David P. Goldman / Spengler, „der brillanteste Geheimdienst der Welt“, diskutiert in diesem exklusiven Interview einige seiner Gedanken zu verschiedenen Aspekten im Zusammenhang mit Gold. Unter anderem erklärt er, warum er eine Warenpreisregel für die Geldpolitik unterstützt, die an das gelbe Metall gebunden ist.
Von Lars Schall
David P. Goldman, unserer Ansicht nach weltweit einer der überragenden Essayisten unserer Zeit, war in der Vergangenheit der globale Leiter für die Research-Abteilung festverzinslicher Wertpapiere bei der Bank of America (2002-2005) und der globale Leiter für Kredit-Strategie bei Credit Suisse (1998-2002). Des Weiteren arbeitete er in leitender Funktion bei Bear Stearns, Cantor Fitzgerald und Asteri Capital. Heute leitet er den Beratungsservice Macrostrategy.
Von 1994 bis 2001 war Goldman ferner Kolumnist des Forbes-Magazins. Darüber hinaus diente er während der 1980er Jahre Norman A. Bailey, dem damaligen Director of Plans des National Security Council der USA.
Auf Asia Times Online veröffentlicht er seit 2000 regelmäßig seine “Spengler“-Essays (so benannt nach dem deutschen Historiker und Philosophen Oswald Spengler). Eine Gesamt-Übersicht derselben findet sich hier.
“Ask anyone in the intelligence business to name the world’s most brilliant intelligence service, and we’ll all give the same answer: Spengler. David P. Goldman’s ‘Spengler’ columns provide more insight than the CIA, MI6, and the Mossad combined.” — Herbert E. Meyer, Special Assistant to the CIA Director and as Vice Chairman of the CIA’s National Intelligence Council, Reagan Administration.
Zusätzlich schreibt Goldman für das Monatsmagazin First Things Essays, die ebenfalls einen weitgefassten Bogen spannen – von jüdischer Theologie über Ökonomie und Literatur bis hin zu Mathematik und Außenpolitik. Des Weiteren gehört er zum Kolumnisten-Stab von PJ Media, während er bei Tablet Musik-Kritiken beisteuert. Goldman ist der Autor des Buches “How Civilizations Die (and why Islam is Dying, Too)”, veröffentlicht bei Regnery Press. Eine Sammlung seiner Essays, “It’s Not the End of the World – It’s Just the End of You”, erschien bei Van Praag Press.
Er hat oft vor vielen bedeutenden Wirtschaftskonferenzen gesprochen, so zum Beispiel den Jahrestreffen der Weltbank. Sein Kapitel über Markt-Versagen im “Bloomberg Book of Master Market Economists“ (2006) gehört zu den Prüfungstexten für das Examen zertifizierter Finanzanalysten. Er hat Ökonomie an der Columbia University und an der London School of Economics sowie Musik-Theorie an der City University of New York studiert. Am Mannes College of Music lehrte er Musik-Theorie. Derzeit dient er daselbst dem Board of Governors. Ferner sitzt er im Board of Directors of the America-Israel Cultural Foundation und ist ein Fellow des Jewish Institute for National Security Affairs. David P. Goldman lebt in New York City, U.S.A.
Lars Schall: Herr Goldman, was sind Ihre generellen Gedanken zum Wiederauftreten des Golds in der internationalen Finanzwelt?
