWF; die anhaltende Finanzkrise; die Rohstoffrallye; die Auswirkungen des derzeitigen Ölpreises; den Konflikt in Libyen / Naher Osten; die Manipulation der Edelmetall-Märkte; und last but not least diesen, ironisch gesprochen, „Haufen von Spinnern“ – das Gold Anti-Trust Action Committee, GATA.
Von Lars Schall
Marshall Auerback, geboren am 27. Juli 1959 in Toronto, Kanada, ist mit der Szenerie der internationalen Finanzwelt aus erster Hand vertraut. Nach einem “Magna Cum Laude“-Abschluss in Englisch und Philosophie an der Queen’s University im Jahre 1981 und dem Erhalt eines Jura-Diploms am Corpus Christi College der Universität Oxford zwei Jahre später, war er von 1983 bis 1987 als Investment-Manager bei GT Management Ltd in Hong-Kong beschäftigt.
Von 1988-91 war Auerback in Tokio ansässig, wo sich seine Expertise für den pazifischen Raum um den japanischen Aktienmarkt erweiterte. Im Jahr 1992 ging er nach New York City, um einen Emerging-Markets-Hedge-Fonds für die Tiedemann Investment Group bis 1995 zu leiten. Die nächsten vier Jahre arbeitete er als internationaler Wirtschaftsstratege für Veneroso Associates.
Von 1999-2002 leitete er den Global Fixed Income Fonds für David W. Tice & Associates, einer global agierenden Investment-Management-Firma, und verwaltete den Prudent Bear Fonds. Seit 2003 war er als Global-Portfolio-Stratege für RAB Capital Plc tätig, einer in Großbritannien ansässigen Fondsgesellschaft. Zusätzlich war er Co-Manager des RAB Gold Fonds und ein unabhängiger Berater für PIMCO, der weltweit größten Anleihefonds-Management-Gruppe.
Heute ist er der Leiter und Unternehmenssprecher von Pinetree Capital Ltd, einer in Toronto ansässigen Firma, die in erster Linie in Uran, Kohle, Öl, Gas, Edelmetalle, Kali, Lithium, Seltene Erden und unedle Metalle investiert. Darüber hinaus ist er ein Fellow der Economist for Peace and Security (www.epsusa.org) und des Japan Policy Research Institute in Kalifornien (www.jpri.org). Als Braintruster des Franklin und Eleanor Roosevelt Institute in New York City ist er regelmäßiger Kommentator auf „New Deal 2,0“ (www.newdeal20.org). Derzeit lebt Marshall Auerback in Denver, U.S.A.
Das nachfolgende Interview ist ein Exklusiv-Beitrag für Goldseiten.de und LarsSchall.com.
Herr Auerback, der IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wurde in einer „Honigfalle“ ertappt.“ (i) Haben Sie irgendeinen Kommentar dazu, wer Strauss-Kahn draußen haben möchte? Wer wen drin haben will? Und was das für den US-Dollar und die Bearbeitung der europäischen Schuldensituation bedeutet?
Marshall Auerback: Also, ich weiß nicht, ob ich das als eine „Honigfalle“ einstufen würde. Das sind sehr schwere Anschuldigungen und obwohl man eine Unschuldsvermutung machen muss, ist es auch wahr, dass Herr Strauss-Kahn eine Geschichte dieser Art hat. Es macht sicherlich eine jedwede künftige öffentliche Rolle für ihn unhaltbar in meinen Augen, aber ich glaube nicht, dass es irgendwelche Auswirkungen auf die Schuldenbearbeitungen haben wird.
Unabhängig davon, wer den IWF leitet, sind das alles Markt fundamentalistische Neoliberale für Defizitabbau und Anti-Beschäftigung. Ihre Politik war völlig falsch und verhängnisvoll für die gesamte Weltwirtschaft (insbesondere für die Dritten Welt) seit Anbeginn, und es gibt wenig Grund anzunehmen, dass sich die Dinge signifikant ändern, egal, wer der Leiter ist.
Es ist die Institution, die das Problem ist, und ihre „Lösung“ für die Euro-Schuldenkrise ist keine „Lösung“ in irgendeinem Sinne des Wortes, genauso wie sich ihre „Lösung“ im Jahr 1997 für die Nationen des aufstrebenden Asiens als ein Krebs entpuppte, der die Probleme verschärfte. Es ist eine Institution, die zum Wohle der Banken und Besitzer von Anleihen existiert, nichts sonst.
Wir kommen gleich wieder auf den IWF zurück. Aber jetzt, da wir im dritten Jahr durch die Finanzkrise gehen, würde ich gerne wissen: ist diese Krise von einer mehr „zynischen Perspektive“ aus betrachtet ein Erfolg? Zumindest wurde sie absichtlich durch systematische Deregulierung, Privatisierung und Betrug verursacht, nicht wahr?
Marshall Auerback: Ja, das ist grundsätzlich richtig. Ich habe nichts wirklich den ausgezeichneten Kommentaren, die von meinem Freund Bill Black gemacht wurden, hinzuzufügen. Der Grund, weshalb so wenig Betrug erkannt wurde, ist der, weil niemand sich entschieden hat, hinzuschauen. Und niemand hat sich dafür entschieden, hinzuschauen, weil die Leute, die darin verwickelt sein würden, jetzt diejenigen sind, die die Show schmeißen. Warum in aller Welt sollten sie sich selbst belasten? (ii)
Außerdem würde ich argumentieren, dass es grundlegend ein politisches Problem ist, kein ökonomisches, dem wir heute gegenüberstehen. Mit der Deregulierung kam der Aufstieg des „verwalteten Geldes“ – von Pensionsfonds (privaten und öffentlichen), Staatsfonds, Versicherungsfonds, Universitätsstiftungen und andere Vermögensverwaltungen, in denen professionelle Manager platziert sind, die nach der maximalen Rendite suchen. Ebenfalls wichtig war die Umstellung auf „Gesamtrendite“ als das Ziel – Rendite plus Kursgewinn. Jeder Vermögensverwalter konkurriert auf der Grundlage der Gesamtrendite, dem Verdienen von Gebühreneinnahmen und dem Hinzukommen von immer mehr Kunden, wenn man erfolgreich ist. Natürlich ist das Ziel von jedem, der beste zu sein – jeder, der weniger als die durchschnittliche Rendite wieder hereinbringt, verliert Kunden. Es ist aber unmöglich für alle über dem Durchschnitt zu liegen – was mehrere Arten von Verhalten generiert, die das Risiko sicher erhöhen.
