Das Strafregime, das über Zypern verhängt wurde, ist ein Taschenspielertrick, der sich gegen jeden wendet, der an dieser schmutzigen Geschichte beteiligt ist – gegen das zypriotische Volk, gegen das deutsche Volk, gegen Sparer und Gläubiger. Sie alle werden getäuscht.
Von Ambrose Evans-Pritchard, Übersetzung Lars Schall
Der nachfolgende Artikel erschien im englischen Original auf der Website des Daily Telegraph. Die exklusive Übersetzung für LarsSchall.com wurde von Ambrose Evans-Pritchard ausdrücklich und persönlich genehmigt.
Ambrose Evans-Pritchard, geboren 1957, berichtet seit über 30 Jahren über Weltpolitik, Wirtschaft und Finanzen aus Europa, den USA und Lateinamerika. Er kam 1991 zum Daily Telegraph, wo er zunächst Korrespondent in Washington und dann (von 1999 bis 2004) Europakorrespondent in Brüssel war. Heute ist er International Business Editor der Zeitung in London. Vor seinem Engagement beim Daily Telegraph arbeitete er unter anderem beim The Economist. Er studierte am Malvern College, am Trinity College, an der Cambridge University und La Sorbonne.
Zusätzlich zum nachfolgenden Beitrag findet sich auf LarsSchall.com ein Exklusiv-Interview mit Ambrose Evans-Pritchard, “Europe and America will not allow deflation to take root”.
Zypern hat den Mythos getötet, die EWU sei gutartig
von Ambrose Evans-Pritchard
Es ist keine Rettungsaktion. Es gibt keinen Schuldenerlass für den Staat Zypern. Das Diktat wird die Schuldenquote der Insel in kurzer Zeit auf 120 Prozent drücken, mit einem hohen Risiko einer wirtschaftlichen Todesspirale à la Grecque.
Kapitalverkehrskontrollen haben die monetäre Einheit der europäischen Währungsunion erschüttert. Ein zypriotischer Euro ist nicht mehr länger ein Kern-Euro. Wir warten darauf, die ersten Geschichten von Geschäften in ganz Europa zu hören, die sich weigern, Euro-Banknoten aus Zypern zu akzeptieren, die mit einem G in der Seriennummer markiert sind.
Das an die Kandare nehmen ist drakonisch. Es wird eine erzwungene Prolongation der Schulden geben. Schecks werden nicht eingelöst werden. Der grundlegende grenzüberschreitende Handel ist stark eingeschränkt. Die Kreditkartennutzung im Ausland wird auf 5000 Euro pro Monat begrenzt werden. „Wir fragen uns, wie solche Kapitalverkehrskontrollen letztlich ohne eine offensichtliche Heilung des zugrunde liegenden Problems erhoben werden konnten“, sagte Credit Suisse.
Die Komplizenschaft der EU-Autoritäten im ursprünglichen Plan, um versicherte Bankspareinlagen zu verletzen – was nur durch die Revolte des zyprischen Parlaments gestoppt wurde –, lässt den Verdacht aufkommen, dass sie jedermanns Geld stehlen werden, wenn die Staats-und Regierungschefs der Gläubigerstaaten denken, dass dies zu tun in ihrem unmittelbaren Interesse ist. Die Währungsunion ist zu einer Gefahr fürs Eigentum geworden.
Man kann über die Denunziationen des Eurogruppen-Chefs Jeroen Dijsselbloem nur lächeln, dem es entfuhr, dass das zypriotische Paket eine Vorlage für zukünftige EWU-Rettungen sei, mit weiteren Haircuts für „nichtversicherte Depotinhaber.“
Das ist nicht das Skript. Zypern soll angeblich ein besonderer Fall sein. Doch die „Dijssel-Bombe“ bestätigt lediglich, dass die Gläubiger-Mächte – die Menschen, die die EWU derzeit beherrschen – eine solche Politik über den Rest des Club Med verhängen werden, wenn es hart auf hart kommt. Zur gleichen Zeit lügt der deutsche Block seine eigene Bevölkerung über die wirklichen Kosten der Euro-Zusammenhaltung an. Das Abkommen gibt vor, die Steuerzahler der EWU-Gläubigerstaaten vor künftigen Verlusten zu schützen. Durch die Beschlagnahme von 5.8 Milliarden Euro von Sparkonten hat sich die Schlagzeilen-Zahl der EU-IWF-Troika-Rettung auf 10 Milliarden Euro reduziert.
Das sind Taschenspielertricks. Sie haben einfach die Kosten der neuen Kreditlinie für Zypern auf die Europäische Zentralbank übertragen. Die EZB wird den Zeitlupen-Bankrun in Zypern mit ihrer Notfall-Liquiditätshilfe (Emergency Liquidity Assistance, ELA) ausgleichen müssen, und dies wird nach dem, was in den letzten zwei Wochen geschehen ist, wahrscheinlich ein großes Stück der verbleibenden 68 Milliarden Euro in den Konten sein.
Viel davon wird auf der Bilanz der Bundesbank und ihren Kollegen durch den Target2-Zahlungsnexus der EZB auftauchen. Das Geld wird aus Zypern heraussickern, es sei denn, die Troika versucht, die Insel mit Stacheldraht zu umgeben.
