“Die Entwertung gegenüber Gold ist die Inflation“

In diesem Exklusiv-Interview beantwortet James G. Rickards, ein führender Praktiker auf dem Gebiet der Kapitalmärkte, der nationalen Sicherheit und Geopolitik, unter anderem Fragen zu: die „Quantitative Lockerung als Erfolg“, die Währungskriege der Vergangenheit und Gegenwart, und warum man gegen jede Zentralbank der Welt kämpft, so man Gold besitzt.

Von Lars Schall

James G. Rickards ist leitender Geschäftsführer von Tangent Capital Partners (http://www.tangentcapital.com/) und von Omnis, Inc. (http://www.omnisinc.com/), wo er auch im Vorstand sitzt. Darüber hinaus dient er als Geschäftsinhaber von Global-I Advisors, LLC, einer Investmentbank, die auf den Zwischenbereich von Kapitalmärkten und Geopolitik spezialisiert ist.

Die Karriere von Herrn Rickards umfasst den Zeitraum seit 1976, in dem er bei der Bildung und dem Wachsen der globalisierten Kapitalmärkte und von komplexen Handelsstrategien im Derivatebereich aktiv teilnahm. Er hat leitende Positionen bei Citibank, RBS Greenwich Capital Markets, Long Term Capital Management, Caxton Associates sowie Optimark eingenommen. Bei der Freilassung von US-Geiseln in Teheran, Iran im Jahre 1981 war er ebenso direkt beteiligt, wie auch beim Börsencrash von 1987 und dem Zusammenbruch von Drexel 1990. Er war der Hauptverhandlungsführer der von der US-Regierung und der NY Fed unterstützten Rettung von LTCM im Jahre 1998.

Herr Rickards ist Lehrbeauftragter an der Northwestern University und der School of Advanced International Studies in Washington DC. Er hat wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Wirtschaftsphysik unter anderem am Los Alamos National Laboratory vorgestellt und Beiträge in Fachzeitschriften zu den Bereichen strategische Studien, kognitive Vielfalt, Netzwerk-Wissenschaft und Risikomanagement veröffentlicht. Er ist Berater von Scharia Capital, Inc., einem Unternehmen, das auf islamische Finanzierung spezialisiert ist, und ebenso Mitglied des Beratergremiums des Ausschusses für Auslandsinvestitionen in den Vereinigten Staaten (Committee on Foreign Investment in the United States, CFIUS) des Director of National Intelligence.

Herr Rickards hat akademische Abschlüsse von der New York University School of Law, der University of Pennsylvania Law School, der School of Advanced International Studies und von der Johns Hopkins University.

Zu den Kunden, die er berät, zählen private Investmentfonds, Investment-Banken und Regierungs-Direktorien. Er besitzt Rechtsanwaltslizenzen für New York und New Jersey sowie für verschiedene Bundesgerichte der USA. Er ist ein gefragter Referent bei Konferenzen von Anwaltskammern und der Industrie in den Bereichen Derivate und Hedgfonds. Er wurde vom Wall Street Journal und auf CNBC, Fox, CNN, NPR und C-SPAN interviewt und steuert Artikel in der New York Times, Financial Times und der Washington Post bei.

James G. Rickards lebt in Connecticut, USA.

Das nachfolgende Exklusiv-Interview für Goldseiten.de und LarsSchall.com ist das erste seiner Art für eine deutsche Publikation. Zusätzlich hierzu möchte ich ein weiteres ausführliches Interview zur Lektüre empfehlen, das ich mit Herrn Rickards in der Vergangenheit geführt habe: “The central banks don’t consider it manipulation, they consider it part of their job“, veröffentlicht unter:

http://www.larsschall.com/2010/12/12/%E2%80%9Cthe-central-banks-dont-consider-it-manipulation-they-consider-it-part-of-their-job%E2%80%9C/.

Herr Rickards, Sie haben vor nicht allzu langer Zeit gesagt: „Die Quantitative Lockerung ist tot, lang lebe die Quantitative Lockerung.“ Was meinten Sie damit?

James Rickards: Was ich meinte war, dass das frühere QE-Programm, durch das die Federal Reserve mittelfristige Schatzanweisungen in den offenen Märkten kaufte, jene mit einer Laufzeit von drei, fünf, sieben und zehn Jahren, offiziell am 30. Juni vorbei ist, und ich habe erwartet, dass es nach dem 30. Juni nicht fortgesetzt werden wird – das ist das, was ich meinte mit: „QE ist tot.“ Allerdings hat die Fed das nun schon seit fast zwei Jahren gemacht, und zu diesem Zeitpunkt haben sie durch das Programm so viele Vermögenswerte erworben, dass ihre Bilanz inzwischen fast $ 3 Billionen beträgt. Als sie dieses Programm begannen, waren es weniger als $ 1 Billion, es waren annähernd $ 900 Milliarden, aber heute geht die Bilanz am Ende des Juni auf $ 3 Billionen zu, die genaue Anzahl ist im Moment ungefähr $ 2.6 Billionen, jedoch werden sie weitere Vermögenswerte zwischen jetzt und dem 30. Juni kaufen.