Vermögensverwalter werden riskantere Anlagen aufnehmen, um auf höhere Renditen zu spielen. Sie werden neue Produkte erfinden und Marketing einsetzen, um Kunden anzulocken. Oftmals handelt es sich um absichtlich komplexe und undurchsichtige Produkte – desto besser kann man die Kunden täuschen und die Nachahmung durch konkurrierende Unternehmen verhindern. Und das wahrscheinlich wichtigste von allem, es gibt einen starken Anreiz dafür, die tatsächlichen Einnahmen zu übertreiben – indem Verluste nicht anerkannt werden, durch die Überbewertung von Aktiva und durch einfach nur betrügerische Buchführung. Diese Entwicklung ist mit der steigenden Bedeutung der „Schatten-Banken“ verbunden – Finanzinstitute, die nicht als Banken reguliert werden.
Hinzukommt, dass während der Zeit des New Deal eine funktionale Trennung eingeführt wurde, mit einer stärkeren Aufsicht der Geschäftsbanken und Spar- und Darlehenskassen. Im Laufe der Zeit verloren diese Marktanteile an Institutionen, die weniger Beschränkungen auf Hebelverhältnisse, auf Zinsraten, die gezahlt werden konnten, und auf zulässige Vermögenswerte unterworfen waren. Die riesigen Pools verwalteten Geldes boten eine alternative Quelle für die Finanzierung kommerzieller Aktivitäten. Firmen sollten eher kurzfristige Anleihen oder Junk Bonds an Schatten-Banken und Vermögensverwaltungen verkaufen, anstatt Kredite von Banken aufzunehmen. Und, besonders wichtig, Verbriefungen nahmen viele Arten von Darlehen aus den Büchern der Banken heraus und in Tochtergesellschaften (sogenannten Special Investment oder Purpose Vehicles – SIVs und SPVs) sowie verwaltete Geldmarktfonds hinein. Banken erfanden ständig Neuerungen beim Versuch, Regulierungen zu umgehen, während die Regierung in einem vergeblichen Versuch, die Banken wettbewerbsfähig zu halten, deregulierte. Am Ende gab die Regierung auf und eliminierte die funktionale Trennung im Jahre 1999.
Beachten Sie auch, dass es in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten ein erhöhtes „Outsourcing“ gab, bei dem Renten-, Versicherungs- und Staatsfonds Firmen von der Wall Street anwarben, um die Firmen zu verwalten. Zwangsläufig führte das zu Missbräuchen, bei dem ehrwürdige Investmenthäuser müllartige Vermögenswerte wie Asset Backed Securities (ABS) und Collateralized Debt Obligations (CDOs) in die Portfolios von Kunden aufnahmen. Firmen wie Goldman trieben das dann auf die nächste logische Stufe, indem sie darauf wetteten, dass die giftigen Abfälle, die sie an Kunden verkauften, brutal abstürzen würden. Und wie wir heute wissen, sollten Investmentbanken ihren Klienten dabei helfen, Schulden durch undurchsichtige Finanzinstrumente zu verstecken, was Schuldenlasten auftürmte, die unmöglich bedient werden konnten – und dann wetteten sie unter Verwendung von Credit Default Swaps (CDS) darauf, das ihre Kunden zahlungsunfähig werden würden.
Dies ist genau das, was Goldman mit Griechenland machte. Als die Märkte feststellten, dass Griechenland Schulden versteckte, verursachte dies den Anstieg der CDS-Preise, was Griechenlands Finanzierungskosten erhöhte, das Haushaltsdefizit außer Kontrolle klettern ließ und die Kredit-Herabstufungen befeuerte, die die Zinsen in einer Teufelskreis-Todesspirale anhoben. Goldman profitierte somit von den Gebühreneinnahmen, die sie für das Verstecken der Schulden bekamen, und dann durch das Spielen mit den Insider-Informationen, wonach Griechenland Schulden versteckte!
Solche Praktiken scheinen bei globalen Finanzinstituten normal gewesen zu sein, einschließlich einer Reihe von europäischen Banken, die auch CDS-Papiere verwendeten, um gegen Griechenland zu wetten. Zum Beispiel ermutigte Goldman Kunden dazu, gegen die Verschuldung zu wetten, die von mindestens 11 US-Bundesstaaten ausgegeben worden war – während sie Gebühren von genau diesen Staaten für die Hilfe bei der Platzierung dieser Schulden erhoben. Magnetar, ein Hedge-Fonds, suchte sich die schlimmsten Subprime Mortgage Backed Securities (MBS) aus, um sie als CDOs zu verpacken. Die Firma hielt den Subprime-Markt fast im Alleingang über Wasser, nachdem Investoren begonnen hatten, sich wegen Lügner- und NINJA-Krediten Sorgen zu machen, da Magnetar anbot, die allerschlimmsten Tranchen aufzunehmen. Zwischen 2006 und Sommer 2007 (als die Immobilienpreise bereits zu sinken begannen) investierte Magnetar in 30 CDOs, die vielleicht ein Drittel bis die Hälfte des Gesamtvolumens des riskantesten Teils des Subprime-Marktes umfassten – was es möglich machte, die höher bewerteten Tranchen an andere mehr ängstliche Käufer loszuwerden. Und Magnetar war bei der Identifizierung von Müll ziemlich gut: laut einer Analyse, die von ProPublica beauftragt wurde, befanden sich 96% der CDO-Geschäfte, die von Magnetar arrangiert worden waren, Ende 2008 in Zahlungsunfähigkeit (im Vergleich zu „nur“ 68% vergleichbarer CDOs). Die CDOs wurden dann an Investoren weiter verkauft, die letztlich im großen Stil verloren. In der Zwischenzeit benutzte Magnetar CDS-Papiere, um darauf zu wetten, dass die CDOs, die sie verkauft hatten, in die Hose gehen würden.
