Die üblichen Geschäfte hinter dem Gemetzel

Der Ökonom Guido Preparata (“Conjuring Hitler“) hebt in diesem Exklusiv-Interview einige historische Sachverhalte des 20. Jahrhunderts von einer eher ungewöhnlichen Perspektive hervor. So zeigt er beispielsweise auf, dass die anglo-amerikanische Politik von Beginn an vorsah, Deutschland als Gefahr für westliche Herrschaftsansprüche auszuschalten. Im späteren Verlauf spricht Preparata über wichtige Aspekte des gegenwärtigen Zustands von Finanzen, Ökonomie und Politik. “Es ist das Streben nach Macht, das die Geschichte antreibt, nicht die Wirtschaft.“

Von Lars Schall, Übersetzung Thomas Jahnke und Lars Schall

„Die Wahrheit würde schnell aufhören, seltsamer als die Fiktion zu werden,

sobald wir uns einmal an sie gewöhnten.“

H.L. Mencken

Das nachfolgende Exklusiv-Interview erschien im englischen Original auf ASIA TIMES ONLINE unter:

http://www.atimes.com/atimes/Global_Economy/NF30Dj03.html.

Guido Giacomo Preparata, geboren 1968 in Boston, Massachusetts, wuchs in den Vereinigten Staaten, Frankreich und Italien auf. Er hält einen B.S.-Abschluss in Economics von der Libera Università degli Studi Sociali (LUISS, Rom, Italien), einen M-Phil-Abschluss in Kriminologie von der University of Cambridge (UK), sowie einen Master-Abschluss in Economics und einen PhD in Political Economy & Public Policy, beide jeweils von der University of Southern California (USC, Los Angeles, USA).

Preparata ist Autor der Bücher “Conjuring Hitler: How Britain and America made the Third Reich” (Pluto Press, 2005) und “The Ideology of Tyranny: The Use of Neo-Gnostic Myth in American Politics” (Palgrave Macmillan, 2011). Die deutsche Ausgabe von “Conjuring Hitler“ erschien 2010 unter dem Titel “Wer Hitler mächtig machte: Wie britisch-amerikanische Finanzeliten dem Dritten Reich den Weg bereiteten“ im Perseus Verlag zu Basel.

Preparata war von 2000 bis 2008 außerordentlicher Professor für Political Economy an der University of Washington, USA. Darüber hinaus arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Electric Power Research Institute (EPRI, Palo Alto, USA) und in der Forschungsabteilung für Aufsicht und Regulierung der italienischen Zentralbank. Als Gastprofessor an der Universität von Jordanien in Amman forschte er 2005 zum politischen Islam, Terrorismus und den islamischen Wirtschaftswissenschaften. Aktuell ist er Dozent für Kriminologie an der Kwantlen Polytechnic University in Vancouver, Kanada.

Seine eigene Webseite finden Sie unter: http://www.guidopreparata.com/.

Lars Schall: Herr Preparata, könnten Sie unseren Lesern einen groben Einblick in die Hauptthese ihres Buchs “Conjuring Hitler” geben und uns erzählen, warum Sie das Buch überhaupt geschrieben haben?

Guido Preparata: Als ich anfing bei der italienischen Zentralbank zu arbeiten, entschloss ich mich, die Nazi-Finanzen als ein originelles Thema zu untersuchen, mit dem ich meine zukünftigen Publikationsprojekte in gewisser Art unterhaltsamer gestalten wollte. Schlussendlich hat diese ganze Nazi-Deutschland-Thematik ein Eigenleben entwickelt und mich fast ein Jahrzehnt lang in Beschlag genommen. Am Ende wurde das ganze Projekt sehr durch die Wende der Ereignisse geprägt, die auf den 11. September folgten.

Was mit der kollektiven Psyche des Westens unter der aggressiven Führung der USA geschah, erfüllte mich mit Abscheu. Also habe ich Conjuring Hitler auch als eine Abhandlung gegen Krieg und Imperialismus entworfen. Ich dachte mir irgendwie, wenn wir die militantesten Mythen des liberalen Imperialismus einen nach dem anderen entlarven würden – Hitlers plötzlicher und vermeintlich unerklärbarer Aufstieg zur Macht an erster Stelle stehend -, könnte man den Leuten die Augenbinden abnehmen und dadurch allmählich ein Klima des sachkundigem Widerspruchs gegen das schreckliche Chaos des “Kriegs gegen den Terror“ formen.

L.S.: Am Anfang Ihres Buches führen Sie aus, dass “es tatsächlich etwas weit Schlimmeres als den Nazismus gibt, und das ist die Hybris der anglo-amerikanischen Bruderschaften, für die das Aufhetzen eingeborener Ungeheuer zum Krieg Routine ist.“ (1) Wie kommen Sie zu diesem Schluss, der sehr wenig mit der generellen Sichtweise der Bevölkerung gemein hat, insbesondere in Großbritannien und den Vereinigten Staaten?

G.P.: Es ist das alte Dilemma. Was ist schlimmer: ein Krimineller zu sein oder vorsätzlich einem bekannten Kriminellen ein Arsenal von Waffen in die Hand zu geben? Ich denke, das Letztere ist schlimmer; daher diese Aussage.

L.S.: Wie reagieren Sie auf die Kritik, so Sie jemand als “Verschwörungstheoretiker“ oder “Revisionist“ bezeichnet?

G.P.: Es ist offenkundig und jenseits jeder Debatte, dass die anglo-amerikanische Elite – samt den Sowjets – die Nazis vor und sogar während des Krieges finanziert und versorgt hatten. Diese Tatsache ist für alle jene, die mit dem Komplex der anglo-amerikanischen moralischen Überlegenheit aufgewachsen sind, offensichtlich so verstörend und verwirrend, dass das Establishment größte Schwierigkeiten hatte, dies vernünftig zu begründen. Die einzige rationale Erklärung, die es zu entwickeln in der Lage war – wann immer es das Thema nicht überhaupt umgehen kann, was es logischerweise zu tun vorzieht -, ist geltend zu machen, dass ein paar faule Konzern-Äpfel Geschäfte mit dem Teufel (d.h. den Deutschen) hinter dem Rücken aller (d. h. dem Staat) machten. Diese “Erklärung“ ist offensichtlich unhaltbar, dennoch sieht sich jeder, der sie in Frage zu stellen wagt, früher oder später dem Zorn von Strenggläubigen gegenüber. Deren instinktive Antwort ist, dass es sich bei jedem, der an der Vulgata zweifelt, selbstverständlich um einen unvernünftigen “faschistisch-revisionistischen-Verschwörungstheoretiker” handelt.

Diese Taktik ist so gehaltlos, dass sie lächerlich wäre, wenn die propagandistischen Einsätze dieser diskursiven Anordnung nicht so entscheidend wären, wie sie es wirklich sind.  Es handelt sich um die Standard-Trumpfkarte dieser Inquisition. Dabei ist sie tatsächlich nicht gegen den Kritiker gerichtet, sondern gegen das Publikum, also jeden, der der Debatte gerade zuhören könnte: es sollen Leser und potentielle Unterstützer der Warnungen des Kritikers abgeschreckt werden, indem man ihn mit dem am meisten verunglimpfenden Label versieht, das das System zu diesem Zweck entwickelt hat, das des verheerend dummen Krypto-Faschisten. In der allgemeinen Arena der öffentlichen Meinung wird jeglicher skeptische Angriff, der gegen den Missbrauch bestehender Machtstrukturen gerichtet ist und außerhalb konventioneller Parteipositionen oder Schemata vorgetragen wird, auf den Widerstand der diskursiven Wächter jener Machtstrukturen treffen, die konditioniert sind, den Abweichler reflexartig als unausstehlichen „Verschwörungstheoretiker“ zu brandmarken.

Dabei ist es für sie von Vorteil, dass es in der Tat einen Haufen Amateure gibt, die Unmengen extravaganter Schriften verfassen, angefüllt mit wilder Spekulation und fadenscheinigen Bibliographien. Aber die eigentliche Frage dreht sich gar nicht um diese Verschwörungstheoretiker. Es geht um die trahison des clercs: Wenn Ihre ehemaligen Waffenbrüder Sie als jemand wahrnehmen, der aus der Reihe tanzt, dann werden Sie bestraft werden. Ich entstamme der italienischen Bourgeoisie und wurde während der Spätphase des Kalten Krieges in einer unerschütterlich pro-amerikanischen Familie erzogen; es hat dreißig Jahre gebraucht, um mich davon zu entgiften (der 11. September war der Wendepunkt). Und darum geht es hier, um Gefolgschaft,  nicht um „Verschwörungstheorie“. Um die Wahrheit zu sagen, hat dieses Spiel auch seine komischen Seiten. Ich erinnere mich daran, wie ich im italienischen Fernsehen die Schimpftriade eines Mainstream-Intellektuellen gehört habe. Er schüttete Verachtung über die paranoide Idiotie dieser ewigen Trottel aus, die überall Komplotte sehen, diese Leute, die beim Ergründen der „großen historischen Kräfte“ nicht in der Lage sind, in nicht-linearen Begriffen zu denken. Am Ende sagte er höhnisch: „Es gibt einen in jeder Familie.“ Sehr lustig, muss ich zugeben.

Um also auf Ihre Frage zu antworten: wie reagiert man auf die Anschuldigung, ein „Verschwörungstheoretiker“ zu sein? Ich würde sagen, lasst die Inquisitoren 1.) bereit sein, Papier, Feder und Tintenfass zur Hand zu nehmen und ohne den Schutz der Anonymität, schwarz auf weiß, und Punkt für Punkt meine These zu widerlegen, und erlaubt mir Punkt für Punkt darauf zu antworten;  2.)  lasst sie bereit sein, anschließend ihre Auslegung in einer öffentlichen Debatte von Angesicht zu Angesicht mit mir zu diskutieren. Dann lasst das Publikum den Gewinner bestimmen.

L.S.: Otto von Bismarck wird weitestgehend immer noch als Genie der deutschen Außenpolitik betrachtet. Sie jedoch verweisen am Anfang Ihres Buches auf das Jahr 1887, in dem von Bismarck einen entscheidenden Fehler bezüglich Russlands beging. Worum handelte es sich bei diesem Fehler und wie wurde er von den Briten in Folge ausgenutzt?

G.P.: Wenn es eine spirituelle Zukunft für uns Kontinental-Europäer gibt, die nicht an ‘freie’ Unternehmensmärkte, den Propheten Darwin und das iPad glauben, sondern an Mozart, Frieden und Kooperation, dann kann sie nur durch die Wiedergeburt einer deutsch-russischen Allianz realisiert werden (idealerweise eine Achse Paris-Berlin-Moskau-Peking), einer Allianz unter dem Segen der katholischen ebenso wie der orthodoxen Kirche. Und natürlich wird nichts davon ohne den Beitrag unserer gleichgesinnten Brüder in Anglo-Amerika Früchte tragen. Fürs erste sind wir alle Minderheiten, überall.

Bismarck übersah, trotz seines strategischen Genies, dass eine enge Verbindung zwischen Deutschland und Russland der Schlüssel war. 1887 schien sich beispielsweise eine entscheidende Gelegenheit für Deutschland zu ergeben, Russlands Schicksal durch eine Bürgschaft für die Schulden des Zaren mit dem eigenen Schicksal zu verbinden. Aber eine verdammte und verdammende Kurzsichtigkeit ließ all solche Versuche scheitern. Selbst am Vorabend des Krieges, im Jahr 1905, als Bismarck schon lange gegangen war, versuchten Wilhelm und Nikolas noch ein letztes Mal, irgendeine Art von Bündnis zu schmieden. Auch dieser Versuch führte zu nichts. Eine versäumte Gelegenheit nach der anderen. Der Rest ist, wie man sagt, Geschichte.

