Angesichts der regen jüngsten Diskussion über die Sicherheit von Gold und Investoren, die inmitten der europäischen Schuldenkrise und der ins Stocken geratenen Aktienmärkte auf der Suche nach einem Ort der Sicherheit sind, könnte es notwendig sein, die Vernunft das Gold-Fieber brechen zu lassen. Ein kurzer Einwurf des Ökonomen Henry C.K. Liu.
Von Henry C.K. Liu, Übersetzung Lars Schall
Die Übersetzung des kurzen Einwurfs, der im englischen Original auf der Website des Autoren hier veröffentlicht wurde:
http://www.henryckliu.com/page257.html,
erscheint auf LarsSchall.com mit der persönlichen und ausdrücklichen Genehmigung von Henry C.K. Liu.
Henry C.K. Liu ist ein unabhängiger Kommentator zu Themen der Kultur, Wirtschaft, Finanzen und Politik. Er wurde in Hong Kong geboren und studierte an der Harvard University Architektur und Städtebau. Ein Interesse an Wirtschaft und internationale Beziehungen entwickelte er bei der Verfolgung interdisziplinärer Arbeiten im Bereich der Stadt- und Regionalentwicklung als Professor an den Universitäten UCLA, Harvard und Columbia.
Er war ein Planungs- und Entwicklungsberater von Winthrop Rockefeller, dem Gouverneur von Arkansas. Liu ist derzeitig der Vorsitzende einer in New York City ansässigen Private Investment-Gruppe und trägt häufig Artikel auf Asia Times Online bei – siehe:
http://www.atimes.com/atimes/others/Henry.html.
Darüber hinaus arbeitet er gelegentlich als Berater für Wirtschaftspolitik mehrerer Regierungen von Schwellenländern.
Liu ist in der Finanzwelt am meisten dafür bekannt, dass er den Begriff der “Dollar-Hegemonie“ prägte, um zu erklären, dass der US-Dollar, seit 1971 eine reine Fiat-Währung und die größte Reservewährung international, den globalen Handel und die globalen Finanzen verzerrt. Liu ist fernerhin ein erklärter Kritiker von Zentralbanken, Finanzhindernissen für Entwicklungsländer und der chinesischen Wirtschaftspolitik.
Seine eigene Website finden Sie hier: http://www.henryckliu.com/.
Lasst die Vernunft das Gold-Fieber enden
von Henry CK Liu
Angesichts der regen jüngsten Diskussion über die Sicherheit von Gold und Investoren, die inmitten der europäischen Schuldenkrise und der ins Stocken geratenen Aktienmärkte auf der Suche nach einem Ort der Sicherheit sind, könnte es notwendig sein, die Vernunft das Gold-Fieber brechen zu lassen.
Die Sicherheit physischen Golds über Fiat-Geld ist ein Mythos.
Man kann Gold genauso wenig essen, wie man nicht Fiat-Papiergeld essen kann, beispielsweise den Dollar. Beim Goldmarkt dreht sich alles um Gold-Derivate, nicht um physisches Gold. Man kann keine Transaktionen mit physischem Gold in substantiellen Mengen durchführen, die über ein paar Gold-Barren hinausgehen, die man physisch tragen kann. Für die meisten Leute sind das ein paar hundert Unzen. Denken Sie an Richard III: „Ein Pferd, ein Pferd, ein Königreich für ein Pferd“ … (und alles Gold darin).
Gold-Fonds sind allesamt Betrügereien, die mit der Angst und Unwissenheit der Verbraucher spielen. Sie werden nie wirklich mit physischem Gold unterlegt, nur mit einem Anspruch auf physisches Gold bei einer Goldbarren-Bank in London. Wie wir alle wissen, ist ein Anspruch nur ein Anspruch, und nicht das gleiche wie eine physische Lieferung. Sie hängt von der Vertrauenswürdigkeit der Partei ab, gegen die der Anspruch eingereicht wird.
Die größte finanzielle Trägheit beim Gold ist die, dass es keine Zinsen zahlt, es sei denn, dass das Gold verliehen wird, was dann das Risiko birgt, dass es von dem Leasingnehmer nicht an den Leasinggeber zurückgegeben wird.
Ironischerweise sind die Menschen, die die am meisten gesicherten Vermögenswerte zu einem beliebigen Zeitpunkt halten, die Händler von Vermögenswerten mit unbeeinträchtigter Liquidität. Sicherheit auf dem Markt bedeutet die Fähigkeit, zu einem bestimmten Preis zu jeder Zeit verkaufen zu können, nicht der Besitz selbst. Der Wert des eigenen Besitzes wird durch den Preis bestimmt, zu dem man es verkaufen kann, und zwar abgezinst zum Zeitpunkt des Verkaufs. Nicht mehr und nicht weniger. Siehe hierzu meine Artikel über den Goldmarkt (was nicht dasselbe wie das Schreiben über Gold ist):
Part IX: International Gold Agreements – Historical Political Context
Part VIII: Gold and Fiat Currencies
Part VII: Weak Political Response to Ineffective Financial Regulation
Part VI: The London Gold Market
Part V: Central Banks and Gold Liquidity
Part IV: Central Banks and Gold
Part III: Labor Markets de-linked from the Gold Market
Part II: Gold Keeps Rising as Other Commodities Fall
Wie ich in meinem Artikel „Monetäre Theologie“ schrieb (http://henryckl.ipower.com/page19.html):
Davanzati zeigte, wie der „Tauschhandel eine notwendige Ergänzung der Arbeitsteilung unter den Menschen und unter den Nationen ist“; und wie leicht es zu einem „Verlangen nach Übereinstimmung im Tauschhandel“ kommt, das ein „Mittel des Tausches“ erforderlich macht; und dieses Medium muss in der Lage sein, „unterteilbar“ und ein „Wertaufbewahrungsmittel“ zu sein.
Er merkte an, „dass ein einziges Ei dem Grafen Ugolino in seinem Turm [Gefängnis] mehr wert war, als alles Gold der Welt“, dass aber auf der anderen Seite, „zehntausend Getreidekörner nur so viel wert sind wie ein Korn Gold auf dem Markt“, und dass“ Wasser, obgleich zum Leben notwendig, nichts wert ist, weil überreichlich vorhanden“.
Das war natürlich, ehe die Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) von den Armen in der Dritten Welt forderten, für das Wasser zu zahlen, und zwar durch die Privatisierung von grundlegenden Versorgungsunternehmen, um Auslandsschulden zu bedienen. …
Davanzati beobachtete, dass bei der Belagerung von Casilino „eine Ratte für 200 Gulden verkauft wurde, und der Preis konnte nicht als übertrieben bezeichnet werden, denn am nächsten Tag war der Mann, der sie verkauft hatte, verhungert, und der Mann, der sie gekauft hatte, war noch am Leben“.
Natürlich würden moderne Ökonomen das ein Marktversagen nennen. Davanzati betrachtete das ganze Geld in einem Land als so viel wert wie alle Güter, weil das eine für das andere getauscht wird und niemand Geld um seiner selbst willen haben möchte. Davanzati wusste nichts über die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, und er erkannte nur, dass jedes Land eine unterschiedliche Menge an Geld braucht, so wie verschiedene Menschen unterschiedliche Mengen an Blut benötigen.
Die Münzprägestätte sollte Geld unentgeltlich für jedermann prägen; und die Angst, das die Münzen, wenn sie zu gut sind, exportiert werden sollten, ist einfach illusorisch, weil für sie vom Exporteur gezahlt werden müsste.