Eigentlich ist das keine Wette. Wenn man es schafft, Geschäfte zusammenzustellen, die zu 96% nach hinten losgehen, ist das Wetten darauf, dass sie nach hinten losgehen werden, eine solch sichere Sache, wie sie ein Finanzinstitut überhaupt jemals finden wird. In Wirklichkeit war das also purer Taschendiebstahl von Kunden – mit anderen Worten, es war eine Plünderung.
Der Punkt ist, dass man das für mehrere Jahrzehnte nach der Großen Depression nicht machen konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Hohe-Verbrauchs-Wirtschaft (hohe und wachsende Löhne schufen Nachfrage), mit antizyklischen Staatsdefiziten, einer Zentralbank, die bereit stand, soweit erforderlich einzugreifen, niedrigen Zinsen, und einem stark regulierten Finanzsektor. Das „goldene Zeitalter“ des Kapitalismus begann – das, was Hyman Minsky als den „paternalistischen Kapitalismus“ oder die „Management-Wohlfahrtsstaats“-Form des Kapitalismus bezeichnete. John K. Galbraith nannte es den „neuen industriellen Staat.“ Rezessionen waren mild, es gab bis 1966 keine Finanzkrise, und als sie begannen, konnten Krisen durch schnelle Reaktionen der Regierung leicht aufgelöst werden.
Dies hat sich um Mitte der 1970er Jahre mit der Deregulierung verändert, mit einer langen Reihe von Krisen, die immer heftiger und immer häufiger wurden: die Immobilien-Investment-Trusts in den frühen 1970er Jahren; die Schulden der Entwicklungsländer in den frühen 1980er Jahren; die Gewerbeimmobilien-, Junk Bonds- und Sparkassen-Krise in den Vereinigten Staaten (mit Bankenkrisen in vielen anderen Ländern) in den 1980er Jahren; die Börsencrashs im Jahre 1987 und erneut im Jahre 2000 mit dem Platzen der Dot-Com-Blase; die japanische Kernschmelze in den späten 1980er Jahren; Long Term Capital Management, die Zahlungsunfähigkeit Russlands und die asiatische Schuldenkrisen in den späten 1990er Jahren, und so weiter. Bis zur gegenwärtigen Krise wurde jede davon behoben (einige schmerzhafter als andere – die Auswirkungen waren besonders gravierend und langlebig in der Dritten Welt), und zwar mit einer Kombination aus Interventionen von Zentralbanken oder internationalen Institutionen (IWF, Weltbank) sowie einer steuerlichen Rettung (oft in Form von Ausgaben des US-Finanzministeriums als letzter Instanz zur Stützung der US-Wirtschaft und zur Aufrechterhaltung von Importen, die der restliche Welt halfen, Wachstum zu generieren).
Ist die Verwüstung der Finanzkrise von einer mehr „zynischen Perspektive“ auch deshalb ein Erfolg, soweit sie – und hier kommt der IWF wieder ins Bild zurück – in den Worten von Max Keiser:
„… die erforderliche Krise lostreten könnte, um eine aufgepeppte SDR/Weltwährung einzuführen, bei deren Verwaltung der IWF eine große Rolle einnähme und die Banken an der Wall Street und der City mit Hunderten von Milliarden an Gebühren profitieren könnten.“ (iii)
Marshall Auerback: Was eine Weltwährung angeht, weiß ich nicht, aber wir erfahren sicherlich eine wesentliche Verschlechterung und Korruption unserer Demokratien und das zunehmende Wachsen von Korporatismus im Mussolini-Stil.
Was ist zur quantitativen Lockerung zu sagen?
Marshall Auerback: Die quantitative Lockerung ist ein Slogan, keine Politik. Sehen Sie hierzu meine Analyse:
http://www.larsschall.com/2011/05/17/qe2-der-slogan-der-sich-als-ernsthafte-politik-maskiert/.
Die Liquidität ist ein großer Antrieb der Rohstoffrallye, nicht wahr? Glauben sie, dass es eine direkte Verbindung zwischen der Geldpolitik in den Vereinigten Staaten und den arabischen Aufständen über höhere Lebensmittel- und Energiepreise gibt?
Marshall Auerback: Nicht wirklich eine Verbindung im direkten Sinne. Aber wenn man Spekulanten dazu anregt, große Risiken entlang des Risiko-Spektrums einzugehen, und zur gleichen Zeit den Rohstoff-Komplex in ein Finanzprodukt verwandelt (wie über ETFs, Rohstoff-Produkte für Pensionskassen, Stiftungen etc. geschehen) und zunehmend Warenterminbörsen (z. B. die Börse in Dubai) mit weniger Regulierungsaufsichten auslagert, dann bekommt man die Arten von Blasenentwicklungen bei Rohstoffen, die man in anderen Anlageklassen sehen kann.
Würden Sie sagen, dass Krieg und Währungspolitik generell verflochtene Dinge sind oder zumindest sein können?
Marshall Auerback: Bei Krieg und Währungspolitik weiß ich das nicht, aber gewiss gibt es einen Zusammenhang zwischen Krieg und Energiepolitik, wie einige unserer scharfsinnigeren Kommentatoren wie Michael Ruppert seit Langem bemerkt haben. (iv) Wir scheinen eine sehr grundlegende Faustregel entwickelt zu haben, wenn es um diese Kriege der Wahl geht: Wenn ein Aufstand Öllieferungen direkt oder indirekt bedroht, dann bewegen wir uns. Wenn es nicht so ist, dann nicht. Daher kann Syrien Tausende von Aufständische töten (wie sie es in den frühen 1980er Jahren taten), und wir unternehmen nichts. Jemen hat keine Ölanlagen, also tun wir nichts. In Bahrain haben wir eine große Militär-Basis und die Unruhen haben Auswirkungen auf den schiitischen Teil von Saudi-Arabien, wo das Öl ist. Wir bewegen uns über die Saudis. In Libyen gibt es Öl. Wieder bewegten wir uns.