David P. Goldman: Gold ist im Wesentlichen eine politische Angelegenheit. Solange Sie positive reale Zinsen auf relativ sichere Schulden haben, entweder von Regierungen oder privaten Emittenten, gibt es meiner Meinung nach keinen wirklichen Grund, überhaupt Gold zu halten, außer als Notfall-Rückgriff. Gold ist teuer aufzubewahren, Sie müssen es in einem Tresor lagern, Sie müssen Wachpersonal anheuern, und es ist unbequem zu transportieren (wenn Sie jemanden in Gold bezahlen möchten, müssen Sie es physisch auf irgendeine Art von Transportmittel laden). Solange man den Regierungen der wichtigsten Länder trauen kann, dass sie ihre öffentliche Verschuldung in einer soliden Weise handhaben, gibt es keinen wirklich besonderen Grund, Gold zu halten. Das ist natürlich ein sehr großer Einwand, weil man den Regierungen nicht trauen kann, ihre Finanzen gut handzuhaben, und der Grund dafür, dass der Goldpreis in den letzten zehn Jahren von ein paar hundert Dollar auf knapp 2000 Dollar pro Unze gestiegen ist, besteht im Vertrauensmangel der Märkte in das Schulden-Management der großen Regierungen.
L.S.: Aber dann gibt es auch private Banken, die dieser Tage an Gold als ein mehr oder minder Null-Risiko-Vermögenswert interessiert sind.
D.P.G.: Ja, aber ich erachte das zu diesem Zeitpunkt als eine marginale Entwicklung. Eines der wichtigsten Probleme in der Bankenbranche ist derzeit die Verfügbarkeit solider Sicherheiten. Der Wert von sehr hohen Qualitäts-Staatsanleihen ist, dass Sie sie nutzen können, um gegen sie zu sehr niedrigen Zinsen sehr flexibel Geld auszuleihen. Der Finanzierungswert von hochwertigen Staatsanleihen ist somit ein äußerst wichtiger Bestandteil ihrer Attraktivität als Vermögenswert. Es gibt jetzt eine weltweite Verknappung hochwertiger Sicherheiten, und der Grund dafür ist, dass die Staatsverschuldung von vielen großen Ländern durch ein extrem schlechtes wirtschaftliches und finanzielles Management kompromittiert worden ist. Es gibt also einen Mangel an hochwertigen Sicherheiten, der die Banken dazu bringt, mit Gold als Anlageklasse zu experimentieren, weil man sich gegen Gold als Sicherheiten bei extrem niedrigen Zinsen Geld leihen kann. Es fängt also wegen dieses Mangels an Sicherheiten an, ins Bankensystem hinein zu filtern.
Dies wird nicht nur durch den Markt angetrieben, sondern teilweise auch von den Aufsichtsbehörden. Sie wissen vielleicht, dass die Aufsichtsgremien der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich darauf insistiert haben, dass die Banken einen viel höheren Grad an Liquidität wahren sollen, mit anderen Worten, dass ein größerer Teil ihrer Portfolios als in der Vergangenheit in hochliquiden Vermögenswerten investiert werden sollte. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht ist das ein sehr vernünftiger Vorschlag. Beachten Sie, dass eines der großen Probleme, die die Banken im Jahr 2008 hatten, darin bestand, dass sie enorme Mengen an vermeintlich hohen Qualitätsaktiva gehebelt hatten, die sich als völlig illiquide im Fall der Krise erwiesen – wie Collateralized Mortgage Obligations mit einer dreifachen A-Bewertung. Wie Sie wissen, sind die Rating-Agenturen von der Regierung der Vereinigten Staaten auf Milliarden von Dollar für die angebliche Verfälschung solcher Ratings verklagt worden.
Mit der Forderung von den Regulierungsbehörden, dass die Banken ein wesentlich höheres Liquiditätsprofil unterhalten sollen, ist es ob des Mangels an hochwertigen Sicherheiten für sie schwierig, dies physisch zu tun. Das ist es, warum die Banken am Rande an Gold interessiert sind. Und noch einmal den Punkt betonend, in dem Maße, in dem die Regierungen bei ihren Finanzen misswirtschaften und die Qualität und die Liquidität der Staatsverschuldung gefährdet ist, wird Gold als wichtige Alternative angesehen werden. Aber ich denke, dass wir noch einen sehr langen Weg von einer angemessenen Wiederherstellung des Goldes im Währungssystem entfernt sind.
L.S.: China kauft Gold im großen Stil.