Der Punkt ist, wenn Ihre Bilanz derart groß ist, haben Sie Wertpapiere, die im Laufe der Zeit fällig werden – vor zwei Jahren, wenn Sie eine zweijährige Anleihe kauften, wird diese Anleihe  irgendwann in den nächsten Monaten fällig, und wenn das passiert, schickt Ihnen das Finanzministerium das Geld, und dann können Sie das Geld behalten. Aber im Fall der Fed, die das Geld ja überhaupt erzeugt, ist es so: wenn das System der Fed Geld schickt, hört dieses Geld zu existieren auf, tatsächlich reduziert das die Geldmenge. Die Fed kann sich jedoch dafür entscheiden, hinaus zu gehen und mehr Wertpapiere zu kaufen, indem sie ihre Reinvestionskaufkraft nutzt. Auch wenn sie somit nicht ihre Bilanz erweitern, werden sie weiterhin Wertpapiere kaufen, um die Zinsen niedrig zu halten. Das ist also das, was ich meinte mit: „Lang lebe QE.“ Mit anderen Worten, sie werden QE fortsetzen, aber in einer anderen Form.

Ist dieses unbefristete, obgleich womöglich modifizierte QE Ihrer Meinung nach in irgendeiner  Hinsicht erfolgreich – oder hängt dies davon ab, auf welcher Seite der sprichwörtlichen „Druckerpresse“ man steht?

James Rickards: Das ist eine gute Frage. Um Erfolg zu definieren, müssen Sie zunächst herausfinden, was das Ziel war und sehen, ob Sie dieses Ziel erreicht haben. Und es gibt viele Missverständnisse an diesem Punkt. Viele Kritiker der Fed haben gesagt, dass es ihr Ziel war, die Staatsverschuldung in Form des Gelddruckens zu monetarisieren. Nun, das ist nicht das Ziel von QE, ist es niemals gewesen. Das Ziel von QE war es, die Zinsen niedrig zu halten, insbesondere wollte die Fed eine Situation mit dem schaffen, was sie negative Realzinsen nennen. Ein Realzins ist einfach der Zinssatz, den Sie zu zahlen haben, man nennt das den Nominalzins minus Inflationsrate. Zum Beispiel, wenn der Zinssatz 2 Prozent beträgt, aber die Inflation ist bei 4 Prozent, dann ist der Realzins negative 2 Prozent oder 2 – 4. Und wenn Sie negative Zinssätze haben, dann ermutigt dies natürlich Menschen dazu, sich Geld zu leihen, weil sie die Schulden in billigeren Dollar zurückzahlen können – nicht nur sind die Kosten des Leihens null, sie sind unter null, und daher können Sie die Schulden in billigeren Dollar zurückzahlen, also müssen Sie nicht so viel zurückzahlen, wie Sie sich am Anfang real geliehen haben. Das ist also das Ziel der Fed.

Nun müssen Sie sich fragen, wie misst die Fed die Inflation? Sie benutzen eigentlich nicht die Inflationszahlen, die jeden Monat berichtet werden. Sie benutzen mittelfristige Inflationserwartungen. Dies ist nicht die Inflation von heute, sondern die Inflation, von der die Verbraucher und Kreditnehmer denken, dass sie in zwei, drei, vier, fünf Jahren existieren könnte, denn das ist diejenige, die wirklich zählt. Wenn Sie sich Geld für dreißig Jahre auf eine Hypothek leihen oder sich Geld für fünf Jahre auf einen Autokredit leihen, und versuchen, den Realzins herauszufinden, dann verwenden Sie nicht den heutigen Zinssatz, Sie verwenden den erwarteten Zinssatz über die nächsten fünf Jahre, oder im Falle der Hypothek den Zinssatz in den nächsten dreißig Jahren. Um das zu tun, schaut die Fed auf das, was sie TIPS-Spanne nennen – wir haben einen Zinssatz in den Vereinigten Staaten, der sich TIPS nennt, Treasury Inflation Protected Securities. Diese sind gegen die Inflation geschützt. Der Zinssatz für TIPS ist lediglich der Zinssatz, den Sie zur Risikokompensation benötigen, es gibt kein eingebautes Inflationselement. Bei den anderen Schatzanweisungen müssen Sie sich Sorgen über die Inflation machen. Die Fed sieht sich also die Zehn-Jahres-Raten an und dann schauen sie auf die zehnjährige TIPS-Rate, um die Differenz herauszufinden, und diese Differenz stellt in der Theorie die mittelfristigen Inflationserwartungen dar. Das ist in etwa das, worauf sie abzielen.