Die Ölpreise sind auf einem Niveau, wo sie jetzt Auswirkungen auf die Nachfrage haben können. Und das nicht nur durch das Zusammendrücken der realen Einkommen, sondern durch das Drücken der Stimmung der US-Verbraucher, denen immer noch Vertrauen wegen der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit, der Bedrohung durch mehr Stellenabbau und den fallenden Immobilienpreise fehlt. Der FHFA-Hauspreisindex für Januar fiel gerade nach Revisionen um einen weiteren vollen Prozentpunkt.
Kurzum, uns sind die politischen Hebel ausgegangen, um der Wirtschaft zu helfen, vor allem jetzt, da wir einseitig die Fiskalpolitik-Option vom Tisch genommen haben. Plötzlich macht der Krieg Nummer 3 Sinn: Wir sind in Libyen, um sicherzustellen, dass das Öl weiter fließt, weil ein hoher Ölpreis das drückt, was von der Verbrauchernachfrage noch übrig ist. In der Zwischenzeit, wie es dieser Nugget von “The Hill“ illustriert, sind wir schnell über die Haushalts-„Einsparungen“ hinweg geschossen, die von der GOP (Grand Old Party = Republikaner, Anm. d. Übersetzers) vorgeschlagen wurden, da wir ungefähr $ 100 Millionen pro Tag in Libyen ausgeben. Und die Ölpreise sind kontinuierlich als Folge der befürchteten Gefahren für die Ölförderanlagen gestiegen, die sich durch die Eskalation dieses Konflikts ergeben.
Was schiebt die Preis-Dynamik beim Öl an?
Marshall Auerback: Ich denke, es gab einen grundlegend engen Markt, der wahrscheinlich einen Erdölpreis von etwa $ 80 bis $ 85 pro Barrel rechtfertigte, aber ich denke, dass der jüngste Anstieg vor allem durch Spekulation angetrieben wurde. Wenn Sie sich die neuesten Commitment-of-Traders-Daten ansehen, dann ist die Netto-Spekulations-Long-Position beim Rohöl kaum nach unten gegangen, und das trotz eines Zwanzig-Dollar-Rückgangs von der Spitze. Ich bin erstaunt. Das bedeutet zweierlei Dinge. Die Long-Positionierten sind weniger technisch als ich dachte und wirklich glaube. Und der Ölpreis gehört wirklich viel niedriger, weil er selbst im hohen 90er-Bereich im Wesentlichen durch rekordartige Spekulations- und Investitions-Long-Positionen hochgehalten wird. Es sagt mir auch, dass ich vielleicht konservativ gewesen bin, als ich nahelegte, dass $ 85 die Zielmarke auf der Unterseite sei. Eine Zeitlang könnte das leicht übertroffen werden.
Ich denke, die Saudis realisieren, dass die Welt im Laufe der nächsten Jahre nicht mehr als neun Millionen Barrel pro Tag von ihnen braucht. Warum? Weil das Wachstum der globalen Ölnachfrage seit dem Zusammenbruch des Ölpreises im Jahr 1985 immer 1.7% pro Jahr gewesen ist. Der Zusammenbruch hat die Nachfrage nicht angeregt: das ist ein Wachstum von der Hälfte des weltweiten BIP auf Basis von Wechselkursen berechnet.
Die Saudis wissen, als der Ölpreis in den 1970er Jahren stieg, verursachte das eine riesige Nachfrage-Zerstörung. Die Intensität der Nutzung fiel fünf Jahre lang in Folge um sechs Prozent pro Jahr von 1981 bis 1985, bis der Ölpreis kollabierte und sich die Senkung der Nutzung verlangsamte. Sie wissen, dass der Anstieg des realen Ölpreises im vergangenen Jahrzehnt so groß war wie der in den 1970er Jahren, also besteht die Gefahr eines Sturzes in der Intensität der Nutzung. Gleichzeitig wissen sie, dass der Irak in den nächsten drei Jahren der Produktion wahrscheinlich drei Millionen Barrel pro Tag hinzufügen wird, und die Produktion in den USA steigt nunmehr, sie fällt nicht.
In den USA betreiben wir jetzt dreimal so viele horizontale Bohrungen, die nach Flüssigkeiten suchen, als wir in den letzten Jahren hatten. Mit den unteren Ebenen solcher Bohrplattformen im Betrieb haben wir unsere Produktion um eine halbe Million Barrel innerhalb von zwei Jahren erhöht. Falls wir wieder Bohrungen vor der Küste zulassen und den Offshore-Rückgang seit Macondo beenden, könnten die USA der inländischen Produktion sehr einfach mehr als eine halbe Million Barrel pro Tag in den nächsten drei Jahren hinzufügen. Brasilien und Kolumbien haben jetzt steile Förderkurven. Ghana betritt den Markt als Produzent.
Sie können also die Arithmetik anstellen. Wenn die weltweite Nachfrage zum 25-Jahres-Durchschnitt ansteigt, ist das eine Erhöhung von fünf Prozent auf einem Sockel von 87 Millionen Barrel über drei Jahre oder 4,4 Millionen Barrel pro Tag. Die irakischen und anderen Produktionssteigerungen, die ich erwähnt habe, werden mehr als das bereitstellen. Ja, es wird einige Rückgänge anderswo geben. Aber die USA sind nicht der einzige Ort, wo höhere Preise in einer Umkehrung der Rückgänge resultieren werden. Einige Bereiche der Erschöpfung werden durch einige Erhöhungen ausgeglichen werden. Die Nordseeförderung wird sinken, aber die Ölsand-Produktion in Kanada wird weiter steigen und das Alberta Bakken wird zu einer neuen Quelle der Produktion werden.
Was Russland betrifft, so habe ich von Henry Groppe gehört, dass die russische Produktion für acht Jahre fallen würde und stattdessen stieg sie. Also vielleicht müssen die Saudis ihre Produktion um eine halbe Million Barrel pro Tag auf 8,7 erhöhen. Aber es passt zu allen anderen Zahlen.