D.P.G.: Ja, China kauft Gold, aber von einem sehr niedrigen Niveau aus. China hat $ 3 Billionen Devisenreserven. Wenn China ernsthaft Gold kaufen würde, würde der Goldpreis nicht bei $ 1.600 / 1,700 pro Unze, sondern bei $ 5000 pro Unze stehen. Soweit ich das beurteilen kann – es sei daran erinnert, dass dies ein Staatsgeheimnis ist, die Chinesen sagen nicht, was sie besitzen – und aus Teildaten Schlussfolgerungen ziehe, so kaufen die Chinesen alles – sie kaufen Rohstoffe, sie kaufen Technologien, sie kaufen Maschinenfabriken in Deutschland (im letzten Jahr waren die chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland dreimal so hoch wie die deutschen Direktinvestitionen in China, was schon ein Unterschied zur Vergangenheit ist, und es waren einige sehr hochkarätige Akquisitionen darunter). Aus chinesischer Sicht, ja, sie wollen ihre Goldreserven erhöhen, aber sie wollen auch ihr Portfolio an Technologien erhöhen, ihren Zugang zu Rohstoffen erhöhen, sie wollen viele verschiedene Dinge tun. Ihr Interesse geht weit über das monetäre hinaus.
Sie waren sehr bescheidene Netto-Verkäufer von US-Staatsanleihen, ich denke, ihr Besitz an US-Staatsanleihen ist im vergangenen Jahr um ein bisschen weniger als 200 Milliarden Dollar gesunken, wenn ich die Zahlen richtig erinnere. Es ist ein kleiner, aber signifikanter Betrag. Ich sehe China nicht in einer massiven Goldkaufkampagne engagiert. Stattdessen sehe ich es als eine stetige Aufstockung, aber von einem extrem niedrigen Niveau aus. Vor ein paar Jahren betrugen Chinas Goldreserven nur 2 oder 3 Prozent ihrer gesamten Reserven, was extrem gering ist. Es ergibt für sie also Sinn, von diesem niedrigen Niveau aus zu erhöhen.
Es gibt noch einen weiteren Grund für den Dollar, einige Zeit lang ein wichtiges Reserve-Instrument zu bleiben, und das ist Japan. Hier ist der Punkt, wo die Politik ins Spiel kommt: es hat viele Diskussionen gegeben, und ich bin sicher, dass Sie sich dessen bewusst sind, über die mögliche Entwicklung einer asiatischen Leitwährung, die vielleicht einen goldenen Anker aufweisen würde. Ich denke, das ist aus einem ganz einfachen Grund reine Spekulation: die Asiaten kommen politisch nicht miteinander aus. Die Japaner und die Chinesen stehen im Widerspruch zu einander, und wie wir gerade heute gesehen haben (bezogen auf den Eintritt russischer Jagdflieger in den japanischen Luftraum am 7. Februar), stehen auch die Japaner und die Russen im Widerspruch zu einander. Wenn man sich die großen Wirtschaftsmächte außerhalb der Vereinigten Staaten ansieht – China, Japan, Indien, Russland, und danach muss man an Orte wie Brasilien gehen, das nicht wirklich viel zählt -, gibt es keine Möglichkeit für eine signifikante Übereinstimmung unter ihnen, geschweige denn für eine monetäre Vereinbarung.
Von den Japanern wird laut der Berichte, die wir in den letzten Monaten gesehen haben, erwartet, dass sie ihre Währungsreserven von US-Staatsanleihen zwischen $ 400 und $ 500 Milliarden pro Jahr erhöhen, indem sie in den Markt eingreifen, um den Yen zu schwächen. Nun, es gibt andere Wege, um den Yen zu schwächen, und so legt mir der Kauf von so vielen US-Staatsanleihen nahe, dass sich die Japaner immer noch als Teil der amerikanischen Sphäre sowohl in einem monetären als auch in einem militärischen Sinne halten. Japans Ministerpräsident Abe hat zu einer Allianz zwischen den Vereinigten Staaten, Japan und Indien aufgerufen, um China in Schach zu halten. Dies ist auch ein sehr beliebtes Thema bei einigen amerikanischen Strategen – Sie lesen davon überall. Die Idee, dass Japan seine Reserveposition – und die ist riesig – von den Vereinigten Staaten weg und hin zu einer gewissen Art von asiatischem Block verschieben könnte, ist also politisch unmöglich. Dies ist in der bestehenden Konstellation der Weltkräfte völlig unvorhersehbar. Deshalb sage ich, dass die Entstehung von Gold als Währungsreserve-Instrument oder eines tatsächlichen Goldstandards jedweder Art für die absehbare Zukunft äußerst unwahrscheinlich ist – die Politik dazu ist einfach nicht da.