L.S.: Am Anfang des 20. Jahrhunderts trat Halford Mackinder von der London School of Economics mit einem bemerkenswerten geopolitischen Konzept in Erscheinung. Was war das für ein Konzept und warum ist es wichtig, es zu verstehen?

G.P.: Soweit ich das beurteilen kann, hat Mackinder weder etwas einen Weg bereitet noch etwas erfunden. Er hat einfach zu Papier gebracht, was offensichtlich war, und zwar Englands primärer Fokus auf die See, geboren aus der imperialen Angst, die Kontrolle über die Welt zu verlieren, sollte es zu einem umfassenden Bündnis unter den eurasischen Kontinentalmächten kommen. Mackinders Leistung bestand lediglich darin, im akademischen Rahmen auszusprechen, was schon seit einiger Zeit in der Luft lag: ein Hauch von Englands imperialem Geist, sozusagen.

L.S.: Wurde Hitlers “Drang nach Osten” durch Mackinders Konzept inspiriert?

G.P.: Das ist ein verwirrende Sache. Ich kann es nicht sagen, aber ich bezweifle es. In jedem Fall war es ein Triumpf der britischen Strategen, die Deutschen gegen die Russen aufzuwiegeln – zweimal in Folge, und beim zweiten Mal mit höchster Perfektion.

L.S.: Ist Mackinders Konzept auch heute noch relevant?

G.P.: Natürlich, die Agenda steht immer noch unverändert: sehen Sie sich nur die fortwährende Truppenaufstellung der NATO an (Nordafrika, Mittlerer Osten, Persien, Zentralasien, China und wie immer Osteuropa und Russland, namentlich durch die jüngste Raketen-Kontroverse). Das ist schlicht und einfach die uralte Strategie des British Empire. Nur sehr wenig hat sich verändert. Die NATO ist ziemlich offensichtlich der Hauptaggressor, nicht die sogenannten Schurkenstaaten. Aber die Hälfte des betriebenen Aufwandes dient dazu, diese theatralischen Inszenierungen zu realisieren, durch die die westliche Psyche davon überzeugt wird, sich für das Opfer ständiger Ränke von Seiten wilder und fanatischer Völker mit brauner oder gelber Haut zu halten. Nichtsdestoweniger sind die Dynamiken subtiler.

Dieses Spiel der Überredung funktioniert am besten, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Wenn zum einen das Zielobjekt, die geheimnisvolle öffentliche Meinung, selbst einem Prozess spiritueller Schwächung unterworfen ist. Das heißt, wenn sie durch mangelnde Bildung, schwindende Möglichkeiten für Selbstverwirklichung, usw. barbarisiert wird, wie es verdächtigerweise während der letzten Jahrzehnte der Fall war. Nicht weniger wichtig ist zum anderen, dass die „Schurken“ sich durch ihre bombastische Effekthascherei und ihr Toben und Wüten vor Fernsehkameras für die Scharade dienlich verhalten. Ohne dies könnten die anglo-amerikanischen Eliten ihre Show gar nicht produzieren. So sind beispielsweise Nord-Koreas politische Agitation und Ahmedinejads schwachsinnigen, anti-israelischen und homophoben Hassreden leider Material aus demselben  elenden Drehbuch.

Wir befinden uns also in gewissem Sinne wieder einmal in einem Orwell‘schen Szenario. Möglicherweise haben wir es auch nie aufgegeben. Es steht aber fest, dass wir, die Menschen des Westens, in diesem pornographischen Kräftespiel die obszönsten Mimen sind. Dem ist so, weil wir über den Reichtum und die Mittel verfügten, diesen Planeten in einen Garten Eden zu verwandeln. Offensichtlich wollen wir es jedoch nicht. Und wenn dem wirklich so ist, dann verdienen wir diese Erde vielleicht auch gar nicht.

L.S.: Der Weg, der zu den beiden Weltkriegen führte, war nie geradlinig, sondern ging zum Teil seltsame Umwege, beispielsweise verursacht von Terroristen. Sie nennen diese Terroristen „nützliche Idioten“. Warum das? Und haben Sie hinter diesen Ereignissen ein bestimmtes Muster entdeckt, welches noch heute wirksam ist?

G.P.: Von Gavrilo Princip, der Schwarzen Hand in Sarajevo, bis hin zu den falschen Islamisten und den Montoneros in Argentinien, der RAF in Deutschland oder den Roten Briganden in Italien, sind das alles per Definition nützliche Idioten. Die psycho-soziologische Typologie des Terroristen ist über Raum und Zeit hinweg recht stabil: Er oder sie entstammt der unteren Mittelklasse oder den oberen Schichten der Arbeiterklasse, ist sehr jung (weit unter dreißig), nicht besonders intelligent und dem Tode zugeneigt. Er oder sie ist, wiederum per Definition, von entbehrlicher, oder genauer gesagt, von manipulierbarer Mittelmäßigkeit. Aber natürlich vermögen diese nützlichen Idioten in bestimmten Situationen eine entscheidende Rolle zu spielen. Terrorismus ist eine Politik der Elite, niemals die Waffe derer, die keine Stimme haben, sondern das genaue Gegenteil.

L.S.: War der Auslöser für den Ersten Weltkrieg im Grunde eine Falle, die von den britischen und russischen Eliten gelegt wurde – und die deutsche Führung war dumm genug, in diese Falle hineinzutreten?

G.P.: Eine Belagerung, ja, eine Mausefalle. Ja, eine verdammenswerte Dummheit. Von Moltkes deutscher Generalstab war im Jahre 1900 mit einer politischen Autorität ausgestattet worden, die er nicht zu handhaben wusste – und tatsächlich war das auch nie seine Rolle gewesen, überhaupt eine solche Macht auszuüben. Es war, als ob ganz Germania, indem es alle Macht an die dynastische und daher unfähige preußische Kriegerkaste abgegeben hatte, spirituell abdankte und damit ganz Europa bis heute verfluchte. Eine Tragödie.

L.S.: Wie hat Deutschland die Kriegsausgaben finanziert – und hatte dies später schwerwiegende Konsequenzen?

G.P.: Mit seinem Reichtum, durch Schulden, welche die Alliierten in Versailles – wie Veblen verstand – absichtlich weiterbestehen ließen. Das wurde mit dem Ziel getan, eine tsunamiartige Inflation zu verursachen, welche wiederum zu einer großen und strategisch entscheidenden Rettungsaktion führte.

L.S.: Hatte der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten etwas mit den Schulden der Triple Entente zu tun?

G.P.: Ja, aber nicht hauptsächlich: die USA mischten sich ein, um als Englands Juniorpartner im Spiel des Imperialismus mitzuspielen – als ein breitschultriger Lehrling, begierig darauf, mitzumischen. Der Schutz ihrer Kredite war ein guter Grund, diesen Pfad zu verfolgen, aber das war nicht die wirkliche Ursache.

L.S.: Am Ende des Krieges haben Deutschland und die anglo-amerikanischen Alliierten wichtige Ereignisse in Russland stark beeinflusst. Welche der Mächte hatte durch die bolschewistische Revolution im Oktober 1917 mehr Vorteile? Und könnten Sie uns bitte auch etwas über die involvierten Hauptakteure erzählen?

G.P.: Die ganze Geschichte der UdSSR ist ein tiefes Mysterium, insbesondere ihre Anfänge. Laut der offiziellen (liberalen) Geschichtsschreibung war die Geburt der bolschewistischen Herrschaft größtenteils eine spontane – und wunderbare, nach den Lenin-verehrenden Dinosauriern der westlichen akademischen Welt -, russische Angelegenheit, bei der ein bisschen deutsches Gold (etwas beschämend, aber schnell abzuwiegeln) eine Rolle spielte. Mehr war nicht dran. Jegliche Andeutung, dass es zu Gunsten der Bolschewiken weitläufige, anglo-amerikanische „Puppenspielereien“ im bolschewistischen Theater gegeben hätte, wird als verschwörungstheoretische Spekulation hinweggewischt.

Und dennoch kann ich nicht der Suggestion widerstehen, dass es genau so war, denn über eine Handvoll in meinem Buch besprochener Ereignisse hinaus (z. B. die englische Sabotage des Zaren 1916, als alles nach einem deutsch-russischen Separatfrieden aussah) spricht jede einzelne historische Entwicklung dafür. Wenn man uns doch nur Zugang zu den Archiven eröffnen würde… Untersucht man das Verhalten der Sowjetunion über die 70 Jahre ihres Bestehens hinweg, so fällt einem auf, dass sie einen wichtigen Anschein aufrecht erhalten hat, auf die eine oder andere Art das Ost-West-Kondominium der Welt ermöglicht zu haben, in dem die Vorherrschaft in jedem Fall fest in den Händen der Anglo-Amerikaner lag.

L.S.: Dem Krieg folgte der Vertrag von Versailles, der für den Aufstieg von Hitlers pseudo-revolutionärer Bewegung in Deutschland erleichternd war. John Maynard Keynes schrieb damals ein bekanntes Buch über diesen Vertrag. Hat er das “Spiel“, das stattfand, verstanden?

G.P.: Nicht einmal annähernd. Keynes ist faszinierend. Er wurde zu einer Art gewaltiger und heiliger Ikone gemacht.  Er ist einer dieser Autoren, dem durch die massiven, sturmflutartigen, pausenlosen und ungewöhnlich lang anhaltenden Mythologisierungsanstrengungen der Nachwelt alle Bodenhaftung zu seiner historischen, körperlichen Existenz verloren gegangen ist. Und in seinem Innersten war Keynes eine Maske, die eine derart fanatische Eitelkeit verbarg, dass diese Art moderner Heiligsprechung haargenau das Ziel gewesen sein muss, nach dem er sein Leben lang gestrebt hatte.

Im Diskurs – und damit meine ich zu Propagandazwecken –  ist der Keynesianismus einer dieser großen Kampfbegriffe (oder war es zumindest), die systematisch benutzt und angeführt werden, wenn jemand eine liberale Pose einnehmen möchte. In anderen Worten, wenn man als der nüchterne, vernünftige, kompetente, scharfsinnige und mitfühlende Moderate erscheinen möchte, dann hüllt man sich in keynesianische Verbigeration. Man beginnt mit: „Als Keyensianer sollte ich sagen, dass…“,  und fährt dann – um dem Publikum einen komfortablen Eindruck  humanen “Wissens“ zu vermitteln – fort damit, abstrusen Nonsens abzulassen, wie beispielsweise „die Liquiditätsfalle“ und/oder „der Investitionsmultiplikator“ oder, unausweichlich, die „Defizitfinanzierung“.

Das Ziel dieser verbreiteten, psychologischen Scharade besteht darin, die Mitmenschen zu überzeugen, dass man 1.) das besprochene Thema recht offensichtlich umfassend und technisch begreift (obwohl dem in Wahrheit nicht so ist), und man 2.), und das ist entscheidend, ein wohlerzogenes Mitglied der Bourgeoisie ist, das frei von jeder unziemlichen Laune die Autoritäten herausfordert und ein tiefes, reines Interesse am Schicksal der kleinen Leute hat. Deshalb spricht man „keynesianisch“ immer davon, dass ein wenig Defizitfinanzierung, zusammen mit einer Prise Inflation, sicherlich der bemitleidenswerten „Putzfrau“ das Leben erleichtern würde. In dieser Hinsicht braucht es, um dieses Spiel richtig spielen zu können, immer eines unbeliebten Geizhalses aus der konservativen Rechten als Gegenüber, der bereitsteht, die Preisungen von Härte, Wettbewerb und des sich natürlich regulierenden Marktes, der gegenwärtig durch die irrsinnige Dummheit der „Sozialisten“ überlastet ist, herauszubellen. Einfach gesagt, ist die keynesianische Haltung dazu geeignet, „guter Cop“ zu spielen, wenn es der Wirtschaft schlecht geht. Der Keynesianer ist der wohlgelittene Linke, von dem man erwartet, die Gier der Banker zu schelten und die heilkräftige Macht des Staates, durch welche die Verwüstungen der Konzerne wiedergutgemacht werden, anzurufen. Das klingt „gut“ und sieht „gut“ aus, aber weder löst es die Probleme, noch erklärt es diese.