Worüber die Saudis besorgt sind, ist die Möglichkeit eines Bruchteils der Nachfrage-Zerstörung der Periode von 1980 bis 1985. Ein saudischer Experte, mit dem kürzlich sprach, denkt, dass es zu gegebener Zeit zu diesen Preisen geschehen wird. Falls er Recht hat, dann kann man nicht davon ausgehen, dass die weltweite Nachfrage um die 1,7% pro Jahr im Durchschnitt der letzten 25 Jahre ansteigt. Und wenn Saudi-Arabien der Swing-Producer ist, dann haben sie ein großes Problem. Machen Sie die Mathematik. Nehmen Sie an, die Nachfrage wächst um .7%. Denken Sie daran, sie fiel um drei Prozent für fünf Jahre in der ersten Hälfte der achtziger Jahre. Das ist jedes Jahr ein Verlust der Nachfrage von 900.000 Barrel pro Tag. In fünf Jahren wäre das ein Verlust von 4,5 Millionen Barrel pro Tag. Wenn Saudi-Arabien der Swing-Producer ist, müssten sie ihre Produktion auf 4 Millionen Barrel pro Tag drosseln. Das können sie nicht. Ich denke, dass Peak Oil das Problemthema des letzten Jahrzehnts war.
Sehen Sie „die Straße zur Erholung“ bei dem hohen Ölpreis in Gefahr? Und ist nicht die Beziehung zwischen Energie, Geld und Wirtschaftswachstum generell so eine vertrackte Sache, insbesondere wenn das Peak Oil-Szenario real werden sollte?
Marshall Auerback: Ich denke, die „Straße zur Erholung“, wie Sie sie nennen, ist in Wirklichkeit eine Sackgasse. Höhere Ölpreise könnten der letzte Nagel im Sarg sein. Sehen Sie meinen jüngsten Artikel, den ich schrieb:
http://www.larsschall.com/2011/05/24/man-mache-sich-auf-einen-globalen-abschwung-gefasst/.
Bezogen auf Geld / Krieg / Öl und die fiese NATO-Intervention in Libyen, möchte ich Sie zu dieser Beobachtung von Pepe Escobar befragen:
“Dass es noch fieser geht, lernte man, als die Finanzeliten aus Washington / London / Paris am 19. März die Zentralbank von Benghazi dazu ermächtigte, ihre eigene – vom Westen diktierte – Geldpolitik im Gegensatz zu der staatlichen und völlig unabhängigen libyschen Nationalbank in Tripolis zu haben. Gaddafi wollte sowohl den US-Dollar als auch den Euro loswerden und auf den Gold-Dinar als afrikanische Gemeinschaftswährung umschalten – und viele Regierungen waren bereits an Bord.“(v)
Glauben Sie, dass die NATO in diesem Fall ein bewaffneter Arm der Zentralbankpolitik ist?
Marshall Auerback: Vielleicht kein bewaffneter Arm der Zentralbankpolitik, aber es spielt sicherlich eine wichtige Rolle im Hinblick auf das Treffen wirtschaftlicher Entscheidungen. Ich denke, dies gilt insbesondere für die USA. Aber soweit es Großbritannien und Frankreich betrifft, so denke ich, dass es bei diesem Krieg darum geht, der Masseneinwanderung von muslimischen Flüchtlingen nach Europa zuvorzukommen, wo Anti-Einwanderungspolitik und Anti-Multikulturalismus effektiv die sozialdemokratischen Parteien in den meisten Teilen des Kontinents zerstört haben. Wie Sie sich erinnern können, halfen die Deutschen bei der Entfachung des ersten Balkankriegs in den 1990er Jahren durch die Anerkennung der Abspaltung Kroatiens. Ihr Zweck war es, den Fluss kroatischer Flüchtlinge nach Deutschland einzudämmen. Es ging darum, Haitianer vom Auftauchen an der Golfküste abzuhalten, was Clinton dazu bewog, Haiti zu besetzen.
Ich denke, wir werden mehr von diesen präventiven Interventionen sehen, um Massenflüchtlings- Einwanderungen zu verhindern, da der ergrauende Norden sich mit einem Bevölkerungs-Ungleichgewicht gegenüber dem jüngeren Süden konfrontiert sieht. Man kann argumentieren, dass das Abhalten von Wellen armer Einwanderer von der Landung auf dem Küstenufer oder das Strömen über die Grenzen eine legitime Ausübung der nationalen Verteidigung ist. Wenn es eine Revolution in Mexiko und Massenflüchtlingswellen gäbe, würden wir bestimmt intervenieren, um zu versuchen, ein Regime zu unterstützen, um die Menschen dort zu Hause zu halten.
Ich bin mir also nicht sicher, als eine rein strategische Frage, ob die Briten und Franzosen (und Italiener und Portugiesen) in Anbetracht ihrer Interessen falsch liegen. Allerdings haben wir zum Glück eine gemeinsame Grenze mit Mexiko, nicht mit Nordafrika, so dass ich nicht sehen kann, was unser Interesse sein soll, alle verfassungsrechtlichen Fragen beiseite lassend. Bis jetzt sagte ich den Leuten, dass Obama zwar in Ökonomie schlecht sei, dafür aber zumindest in der Außenpolitik ein Realist in der Eisenhower-Tradition. Nun, das hier ist Obamas Suez-Moment, und im Gegensatz zu Ike hat er sich mit den Franzosen und Briten zusammengetan (und den Israelis, wie ich anmerke, die die Ablenkung nutzen, um Gaza zu bombardieren).
Herr Auerback, die spannendste Geschichte in der Zukunft ist für mich im Allgemeinen der Zeitpunkt, da die Länder des Nahen Ostens ihr Öl und Erdgas nicht mehr für Papiergeld verkaufen werden. Wann denken Sie, dass sie dafür mit Edelmetallen bezahlt werden? Und welche Auswirkungen wird dies auf Fiat-Währungen haben?
