Sind globale Bankenregeln “anti-amerikanisch“, wie es Jamie Dimon, der CEO des Bankengiganten J.P. Morgan Chase, nahelegte? Die US-amerikanische Finanzjournalistin Nomi Prins ist da anderer Ansicht. “Was anti-amerikanisch ist: der Empfang extremer staatlicher Unterstützung, während das Land im Arsch ist.“
Von Nomi Prins, Übersetzung Lars Schall
Nomi Prins, die im US-Bundesstaat New York aufwuchs, arbeitete nach ihrem Universitätsstudium der Mathematik und Statistik für Chase Manhattan, Bear Stearns in London und als Managing Director bei Goldman Sachs an der Wall Street. Nachdem sie die Finanzbranche verließ, wurde sie eine herausragende Finanzjournalistin, die vier Bücher geschrieben hat, darunter das sehr zu empfehlende Werk “It Takes a Pillage: Behind The Bailout, Bonuses, and Back Room Deals from Washington to Wall Street”, das im September 2009 bei Wiley veröffentlicht wurde. Im Oktober erscheint ihr neuestes Buch: „Black Tuesday„.
Nomi Prins ist Senior Fellow bei “Demos” (http://www.demos-usa.org/) in New York City, gab zahlreiche Interviews unter anderem auf BBC World, BBC, Russia TV, CNN, CNBC, CSPAN und Fox, und ihre Artikel erscheinen unter anderem in der New York Times, Fortune, Newsweek, The Nation, The American Prospect sowie dem Guardian in Großbritannien. Ihre Website ist zu finden unter: http://www.nomiprins.com/. Die nachfolgende Übersetzung für LarsSchall.com wurde von Nomi Prins persönlich autorisiert und erschien am 28. September 2011 unter der Überschrift “Cutting Off a Gambler’s Credit“ im Original auf der Website der New York Times unter diesem Link:
Zusätzlich zu dem untenstehenden Artikel möchten wir noch ein exklusives Interview mit Nomi Prins zur Lektüre empfehlen, und zwar “Wir sind in keiner Erholung” unter diesem Link:
http://www.larsschall.com/2011/03/05/%E2%80%9Ewir-sind-in-keiner-erholung/
Weniger Kredit für einen Spieler
von Nomi Prins
Die vorgeschlagenen Basel-III-Kapital-Anforderungen und -Vorschriften sind nicht anti-amerikanisch. Tatsächlich würden sie globale Risiken während der Zeit einer weitverbreiteten Wirtschaftskrise abmildern – ein Punkt, den der CEO von JPMorgan Chase schamlos ignorierte.
Basel I und II ermöglichte es europäischen Banken, Stadtgemeinden und Pensionsfonds, ausgiebig Wertpapiere zu kaufen, die dreifach A bewertet worden waren. US-Banken gingen auf die Herstellungs-Überholspur, um 75 Prozent der $ 14 Billionen an Hypotheken-bezogenen Vermögenswerten von 2003 bis 2008 zu erschaffen. Verwandte Risiken und Verluste vermehren sich weiterhin rund um den Globus. Basel III geht weiter in Richtung der Verfeinerung von Eigenkapitalanforderungen, um den Schaden zu begrenzen.
Natürlich wehrt sich der CEO einer verschwenderischen Bank gegen Regeln, die die Einsätze mindern. Das heißt aber nicht, dass die Regeln schlecht sind.
Hier ist das, was anti-amerikanisch ist: der Empfang extremer staatlicher Unterstützung, während das Land im Arsch ist. Die Refinanzierung von Darlehen und die Verhandlungen zur Reduzierung von Zwangsvollstreckungen sind erbärmlich, wie auch die Tatsache, dass die privaten und öffentlichen Sektoren nicht genug Beschäftigungswachstum finanzieren können, um unserem schreckliche Arbeitslosigkeitssituation zu ändern.
Die Regierung unterstützte den Kauf von Bear Stearns durch JPMorgan Chase im März 2008 (wir zappeln in diesem Zusammenhang nach wie vor für $29 Milliarden am Haken) und erleichterte der Bank die Übernahme von Washington Mutual in jenem Herbst. JPMorgan Chase nutzte $40 Milliarden der FDIC-Bürgschaften im Frühjahr 2009 und erhielt $ 25 Milliarden an TARP-Geld, das nur zurückgezahlt wurde, nachdem das Handelsergebnis eine ausreichende Ankurbelung erhalten hatte.
In diesem Sommer zahlte JPMorgan Chase $153.6 Millionen im Zusammenhang mit Betrugsvorwürfen. Eine Vielzahl von Sammelklagen steht noch an. In diesem Jahr ist JPMorgan Chase der Top-Erzeuger von Wertpapieren auf gewerbliche Hypotheken, deren Qualitäten sich rapide verschlechtern. Bei Kreditderivaten steht die Bank lediglich Goldman Sachs nach: JPMorgan hat eine offene Position von $73 Billionen an allgemeinen Derivaten.
Weil Jamie Dimon einer der Direktoren der New York Federal Reserve ist, ist seine gleichgültige Haltung gegenüber der globalen Risikoreduktion besonders abscheulich. Wenn er nicht für Basel III dankbar ist, sollte es der Rest von uns sein.