Was Keynes den Menschen angeht, scheint er nach allem, was wir wissen, eine ziemlich verachtenswerte Figur abgegeben zu haben: arrogant, rassistisch, ein schamloser Dieb der  Ideen anderer Leute, ein Ausbeuter der Unterschicht (für männliche Prostituierte), und ein Spekulant. Aber, und das tut mehr zu Sache, war er als Theoretiker eine totale Null. Er ist der Dottore der Commedia Dell’Arte; eine pedantische Figur, die alles weiß, ohne auch nur das Geringste davon verstanden zu haben.

Dieser Mann, der vom Time Magazin 1999 als einer der überragenden Männer des 20. Jahrhunderts gefeiert wurde, versagte erbärmlich beim Versuch auch nur eines der großen Ereignisse seiner Zeit zu verstehen: 1.) Versailles, der zur Debatte stehende Punkt; 2.) Großbritanniens Rückkehr zum Goldstandard, den er als kindischen Anachronismus brandmarkte, der den großen Streik von 1926 ausgelöst hätte (weder war er das erstere, noch verursachte er das letztere); 3.) irrte er sich bezüglich des Auftretens und der Schwere der Depression; und 4.) der wirtschaftliche Wiederaufschwung der Nazis. Was Versailles betrifft, besaß er nicht den blassesten Schimmer, was dort geplant wurde. Er stürmte aus der Konferenz, darüber jammernd, dass Deutschland die ihm aufgelegten Summen nicht bezahlen könne, und es schien ihm, anders als Veblen, nicht offensichtlich, dass diese astronomischen Summen niemals dazu gedacht waren, bezahlt zu werden, sondern nur dazu, mittels der ersten Reihe von Teilzahlungen in Gold die Blase der Deutschen Kriegsschulden zum Platzen zu bringen.

Aber dann wieder war es ohnehin nicht seine Rolle, irgendetwas vorherzusagen oder intuitiv zu erfassen. Er tat exakt das, was die Commedia von ihm erwartete, und zwar einen netten kleinen keynesianischen Wutanfall, gefolgt von einem Buch, dass die Geschichte erzählte (heutzutage würde es mit einer Bonus-DVD herauskommen). Und 1941, wenn ich mich richtig erinnere, wurde er dann als Krönung seiner Theaterkarriere zum Direktor der Bank of England gemacht. Ja, stellen Sie ihn sich vor, wie er protzig zu Füßen des Hohepriesters Montagu Norman herumschnattert… Das ist Keynes, der große Keynes, der Held der aufgeklärten Mittelschicht.

L.S.: Jemand, den Sie sehr mögen – und ich denke aus sehr guten Gründen – ist Thorstein Veblen. Sie schreiben, dass er uns in seiner Rezension zu Keynes‘ Buch “The Economic Consequences of the Peace” den Schlüssel gab, um zu verstehen, was danach in Deutschland geschah. Könnten Sie das bitte etwas weiter ausführen?

G.P.: Thorstein Veblen ist der größte Sozialwissenschaftler der Moderne –  der einzige Ökonom, den sich Einstein zu lesen die Mühe machte. Angesichts der spirituellen Temperatur unserer Zeit ist es nur logisch, dass Veblen von gegenwärtigen Akademikern vollständig ignoriert wird. Meine älteren Professoren in den USA, die nie etwas von ihm gelesen hatten, erkannten ihn immerhin gewohnheitsmäßig als einen „Klassiker“ an (die jüngeren akademischen Generationen haben noch nicht einmal seinen Namen gehört), und von Zeit zu Zeit holten sie routinemäßig ein Zitat über den “Geltungskonsum“ (“conspicious consumption“) von ihm hervor, ohne wirklich zu wissen, was hinter diesen zwei Worten steht.

In seiner Besprechung von Keynes‘ Post-Versailles-Buch sah er den Aufstieg eines radikalisierten deutschen Regimes voraus, allerdings nicht als unbeabsichtigte und bedauerliche Reaktion auf unbewusst halsabschneiderische Reparationen, wofür Keynes gefeiert wurde, dass er darüber in seinem Buch schrieb, obwohl das nicht einmal das war, woran er wirklich dachte (um der Sensation wegen beschwor Keynes kurzzeitig eine anti-westliche Allianz der verärgerten deutschen Generäle der Vergangenheit und der Bolschewiken herauf – ich werde später noch zu diesem entscheidenden Punkt zurückkehren, wenn es um den Vertrag von Rapallo geht).

Veblen argumentierte, dass das Reifen eines neuen militarisierten Regimes die genaue Absicht der Versailler Planer war, da ihr gemeinsamer Plot vorsah, diese wiedererstarkte deutsche Dynastie gegen die Bolschewiken zu lenken, für die Veblen, wie viele seiner radikalen Zeitgenossen auch, eine romantische Begeisterung hegte. Er irrte sich hierbei: das wahre Ziel des Komplotts war Deutschland selbst, nicht die UdSSR, die in der Tat ein zentraler Komplize in diesem ausgeklügelten Spiel war. Aber er entschlüsselte die grundlegende Dynamik der Täuschung von Versailles: er sah die Invasion Russlands durch das Monstrum voraus, das diese krampfartige Militarisierung erschaffen sollte, und zwar 20 Jahre, bevor es geschah (und er skizzierte obendrein im Jahr 1915 ein Porträt des Führers dieser Bewegung, eine beängstigende Vision von Hitler selbst).

Als ich diese Besprechung zum ersten Mal las, wurde mir schwindelig. Wie konnte es sein, dass niemand vor mir erkannt hatte, wie unglaublich wichtig diese Buchbesprechung war? Und dabei war alles, das Veblen tat, einen einfachen, wirtschaftlichen Hinweis als Hebel zu verwenden: die ausgebliebene Beschlagnahmung der finanziellen Reichtümer der abwesenden deutschen Eliten durch die Alliierten. Genial.

L.S.: Die Machtstrukturen in Deutschland wurden nach dem Krieg nicht verändert, es gab keine richtige Revolution. Warum?

G.P.: Das geschah genau deshalb nicht, weil es eben zum britischen Plan gehörte, die Dinge an der Spitze unverändert zu lassen: um das zu erreichen, was mit der Belagerung des ersten Weltkriegs nicht vollendet werden konnte, musste Deutschlands dynastische Krankheit ins Extrem getrieben und das Vaterland letztlich wieder in einen Krieg verwickelt werden, wo man es dann erledigen konnte. Und genau das geschah. Es brauchte dreißig Jahre und viele Millionen Tote, um die deutsche Bedrohung zu entschärfen, und bis zum heutigen Tag hat die anglo-amerikanische Elite Angst vor den Deutschen, obwohl sie meint, höchst effektive Arbeit bei der „Re-Programmierung“ der deutschen Psyche verrichtet zu haben (und das hat sie wirklich). Sie bleibt unsicher und misstrauisch gegenüber dem Deutschen – das, was ehemals seine weit fortgeschrittene, spirituelle Entwicklung war – und der stets präsenten Bedrohung eines möglichen Umschwungs in Richtung Osten. Wie sonst wollte man die unnachgiebige Schelte des deutschen Volkes durch die Holocaustindustrie und die primäre Abhängigkeit eines jeden größeren Plans des Washington-Konsens‘ von Deutschland erklären, sei es finanziell (der Euro) oder militärisch (NATO)?

L.S.: Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Hitlers Partei eine Fassade für einen religiösen Kult war, der durch die Thule Gesellschaft verkörpert wurde. Was war die Kernüberzeugung dieser Geheimgesellschaft und woher kam sie?

G.P.: Alles ist Religion. Alle Geschichte ist eine Reflektion jenes Kampfes, den spirituelle Armeen auf anderen Ebenen gegeneinander führen. Es ist nicht die Ökonomie und am allerwenigsten der Überlebensinstinkt (was immer das ist), die die Geschichte vorantreiben, sondern das Streben nach Macht. Und Macht, in ihren komplexen institutionellen Manifestationen, ist eine Art von (parapsychologischer) Raum, der die Verhältnisse von Produktion und Distribution völlig transzendiert, von den grundlegenden Dynamiken des Wolfsrudels oder der komplizierteren politischen Ökonomie des Bienenschwarms völlig zu schweigen.

Macht ist eine rein menschliche Eingebung. Eingegeben von wem? Das ist die Frage. Die NSDAP scheint demnach eine Fassade für eine Art Nebel einer Gruppe austro-deutscher Magier, dunkler Eingeweihter und störender Literaten (ich denke da beispielsweise an Dietrich Eckhart) gewesen zu sein, mit äußerst plausiblen extra-teutonischen Verästelungen, über die wir so gut wie nichts wissen. Hitler wurde in einer Loge dieses Netzwerks aufgenommen, weil er mit der Gabe übernatürlicher Rhetorik gesegnet schien.

Meine Studien zu diesem Thema sind noch nicht abgeschlossen, aber das, was ich bisher zusammentragen konnte, spricht dafür, dass die Thule Gesellschaft sich um den Glauben zusammenfand, die Bluterben einer Rasse zu sein, die nach Erlösung / Seelenwanderung  in einer Art achtem Reich fern von dieser Erde strebt, die die schludrige Schöpfung eines minderen Gottes, des Erzengels der Hebräer, also Jehovas, ist. Das klingt alles völlig wahnsinnig für post-moderne Ohren, aber man sollte es meines Erachtens sehr ernst nehmen.

L.S.: Das Logo der Nazi-Partei war das uralte Swastika-Symbol, das im Grunde ein Vektordiagramm der Rotation, der Drehung und des Stresses ist. Warum wurde es gewählt?

G.P.: Ich erwähne in meinem Buch kurz 1.) eine Achse durch Hyperborea, dem mystischen Land der Ahnen, dessen Drehung durch das Kreuz symbolisiert wird, und 2.) die Rechtsdrehung als Symbol für ein aktives Prinzip, welches den bestehenden Kurs der kosmischen Entwicklung zu verändern vermag (was auch immer das genau bedeuten mag; ich bin leider kein Eingeweihter).

L.S.: Eine der tragischsten Figuren der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts ist Walther Rathenau (und nebenbei, einer meiner liebsten Deutschen aller Zeiten). Warum war er tatsächlich eine tragische Figur?

G.P.:  Ja, das war er. Er verkörperte alle Widersprüche des deutschen Geistes vor dem großen Desaster von 1914-18: ein jüdischer Spross, der völlig der Blonden Bestie verfallen war, ein Patriot bis auf die Knochen und ein utopischer Visionär in einem. Weimar überwältigt ihn, es verwirrt ihn vollkommen: er ist ein Geschöpf der alten Ordnung und versagt darin, wirklich zu erkennen, was nach dem Verschwinden von Wilhelm II.  nach Holland in der Luft liegt. Daher nimmt er die Republik für bare Münze und glaubt, mit einer reichhaltigen Dosis an Vermessenheit, er könne Versailles ausspielen, und wird schlussendlich davon bei lebendigem Leib aufgefressen.