L.S.: Allerdings unterstützen Sie eine Warenpreisregel für die Geldpolitik, die mit Gold verbunden ist.
D.P.G.: Ja, sicher.
L.S.: Können Sie bitte erklären, was das Konzept dahinter ist und warum Sie es unterstützen?
D.P.G.: Das ist eine Idee, die von Robert Mundell vorangetrieben worden ist, aber eigentlich geht sie den ganzen Weg bis hin zu David Ricardos Idee des Goldstandards zurück. Robert Mundell ist natürlich der Vater des Euro und der Vater der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik, er ist ein Nobelpreisträger, und er war der prominenteste Ökonom, der an der Weiterentwicklung dieser Idee gearbeitet hat; er hat darüber ungefähr die letzten 30 bis 40 Jahre gesprochen. Die Idee ist ganz einfach: die Schaffung einer Art objektiven, auf den Markt beruhenden Regel, die die Fähigkeit der Zentralbanken, Geld zu schaffen und ihre Währungen zu entwerten, eingrenzen würde – oder auf der anderen Seite, um als eine Bremse gegen die Deflation handeln zu können. In anderen Worten: die Benutzung von Marktbeobachtungen der Auktionspreise, die die Erwartungen des allgemeinen Preisniveaus reflektieren, um die Fehler der Zentralbanken zu korrigieren.
Es hat seit Jahrhunderten eine enorme Debatte darüber gegeben, was die Kriterien für die Schaffung von Zentralbankgeld sein sollten und wie wichtig das ist. Mundells Argument ist, dass die Menge des Geldes viel weniger wichtig ist als die Art und Weise, wie der Markt auf den Anstieg des Zentralbankengelds oder der Bankreserven reagiert, und wie sich das auf die Erwartungen des Preisniveaus auswirkt. Zentralbanken sollten also viel mehr auf den Markt hören.
Und Gold gibt einem unter allen Rohstoffen wahrscheinlich das reinste Signal über künftige Preisentwicklungserwartungen. Es gibt einen ganz simplen Grund dafür: die Menge an Gold, die sich in Lagerreserve befindet, beträgt ein Vielfaches – um das 25- bis 30-fache – des Jahresverbrauchs. Eine Änderung des Wunsches, Gold als Investment zu halten, ist also ein viel wichtigerer Faktor für den Goldpreis als Änderungen beim Minenangebot oder Veränderungen des gegenwärtigen Verbrauchs von Schmuck oder industriellen Anwendungen. Wenn Sie Kupfer oder Platin oder Bauxit oder andere Rohstoffe verwenden, sind die Lagerbestände extrem niedrig relativ zur aktuellen Nutzung. Und es könnte auch einen technologischen Wandel oder einen Konjunktureinbruch oder eine große Zunahme der Nachfrage geben, was die Preise drastisch beeinflussen würde. Drum ist es viel schwieriger, Preissignale von Industriegütern als Indiz für die Erwartungen des zukünftigen Preisniveaus zu interpretieren. Gold gibt Ihnen viel bessere Informationen. So es hat sicherlich einen Ehrenplatz unter allen Waren als Indikator für die Erwartungen über das Preisniveau und als Leitfaden für die Zentralbankaktivität inne.