Der ganze Sinn von QE ist also, Anleihen im Zeitspektrum von fünf bis zehn Jahren zu kaufen, die nominalen Zinssätze niedrig zu halten und die TIPS-Spanne unten zu halten, um auf diesem Wege die Inflationserwartungen gering zu halten. Und in diesem Sinne war die Fed erfolgreich. Die Menschen sind kontinuierlich angesichts der Situation der US-Schulden, der Situation des Gelddruckens in den USA und dem Potenzial einer hohen Inflation erstaunt, weshalb die Zinsen so niedrig sind, wie sie es sind. Ein Grund dafür ist, dass die Fed genug Wertpapiere kauft, um die Zinsen niedrig zu halten. Sie müssen sie nicht alle kaufen, sie müssen nicht die Schulden monetarisieren, sie müssen nur genug kaufen. Von diesem Maß her würde ich sagen, ja, QE ist ein Erfolg gewesen und wird auch weiterhin ein Erfolg sein, denn wie ich bereits erwähnte, die Bilanz ist so groß, dass die Kaufkraft selbst genug ist, um ausreichend Wertpapiere zu kaufen, um die Zinsen niedrig zu halten.

Die globale Rohstoff-Rallye, die jetzt unter Druck gerät, scheint weitgehend durch Liquidität via  billig geliehenem Geld angetrieben zu sein. Glauben Sie, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Geldpolitik in den Vereinigten Staaten und den arabischen Aufständen über höhere Lebensmittel- und Energiepreise gibt?

James Rickards: Zwei mal ja. Aber nehmen wir zunächst den ersten Teil der Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Geldpolitik und höheren Inflationspreisen? Ich denke, die Antwort ist absolut ja. Wir haben dies viele Male in der Vergangenheit gesehen. Zum Beispiel brachen in den frühen 1930er Jahren die Rohstoffpreise auf der ganzen Welt zusammen, und das war teilweise durch eine zu restriktive Geldpolitik verursacht worden. In diesem Fall expandierte die Fed die Geldpolitik nicht genug, und dieses Anziehen der geldpolitischen Zügel ließ die Rohstoffpreise zusammenbrechen und verursachte eine generalisierte Deflation auf der ganzen Welt. In den 1970er Jahren sahen wir dann das Gegenteil: wir sahen eine sehr lockere Geldpolitik. Zu Beginn der 1970er Jahre war der Ölpreis ungefähr bei $ 2 pro Barrel, am Ende der 1970er Jahre war er $ 12 pro Barrel und befand sich bald auf dem Weg zu $ 20. Das kam zum Teil aufgrund einer sehr lockeren Geldpolitik der Fed zustande. Es gibt eindeutige Beweise hierfür. Wir sahen dies wieder und wieder.

Wir sehen es auch heute wieder. Der einzige Unterschied ist, dass wir heutzutage eine stärker globalisierte Welt haben, wir haben mehr Volkswirtschaften, die an der Weltwirtschaft teilnehmen, um miteinander um Exporte und Marktanteile zu konkurrieren. Die Arbeit in Asien konkurriert nun mit der Arbeit in den Vereinigten Staaten. All das traf so in den 1930er und den 1970er Jahren nicht zu, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß. Auch befindet sich die Welt auf einem De-facto-Dollar-Standard – der Dollar macht 60 Prozent der weltweiten Reserven und natürlich einen noch höheren Prozentsatz des Welthandels aus, der Preis für Öl und andere Rohstoffe wird weltweit in Dollar festgelegt. Wenn Sie Geld drucken, ist das, was passiert, dass sich die Inflation zeigt, doch zeigt sie sich nicht zuerst in den Vereinigten Staaten, sondern sie taucht in der ganzen Welt auf – in China, Malaysia, Südkorea, Thailand, Brasilien und vielen anderen Ländern.