L.S.: Rathenaus Name ist untrennbar mit dem Vertrag von Rapollo verbunden. Wie kam dieser Vertrag zu Stande und was beinhaltete er?

G.P.: Rapallo ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt unserer Erzählung und einer, der die Geschichte deutlich verkompliziert, aber hinter dem Wirrwarr der Geheimhaltung ist das Wesentliche recht geradlinig. Aufgrund der Täuschung von Versailles, welche meines Erachtens hauptsächlich gesponnen worden war, um die Franzosen durcheinanderzubringen (aber das ist nur eine Vermutung meinerseits), musste zur Wiederbewaffnung Deutschlands, um den zweiten Akt (Weltkrieg 2) spielen zu können, dieses getan werden:, unter (Quasi-)Geheimhaltung, was geschah, und innerhalb eines, sagen wir, rechtsfreien Raumes. Und in dieser Hinsicht bot das bolschewistische Russland den perfekten „Hafen“, um die Grundfesten der neuen Reichswehr zu legen. Es ist eine sehr qualvolle Geschichte.

Wir wissen sicher, dass diese „Gaunerhochzeit“ bis zu Hitlers Machtübernahme andauerte. Und schon davor wurde im Zuge des Dawes-Bailout die Geheimhaltung zum Teil abgelegt, da die US-Konglomerate mit solchem Tamtam nach Deutschland gekommen waren, dass es wohl keinen weiteren Verdacht erregen würde, wenn ein Teil der Dollarsturzflut in militärische Ausgaben floss. Es scheint also, dass die Vereinbarungen von Rapallo 1933 unwirksam werden, aber tatsächlich war es so, dass Stalin, offenbar in geheimer Absprache mit den Anglo-Amerikanern, den deutschen Adler bis hin zur Operation Barbarossa weiterhin fütterte. Ich glaube keinen Augenblick daran, dass er das tat, um Hitler gegen die Alliierten zu lenken. Genau jene Alliierten, die die Westfront drei Jahre lang in Ruhe ließen… Es war teuflisch, wie sie alle zusammenarbeiteten, um Deutschland erneut in den Sumpf eines Zweifrontenkriegs hineinzuzwingen – daran besteht in meinen Augen kein Zweifel.

L.S.: Die Weimarer Republik ist ihrerseits untrennbar mit der Hyperinflation von 1919 bis 1923 verbunden. Was waren die singulären Umstände dieser Hyperinflation und warum ist es sehr unwahrscheinlich, dass zumindest eine Hyperinflation à la Weimar je erneut geschieht?

G.P.: Die deutschen Kriegsschulden bergen das Geheimnis. Ich weiß nicht mehr genau, wo und wann die Kontroverse genau begann, aber radikale Stimmen, insbesondere aus dem rechtsextremen Spektrum, wenn ich mich recht erinnere, ließen das schon recht früh verlauten. Hitler selbst leistete dieser Behauptung Vorschub. Daher muss man kaum erwähnen, dass Mainstreamhistoriker ihre Erläuterungen zu dieser Episode oft damit beginnen, dass sie in der kategorischsten Art ableugnen, dass auch nur eine Faser dieser Behauptung wahr wäre. Sie stützen ihren Konter darauf, indem sie aufzeigen, dass die Schuldentilgung und Inflation in weniger als zwei Jahren beinahe die gesamten Schulden aufgefressen hatten. Und damit ist die Geschichte für sie erledigt. Sie behaupten, die Inflation sei Deutschlands wilde Flucht aus einer verzweifelten Situation (den Reparationen) gewesen, die ihm durch den bösartigen Stumpfsinn alliierter Gerontokraten (abermals Keynes) auferlegt wurde. Der Rest ist natürlich eine billige Verschwörungstheorie.

Nun, nicht so schnell. Das Schuldenkapital verschwand in der Tat recht schnell, aber es verdunstete nicht einfach wie ein Sommerregen. Es wurde systematisch in Schatzbriefe mit kurzer Laufzeit geleitet, zumindest wenn es in Deutschland verblieb, und wenn es, im Zuge von Kapitalflucht, aus Deutschland herausexportiert wurde, dann wurde es liquidiert und in Devisen umgetauscht. Und dieser letzte Umstand war einer der wichtigsten Faktoren der Inflationsdynamik: eine massive Entwertung, die auf den Umtausch folgte. Aus offensichtlichen geographischen Gründen scheint Holland der primäre Hafen für die versteckten Reichtümer der deutschen abwesenden Elite gewesen zu sein. Und in der Tat war es über ein niederländisches Unternehmen, durch das die Harriman-Clique – zu der auch Prescott Bush gehörte – von einer Untersuchung des US-Senats bei der Finanzierung der Hitlerianer auf frischer Tat ertappt wurde.

Aber zurück zur Hyperinflation. Der gemeinsame Effekt der Kürzung der Laufzeit der Schulden (einfach und schnell in Bargeld zu verwandeln) und der Kapitalflucht verursachte die rapide Inflation oder bereitete diese doch zumindest vor, welche wiederum, durch die massenhafte Einlösung dieser Schatzbriefe, in eine unaufhaltsame Hyperinflation mündete, als das Schicksal der Weimarer Republik nach der französischen Invasion des Ruhrgebiets Anfang November 1923 besiegelt schien. Dies beschloss aber nur den ersten Akt einer sehr hollywoodartigen Dreiaktstruktur. Der erste Akt spielt vor 1923, der zweite dreht sich um die Dawes-Rettungsaktion und deckt die Zeit von 1924 bis 1929 ab, dem dritten Akt entsprechen die Krise und die Zeit zwischen 1930 und 1933. Frankreichs Auftritt während der ganzen Geschichte, das muss ich dazu sagen, war ein absolutes, erschreckendes und uneingeschränktes Desaster. Es schmerzt mich, das zu sagen, weil ich eine tiefe Liebe und Hochachtung für dieser Nation empfinde.

Wenn man die Hyperinflation von 1923 so betrachtet, das heißt in ihrem geopolitischen Kontext, dann verliert sie viel von ihrem Mysterium als aleatorische Katastrophe. Es wirkten exakte Mechanismen. Meiner Ansicht nach – auf der Basis von Veblens Vorhersagen – erwarteten die Briten den Zusammenbruch und hatten sich umfassend darauf vorbereitet. In der Tat stand das „Beste“ noch aus: eine finanzielle Rettungsaktion und dann… die Nazis.

L.S.: Wer waren die Gewinner der Weimarer Hyperinflation?

G.P.: Die reichen abwesenden Eliten, wie immer. Und die Spekulanten. Es war ein veritabler ökonomischer Brudermord mittels der nichtzufassenden Schleudern und Pfeile des Finanzwesens:  Deutsche wandten sich gegen (weniger begüterte und arme) Deutsche.

L.S.: Nach der Hyperinflation kam der Dawes-Plan. Um was ging es da?

G.P.: Eine richtige Investitionsorgie, bei der die neue Goldmark an den Dollar gebunden wurde. So etwas in der Art haben wir wiederholt während der letzten 60 Jahre beobachteten können. In letzter Zeit wurden derartige strategische Kolonisierungsoperationen unter dem Schirm des IWF durchgeführt, aber es sind immer dieselben Parteien, die denselben anglo-amerikanischen Strategen folgen – Strategen, welche primär durch die Wall Street und die City of London handeln.

L.S.: Ein anderer bekannter Plan wurde nach Owen D. Young benannt. Mit diesem erlebte die Welt die Erschaffung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im schweizerischen Basel. Im Zusammenhang mit der BIZ gibt es dieses berühmte Zitat des herausragenden Historikers Carroll Quigley in “Tragedy and Hope”:

„Die Mächtigen des Finanzkapitalismus hatten ein anderes, weitreichendes Ziel, nämlich nichts weniger als die Erschaffung eines weltweiten Systems der finanziellen Kontrolle in privater Hand, fähig die politischen Systeme aller Staaten und die Weltwirtschaft im Ganzen zu beherrschen. Die Herrschaft in diesem System würde nach feudalem Vorbild bei den Zentralbanken der Welt liegen, welche ihr gemeinsames Handeln mittels bei geheimen, häufigen Treffen und Konferenzen getroffener Übereinkünfte koordinierten. […] Der Mittlelpunkt des Systems sollte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel sein, eine private Bank im Besitz und unter der Kontrolle der Zentralbanken der Welt, welche ihrerseits selbst Konzerne in Privatbesitz sind.“ (2)

Wie ist ihre Meinung dazu?

G.P.: Ja, ein beunruhigendes Kapitel, welches dutzende Verschwörungstheoretiker beschäftigt hat. Der Owen-Plan ist nicht so wichtig, da er nur eineinhalb Jahre Bestand hatte. Die Krise annullierte ihn. Was die Erschaffung der BIZ als Mittelpunkt eines gewaltigen Netzwerks von Zentralbanken angeht, die jeweils durch Bankerbrüder kontrolliert werden, so ist das ein beunruhigendes Bild. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie dominant die BIZ heutzutage ist. Ich weiß nicht, ob sie jemals jene Rolle als Koordinationszentrale einnahm, welche ihr so oft nachgesagt wird.

Es ist hingegen sicher, dass es diese extra-territoriale Einrichtung war, außerhalb der jeweiligen Territorien gelegen, in denen sich die kriegsführenden Parteien, einschließlich der Vertreter Nazi-Deutschlands, am selben Tisch zusammensetzten, um Rückzahlungen, Zinsen und Dividenden untereinander zu verteilen. Oder, um die verstörende Wahrheit konkreter auszusprechen: dort war es, wo die Nazis ihre fortlaufenden Verbindlichkeiten beglichen, um den Krieg voranzutreiben (für Nachschub und Provision, in Anbetracht von Deutschlands Mangel an Rohmaterialien), und das von Angesicht zu Angesicht mit ihren Kriegsgegnern, während ein amerikanischer Banker, McKittrick, den Vorsitz hatte.

Unglaublich. Was sich im Basel dieser Tage wirklich ereignete, steht noch herauszufinden. Als ich zum Beispiel Archivnachforschungen betrieb, wurden mir bestimmte Akten der Bank of England vorenthalten, die Informationen über die Anteilseigner der BIZ enthielten. Alles an dieser ganzen Affäre ist übelkeitserregend. Und was mich noch mehr besorgt, das ist, dass jeder, der sich damit beschäftigt hat, ganz genau weiß, dass die einzelnen Teil der Geschichte, wie man sie uns erzählt hat, nicht zusammenpassen. Aber aus Angst oder einer Art tiefenpsychologischer Konditionierung bewahren sie einen Anschein unterwürfiger Gemütsruhe. Solange es diese Art Denkhaltung gibt, und die Angst dazu, solange gibt es keine Zukunft für eine reformierte Welt.

L.S.: Montagu Norman und Benjamin Strong spielten eine wichtige Rolle in diesen Jahren. Warum sollte man ihren Aktivitäten Aufmerksamkeit schenken?

G.P.: Das ist eine sehr interessante Verbindung,  nicht so sehr aus Strongs Blickwinkel (da er 1928, also recht früh in dieser Geschichte, an Krebs starb), aber aus Normans. Was von Interesse ist, das ist, wie die Briten es geschafft haben, die Amerikaner trotz deren substanzieller isolationistischer Haltung so tief in diese Affäre zu verwickeln – auch wenn diese isolationistische Haltung bereits seit der amerikanischen Beteiligung am ersten Weltkrieg erlahmte (man lese Dos Passos, um mehr über die Chronik von Amerikas patriotischer Metamorphose in jener Zeit zu erfahren). Im Wesentlichen war es so, dass Norman unermüdlich Strategien vorantrieb und oft, unter höchster Geheimhaltung, die Fed besuchte und mittels diplomatischer Kanäle und Verbindungen im Finanzwesen ausdauernde Verhandlungen betrieb. So war es ihm möglich, den deutschen Aufschwung (soll heißen, die deutsche Wiederbewaffnung) fünf Jahre lang, von 1924 bis 1929, mit amerikanischen Dollar zu füttern. Strong war zweifellos ein Untergebener in dieser britischen Operation.

