DAS WANDERNDE AUGE: Wo ist Prinz Bandar?

Saudi-Arabiens Geheimdienst-Chef Prinz Bandar, der mutmaßlich hinter der Operation „Damaskus-Vulkan“ in Syrien steht, ist völlig vom Radar verschwunden. Die Gerüchteküche besagt, dass er getötet wurde – wechselweise vom syrischen oder iranischen Geheimdienst. Das saudische Königreich hüllt sich derweil in Schweigen.

Von Pepe Escobar, Übersetzung Lars Schall

Der 1954 geborene Pepe Escobar aus Sao Paulo, Brasilien ist einer der herausragendsten Journalisten unserer Zeit. Escobar, der vom früheren CIA-Analysten Ray McGovern schlichtweg “der Beste“ genannt wird, arbeitet für die Asia Times und ist ein Analyst von The Real News. Darüber hinaus ist er der Autor dreier Bücher: Globalistan: How the Globalized World is Dissolving into Liquid War, Red Zone Blues: a snapshot of Baghdad during the surge und Obama does Globalistan.

Er hat von verschiedenen Ländern und Konflikten berichtet, darunter Afghanistan, Pakistan, Irak, Iran, Zentralasien, U.S.A. und China. Für Asia Times Online ist er als ‘The Roving Eye’, das heißt: “Das Wandernde Auge“ unterwegs, um vor allem geopolitische Weltereignisse, aber auch die Art, wie sie in den Medien präsentiert werden, zu diskutieren. Diese Kolumne übersetzen wir mit freundlicher und ausdrücklicher Autorisierung von Pepe Escobar exklusiv für LarsSchall.com ins Deutsche.

Darüber hinaus möchten wir als Ergänzung auf dieses Interview mit Pepe Escobar auf LarsSchall.com hinweisen, “Shifting Ground for Vital Resources“.

DAS WANDERNDE AUGE
Wo ist Prinz Bandar?
von Pepe Escobar

Wurde Prinz Bandar „Bush“, 63, Sohn von Prinz Sultan Bin Abdulaziz (mehrjähriger saudischer Verteidigungsminister, 1963-2001), der mehrjährige Botschafter in Washington (1983-2005) und geheime Jihad-Finanzier, von einem syrischen Geheimdienst-Todesschwadron getötet ?

Tosende Stille herrscht auf syrischen, iranischen und arabischen Medien (die Meisten davon durch die Saudis gesteuert). Das gleiche gilt für al-Jazeera. Dies ist Debkas etwas phantasievolle Auslegung.

Die Tagesdaten sind entscheidend. Es könnte Prinz Bandar bin Sultan bin Abdulaziz Al Saud gewesen sein, der die Operation “Damaskus-Vulkan“ am 18. Juli starten ließ. Er wurde definitiv zum Chef des saudischen Geheimdienstes am 19. Juli befördert. Und er könnte bei einem Bombenanschlag auf das Hauptquartier des saudischen Geheimdienstes in Riad am 22. Juli getötet worden sein.

Eine syrische Gerüchteküchen-Version besagt, dass „Damaskus-Vulkan“ vom saudischen Geheimdienst stammte – mit Logistik, die von der Central Intelligence Agency (CIA) zur Verfügung gestellt wurde. Dies ist höchst unwahrscheinlich; die CIA ist ratlos, wie man in Assads inneres Heiligtum eindringt. Die vorherrschende Version, die in der syrischen Hauptstadt zirkuliert, ist die, dass dies ein weißer Putsch ist.

„Damaskus-Vulkan“, nebenbei bemerkt, war ein Flop. Der Schwarm von Söldnern – über Jordanien infiltriert -, die angeblich die Hauptstadt einnehmen sollten, mussten sich in den Norden zurückziehen. Nunmehr ist der Nachrichten-Zyklus auf eine weitere falsche Spielveränderung fixiert: die “Schlacht von Aleppo“.

Es gibt ernste Probleme mit dem ganzen Spin rund um „Damaskus-Vulkan“. Niemand von der vierköpfigung Führung des militärischen Geheimdienstes des Assad-Regimes wurde getötet  – sie sind es, die die (grässliche) Show in Aleppo beherrschen.

Es gibt auch Probleme damit, dass es einem syrischen Todesschwadron möglich sein soll, in Riads inneres Heiligtum hineinzuschlagen. Aber der iranische Geheimdienst könnte sicherlich so etwas abziehen. Was Debkas Annahme betrifft, dass Teheran möglicherweise al-Qaida-Dschihadisten für einen Inside-Job gegen das Haus Saud anheuerte, das ist Müll.

Unterm Strich weiß niemand etwas, weil niemand redet.

Sicher ist, dass Bandar als Chef des saudischen Geheimdienstes Teil von König Abdullahs Hardcore-Reaktion auf den arabischen Frühling war.

In Syrien läuft die Strategie des Hauses Saud auf einen Regimewechsel und eine zerbrechliche, fragmentierte, sunnitische Regierung in Damaskus hinaus, die nicht auf Teheran ausgerichtet ist.

Im Inneren ist die Strategie, jeden friedlichen Protest der schiitischen Mehrheit in den östlichen Provinzen brutal zu zerschlagen. Im Wesentlichen gibt es keinen arabischen Frühling in Saudi-Arabien, weil das Haus Saud seine Untertanen entweder besticht oder einschüchtert.

Die allgemeine Strategie der Wahl heißt „Schieb es auf den Iran“; wie diese Logik geht, sind saudische Schiiten iranische Marionetten, genauso wie die Schiiten in Bahrain. Die Obama-Regierung schließt sich diesem Trugschluss blind an – völlig den Punkt übersehend, dass das Haus Saud jeden Anschein westlicher parlamentarischer Demokratien sosehr wie die Schiiten hasst – seien es iranische oder andere.

Was geht also in Riad vor sich? Eine deutliche Teheran-Botschaft an das Haus Saud? Ein abtrünniger Selbstmordattentäter? Ein interner Saudi-Krieg? Das Haus Saud redet nicht. Und Bandar bewegt sich nicht.

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