Diese Idee eines Rohstoff-Standards, um Vertrauen in den Markt zu schaffen und die Zentralbank-Fehler zu korrigieren, ist der Kern des Konzepts von Mundell. Ich denke, es ist eine sehr gute Idee, und ich glaube fest daran, dass das monetäre Management im Allgemeinen viel besser gewesen wäre, wenn wir Mundells Sicht und nicht dem Rätselraten der Zentralbanker gefolgt wären.
Sicherlich haben Fehler, die von der Federal Reserve in der Geldpolitik begangen wurden, zur Entwicklung der Finanzblase in den 2000er Jahren beigetragen. Im Jahr 2003 lockerte, wie Sie sich erinnern, die Federal Reserve die Geldpolitik, weil sie Angst vor Deflation hatten – es gab einen großen Rückgang bei der Rendite von Staatsanleihen, und sie sahen das als ein deflationäres Signal. Zu diesem Zeitpunkt erarbeitete meine Abteilung bei der Bank of America umfangreiche Forschungen, und zwar mit dem Argument, dass dies kein deflationäres Signal darstellte, dass sich die Federal Reserve im Irrtum befand, und dass die Lockerung der Federal Reserve falsch war. Deshalb kann ich an eine Reihe von Fällen zurückdenken, wo die Federal Reserve viel besser daran getan hätte, den Goldpreis zu beobachten, anstatt Anleiherenditen oder Verbraucher-Preisindizes oder die andere Dinge, die sie sich angesehen haben.
L.S.: Halten Sie es für sich als lohnenswert, den Goldmarkt zu verfolgen?
D.P.G.: Oh, absolut! Gold gibt einem extrem wichtige Signale. Die Frage, die sich Finanzanalysten stellen sollten, ist nicht einfach die, was der Markt erwartet, sondern was das Spektrum der Möglichkeiten ist, die der Markt erwartet, und welche Wahrscheinlichkeiten ihnen zugeordnet sind. Mit anderen Worten, die Erwartungen sollten nicht als ein Punkt in der Zukunft gedacht werden – ich glaube, dass der Aktienmarkt um 7,38 Prozent im nächsten Jahr hochgehen wird, das ist meine Erwartung. Stattdessen sollte die Erwartung als Wahrscheinlichkeitsverteilung gedacht werden. Zum Beispiel, wenn Sie rausgehen, um eine Bank auszurauben, haben Sie eine sehr verkorkste Verteilung – auf der einen Seite kommen Sie mit € 50,000 davon, auf der anderen Seite werden Sie erschossen werden. Wenn Sie in Staatsanleihen investieren, erhalten Sie dort eine viel enger gefasste Verteilung.
Die Bereitschaft des Marktes, für Absicherungen gegen extreme Ergebnisse zu zahlen – und Gold ist zu diesem Zeitpunkt eine Absicherung gegen extreme Ergebnisse –, ist also ein sehr wichtiger Hinweis auf das Denken des Markts. Ein interessanter Vergleich besteht zwischen Gold und inflationsfolgenden Wertpapieren (inflation tracking securities) wie TIPS (Treasury Inflation-Protected Securities) in den Vereinigten Staaten. In den letzten fünf Jahren gibt es eine sehr enge Beziehung zwischen dem Goldpreis und den Inflation-Trackers, auf die ich viele Male in der Vergangenheit in meiner Forschung für Kunden hingewiesen habe. Beide sind Absicherungen gegen extreme Ergebnisse. Derzeitig, wenn Sie einen Inflation-Tracker in den Vereinigten Staaten oder einem der besseren Qualitätsländer kaufen, haben Sie einen negativen Zinssatz – das heißt, Sie investieren € 100, und wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, erhalten Sie in zehn Jahren € 99 zurück. Warum sollte jemand eine negative Rendite akzeptieren? Weil, wenn Sie eine andere extreme Inflation oder extreme Deflation haben werden, dann wird TIPS andere Anleihen und wahrscheinlich auch andere Aktien übertreffen. Die Tatsache, dass Gold und TIPS einander extrem eng folgen, ist ein Indiz dafür, dass diese beiden Instrumente Absicherungen gegen extreme Ergebnisse sind.