L.S.:  Welche kontraproduktive Rolle spielte Gold in den 1920er/1930er Jahren?

G.P.: Eine komplexe Frage, welche kaum in ein paar Zeilen hinreichend zu beantworten ist. Sagen wir einfach, dass eine bestimmte Organisation des Goldstandards als ein Mittel benutzt wurde, oder besser, es war das Mittel, mit dem die Welt in eine bestimmte Richtung gelenkt wurde. Durch die gezielte und programmierte Vermehrung und Verringerung des Goldbestandes sind ganz klar eine Vielzahl verschiedener politischer Ergebnisse erzielbar. Apropos kontraproduktiv: die Kunst, die Verfügbarkeit von Krediten einzuschränken – das heißt der sogenannte „credit crunch“ -, ist eindeutig die standardmäßige Würgetechnik, deren desaströse Auswirkungen auf das soziale Gefüge offensichtlich sind: Massenarbeitslosigkeit, Stagnation, soziale Unordnung, etc.

Was die Vorkriegszeit angeht, lese und interpretiere ich inzwischen alles mit Blick auf die Zerstörung Deutschlands. Ökonomen, selbst die guten (und die kann man an einer Hand abzählen, denken Sie an Karl Polanyi), tendieren dagegen dazu, alles mit Blick auf den Wirtschaftsbetrieb zu sehen, aber das ist eine schwerwiegende Begrenztheit, die Sünde der Überspezialisierung. Sie verlieren dabei gänzlich den Fokus. Ich habe in meinem Leben die Wirtschaft hinreichend studiert, um zu wissen, dass sie eine reine Hilfskraft, wenn auch eine essentielle, im Spiel der Macht ist, das allein den entscheidenden Antrieb der Ereignisse darstellt. So gesehen folgen die Goldoperationen präzisen strategischen Vorgaben. Die Bank of England ist in der Tat die Bank des Empire, und nicht anders herum.

L.S.: Was geschah in Deutschland zwischen 1929 und 1933 hinsichtlich „finanzieller Investitionen“? Zog die deutsche Rentierklasse große Vorteile aus der Großen Depression?

G.P.: Alles stand still, wie immer in Krisenzeiten (denken Sie nur an die gegenwärtige Krise). Die Banktruhen sind voll mit Geld, aber verzagende Studierte leben bei ihren Eltern. Ich kann nicht sagen, ob oder wie sehr die deutschen Rentiers während dieser rauen Auszeit zwischen 1929 und 1933 profitierten; sicher ist jedoch, dass sie auf ein politisches Signal der „internationalen Gemeinschaft“ warteten. Als Hitler eingeschworen wurde, gab es grünes Licht. Das ist eine Tatsache. Die Rentiers wollten unter Papen, der ein Sinnbild der alten Aristokratie war, nicht zahlen. Erst recht nicht unter Schleicher, einem Militär, den sie fürchteten. Aber unter den Nazis rückten sie gerne ihre „Ersparnisse“ heraus. Schon seltsam, aber erneut ist die Prophezeiung von Veblen hilfreich: es wird ein neues, radikalisiertes Regime sein, dass gegen den Bolschewismus aufgebracht wird, nicht die Dynastie der Vergangenheit. Wenn man erst einmal den Schlüssel zur Interpretation in der Hand hält, schmelzen die Hauptschwierigkeiten hinweg und alle Teile fallen leicht an ihren Platz.

L.S.: Woher kam das Geld, um die Braunhemden und Hitlers spektakuläre “Personenkult“-Wahlkampagnen zu finanzieren?

G.P.: Von den abwesenden deutschen Eliten natürlich, insbesondere solchen mit internationalen Verbindungen.

L.S.: Waren die ausländischen Unterstützer von Hitlers NSDAP wichtiger als jene innerhalb der deutschen Grenzen?

G.P.: Das weiß ich nicht. Es scheint sich um ein und dieselbe kompakte Gruppe zu handeln.

L.S.: Zwei Banken, die für Hitlers Aufstieg eine wichtige Rolle spielten, waren Schroeders und Brown Brothers Harriman. Warum das?

G.P.: Schroeders war zufällig 1.) eines der ältesten Bankenhäuser Londons, das sich um deutsch-englische Finanzbeziehungen der höchsten Ebene kümmerte, und es hatte, vielleicht aufgrund dieser Rolle, 2.) als eine von wenigen Einrichtungen direkten, institutionellen Zugang zum Direktorat der Bank of England. Was Brown Brothers Harriman angeht (in deren Londoner Filiale Norman übrigens seine Bankerkarriere begonnen hatte), so erinnere ich mich nicht mehr so genau, was sie so tief in das Geflecht der Nazi-Finanzen hinein brachte, möglicherweise ihre enge Verbindung zur City. Wie schon erwähnt, war es eine Einrichtung dieser Bank, durch welche Prescott Bush, der Vater und Großvater des 41. und 43. US-Präsidenten, Gelder an Hitler fließen ließ, über Rudolf Hess, wenn ich mich recht entsinne. Er tat dies nicht etwa, weil er selbst dem Faschismus geistig nahe gestanden hätte, wie einige Linke kürzlich närrischerweise behaupteten, sondern als (kleiner) Teil des großen Plans, die Nazis zu stützen, um es so einfacher zu machen, Deutschland im kommenden Krieg vollständig zu zerstören. Ein Krieg, für den die Deutschen gut ausgestattet worden waren, und zwar von den Amerikanern, unter politisch-finanzieller Anleitung der Briten und durch den Dawes-Investmentboom von 1924-1929.

L.S.: Als Hitler an die Macht kam, arbeitete er sehr eng mit Hjalmar Horace Greeley Schacht zusammen. Schacht führte eine neue Art der Geldschöpfung durch künstliche Kredite ein, die als Mittel zu Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Finanzierung der Wiederbewaffnung Deutschlands diente. Wie funktionierte der sogenannte „Mefo-Wechsel“?

G.P.: Der Mefo-Wechsel war eine Variante der allgemeinen Arbeitsbeschaffungspolitik, die von der Reichsbank unter Hjalmar Schacht betrieben wurde. Um der blutleeren Wirtschaft einen Anstoß zu geben, bezahlte der Staat seine Aufträge mit diesen eigenartigen Papieren, diesen Wechseln. Die Unternehmen trugen diese Scheine dann zu Handelsbanken, wo sie Abschläge erhielten. Hinter den Handelsbanken standen die Interessen der deutschen abwesenden Eliten. So bekamen die Unternehmen das lang erwartete Bargeld, welches dort drei Jahre lang still und leise gelegen hatte. Die Handelsbanken hatten dann die Möglichkeit, die Scheine bei der Zentralbank zu rediskontieren. Der Gedanke war einfach,  die Wirtschaft wiederzubeleben und, indem man einen hinreichenden Kapitalumlauf schuf, durch Steuereinnahmen die Schulden bei den privaten Banken Schritt für Schritt abzubezahlen. Die Banken nahmen diese Notfallwechsel gerne an. Es war ein grundlegender Kreditkreislauf.

Der Erfolg dieser Maßnahmen und die schnelle Auslöschung der Arbeitslosigkeit kam aber durch einen singulären Sachverhalt zustande, und das war der, dass die Dynamik der Verschuldung jene eines Kredits mit null Prozent Zinsen nachahmte. Es war, als ob das Reich nur die Abschreibung auf seine Schulden zurückzahlte und die Rückzahlung des Schuldenkapitals auf die Zeit nach dem Krieg verschob. Man war sich ja sicher, dass man ihn gewinnen würde. Das war das einfache Rezept für Hitlers erste fünf glorreiche Jahre. Keine Inflation, keine Arbeitslosigkeit. Das ist auch die Lehre, welche aus dieser einzigartigen Episode zu ziehen ist, dass nämlich Geld immer mit null Prozent Zinsen verliehen werden sollte. Natürlich gründete der Erfolg dieses Zwischenspiels auf dem Holocaust des Zweiten Weltkriegs. Das waren die (völlig schändlichen) Voraussetzungen. Die Zukunft der Geldreform liegt hingegen in der Herstellung von Umständen, unter denen Geld automatisch mit null Prozent Zinsen verliehen werden und ganz natürlich Wachstum und Wohlstand begleiten kann. Und die Ideen, um das herbeizuführen, gibt es. Aber das ist eine andere Geschichte.

L.S.: Im Zusammenhang der deutschen Wiederbewaffnung  arbeiteten die Nazis Hand in Hand mit anglo-amerikanischen Finanzinteressen, beispielsweise in Verbindung zu den Vereinigten Stahlwerken, die die Hälfte des für die Wiederbewaffnung notwendigen Stahls herstellten. Diese Finanzinteressen unterstützen auch I.G. Farben-  in der Tat gab es bei beiden Dingen Querverbindungen auf Seite der Finanziers. Warum ist das signifikant?

G.P.: Die Geschichte der I.G. Farben ist deshalb zentral, weil die amerikanische Beteiligung an diesem Kartell verdächtig war, und auch, weil I.G. Farben einer der hauptsächlichen Lieferanten für die Konzentrationslager war.

L.S.: Wäre es für Hitler-Deutschland möglich gewesen, den Krieg ohne die bereitwillige Versorgung mit Petroleum und anderen strategischen Rohstoffen aus dem Ausland führen zu können?

G.P.: Nein.

L.S.: Wäre es für England und Frankreich möglich gewesen, den Krieg 1939, als Hitler Polen angriff, innerhalb einiger Wochen oder Monate zu beenden, wenn sie Deutschlands Westgrenzen angegriffen hätten?

G.P.: Das ist eine Frage, die Militärhistoriker beantworten müssen. So wie ich es verstehe, hätten sie es sehr wohl gekonnt, aber das ist ein imaginäres “Wenn“; denn wenn Hitler gewusst hätte, dass die Alliierten mit Sicherheit von Anfang an eingreifen würden, wie es die ganzen Verteidigungsscheinbündnisse, die sie unterschrieben hatten, vorsahen, hätte er nie zugeschlagen. Insofern…

L.S.: Obwohl die Sowjetunion ebenso die territoriale Integrität Polens verletzt hatte, wurde ihr von Frankreich und England nicht der Krieg erklärt. Warum nicht?

G.P.: Weil das alles abgesprochene Schachzüge waren, um Deutschland früher oder später in einen Zweifrontenkrieg zu verwickeln. Die Alliierten ließen die Westgrenzen drei Jahre lang in Ruhe. Warum? Das große “Warum“ des Zweiten Weltkriegs. Und all das Blutvergießen, dass sie während dieser drei Jahre (1941-44) geschehen ließen…  Niemand mag diese Frage aufwerfen, aus offensichtlichen Gründen – patriotische Delikatheit, Noblesse oblige…

L.S.:  Um eine Schachmetapher zu bemühen: stellte die Rochade zwischen Neville Chamberlain und Winston Churchill im Mai 1940 eine wirkliche Veränderung der britischen Politik dar?

G.P.: Sie erwecken den Eindruck, aber es ist eine Täuschung. Die englische Machtelite ist eine monolithische Festung. Die Spaltung in Strömungen und scheinbar antagonistische Blöcke, um sich an die sich verändernden Anforderungen eines Kräftespiels anzupassen, ist als taktisches Mittel älter als die Prostitution.