Marshall Auerback: Nun, diese Frage besitzt für mich nicht wirklich viel Interesse. Am Ende des Tages, wenn die Menschen weniger Dollars wollen, sollten sie weniger in die USA exportieren. In Bezug auf die OPEC-Staaten oder China oder andere Mitglieder des asiatischen Spar-Blocks, der US-Dollar und -Staatsanleihen akkumuliert, wird dies meist als ausländische „Kreditvergabe“ dargestellt, um das US-Haushaltsdefizit zu „finanzieren“. Man könnte genauso gut das US-Leistungsbilanzdefizit als Quelle der ausländischen Leistungsbilanzüberschüsse ansehen, die die Form der Anhäufung von US-Staatsanleihen annehmen können. In gewissem Sinne ist es die Bereitschaft der USA, gleichzeitig Handels- und Haushaltsdefizite zu unterhalten, die das nötige Kleingeld bereitstellt, um die ausländische Anhäufung von Staatsanleihen zu „finanzieren“. Offensichtlich muss es eine Bereitschaft auf allen Seiten geben, damit dies auftritt – wir könnten auch sagen, dass es (mindestens) zwei braucht, um Tango zu tanzen -, und die meisten öffentlichen Diskussionen ignorieren die Tatsache, dass der chinesische Wunsch, ein Handelsüberschuss mit den USA zu haben, im Zusammenhang mit ihrem Wunsch steht, Dollar-Vermögenswerte zu akkumulieren. Gleichzeitig hilft das US-Haushaltsdefizit dabei, inländisches Einkommen zu generieren, was unserem privaten Sektor Konsum erlaubt – wovon einiges die Importe anheizt, die die Einkünfte liefern, die die Ausländer zum Akkumulieren von Dollarersparnissen verwenden -, selbst wenn es die Staatsanleihen erzeugt, die durch Ausländer angesammelt werden.
Mit anderen Worten, die Entscheidungen können nicht unabhängig voneinander sein – es macht keinen Sinn, über chinesische, asiatische oder OPEC-„Darlehen“ an die USA zu reden, ohne auch ihre Wünsche auf Netto-Exporte zu berücksichtigen. In der Tat ist alles Folgende miteinander verknüpft (möglicherweise in komplexer Weise): die Bereitschaft der Chinesen oder Japaner, für den Export zu produzieren, die Bereitschaft dieser Länder, Vermögenswerte zu akkumulieren, die in Dollar lauten, der Fehlbetrag der asiatischen Binnennachfrage, der ihnen einen Handelsüberschuss mit den USA erlaubt, die Bereitschaft der Amerikaner, ausländische Produkte zu kaufen, das hohe Niveau der gesamtwirtschaftliche Nachfrage der USA, das in einem Handelsdefizit resultiert, und die Faktoren, die zu einem US-Haushaltsdefizit führen. Und natürlich ist es noch komplizierter als das, weil wir andere Länder hinzu bringen müssen, um die weltweite Nachfrage als Ganze zu nehmen. Während zwar oft behauptet wird, dass diese Länder plötzlich entscheiden könnten, dass sie keine US-Staatsanleihen mehr wollen, müsste sich zumindest eine, wahrscheinlich jedoch viele dieser anderen Beziehungen auch ändern.
Zum Beispiel wird oft gesagt, dass China beschließen könnte, es wolle lieber Euro akkumulieren. Allerdings gibt es kein Äquivalent zum US-Schatzamt in Euroland. China könnte in Euro lautende Schuldtitel der einzelnen Regierungen akkumulieren – sagen wir, Griechenland! -, aber diese haben unterschiedliche Risiko-Bewertungen, und die schiere Menge, die von jeder einzelnen Nation herausgegeben wird, dürfte wahrscheinlich zu klein sein, um Chinas Bedürfnisse zu befriedigen. Ferner versucht Euroland als Ganzes genommen (und dies gilt vor allem für sein stärkstes Mitglied, Deutschland), die Binnennachfrage einzuschränken, um Handelsüberschüsse laufen zu lassen. Wenn die USA ein Primärmarkt für den überschüssigen Ausstoß Chinas sind, aber Euro-Anlagen gegenüber Dollar-Anlagen bevorzugt werden, könnten Wechselkursanpassungen zwischen dem Dollar und den Euro den chinesischen Markt zerstören.
Beachten Sie, dass ich nicht argumentiere, dass die gegenwärtige Situation ewig so weitergehen wird, obwohl ich glaube, dass sie viel länger andauern wird, als die meisten Kommentatoren annehmen. Ich weise stattdessen darauf hin, dass Veränderungen komplex sind und dass es starke Anreize gegen die Art einfacher, abrupter und dramatischer Verschiebungen gibt, die als mögliche Szenarien postuliert werden. Ich erwarte, dass die Komplexität sowie die Zusammenhänge zwischen Bilanzen und Handlungen gewährleisten, dass die Übergänge moderat und langsam sein werden.
In Hinblick auf Gold- und Währungsmarktinterventionen, offene und besonders heimliche, und ihren Zweck und wahrscheinlichen Mechanismen: was sind Ihre Ansichten zu den Befunden des Gold Anti-Trust Action Committee (http://www.gata.org) in den letzten 12 Jahren?
Marshall Auerback: Jeder, der die Edelmetall-Märkte in den letzten 15 Jahren beobachtet hat, kann nicht umhin, von dem Niveau der Intervention, das auftritt, erstaunt zu sein. Natürlich, als Chris Powell, Bill Murphy und ihre Kollegen von GATA begannen, diese Behauptungen aufzustellen, glaubten ihnen nur wenige von uns, die den Goldmarkt sehr genau verfolgten, aber ich denke, die Qualität ihrer Analyse und ihre Entschlossenheit, die Fakten herauszubringen, hat das jetzt sehr zu einer Mainstream-Ansicht gemacht.