Das ist so wegen des Wechselkursmechanismus. Diese Länder versuchen, ihre Währungen im Verhältnis zum Dollar niedrig zu halten, was bedeutet, dass sie Dollar durch das Drucken ihrer lokalen Währungen in ihren lokalen Märkten kaufen müssen. Das Ergebnis dessen ist, dass sie eine Flut von anderen Währungen schaffen. Deshalb taucht die Inflation zuerst einmal überall in der Welt auf und nicht in den Vereinigten Staaten. Allmählich ändert sich das. Wir sind an einem Punkt, wo viele dieser Länder beginnen, ihre Währungen nach oben aufzuwerten. Dadurch wird der Inflationsdruck in ihren eigenen Ländern begrenzt werden, aber das bedeutet, dass der Inflationsdruck jetzt wieder in die Vereinigten Staaten in Form von höheren Importpreisen zurückkommen wird, wenn wir ausländische Waren kaufen. Dieser Prozess wird einige Zeit dauern, um sich zu entfalten, aber letztlich wird er die Inflation wieder zurück in die Vereinigten Staaten zwingen. Das alles gesagt habend, gibt es keinen Zweifel daran, dass die lockere Geldpolitik der Fed für die höheren Rohstoffpreise auf der ganzen Welt verantwortlich ist.

Nun, in Anbetracht dessen, ja, dies ist absolut einer der beitragenden Faktoren für die Unruhen in Nordafrika, dem Nahen Osten, aber auch in einigen Teilen Chinas, die zwar nicht auf den Umfang wie anderswo angewachsen sind, aber die Tatsache, dass sie überhaupt geschehen, ist signifikant. Gewiss, es gibt viele andere Faktoren, zum Beispiel eine große Anzahl von arbeitslosen jungen Erwachsenen. Doch steigende Nahrungsmittelpreise sind manchmal das, was die Leute auf die Straße treibt. Die Sehnsucht nach Freiheit und die Arbeitslosigkeit haben tatsächlich über einen längeren Zeitraum hinweg angehalten, aber die steigenden Nahrungsmittelpreise können die Art des sprichwörtlichen Tropfens sein, der das Fass zum Überlaufen bringt, was dann die Unruhen bewirkt. Die Fed richtet also eine Menge Schaden an, nicht nur für den US-Dollar und die Weltwirtschaft, sondern ich würde auch sagen, dass sie viel Unruhe auf der ganzen Welt provoziert.

Würden Sie dann auch sagen, dass Krieg und Währungspolitik generell verflochtene Dinge sind oder zumindest sein können?

James Rickards: Es ist keine Frage, dass sie es sein können. Wieder sahen wir dies in den 1930er Jahren, es gab eine lange Art von Währungskrieg, der von den Großmächten von den 1920er Jahren bis zu den 1930er Jahren ausgefochten wurde, was zum Teil mit der Verschuldungssituation nach dem Ersten Weltkrieg zu tun hatte. In Deutschland hattet Ihr massive Reparationen an Frankreich und Großbritannien zu zahlen, viele andere besaßen massive Kriegsschulden, die verwendet wurden, um die Kriegskosten von Großbritannien und Frankreich an die Vereinigten Staaten zu finanzieren, man hatte also eine Welt in Schulden, die ganze Welt befand sich in Schulden zueinander, und das war es, was diese Währungskriege auslöste, diese Ausplünderung-des-Nachbarn-Währungsabwertungen des einen gegen den anderen und schließlich von allen wichtigen Währungen gegenüber Gold, was in Etappen zwischen 1931 und 1936 passierte. Aber keines der wirtschaftlichen Probleme wurde gelöst, die wirkliche Lösung wäre gewesen, einfach die Schulden vergessen zu haben, doch das geschah erst sehr spät in diesem Prozess und nur in Etappen, und dann, als es geschah, war eine Menge des Schadens in Deutschland mit dem Aufstieg der Nazi-Partei angerichtet, der direkt zum Zweiten Weltkrieg führte. Diese Art von Währungskrieg verwandelte sich also in einen offenen Krieg.

Von daher denke ich, dass man das Potential dieser globalen internationalen wirtschaftlichen Auswirkungen hin zu einem tatsächlich gewaltsamen Krieg nicht unterschätzen kann. Das ist nicht im zweiten Währungskrieg während der 1970er und Anfang der 1980er Jahre geschehen, aber das Potential dafür ist stets gegeben, ja. Zunächst hat man einen Währungskrieg, in dem die Länder ihre Währungen gegeneinander abzuwerten versuchen, aber in der Regel funktioniert das nicht – jeder  Vorteil ist nur vorübergehend in dieser Situation. Dann geht man zu Handelskriegen über. Was die Länder nicht durch die Abwertung der Währung erreichen können, das versuchen sie in Form von Zöllen, Kapitalverkehrskontrollen, Embargos, unfairen Handelspraktiken etc. zu tun. Doch das neigt auch zum Scheitern. Es könnte bestimmte Branchen kurzfristig schützen, aber es neigt dazu, den Welthandel und das Wachstum zu reduzieren, und das verursacht noch mehr wirtschaftliche Belastung. Am Ende werden die Länder immer Ausreden für Konflikte finden, die absolut in militärische Konflikte münden können. Das sind Dinge, von denen ich denke, dass sie die Zentralbanker unterschätzen.