L.S.: Was war der eigentliche Grund Hitlers für “Operation Barbarossa”?

G.P.: Er handelte, als hätte er eine Vereinbarung mit Großbritannien gehabt: Eurasien für Deutschland und den Rest der Welt für Großbritannien. Es ist in der Tat verblüffend, wie der deutsche Generalsstab auf eine so gewaltige Täuschung hereinfallen konnte. Im Prinzip ist es so, dass Anglo-Amerika, eine matirime, imperiale Liga (gestützt durch eine Raketen- und Luftstreitmacht), alles tun wird, um Eurasien zersplittert zu halten. Zumindest so lange, bis sie eine Möglichkeit gefunden haben, es sich vollständig unter den Nagel zu reißen.

L.S.: Was ich nicht verstehe, ist, warum die Alliierten niemals die Eisenbahntrassen, die zu den deutschen Vernichtungslagern führten, bombardiert haben, obwohl der alliierten Führung verlässliche Informationen vorlagen, was dort vor sich ging. Können sie mir diese quälende Frage beantworten?

G.P.: In der Tat eine quälende Frage. Ich weiß es nicht.

L.S.: Laut Charles Higham führten die Staaten der Alliierten und der Achsenmächte während des Zweiten Weltkrieges ihre Geschäfte bei der BIZ wie gewohnt weiter, ganz so, als hätte es keinen weltweiten Krieg zwischen ihnen gegeben. (3) Was sagt uns das?

G.P.: Das sagt uns, dass selbst die Allerextremsten unter den sogenannten Verschwörungstheoretikern noch drei Lagen zu kurz greifen, was die Wahrheit über die Natur dieses Machtspiels angeht. Es scheint wie eine Suggestion von Orwells ständigem Krieg, bei dem die üblichen Geschäfte hinter dem Gemetzel weitergehen. Es ist so, als wäre das Theater des Kalten Kriegs bereits während der letzten Akte des Zweiten Weltkriegs begonnen worden, das heißt zu einer Zeit, als die Hitlerianer bekanntermaßen bereits erledigt waren und, nach Stalingrad, einen langsamen, aber unabwendbaren Tod starben. Die letzte Phase des Kriegs scheint gelenkt worden zu sein, um andere Ziele zu konsolidieren, ein neues Bühnenbild vis-a-vis des großen, räudigen Zirkus‘ der UdSSR zu setzen. Allein die Tatsache, dass sich die großen Machtparteien 1944, also zu einer Zeit, als der Krieg noch gar nicht vorbei war, in Bretton Woods trafen, um die finanzielle Architektur der Pax Anglo-Americana zu gestalten, lässt tief blicken.

L.S.: Im Zuge der „Operation Paperclip“ importierten die USA nach dem zweiten Weltkrieg eine große Menge Kriegsverbrecher, um für den ehemaligen Feind zu arbeiten. (4) Mehr noch, wichtige Akteure der Wall Street arbeiteten extrem eng mit der „Gehlen Organisation“ zusammen, um die Central Intelligence Agency und den Bundesnachrichtendienst aufzubauen. (5) Ist das überraschend?

G.P.: Das ist ein Kapitel, über das ich nicht viel weiß. Ich habe eine Reihe von (akademischen) Büchern zu Gehlen und „Paperclip“ gelesen, allesamt extrem schlecht, die alle drauf ausgelegt waren, abzuleugnen, dass Gehlen und die wiederverwendeten Nazis irgendwie wichtig gewesen wären. Das typische Kleinreden und Entlasten patriotischer Archivare, um das Importieren von Nazis in die USA als verständliche Reaktion auf die „teuflische Bedrohung durch die Sowjets“ zu rechtfertigen. Die üblichen rhetorischen Plattitüden. An sich interessiert mich diese Saga aber nicht sonderlich. 1945 war der Nazi-Faschismus aus dem spirituellen Raum verschwunden, gleich wie eigenartig sein Aufstieg während der vorhergehenden zwei Jahrzehnte auch gewesen sein mag. Was seine Überlebenden danach mehr oder weniger Schädliches anstellten, ist meiner Ansicht nach nicht sonderlich fesselnd.

L.S.: Wie sehen Sie den Kalten Krieg in Anbetracht der Unterstützung, die einige bestimmte anglo-amerikanische Finanzinteressen der bolschewistischen Revolution leisteten?

G.P.: Für den Wissenschaftler ist die Periode des Kalten Krieges zum verrückt werden komplex. Ich habe die letzte Jahre mit dem Versuch verbracht in das Thema vorzudringen, wobei ich mich in letzter Zeit vor allem mit dem italienischen Terrorismus in Verbindung mit den entscheidenden Jahren 1979-1981 beschäftigt habe. In der Chronologie des Kalten Krieges markiert diese Zeit den Wandel von einem unsicheren Kondominium hin zur Entsorgung der UdSSR als wichtigstem Nebendarsteller. Ich arbeite weiter daran und hoffe in der Zukunft etwas Substantielles dazu sagen zu können.

Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass der Kalte Krieg ein gewaltiges Schauspiel war, bei dem die USA in geheimer Absprache mit Russland die Regie führten, um den Planeten untereinander aufteilen zu können (die chinesische Unbekannte einmal beiseite gelassen), während die Allokation / Zusammensetzung lokaler Stellvertreterkonflikte weiterhin möglich blieb. Wie ich bereits gesagt habe, umgibt die Anfänge des Bolschewismus noch immer ein tiefes Geheimnis, aber eigentlich ist die ganze Ära eine riesige Keksdose mysteriöser Geschichten, von Korea bis zu dem Attentatsversuch auf Johannes Paul II, über die Schweinebucht, JFK, den Terrorismus, Watergate, Vietnam und Kambodscha, die Kriege des Mittleren Osten, etc. Im Kontext dessen, was ich inzwischen das „Kalte Spiel“ nenne, scheint es, dass Großbritannien völlig verschwindet, aber es ist da und man muss seine Schritte nachvollziehen, wenn man diesen wesentlichen dritten Akt des Kräftespiels des 20. Jahrhunderts verstehen will.

Kurz gesagt scheint es, dass wir uns von 1946 bis in die späten 60er in einem sorgfältig inszenierten,  ständigen Kriegszustand à la Orwell befanden. Die Abhängigkeit von der UdSSR scheint sich in den frühen 70ern abgeschwächt zu haben, als – und das ist noch wichtiger – die amerikanische Führung selbst durch das Versagen in Vietnam und die folgende Aufkündigung von Bretton Woods im Jahre 1971 schwer beschädigt worden war. Die Rolle und das Erbe Nixons sind in dieser Hinsicht entscheidend, ebenso wie sein Dahinscheiden durch Watergate. Ihm folgen fünf unsichere Jahre, 1974-1979, wie schon gesagt, eine Zeit von absolut zentraler Wichtigkeit, während der die Paten der Globalisierung – die Demokraten der Trilateralen Kommission – vergeblich versuchten, die Situation zu retten, indem sie die globale Ordnung in der beschwerlichen Gegenwart der todgeweihten Sowjetunion zu erschaffen versuchten. Sie werden versagen. Stattdessen werden es Reagans neokonservative Falken sein, die aufsteigen, um das Kalte Spiel aufzulösen, indem sie der UdSSR den Stecker herausziehen (1981-1990).

Wenn man fähig ist, dies alles in einer kohärenten Geschichte auszulegen, dann und nur dann werden wir es hinter uns lassen und eine ernsthafte Analyse dessen anstellen können, was seit 9/11 geschehen ist –  Terrorismus, Geopolitik, etc. Nur wenige Dinge stören mich mehr als die akademische Willfährigkeit, welche schönfärberisch über diese Ära sagt, dass es sich um einen genuinen spirituellen Konflikt zwischen Ost und West handelte und man ihn vollkommen verstanden habe. Es gab keinen spirituellen Konflikt und nur herzlich wenig ist verstanden worden.

L.S.: Springen wir schnell vor bis zur Gegenwart. Es wird vielfach gesagt, die Finanzkrise von 2008/2009 habe ihre Ursprünge in der amerikanischen Hypothekenkrise. Was ist Ihre Meinung?

G.P.: Ganz und gar nicht. Der Hebel der zweitklassigen Hypotheken war nur ein lokaler Vergrößerungsmechanismus, der einen Zusammenbruch auslöste, welcher in der Mache war, seitdem diese jüngste Blase im Frühling 2002 sichtbar und massive aufgeblasen wurde. Ich habe in „On Money, Heresy and Surrender Part I“ das imperiale Besteuerungsschema grob skizziert. (6) Seit dem neo-liberalen Umschwung 1979-1981, unter dem Vorsitz Paul Volckers bei der Fed, fährt das US-Imperium eine neue Strategie, nachdem es beinahe eine Dekade lang vergeblich versucht hatte, einen angemessenen Ersatz für sein zerstörtes Goldsystem der Nachkriegszeit zu finden.  Die aktuelle Strategie besteht im absichtlichen Aufblähen von Spekulationsblasen. Diejenige, die im September 2008 platzte, war der dritte Fall einer gesteuerten finanziellen Expansion, gefolgt von einer Implosion.

Die Logik dahinter ist immer die gleiche. Die erste Spekulationsblase blähte sich von 1982 bis 1987 auf, womit sie den Beginn einer Ära, die des Yuppytums, markiert. Entfacht unter Reagan,  schlängelte sie sich bis zu Alan Greenspans großer Dot-Com-Blase von 1994-2001 hinüber. Auch das war eine Epoche, welche für den weiteren Verlauf bestimmend sein sollte und uns noch heute konditioniert. Sie sah die Absurdität des IPO der Internetfirmen, d.h. den verstärkten Ausverkauf virtueller Unternehmen wie Google und kürzlich Facebook, ein noch einmal grotesk unbeständigeres und idiotischeres Unternehmen. Das sind allesamt „Dinge“ ohne jeden greifbaren, wirtschaftlichen Wert. Als der Dot-Com-Blase 2001 langsam die Luft ausging, begannen die Finanzmärkte, um nicht an Schwung zu verlieren, den Immobilienmarkt aufzupumpen, der durch Diffusionseffekte der Dot-Com-Blase bereits zu überhitzen begonnen hatte. Dem folgte ein weiterer Fünf-Jahres-Zyklus, zum Teil angetrieben vom Ausverkauf der zweitklassigen Hypotheken – und dann, abermals, der Crash.

Warum all das? In der Vergangenheit, das heißt bis 1968-1971, war es den USA möglich gewesen ihren Haushalt und ihre militärischen Ausgaben, die Kosten des Imperiums, zu bezahlen, indem sie ihre Handelspartner mit Bergen von Dollars überschütteten, und jene verloren irgendwann ihren Appetit daran, diese anzuhäufen. Der Dollar war die Leitwährung der Welt,  und ist es noch,  aber der in Bretton Woods festgelegte Goldstandard war schließlich durch den Verlust der industriellen Wettbewerbsfähigkeit Amerikas gebrochen worden. Von da an machte Nixon es sich zur Aufgabe, systematisch die industrielle Konkurrenz mit der Androhung von Entwertung, Protektionismus und Preiskriegen einzuschüchtern, um die amerikanische Fähigkeit, das Imperium durch das Drucken von Dollars bezahlen zu können, zu bewahren. Die Wirren der Siebziger stellen eine Chronik der gequälten, dorningen Mangelhaftigkeit einer solchen Entwicklung dar, an deren Ende, unter Carter, die Unmöglichkeit, sie zu verwalten, so problematisch wurde, dass man, wie schon gesagt, mit dem Beginn des neuen Jahrzehnts das System komplett überholte. De facto frackte Amerika seinen einst glorreichen industriellen Sektor endgültig ab, alldieweil es sich in eine vollumfassende Dienstleistungsökonomie verwandelte, mit dem Finanzsektor als Turbolader.