GATA hat stets die beste Arbeit geleistet. Sie wurden als Witzbolde und finanzielle Quacksalber behandelt, als sie anfingen, ihre Erkenntnisse aufzudecken, aber jetzt, obwohl nur wenige Menschen es wagen, ihnen Tribut zu zollen, ist es offensichtlich, dass GATA das meiste des geistigen Fundaments für ein wirkliches Verständnis des Goldmarkts erbracht hat. Ich habe Bill Murphys Arbeit immer als sehr glaubwürdig empfunden. Die Zentralbanken haben seit Jahren an den Devisenmärkten interveniert, den Anleihemärkten, und es gibt reichlich Spekulationen, dass sie es an den Aktienmärkten genauso tun. Warum sollte da ausgerechnet Gold anders sein? Wenn überhaupt, dann ist das der einfachste Markt, um manipuliert zu werden, angesichts der erheblichen oberirdischen Bestände, die die Zentralbanken an Goldlagerbeständen haben, und der relativ geringen Größe dieses Marktes (im Vergleich zu, sagen wir, den Devisenmärkten). Und doch wurde das Werk von GATA für Jahre als Ketzerei abgetan. Warum? Ich kann nur schlussfolgern, dass die lautstarke Art, mit der Menschen sie seit Jahren zu diskreditieren versuchten, zeigt, dass sie uns die Wahrheit gaben und dass sich einige sehr mächtige Leute davon bedroht fühlten. Aber sie machten mutig weiter, und ich denke, sie werden mittlerweile von den meisten ernsthaften Beobachtern des Goldmarkt als grundsätzlich richtig liegend anerkannt.
Sie sind tatsächlich ein guter Freund von Bill Murphy, dem GATA-Vorsitzenden, ist das korrekt?
Marshall Auerback: Ich bin mit Bill seit rund 15 Jahren bekannt. Ein toller Kerl und ein verdammt guter Footballspieler obendrein!
Welche Auswirkungen, glauben Sie, haben der Pass-Empfänger Murphy und GATA seit der Gründung im Januar 1998 gehabt?
Marshall Auerback: Nochmals, sind sie die einzigen Leute, die eine strenge und intellektuell ehrliche Schilderung dessen, was im Goldmarkt los ist, zur Verfügung gestellt haben. GATA wurde einst als ein Haufen von Spinnern abgetan, aber ihre Ansichten sind jetzt der Mainstream (obwohl die Menschen immer noch zögern, sie voll für die mutigen Positionen, sie in den alten Tagen einnahmen, zu würdigen).
Glauben Sie, dass die Zentralbanken / der IWF das Gold in ihren Tresoren liegen haben, von dem sie sagen, dass sie es haben?
Marshall Auerback: In einem strikten buchhalterischen Sinne könnten sie es, aber das könnte womöglich irrelevant sein. Lassen Sie es mich erklären. Ich vermute, dass die Zentralbanken in den vergangenen Jahren nicht viel Gold seit der Gründung des Washington Accord verkauft haben, aber ich denke, sie haben immer noch erhebliche Mengen in den Goldmarkt verliehen. Von einem FLUSS-Standpunkt aus ist es unerheblich, ob das Gold verkauft oder verliehen wurde, da es als Angebot auf dem Markt erscheint. Also die Kernfrage ist, kann das verliehene Gold durch die Zentralbanken wieder zurückgewonnen werden? Die Arbeit von GATA und anderen Leuten wie Bob Landis und Reg Howe legt nahe, dass sie es nicht können. In der Tat gibt es eine “Gefängnis der Shorts”-Situation, wobei das Gold, das ausgeliehen und, sagen wir, eingeschmolzen wurde, um in der Mitgift einer indischen Braut festzusitzen, nicht zurück in den Markt kommen wird. Letztendlich glaube ich also, dass die Zentralbanken dies in einem buchhalterischen Sinn durch eine Neueinteilung des geleasten Golds als verkauft bestätigen, so dass von einem BESTANDS-Standpunkt das GATA-Argument bestätigen werden wird, dass weit weniger Gold durch die Zentralbanken gehalten wird, als allgemein angenommen.
Würden Sie der Deutschen Bundesbank empfehlen, ihr Gold (nach GATA-Berater Dimitri Speck 66% des Gesamtbetrags der deutschen Goldreserven) von der NY Fed nach Deutschland zu verlegen? Egon von Greyerz zum Beispiel erklärte kürzlich in einem Interview mit mir:
„Wenn dies wirkliche Reserven sind und sie nicht gehandelt werden, brauchen sie sie nicht dort zu haben. Aber der wahrscheinlichste Grund, weshalb sie sie dort haben, ist der, weil sie es ausgeliehen haben und es handeln, sonst würden sie es nicht dort zu haben brauchen. So einfach ist das.“ (vi)
Marshall Auerback: Persönlich denke ich, dass es unerheblich ist. Die Bundesbank hörte auf relevant zu sein, als die Deutschen ihre fiskalische und geldpolitische Souveränität an die Europäische Zentralbank abtraten, eines der dümmsten Dinge, die irgendein deutscher Politiker seit dem Zweiten Weltkrieg getan hat. Und jetzt sind die Deutschen unglücklich darüber, aber sie sollten nicht die Schuld den Italienern, Portugiesen, Griechen oder Iren geben, sondern ihrer eigenen Führung, die sie in die Europäische Währungsunion brachte, ohne jede Art von Referendum.
Wo sehen Sie Gold in den nächsten Jahren hinsteuern?
Marshall Auerback: Vielleicht $ 3000 pro Unze, vor allem aber wegen der Probleme, die ich sich in der Euro-Zone entwickeln sehe, nicht wegen des US-Dollars.
Was sind Ihre Gedanken zu Silber?
Marshall Auerback: Nun, Silber kam vor kurzem nah dran, meine Zielvorgabe von $ 50 pro Unze zu erreichen, und hat nunmehr einen Geschwindigkeitsstoß nach unten erhalten. Ich vermute, es geht wieder nach oben.
Wie interpretieren Sie die jüngsten Erhöhungen der Sicherheitsanforderungen für Silber-Verträge?
Marshall Auerback: In Bezug auf die Erhöhung der Margen auf Silber denke ich, dass das ein weiteres Zeichen dafür ist, dass „City Hall“ ängstlich wird, was die Höhe der Spekulation im Rohstoffmarktkomplex angeht, und sie will offensichtlich die Nachricht verbreiten, dass es keine Verbindung zwischen ihrer dummen Politik der quantitativen Lockerung und der daraus resultierenden Spekulationen gibt. Es ist ein Fall von Erschießung des Boten. Ich vergleiche das mit dem Kaputtmachen eines Thermometers, weil es anzeigt, dass der Patient eine Erkältung hat!