Nachdem Sie nun die „Währungskriege“ der Vergangenheit erwähnten, lassen Sie uns den gegenwärtigen unserer Zeit betrachten. Ist nicht die eigentliche Königsschlacht dieses „Währungskriegs“ die zwischen Gold und allen Fiat-Währungen, insbesondere dem US-Dollar?

James Rickards: Das ist, wo es enden wird. Ich stimme überein damit, dass dies das Endspiel ist. Man beginnt mit der Abwertung gegeneinander, doch das endet mit einem Misserfolg, und so braucht man etwas, gegen das man abwerten kann – und Gold ist immer der letzte Ausweg, denn Gold ist die eine Sache, die von sich aus nicht entwertet. Zum Beispiel, wenn die USA den Dollar gegen die chinesische Währung abwertet, und dann wertet der Euro gegenüber dem Dollar ab, könnte dadurch den US-Exporten geholfen werden, aber die Abwertung des Dollar könnte durch die Euro-Abwertung verletzt werden, so dass, wie ich gesagt habe, niemand wirklich weiter nach vorne kommt, und dann erhält man nicht die Inflation, die man erhalten möchte. Ein Weg jedoch, wie man stets Inflation hinbekommt, ist die Entwertung gegenüber Gold – oder vielleicht sogar ist die Entwertung gegenüber Gold die Inflation. Jedenfalls ist der Zweck des Ganzen die Verbilligung der Währung, das Helfen von Exporten und die Anhebung der Rohstoffpreise auf breiter Front.

Dies ist natürlich zwei Mal passiert. Im Jahr 1933 hat Präsident Roosevelt den Dollar gegenüber Gold abgewertet, und 1971 hat Richard Nixon dasselbe getan. Ich denke, es wird wieder geschehen. Der Währungskrieg spielt sich für eine Weile ab, aber sie bekommen nicht wirklich das, was sie möchten, und so müssen sie am Ende gegen Gold abwerten. Beispielsweise werden Sie eine Menge an Auf und Ab zwischen dem Euro und dem Dollar sehen, der Zyklus wird sich immerzu wiederholen, vor und zurück, und als Händler können Sie eine Menge Geld mit diesem Schaukeln zwischen dem Euro und dem Dollar machen, aber als Investor spielt es keine wirklich große Rolle. Meine Analogie dafür ist die, dass die Passagiere der Titanic auf ein höheres Deck oder auf ein niedrigeres Deck gehen können, aber sie können nicht alle vom Schiff gehen. Das Rettungsboot, wenn man so will, um diese Metapher weiter zu verfolgen, ist Gold. Das ist die eine Sache, gegenüber der sie alle abwerten können. Ich denke, das ist es, wo das alles enden wird.

Im Jahr 2009 haben Sie auf Sendung bei CNBC gesagt: „Wenn Sie Gold besitzen, kämpfen Sie gegen jede Zentralbank der Welt.“ Was hat Sie zu diesem Schluss geführt?

James Rickards: Nun, es existieren circa 160.000 Tonnen Gold, dies wäre das gesamte Gold, das jemals gefördert wurde, sei es nun in Schmuck, Zentralbankreserven, industriellen Anwendungen oder künstlerischen Anwendungen, etc. Das ist ungefähr alles Gold, das je aus den Minen kam. Etwa 30.000 Tonnen Gold davon befinden sich in der Hand von Zentralbanken, das sind nicht ganz 20 Prozent des gesamten Goldes. Sie sind in der Lage, dies zu verwenden, um den Goldpreis zu manipulieren – durch Zentralbankverkäufe, Zentralbankverleihungen oder aber, indem sie es nicht verkaufen, sondern einfach daran festhalten. Es gibt gute Belege dafür, dass die Zentralbanken all diese verschiedenen Strategien von Zeit zu Zeit verfolgt haben. Als Investor, selbst als ein sehr großer Investor in der Region von Dutzenden oder Hunderten von Millionen, was ziemlich groß ist, oder sogar hoch in die Milliarden im Fall einiger großer Institutionen, sind diese Beträge noch relativ klein verglichen zu den Zentralbank-Goldbeständen. Also sind Sie kurzfristig ein bisschen dem ausgeliefert, was die Zentralbanken zu tun gedenken. Obwohl ich glücklicherweise derzeit sehe, dass die Zentralbanken nicht unzufrieden mit dem steigenden Goldpreis sind.