Es war ein meisterlicher Zug. Die (bezahlbare) Leistungsfähigkeit des Fernen Ostens übernahm die industrielle Herstellung, während die seriellen Blasen das Weltkapital an die Wall Street zogen, womit die für die imperiale Verwaltung notwendigen zusätzlichen Ressourcen herbeigeschafft wurden. Das wurde auch erkannt. Deutschland und China schulden beispielsweise ihren Exporterfolg ihrem privilegierten Zugang und ihrer Partnerschaft zu den USA, wofür sie andererseits reichhaltig durch Investitionen in US-Wertpapiere bezahlen, womit die USA wiederum unter anderem ihre weltweiten Militärbasen (natürlich einschließlich in Deutschland und rund um China) durchfüttern. Es ist fantastisch.

L.S.: Sehen Sie die Ursachen für die Krise der Eurozone rein hausgemacht, oder gibt es Ihrer Meinung nach Gründe anzunehmen, dass das anglo-amerikanische Finanzkapital seinen Rivalen EU/Deutschland klein halten will? In anderen Worten, geht die Finanzkrise der Eurozone auf Fehler in deren Architektur zurück, oder wurde sie bewusst eines anderweitigen Motivs wegen herbeigeführt?

G.P.: Der französiche Ökonom Alain Cotta hat die Entstehung des Euro in einem kürzlich erschienenen Buch (Sortir de l’Euro ou mourir à petit feu, Plon, 2011) sehr gut erklärt. Der Euro ist so un-europäisch, wie er nur sein könnte. Es handelt sich bei ihm offensichtlich um ein Geistesprodukt anglo-amerikanischer Interessen. Die Absicht ist, wie sie es immer war, Europa finanziell bewegungsunfähig zu machen, damit es politisch unfähig wird, auf eigene Faust zu handeln und sich erneut zum kontinentalen Hauptrivalen zu machen.

Der Grundgedanke des Euro ist folgender: zunächst weist man Deutschland eine Führungsrolle als dem Primärpartner/Banker/Komplizen, ökonomisch stärkstem Staat der Union und Hauptexporteur zu; dann erlaubt man all den anderen, schwächeren Mitspielern (PIGs, Spanien, Italien), die praktisch nichts herstellen, sich vis-à-vis Deutschlands und anglo-amerikanischer Banken zu verschulden, welche wiederum hohe Gewinne durch die Zinsen auf diese Euro-Bonds einfahren (die Schuldenspirale). Dies wird begleitet durch die systematische Zerstörung und Unschädlichmachung jeglicher industrieller und handwerklicher Kapazitäten von Europas kleineren Partnern mittels einer Flut chinesischer Importe, hergestellt von Arbeitern, die sich für gerade einmal ein Zehntel der westlichen Löhne sklavisch zu Tode arbeiten. China ist der andere wichtige Komplize in dieser Dreiecksaufstellung zur Verkrüppelung Europas.

Somit ist Europa ständig gefesselt, mit Verstopfung, blutleer, im Sterben liegend – teilweise durch die strategische Finesse Anglo-Amerikas, hauptsächlich aber durch die eigene verzweifelte Nutzlosigkeit. Dass Griechenland als erstes Glied der Kette brechen würde, war schon weit und breit jedem bekannt, als die ganze trostlose Show vor zehn Jahren begann. Es ist amüsant zu sehen, wie The Economist im Laufe des letzten Jahres in hysterisches Geschrei über die Eurokrise verfallen ist und in apokalyptischen Bildern die Folgen des letztlichen Kollaps‘ der Währung an die Wand malt. Es ist amüsant und enthüllend, die britischen Interessen so laut jammern zu hören, gerade sie, die nicht einmal Mitglied der Eurozone sind (!). Eh bien, justement.

L.S.: Die deutsche Zustimmung, sich der Währungsunion anzuschließen, wurde unter anderem erreicht, indem Francois Mitterand damit drohte, dass eine Dreierallianz zwischen Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion Deutschland einkreisen würde. So schreibt es David Marsh in seinem Buch „Der Euro“ über das EU-Spitzentreffen am 8. Dezember 1989 in Strasbourg, ein paar Tage, nachdem Helmut Kohl seinen 10 Punkte Plan zur deutschen Wiedervereinigung veröffentlicht hatte. (6) Wurde durch die Einrichtung einer gemeinsamen Geldpolitik für unterschiedlich entwickelte Länder, mit dem Höhepunkt des Beitritts Griechenlands, eine Zeitbombe gelegt, die jederzeit zur Explosion gebracht werden konnte?

G.P.: Ich habe dieses Buch noch nicht gelesen. Es könnte sein, ich weiß es nicht. Es handelt sich aber sicherlich um eine interessante These.

L.S.:  David McWilliams schrieb vor nicht allzu langer Zeit über die Rolle Deutschlands in der Eurokrise:

„Es will mit Banken erreichen, was es historisch mit Panzern nicht erreichen konnte. Es möchte ein Europa, das demokratisch aussieht und sich demokratisch anfühlt, aber in dem Deutschland die tatsächliche Herrschaft innehat und in allen großen Fragen das letzte Wort besitzt. Das wird es vermittels finanzieller Vorherrschaft erreichen.“ (7)

Glauben Sie, dass dies wahr ist?

G.P.: Ich wünschte mir, wir würden von einem echten Deutschland regiert, das heißt von einem eurozentrischen Deutschland. Stattdessen haben wir es aber, wie immer, mit ein und demselben alten deutschen Nachkriegsgefangenen Anglo-Amerikas zu tun. Dementsprechend nein, ich würde dieser Behauptung wiedersprechen.

L.S.: Sehen Sie eine Möglichkeit, dass Deutschland und Frankreich getrennte Wege gehen könnten,  wenn die Integration von Eurozone und EU fehlschlügen, und dass sich Deutschland stärker dem BRICS-Orbit zuwendete?

G.P.: Ich kann mir nicht vorstellen, wie das passieren sollte. Es wäre eine katastrophale Dummheit. Frankreich und Deutschland müssen zusammenhalten und gemeinsam einmal mehr gen Osten schauen. Unterhalb dessen, und im Falle eines (befreienden) Zusammenbruchs des Euro, wären Europas geopolitische Rivalen andernfalls wie immer darauf erpicht, die Region so weitläufig wie möglich zu balkanisieren.

L.S.: Was sehen wir heutzutage wirklich in den USA und im Rest des Westens, in gegenwärtig populären Bezeichnungen: einen Raubtierkapitalismus, eine Art Sozialismus oder eher Korporatismus / Faschismus? In anderen Worten, sind Mussolinis Worte von Interesse hier:

Es wäre richtiger, den Faschismus Korporatismus zu nennen, denn er stellt die perfekte Verschmelzung der Macht zwischen den Konzernen und dem Staat dar.

G.P.: Nichts von alledem. Der corporativismo des Faschismus war etwas ganz anderes – die corporazioni waren staatliche Gilden, eine ganz und gar andere Geschichte. Was wir in den USA stattdessen sehen, ist ein System, das von einer immer mehr an Oligarchie erkrankenden, nach außen hin aggressiven, bürokratischen Technokratie beherrscht wird, die nach innen über eine schrittweise Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, die umfassende Kommerzialisierung aller geistigen Bestrebungen (höhere Bildung und die Künste), und die De-facto-Monopolisierung aller wirtschaftlichen Prozesse in der Hand von Konzernen waltet. Zusammengenommen haben die Auswirkungen dieser insektifizierenden, privatisierenden und monopolisierenden Devolution die amerikanische Mittelschicht derart geschwächt und abhängig gemacht, dass sich die amerikanische Gesellschaft in einen bis auf die Knochen barbarisierten Termitenbau verwandelt hat, mit den höchsten Raten an Verbrechen, Gewalt und Inhaftierungen der gesamten post-industrialisierten Welt.

Eines der am meisten hervorstechenden kulturellen (nämlich ergebenen) Derivate einer solch beunruhigenden Entwicklung ist eine nunmehr ominöse und vom Fernsehen gezeigte Anbetung der Gewalt in all ihren Formen – das heißt vom grotesken Reich des Wrestlings und der regelrechten Brutalität des UFC, hin zu Slasher- und Verstümmelungshorror (die Saw-Filmreihe), einer Lawine an allerentwürdigensten Pornos, welche unter anderem von GM und AT&T gelenkt wird, und der Glorifizierung des industrialisierten Holocausts ebenso wie einer derben Billigmythologisierung des antiken Spartas und des imperialen Roms, zurechtgeschnitten für ein quasi-analphabetisches Publikum. Amerikas gegenwärtiges sozio-ökonomisches Modell muss in seinen wichtigsten Aspekten ausgiebig analysiert werden, um zu verhindern, dass es vom Rest der Welt übernommen wird oder sich langsam dorthin ausbreitet.

L.S.: Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund, warum sich die USA und der Westen auf diesem Weg befinden?

G.P.: Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage. Sie fragen mich nach kosmischer Entwicklung. Die oberflächliche Antwort lautet, dass die üblichen anglo-amerikanischen strategischen Zentralstellen nach dem Ende der Sowjetunion ein Aufrütteln brauchten, um sich im Angesicht eines gewaltigen, geopolitischen Stillstands  neu aufzustellen, neu anzupassen und die Eroberung der Welt im großen Stil neu anzugehen. Und welch bessere Eröffnung sollte es geben, als das rot-weiß-blaue Banner mitten in den Omphalos des Kontinents selbst zu pflanzen, in Afghanistan? Das ist die Neuauflage von Kiplings Großem Spiel.

Die tiefere, kosmische Antwort aber lautet, dass ich es nicht weiß. Alles, was ich weiß, ist, dass ich nach dem 11. September, psychologisch gesprochen, eine dramatische Verwandlung gesehen habe. Es ist wahr, die Samen waren da, hätte man nur genauer hingesehen, aber dennoch war die Veränderung erstaunlich, gerade aus meinen objektiveren Blickwinkel als Außenseiter. Ich hatte wirklich das Gefühl, ich wäre in Ionesco’s Stück Rhinocéros gelandet: plötzlich wuchs jedem in meiner Umgebung ein Horn auf der Nase. Aber vielleicht war das Horn schon immer da. Oder vielleicht war ich es, der sich damals in ein Rhinozeros verwandelte…

L.S.: Verstärkt die gegenwärtige Finanzkrise diese Entwicklung?

G.P.: Nein, die Krise ist nur ein Rückschritt.

L.S.: Ist das Mem der Austerität eine Wiederholung des Brüning‘schen Progamms aus der Zeit bevor Hitler an die Macht kam?

G.P.: In anderen Worten, ist auch unsere Zeit eine Inkubationszeit der Nazis, und/oder befinden wir uns in der ganz klassisch von Wirtschaftskrisen geplagten Ruhe vor einem Weltkrieg? Ich sehe nirgendwo spirituelle Nazidoppelgänger, obwohl ich, wie jeder andere auch, von spekulativen Szenarien gehört habe, nach denen nun alle Bedingungen erfüllt sind, damit die NATO den Westen in einen großen Krieg verwickeln kann, dessen Auslöser ein israelischer Angriff auf den Iran wäre.