Der Goldmarkt ist also ein extrem wichtiges Signal, er muss aber sorgfältig interpretiert werden. Gold gibt keine gute Prognose über die Inflation in einem vernünftigen Zeithorizont ab, sagen wir in einem Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren. An diesem Punkte ist Gold keine Absicherung gegen Inflation, sondern eine Absicherung gegen eine sehr große Veränderung an unerwarteter Inflation, eine sehr große Inflationsüberraschung. Also noch einmal, der Goldmarkt ist analytisch sehr wichtig. Ich persönlich besitze Gold als Absicherung gegen extreme Ergebnisse. Es ist nicht wirklich viel in meinem Portfolio, aber ich habe eine substantielle Menge an Gold als Versicherung.
L.S.: Ich würde also vermuten, dass Sie nicht denken, dass der Goldpreis eine Blase ist?
D.P.G.: Nein, absolut nicht. Der Beweis, dass Gold keine Blase ist, besteht darin, dass Gold und TIPS einander so gut folgen. Wenn das wahr wäre, müsste man sagen, dass TIPS in einer Blase ist, aber das würde keinen Sinn ergeben. Ich habe noch nie jemanden sagen hören, der TIPS-Markt ist eine Blase.
L.S.: Da Sie einst der globale Leiter für die Anleihen-Forschung bei der Bank of Amerika waren: wird der Anleihemarkt falsch bewertet?
D.P.G.: Ich glaube, der spanische Anleihemarkt ist falsch bewertet. Ich würde spanische Anleihen auf diesen Ebenen nicht besitzen wollen, weil ich glaube, die spanische Regierung vertuscht das wahre Ausmaß ihrer Bank-Probleme. Ich denke, die Europäische Gemeinschaft hat eine Entscheidung getroffen, die Spanier unterbewerten zu lassen wie schwerwiegend die Probleme wirklich sind, weil sie die Perspektive der Krise zu dämpfen trachten. Aber soweit es die Vereinigten Staaten betrifft, denke ich, solange das Wachstum 1 bis 2 Prozent beträgt und es einen ganz erheblichen Anstieg der Staatsverschuldung gibt und die Aussicht auf einen ernsthaften Anstieg der Inflation aufgrund der amerikanischen Haushaltsprobleme besteht, ist der Anleihemarkt nicht unbedingt in einer Blase.
Ich mag es, die amerikanischen Anleiherenditen in zwei Komponenten zerlegt anzusehen: TIPS, das ist die inflationsgeschützte Rendite, im Vergleich zur gewöhnlichen Zinssatz-Rendite (coupon yield). Der Unterschied zwischen den TIPS-Renditen und den gewöhnlichen Zinssatz-Renditen des US-Schatzamtes wird in der Regel als „ausgeglichene Inflation“ (“break-even inflation“) bezeichnet. Der Unterschied zwischen diesen beiden Renditen ist die Inflationsrate, die für TIPS und Coupons benötigt wird, um die gleichen Gesamterträge zu erwirtschaften. Und in den letzten Wochen, als die Renditen gestiegen sind, sind die TIPS-Renditen gesunken, sie sind noch negativer geworden, was zeigt, dass die Menschen bereit sind, mehr für den Schutz gegen ein extremes Ergebnis zu bezahlen, aber die ausgeglichene Inflation ist hochgegangen, sie hat noch mehr zugelegt.
Die Tatsache, dass TIPS eine solch enorme Unterstützung hat, da die Renditen noch negativer geworden sind, sagt mir, dass Anleihen immer noch eine bedeutende Portfolio-Absicherung gegen bestimmte Arten von extremen Ergebnissen sind. Ich sehe auch eine Menge internationaler Nachfrage nach US-Staatsanleihen, insbesondere durch die Japaner. Also ich glaube nicht, dass wir große Bewegungen bei den Anleiherenditen zu sehen bekommen werden. Ich glaube, dass ein großer Teil des Kreditmarktes viel zu optimistisch ist. Ich denke, dass die Aufkäufe von Mortgage Backed Securities durch die Federal Reserve den Markt verzerrt hat, und deshalb denke ich, dass der Risikopreis im Kreditmarkt viel zu niedrig ist, ich glaube, es gibt dort einige Fehlbewertungen.