Es gab Zeiten in der Vergangenheit, da sie den Goldpreis niedrig halten wollten, um die Inflation zu vermeiden. Doch jetzt ist nicht eine von diesen Zeiten. Jetzt ist die Zeit, da die Federal Reserve in der Tat Inflation will, weil sie verzweifelt den realen Wert der US-Schulden reduzieren möchte, und eine Abwertung des Dollars ist ein Weg, um das zu tun. Sie wollen also, dass der Goldpreis nach oben geht. Allerdings wollen sie nicht, dass er zu schnell nach oben geht. Sie wollen eine „geordnete Anpassung“, das ist genau der Begriff, den sie benutzen – geordnet im Gegensatz zu ungeordnet. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass Gold um 10 oder 15 Prozent pro Jahr höher geht, was es natürlich übrigens zehn Jahre in Folge getan hat. Wenn es auf die Weise steigt, haben sie nichts dagegen, weil es den Dollar verbilligt, was das ist, was sie wollen. Aber was sie nicht wollen, ist zu sehen, dass es sich vielleicht binnen sechs Monaten verdoppelt oder eine steile Steigerung erfährt, denn das könnte einen panikartigen Kauf von Gold verursachen, eine panikartige Abstoßung   des Dollar, und das kann außer Kontrolle geraten.

Mein Punkt ist einfach, dass ich denke, dass Gold ein sehr guter Vermögenswert zum Besitz ist, ich denke, dass es Vermögen bewahrt und im Wert steigen wird, obwohl es nicht wirklich im Wert steigt – was passiert, ist natürlich, dass der Dollar runtergeht, nichtsdestoweniger werden Sie sich gegen den Kollaps des Dollar schützen. Anleger sollten es also zu einem gewissen Umfang besitzen  und in Dollar ausgedrückt wird es höher gehen, aber spekulieren Sie nicht darauf, dass das allzu  schnell passieren wird, weil sich die Zentralbanken am anderen Ende des Handels befinden und sie nicht wollen, dass das geschieht.

Herr Rickards, ein großer Anteil der ausländischen Goldreserven, die bei New Yorker Fed liegen, gehört zu Deutschland. Was sind Ihre Gedanken zu den deutschen Goldreserven, die bei der NY Fed verwahrt werden? Angenommen, Sie würden der Chef der Deutschen Bundesbank sein und das Wohl des deutschen Volkes im Auge haben – und auch in Anbetracht dessen, dass wir auf Währungen zusteuern, die durch Gold gedeckt sind: was würden Sie dann in dieser Hinsicht tun?

James Rickards: Das hängt von der deutschen Gold-Politik ab. Wenn Deutschland seine  Geldpolitik den USA überlassen möchte und dazu bereit ist, alle politischen Pläne zu akzeptieren, mit denen die USA aufwartet, sollten sie es wahrscheinlich dort belassen, wo es ist. Das ist eine Frage des Vertrauens. Wenn aber Deutschland seine eigene Politik verfolgen will oder vielleicht einen durch mehr Gold gedeckten Euro haben möchte oder möglicherweise gar wieder eine D-Mark, dann sollten sie es nach Deutschland bringen und es in sicheren Depots unter der Kontrolle der Deutschen Bundesbank verwahren. Der Grund dafür ist der: solange es in den Vereinigten Staaten bleibt, ist es anfällig für eine Beschlagnahmung durch die Vereinigten Staaten. Man hat somit nicht wirklich die Kontrolle über seine eigene Geldpolitik, solange das eigene Gold in fremden Händen ist. Während des Kalten Krieges, angesichts der Bedrohung durch Russland, bin ich sicher, machte es Sinn und war ein kluger Schachzug, das deutsche Gold in New York zu haben. Aber heute wäre ich eher besorgt über die Druckerpressen der Federal Reserve als über russische Panzer, und so würde ich es denn in Frankfurt haben wollen.

Wie reagieren Sie auf all dieses „Edelmetalle sind in einer Blase“-Gerede? Ist das eher amüsant für Sie zu beobachten und zu hören?

James Rickards: Ja. Es sagt mir, dass Menschen, die diese Behauptung aufstellen, nicht wirklich mit dem Goldmarkt vertraut sind. Es ist schon komisch, dass es nur eine bestimmte Anzahl von Menschen gibt, die ich für wahre Gold-Experten erachte. Die meisten Leute an der Wall Street zum Beispiel mögen einige analytische Fähigkeiten besitzen, aber sie sind keine wirklichen Experten beim Gold, sie scheinen von Trend zu Trend zu gehen – einen Monat sehen wir sie im Fernsehen über Technologie-Aktien reden, im nächsten Monat reden sie über Mais oder Ethanol, und im Monat darauf reden sie über Gold. Diese Menschen neigen dazu, von Thema und Thema zu hüpfen. Sie benutzen dafür die gleichen analytischen Techniken und sind nicht wirklich vorbereitet, viel von  Gold zu verstehen.