Diese Gedankenrichtung legt nahe, dass 1.) das Versagen (nämlich die absichtliche Verschiebung), eine neue, lebenswichtige Blase aufzublähen, wahrscheinlich der anglo-amerikanischen Entscheidung entspringt, der Welt eine Lektion mittels eines großen Konflikts zu erteilen, und dies gegenüber 2.) der kürzlich abgegebenen gemeinsamen Erklärung der BRICs (und Südafrikas), künftig auf den Dollar als Reservewährung verzichten zu wollen. 3.) kommen Amerikas gewaltige Schulden hinzu und 4.) seine nicht weniger gewaltige Armee, welche schon ungeduldig mit den Hufen scharrt. Anscheinend hat China, der größte Gläubiger „unbezahlbarer“ amerikanischer Schulden, verkündet, dass es auf Seiten des Iran stehen wird, sollte sich eine Nordatlantikkoalition entscheiden, gegen das Land vorzugehen.

Das klingt alles recht verquer, wenngleich nicht völlig unplausibel. China hat es offensichtlich geschafft, die entscheidende Stellung in dieser Situation einzunehmen, und ich kann mir schwer vorstellen, warum China so verantwortungslos sein sollte, seinen weisen, diplomatischen Kurs aufzugeben und sich in passiv-aggressiver Haltung hinter dem Iran zu verschanzen, indem es das komische Kartenhaus, in dem wir heute leben, zusammentritt. Aber es sieht alles sehr verstörend aus. Dies wird nicht mehr lange Bestand haben können, soviel ist sicher.

L.S.: Ein kritischer Aspekt der Kriege, die wir bezeugen, scheint mir zu sein, dass Banker an der Spitze der Profiteure von Kriegen (oder dem, was Smedley Butler einen “Schwindel“ nannte) stehen – insofern zum Beispiel:

Die US Federal Reserve erschafft Geld, um den Krieg zu finanzieren, und leiht es der amerikanischen Regierung. Die amerikanische Regierung wiederum muss Zinsen für das Geld zahlen, das sie sich zur Kriegsfinanzierung von der Zentralbank geliehen hat. Je höher der Aufwand für die Kriegsführung ist, desto mehr profitieren die Banker.“ (8)

Ist es daher nicht vernünftig anzunehmen, mehr von diesem Geschäftsmodell zu sehen zu bekommen?

G.P.: Ich widerspreche diesem Deutungsansatz, bei dem es sich de facto um die Standardvariante linker, konzernfeindlicher Geschichtsdeutung handelt, ganz grundlegend. Ich sage es noch einmal, es ist die Macht, welche die Geschichte vorantreibt, nicht die Wirtschaft. Dem ist mindestens seit den Kreuzzügen so. Deutschlands einst gefeierte Institutionalismus-Schule der Wirtschaftwissenschaften zeigte, dass die Ursprünge der Aktiengesellschaft in Venedig liegen. Sie wurde erfunden und gegründet, um die venezianische Expeditionsstreitmacht mit dem notwendigen Nachschub und hinreichender Logistik zu versorgen. Banken und Konzerne sind in der Tat unentbehrliche Hilfstruppen, aber eben doch nur Hilfstruppen.

L.S.: Welche Rolle spielt die “freie Presse” darin?

G.P.: Im Wesentlichen die bekannte Rolle: sie schreibt die Drehbücher, durch welche die Massen darauf vorbereitet werden, sich in bereitstehende Fahrrinnen einzuordnen, abhängig davon, welches Spiel der Kräfte gerade bevorsteht. Wie genau diese Drehbücher zustande kommen und wie die Massen darauf reagieren, sind Themen (die Natur der Propaganda), welche mit dem großen soziologischen Mysterium der „öffentlichen Meinung“ zusammenhängen: hartes phänomenologisches Material, nichts für schwache Nerven – wir können uns vielleicht bei einer zukünftigen Gelegenheit darüber unterhalten.

L.S.: Steckt die „Wissenschaft“ der Ökonomie in ihrer eigenen gewichtigen Krise?

G.P.: Per se würde es eine eigene Unterhaltung brauchen, um den Zustand der Ökonomie als Fach und ihre akademische Behandlung zu besprechen. Im Laufe des letzten Jahrzehnts „rebellierte“ ein kleiner Teil der Ökonomen, indem sie einen sogenannten heterodoxen Nebenzweig gründeten. Dies ist eine positive Entwicklung, deren Verlauf ich in letzter Zeit sporadisch verfolgt habe. Wir bräuchten eine solche Entwicklung in allen Sozialwissenschaften.

Wie dem auch sei, es ist nicht genug, und was immer auch getan wird, es ist zu zurückhaltend, unglücklicherweise eingeschränkt von der Herkunft der meisten „Rebellen“, die ihre akademische Identität aus einem vielfältigen Eintopf neoklassischer, Chicago- und Keynesianischer Ökonomie, zusammengebraut haben, sowie in geringerem Maße der britischen politischen Ökonomie alter Schule, welche meines Erachtens auch marxistischen Haferbrei enthält. Damit will ich zum wiederholten Male sagen, dass sie ganz grundsätzlich, genau wie ich und all jene, auf denen der Fluch, mehrere wirtschaftswissenschaftlicher Abschlüsse gemacht zu haben, liegt, überhaupt kein wie auch immer geartetes Verständnis der Ökonomie besitzen. Es handelt sich wieder einmal um einen Entgiftungsprozess, der mit Zweifeln und dem nächtlichen Nachlesen bisher ignorierter Texte beginnt. Es ist, als würde man sein Gehirn neu zusammensetzen, nachdem sie es im Laufe deiner prägenden Jahre versuchten,  in Pampe zu verwandeln.

Was den Euro und den ihn begleitenden Zustand der akademischen Ökonomie angeht, so sieht es aus wie ein schonungsloses, koloniales Zangenmaneuver. Auf der einen Seite haben wir die Zwangsjacke des Euros, auf der anderen das vollständig von amerikanischer Rhetorik dominierte wirtschaftswissenschaftliche Curriculum. Nehmen sie nur die Wirtschaftsfakultäten in den lateineuropäischen Ländern Spanien, Italien und Frankreich. Dort, wie übrigens so ziemlich überall sonst auch, sieht die Sache meistens so aus: Ein Kontingent von Dozenten, die das Mysterium ihrer wertlosen, in den USA gestempelten Doktortitel und/oder ihre Verbindungen in die USA breitwalzen; standardisierte Textbücher, die von den Ivy-Universitäten kommen (Harvard, MIT, Columbia, Cambridge etc.); lobotomisierte Studenten, denen eingedrillt wird, Nutzensfunktionen zu maximieren, ohne dass sie auch nur die geringste Ahnung haben, was sie da eigentlich tun; und eine Gilde europäischer Berufsökonomen, die auf der psychischen Ebene völlig vom Bulldozer der anglo-amerikanischen Aura überrollt sind. Das geht so weit, dass sie Promotionen und akademische Karrieren auf des Basis der Veröffentlichung der Probanten in einer Reihe von Zeitschriften verwalten, deren Hierarchie einer Prestigeskala entstammt, welche letztendlich von den mächtigsten amerikanischen Verbänden bestimmt wird.

Nach dem, was ich persönlich gehört habe, und das mag höchst subjektiv sein, ist Spanien möglicherweise der schlimmste Fall. Katalonien, einstmals ein Mekka des Anarchismus, beherbergt heutzutage einige der ultra-konservativsten, ultra-kapitalistischsten Athenaeae überhaupt. Dorthin kommen die Diakone des mikroökonomischen Unsinns, wie beispielsweise der Anhänger der Chicagoer Schule und Nobelpreisträger Gary Becker, um die massenhafte Anbetung ihrer unterwürfig knienden Jünger zu empfangen. Das verstört mich wirklich. An einigen der spanischen Hochschulen ist dieser Zustand intellektueller Unterwürfigkeit und Lohnsklaven-Manie so verzehrend, dass einige Professoren die Praxis des Brown-Bag-Seminars eingeführt haben, die überaus amerikanische Praxis über die „Wissenschaft“ zu reden, während man ein Truthahnsandwich mampft… Wo nur führt das alles hin? Auch die italienischen Wirtschaftsfakultäten sind voll und ganz Anhängsel dieses Apparats.

Die Machtstruktur erscheint in diesem Sinne fest und monolithisch, von der Krise wahrhaft unberührt und wild entschlossen, keinen Zentimeter vor irgendeiner Herausforderung zurückzuweichen. Das ist offensichtlich. Der einzige Ausweg wäre, diesen Würgegriff überall zu brechen, die Bildungseinrichtungen dramatisch zu reformieren, und sich aus dem Euro zu lösen und jedem Partner mit seiner eigenen Geldhoheit zu versehen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Spanien, ein ansonsten wundervolles Land, stellt mit seinen 50% Jugendarbeitslosigkeit, seiner unverantwortlichen Immobilienblase und seinen amerikanischen Klon-Universitäten einen weiteren, typischen Krankheitsfall des gegenwärtigen europäischen Debakels dar.

L.S.: Eine letzte Frage. Sie sprechen sich für eine radikale Geldreform aus. Wieso? Und wie sieht Ihr Modell aus?

G.P.: Die freie Assoziation freier Hersteller in freien Kommunen, verbunden in einer umfassenden, brüderlichen und kooperativen, weltweiten Allianz. Und das Mittel, um das alles zu bezahlen: altwerdendes Geld (perishable money). (10)

L.S.: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Preparata!

G.P.: Gerne.

Literatur:

(1) Vergleiche Guido Preparata: “Conjuring Hitler: How Britain and America made the Third Reich”, Pluto Press, 2005, Seite XIX.

(2) Carroll Quigley: “Tragedy and Hope: A History of The World in Our Time”, Macmillan Company, 1966, Seite 324.

(3) Bezüglich der historischen Tatsache, dass die Alliierten vor und während des zweiten Weltkriegs ohne zu zögern „business as usual“ mit Nazideutschland betrieben, vergleiche die Geschichte der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in schweizerischen Basel in Charles Highams “Trading with the Enemy. The Nazi-American Money Plot 1933 – 1949,” iUniverse Inc., Lincoln, 1983, 2007, pp. 1–19, Chapter 1: “A Bank for All Reasons.”

(4) Vergleiche beispielweise Eric Lichtblau: “Nazis Were Given ‘Safe Haven’ in U.S., Report Says“, veröffentlich in The New York Times, November 13, 2010 einsehbar unter:

http://www.nytimes.com/2010/11/14/us/14nazis.html?_r=1&emc=eta1

(5) Vergleiche Peter Dale Scott: “The Road to 9/11. Wealth, Empire, and the Future of America“, University of California Press, Berkeley, 2007, Seite 12, und Peter Dale Scott: “American War Machine. Deep Politics, the CIA Global Drug Connection, and the Road to Afghanistan“, Rowman & Littlefied, Lanham, 2010, pp. 163 – 164.

(6) Siehe Guido Preparata: “On Money, Heresy and Surrender Part I”, online here:

http://www.guidopreparata.com/chpg/Of%20Money.pdf

(7) See David Marsh: “Der Euro: Die geheime Geschichte der neuen Weltwährung“, Murmann Verlag, 2009, Seite 203.

(8) David McWilliams: “Let’s talk about Germany”, veröffentlicht am 7. Mai 2012, online hier:

http://www.davidmcwilliams.ie/2012/05/07/lets-talk-about-germany?utm_source=Website+Subscribers&utm_campaign=a3676e3099-07052012&utm_medium=email

(9) J. S. Kim: “Inside the Illusory Empire of the Banking Commodity Con Game”, veröffentlicht in The Underground Investor am 19 Oktober 2010, verfügbar hier:

http://www.theundergroundinvestor.com/2010/10/inside-the-illusory-empire-of-the-banking-commodity-con-game/

(10) Für weitere Details siehe Preparatas Essay “On Money, Heresy and Surrender Part II”, online hier verfügbar:

http://www.guidopreparata.com/chpg/Of%20MoneyII.pdf

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