Eine letzte Frage zum Abschluss unserer Diskussion. Es gibt eine durchaus breite Debatte über eine Rückkehr des Goldstandards. Sie sind kein besonderer Freund von diesem Konzept. Warum das?
Marshall Auerback: Der Goldstandard wird als Allheilmittel betrachtet, meiner Meinung nach unrealistischer Weise. Es ist nicht so, dass Banker das System während des 19. Jahrhunderts, den sogenannten glücklichen Tagen des Goldstandard, nicht betrogen hätten. Unter einem Goldstandard oder anderen festen Wechselkurssystemen kann die Bankenfinanzierung nicht glaubwürdig garantiert werden. In der Tat arbeiten Festkurssysteme absichtlich mit einer laufenden Einschränkung für die Angebotsseite der konvertierbaren Währung. Banken sind dazu verpflichtet, Reserven der konvertierbaren Währung zu halten, um in der Lage zu sein, die Nachfrage der Einleger nach einer Auszahlung erfüllen zu können. Vertrauen ist wichtig für Banken, die unter einem Goldstandard arbeiten. Keine Bank kann mit 100% Reserven operieren. Sie hängen von Einlegern ab, die nicht in Panik geraten und versuchen, ihre Einlagen für konvertierbaren Währung in Bargeld einzulösen.
Die USA erlebten eine Reihe von schweren Depressionen in den späten 1800er Jahren, wobei die „Panik“ von 1907 genug störte, um in der Schaffung der Federal Reserve im Jahr 1913 zu münden. Die Fed sollte der Kreditgeber der letzten Instanz sein, um sicherzustellen, dass die Nation nie wieder durch ein weiteres 1907 gehen müsse. Leider scheiterte diese Strategie. Die Depression von 1930 war noch schlimmer als die Panik von 1907. Das Goldstandardsystem hielt die Fed von der Fähigkeit ab, ihren Banken die konvertierbare Währung zu verleihen, die sie brauchten, um den Auszahlungsnachfragen gerecht werden zu können. Nach Tausenden von katastrophalen Bankenpleiten wurde ein Bankenfeiertag erklärt und die übrigen Banken wurden von der Regierung geschlossen, während das Bankensystem reorganisiert wurde. Als das Bankensystem im Jahr 1934 wiedereröffnet wurde, wurde die Konvertibilität der Währung in Gold permanent ausgesetzt (im Inland) und Bankguthaben wurden durch die Federal Deposit Insurance gedeckt. Die Federal Reserve war nicht in der Lage, Depressionen zu stoppen. Es war das Verlassen des Goldstandards, das den Trick besorgte.
Es sind 80 Jahre seit der Großen Depression vergangen. Es würde nun äußerst armselige politische Reaktionen bedürfen, um die derzeitige schwere Rezession in eine Depression zu verschlechtern, obwohl eine fehlgeleitete und allzu restriktive Finanzpolitik leider die Wiederherstellung von Produktion und Beschäftigung verzögert hat.
Vielen Dank dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Auerback!
Quellen:
i Mike Whitney: “IMF chief Strauss-Kahn caught in ‘Honey Trap’”, veröffentlicht auf Global Research am 16. Mai 2011 unter: http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=24784
Eine interessante Analyse bietet Danny Schechter: “The Sexual Underground Of Bankers. Strauss-Kahn and The Secret Culture of Aggressive Sexuality In The High Pressure World Of Bankers and Banksters“, veröffentlicht auf Global Research am 20. Mai 2011 unter:
http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=24878
ii Siehe zum Beispiel William K. Black: “Betrug erzeugt Betrug“, veröffentlicht auf LarsSchall.com am 12. Mai 2011 unter:
http://www.larsschall.com/2011/05/12/betrug-erzeugt-betrug/
iii Max Keiser: “IMF making its move on U.S.“, veröffentlicht auf MaxKeiser.com am 6. April 2011 unter: http://maxkeiser.com/2011/04/06/imf-making-its-move-on-u-s/.
Kaiser wies in diesem spezifischen Fall auf diesen Artikel hin, Taylor Durden: “IMF Issues Biggest Criticism Of US Policy To Date: Says Treasury Should Put GSE Obligations On Balance Sheet“, veröffentlicht auf Zero Hedge am 6. April 2011 unter:
Mai 2010 forderte Dominique Strauss-Kahn, der Managing Director des IWF, “a new global currency issued by a global central bank, with robust governance and institutional features”, und sagte, dass die “global central bank could also serve as a lender of last resort.” Vgl. Dominique Strauss-Kahn: “Concluding Remarks at the High-Level Conference on the International Monetary System”, Zürich, 11. Mai 2010 unter:
http://www.imf.org/external/np/speeches/2010/051110.htm
Siehe auch Jeffrey Garten: “We Need a Bank Of the World”, veröffentlicht in Newsweek am 25. Oktober 2008 unter: http://www.newsweek.com/id/165772,
Ambrose Evans-Pritchard: “The G20 moves the world a step closer to a global currency”, veröffentlicht in The Telegraph am 3. April 2009 unter:
und “IMF Plots Role as World’s Central Bank?“, veröffentlicht auf The Daily Bell am 11. April 2011 unter: http://www.thedailybell.com/2038/IMF-Plots-Role-as-Worlds-Central-Bank.html.
iv Vgl. Michael C. Ruppert: “Crossing the Rubicon. The Decline of the American Empire at the End of the Age of Oil“, New Society Publishers, Gabriola Island, 2004.
v Vgl. Pepe Escobar: “DAS WANDERNDE AUGE – Das Ende des Völkerrechts“, veröffentlicht auf LarsSchall.com am 16. Mai 2011 unter:
http://www.larsschall.com/2011/05/16/das-wandernde-auge-%E2%80%93-das-ende-des-volkerrechts/
Siehe auch Ellen Brown: “LIBYA: ALL ABOUT OIL, OR ALL ABOUT BANKING?“, veröffentlicht auf Web of Debt am 8. April 2011 unter: http://www.webofdebt.com/articles/libya.php
vi Vgl. Lars Schall: “The War on Gold (and Silver)“, veröffentlicht auf LarsSchall.com am 4. Mai 2011 unter: http://www.larsschall.com/2011/05/04/the-war-on-gold/