Dies gesagt habend, möchte ich argumentieren, dass Gold definitiv in keiner Blase ist. Hier ist der Grund: Erstens ist der Handel sehr, sehr dünnbesiedelt. Ich rede die ganze Zeit mit großen institutionellen Investoren, und ihre Allokation an Gold ist gleich null oder sehr gering, vielleicht ein Prozent oder eineinhalb Prozent. Sie schauen auf diese Portfolios und dort haben sie 50 Prozent Aktien, 40 Prozent Anleihen, der Rest sind Hedgefonds. Für mich ist Gold der am meisten unter-verteilte Vermögenswert der Welt. Wenn Gold einfach nur von einem Prozent auf zwei Prozent in den Portfolios hochgehen würde, gäbe es nicht genügend Gold auf der Welt irgendwo in der Nähe der aktuellen Marktpreise, um diese Veränderung zu unterstützen. Es gibt ein enormes Potenzial aufwärts nur aufgrund einer äußerst bescheidenen Allokation in Richtung Gold.

Zweitens gibt es Möglichkeiten, um zu messen, ob Gold in einer Blase wäre. Sie nehmen einfach die offiziellen Zahlen des Goldangebots, multiplizieren dies mit dem Marktpreis und vergleichen diese Zahl mit der Geldmenge. Wenn Sie das innerhalb der Vereinigten Staaten tun würden, kämen  Sie zu einem Ergebnis von 17 Prozent. Aber 1980, als Gold bei $ 850 pro Unze war, betrug diese Zahl tatsächlich über 100 Prozent. Mit anderen Worten, an diesem Punkt war Gold so hoch, dass jeder Inhaber von einem Dollar zur Fed hätte gehen können und ihn in Gold hätte einlösen können, und die Vereinigten Staaten hätten immer noch Gold übrig gehabt. In dieser Situation, da der Marktwert des Goldes höher als 100 Prozent der Geldmenge ist, ist das wohl eine Blase. Aber wir sind heute nirgendwo in der Nähe dieser Zahl, sie ist nicht 100 Prozent, sie ist ungefähr 17 Prozent. Diese zwei Dinge zusammen sagen mir, dass wir nicht in einer Blase sind.

Was wären die wichtigsten Signale (abseits positiver Realzinsen), dass das Ende der Gold-Hausse näher rückt?

James Rickards: Nun, ich habe Ihnen zwei Messwerte gegeben, um zu erklären, warum Gold in keiner Blase ist. Ich würde sie auch beobachten, wenn wir näher an ein Blasen-Territorium herankommen. Zum Beispiel, Gold bei $ 7000 pro Unze bei der aktuellen Geldmenge und dem aktuellen Angebot von Gold, dann würden wir wieder dort sein, wo wir im Jahr 1980 waren, und das könnte eine Blase anzeigen. Aber wir haben viel Platz zwischen $ 1500 und $ 7000. Und  vergessen Sie auch nicht: eine Blase kann immer über das Ziel hinausschießen.

Was ist Ihre Meinung bezüglich der Entscheidung der Stiftung der Universität von Texas, die physisches Gold im Wert von $ 1 Milliarde gekauft hat?

James Rickards: Das ist sehr bedeutsam, weil es offensichtlich eine große Stiftung mit Zugang zu den besten Finanz-Köpfen der Welt ist, sie werden sehr gut beraten, und sie trafen diese Entscheidung, die meiner Meinung nach eine gute Entscheidung ist, denn sie werden mit ihr Geld  machen, und ich denke, es wird dadurch eine Tür geöffnet. Es wird für andere Stiftungen respektabler, dasselbe zu tun. Es gibt ein bisschen so etwas wie eine Herdenmentalität unter Vermögensverwaltern und Stiftungsverwaltern, und selbst wenn sie glauben, dass es gute Argumente für Gold gibt, wollen sie es dennoch nicht kaufen, weil sie befürchten, dass sie in Verlegenheit gebracht oder auf Konferenzen als Goldspinner marginalisiert werden könnten. Aber wenn eine sehr gut beratene und respektable Stiftung dieser Größe wie die Stiftung der Universität von Texas Gold kauft, sendet das ein Signal an andere aus, dass sie sich das anschauen sollten. Das erhöht den Trend des Goldkaufs, was natürlich sehr bullisch für den Preis ist.