L.S.: Eine letzte Frage: Normalerweise enden Schuldenkrisen letztlich mit einer Abschreibung der Schulden. Glauben Sie, dass wir in den nächsten Jahren einen internationalen Gipfel sehen werden, wo genau dies geschehen wird, weil es geschehen muss?
D.P.G.: Nun, die Abschreibung von Staatsschulden – das ist eher denkbar in einigen der europäischen Länder, aber es ist sehr unwahrscheinlich. Der Grund, warum ich denke, dass es unwahrscheinlich ist, ist der: wenn man die Menge des Privatvermögens in den meisten europäischen Ländern im Vergleich zu den Staatsschulden betrachtet, so übertrifft das Privatvermögen die Staatsverschuldung bei weitem. Was die Regierungen tun, wenn sie in Schwierigkeiten bei der Schuldenrückzahlung geraten, ist, wie in Argentinien, eine Enteignung der Privatvermögen. Also, was ich glaube, was im Extremfall lange zuvor geschehen wird, ehe es zu irgendeiner Zahlungsunfähigkeit auf Staatsschulden kommt, sagen wir in Ländern wie Italien oder Spanien, das sind einige substantielle Vermögensbesteuerungen.
Im Falle der Vereinigten Staaten werden wir eine Menge Inflation hinzufügen. Inflation ist eine teilweise Zahlungsunfähigkeit auf die Staatsverschuldung. Zum Beispiel, sagen wir mal, dass ich Ihnen hundert Euro für einen Monat leihe, und einen Monat später kommen Sie zurück und geben mir hundert Dollar. Also sage ich: Na ja, Lars, was ist das – ich habe Ihnen 100 Euro geliehen, und Sie geben mir hundert Dollar? Und Sie sagen: Sehen Sie mal, hundert ist hundert, nehmen Sie es oder lassen Sie es sein. Dies ist, was die Regierungen gegenüber Anleihegläubigern tun, wenn sie ihre Währungen abwerten. Ein Dollar, der in Euro 1,35 wert ist, ist nicht dasselbe wie ein Dollar, der in Euro 1,70 wert ist. Wenn aber die Vereinigten Staaten eine rücksichtslose Fiskalpolitik fortführen und dies zu der Abwertung des Dollar führt, dann gibt man den Anleihegläubigern in der Tat eine andere abgewertete Rückzahlung der Schulden. Die typische Art, wie Regierungen der Zahlungsverpflichtung auf Schulden nicht nachkommen, ist durch Inflation. Und ich denke, das ist eine sehr signifikante Wahrscheinlichkeit, das ist genau der Grund, warum TIPS als so wertvoll angesehen werden und warum die Menschen negative Zinsen akzeptieren, weil die Leute Angst davor haben, dass die Regierung genau dies tun wird. Aber eine globale Umschuldung, die sehe ich überhaupt nicht als sehr wahrscheinlich an.
L.S.: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Herr Goldman!
Nicht nur der Goldmarkt gibt Signale ,sondern der um das fünfach kleinere Silbermarkt sollte in den nächsten zehn Jahren beachtet werden ! So billig kommt man nicht mehr an dieses begehrte Edelmetall !Gerade ist ne tolle Delle die man echt nutzen sollte wenn man es nicht so dicke hat (da zählt jeder €uro). Aber es wird sich auszahlen wenn die Papiergeldflut sich die Bahn bricht !
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[…] hinaus steht hier ein Exklusiv-Interview mit David P. Goldman auf LarsSchall.com parat, “Gold gibt einem extrem […]