Die spannendste Geschichte in der Zukunft ist für mich der Zeitpunkt, an dem die Länder des Nahen Ostens nicht mehr ihr Öl- und Erdgas für Papiergeld verkaufen. Wann denken Sie, werden sie dafür mit Edelmetallen bezahlt werden?

James Rickards: Nun, das ist alles Teil einer Entwicklung weg vom Dollar. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten. Ich denke, was passieren könnte ist, dass Gold als Preismechanismus verwendet werden wird. In anderen Worten, die Exporteure von natürlichen Ressourcen im Mittleren Osten und auch in Russland könnten beginnen, den Preis ihrer Waren in Einheiten von Gold festzusetzen, aber Dollar akzeptieren, doch das Problem ist natürlich, dass die Dollarmenge nicht behoben werden wird. Einfaches Beispiel: Öl ist derzeit, ich verwende abgerundete Zahlen, rund $ 100 pro Barrel und Gold ist rund $ 1500 pro Unze, es braucht also 15 Barrel Öl, um eine Unze Gold zu erwerben.

Übrigens, wenn man sich das Öl-zu-Gold-Verhältnis anschaut, so ist dieses über einen sehr langen Zeitraum sehr konstant gewesen. Selbstverständlich hat sich der Ölpreis zwischen $ 30 pro Barrel und $ 150 pro Barrel bewegt, und der Goldpreis hat sich zwischen $ 200 pro Unze und $ 1500 pro Unze bewegt, aber wenn man sich das Verhältnis ansieht, schwebt es immer rund um diese Ratio von 15 oder 16 zu 1 herum, und dass sagt Ihnen etwas über den wirklichen inneren Wert von Rohstoffen.

Wie dem auch sei, man könnte eine Situation haben, wo jemand in Saudi-Arabien sagt: Von jetzt an wird ein Barrel Öl 1/15 von einer Unze Gold sein. Nun, wenn Sie mich in Dollar bezahlen möchten, ist das in Ordnung, aber Sie müssen die Dollar-Gold-Konvertierung vornehmen (um herauszufinden, wie viele Dollar Sie mir in einer Welt des zunehmenden Goldpreis schulden), dass bedeutet, dass Sie mehr Dollar für ein Barrel Öl zahlen müssen. Selbst wenn sie also Dollar akzeptieren, kann man immer noch eine Welt haben, wo es in Gold als Preis festgelegt wird, aber Gold ist konvertierbar in Dollar und man kann mit Dollar zahlen, nur muss man dann sehr viel mehr zahlen.

Ich denke, dies ist eine von vielen Lösungen, die auf dem Tisch liegen. Eine andere sind natürlich die SDR (Special Drawing Rights, Sonderziehungsrechte). Der IWF versucht, den Einsatz von SDR als einen Währungskorb zu fördern. Aber nichts davon ist bislang machbar. Es erfordert einige Jahre des Studiums, es erfordert eine Konvertierung und einige Voranmeldungen für den Markt. Aber unter dem Strich ist der Punkt bei der ganzen Sache der: die Exporteure natürlicher Ressourcen und produzierter Waren im Nahen Osten, in Russland, China, Brasilien, sie alle haben tiefe, tiefe Unzufriedenheit mit dem derzeitigen internationalen Währungssystem und der Rolle des US-Dollar im Besonderen geäußert, also denke ich, werden Sie einiges an Abkehr davon in den kommenden Jahren sehen.

Und was sind Ihre Gedanken in dieser Hinsicht zum Krieg in Libyen?

James Rickards: Ich denke, das ist eine kleine Angelegenheit für das Geldsystem, aber sehr wichtig von einer Energie-Perspektive her. Die Menschen haben die Fähigkeit von Oberst Gaddafi an der Macht zu bleiben unterschätzt, und ein Teil des Grundes, warum sie die unterschätzten, war, weil sie möglicherweise nicht von der Tatsache wussten, dass er, wie die Financial Times und andere berichten, mehr als 100 Tonnen physischen Goldes besitzt. Und interessanterweise ist sein Gold nicht in New York, es ist in Tripolis, und er ist tatsächlich in der Lage, es zu benutzen, um seine Truppen zu bezahlen. Auch wenn er jetzt aus dem internationalen Finanzsystem raus ist und seine Papiervermögenswerte eingefroren sind, genießt er immer noch eine gewisse Freiheit durch  dieses physische Gold. Es ist eine Art eingedämmte Situation ohne große Folgen für das internationale Währungssystem – aber es ist trotzdem ein interessanter Fall, weil er Ihnen zeigt, dass es selbst in der heutigen angeblich ultra-raffinierten Welt immer noch Platz gibt für gutes altmodisches Gold, um seine Truppen zu bezahlen.

Vielen Dank dafür, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Rickards!

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