„Dadurch, dass sie 5.8 Milliarden Euro an Bailout-Geld sparen, dürften die anderen Euro-Länder wahrscheinlich am Haken von vier bis fünf Mal so viel an Eventualverbindlichkeiten zappeln. Aber natürlich stellt das erstere echtes Geld dar, das den Politikern Kopfschmerzen bereitet; das letztere ist das Zentralbanken-Monopol-Geld „, sagte Marchel Alexandrowitsch von Jefferies.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird alles vor den Wahlen im September tun, um die wahren Kosten des EWU-Projekts zu verschleiern. Es ist seit August 2012 klar, dass sie bereit ist, die EZB Rettungsaktionen durch die Hintertür als das kleinere Übel durchführen zu lassen. Ein solches Vorgehen ist unsichtbar für die deutsche Öffentlichkeit. Es bedarf keiner Abstimmung im Bundestag. Es umgeht Demokratie.
Frau Merkel kommt damit durch, sofern Zypern die EWU nicht verlässt und ob der Bundesbank-Target2-Forderungen nicht zahlungsunfähig wird, doch das könnte gut passieren.
„Ich wäre nicht überrascht, einen 20-prozentigen Rückgang des realen BIP zu sehen“, sagte Nobelpreis-Ökonom Paul Krugman. „Zypern sollte den Euro verlassen. Ein Verbleib bedeutet eine unglaublich schwere Depression.“
„Niemand weiß, was passieren wird. Die Wirtschaft könnte in einen freien Fall übergehen“, sagte Dimitris Drakopoulos von Nomura.
Das Land hat gerade seine Kern-Industrie verloren, ein Bankensystem mit einem Vermögen, das acht Mal größer als das BIP ist, und es hat wenig, sie zu ersetzen. Zypern kann nicht darauf hoffen, sich seinen Weg zurück zur Rentabilität mit einem Tourismus-Boom zu bahnen, weil die EWU-Mitgliedschaft dies erschreckend teuer gemacht hat. Die Türkei, Kroatien oder Ägypten sind allesamt viel billiger. Das verarbeitende Gewerbe beträgt nur 7 Prozent am BIP. Der IWF sagt, der Arbeitskosten-Index ist seit den späten 1990er Jahren sogar schneller als in Griechenland, Spanien oder Italien gestiegen.
Was Island vor der Massenarbeitslosigkeit rettete, nachdem seine Banken in die Luft gingen – oder was Schweden und Finnland in den frühen 1990er Jahren rettete –, war eine Abwertung der Währung, die die Industrien von den Toten zurückbrachte. Islands Krone fiel niedrig genug, um es lohnend zu machen, in Gewächshäusern in der Nähe des Polarkreises Tomaten für den Verkauf anzubauen.
Wenn Zypern versuchen sollte, die Wettbewerbsfähigkeit mit einer „internen Abwertung“ zurückzuerlangen, wird die Arbeitslosigkeit auf griechisches Niveau (27 Prozent) hocheilen und zu einer so schnellen Wirtschaftsschrumpfung führen, dass die Schuldenquote explodieren wird.
Christine Lagarde vom IWF hat dem Troika-Deal ihren Segen gegeben, indem sie behauptet, dass das Paket Zyperns Gesundheit voll wiederherstellen werde, mit einer öffentlichen Verschuldung von unter 100 Prozent des BIP bis 2020.
Doch der IWF hat diese Scharade bereits in Griechenland durchgezogen, und Lagardes eigene Mitarbeiter diskreditierten die Doktrin hinter den EWU-Krisenmaßnahmen. Es hat sich gezeigt, dass der „fiskalische Multiplikator“ für den Club Med-Block dreimal höher als angenommen ist. Austerität ist über die therapeutische Dosis hinaus selbstzerstörerisch.
Einige in Nikosia klammern sich an der Hoffnung fest, dass Zypern als Finanz-Durchgangstor für Russen und Kasachen weitermachen könnte, als ob nichts passiert sei. RBS sagt, die Russen werden den Rest des übrigen Gelds aus Zypern abziehen, „sobald die Kapitalverkehrskontrollen aufgehoben werden.“
Die Bereitschaft der zyprischen Behörden letzte Woche, Geld von jedermann in einer Bank in Zypern zu beschlagnahmen – selbst in gesunden Banken -, war ein Akt staatlichen Wahnsinns. Wir werden im Laufe der Zeit herausfinden, ob dieser epische Schnitzer das Vertrauen in das Land als Finanzplatz zerstört hat oder ob sich Teile des finanziellen und rechtlichen Dienstleistungssektors zu erholen vermögen.
Doch sicherlich gibt es keinen Weg zurück zum alten Modell, obwohl das endgültige Paket die Verluste auf die beiden Banken beschränkt, die tatsächlich in Schwierigkeiten sind. Sparer mit über 100.000 Euro bei Laiki verlieren 80 Prozent ihres Geldes, wenn sie überhaupt etwas zurückbekommen werden. Solche bei der Bank of Cyprus verlieren 40 Prozent.
Tausende von kleinen Unternehmen versuchen, gegen die Beschlagnahmung ihrer operativen Geldmittel anzugehen. Ein Zypriot erzählte mir, dass das 400,.000 Euro Handelskonto seines Vaters bei Laiki eingefroren wurde, was es für ihn unmöglich macht, eine ägyptische Firma für eine Reihe von Schuhen zu bezahlen.
Das Zypern-Debakel hat uns wieder einmal gelehrt, dass die EWU aus den Schienen geraten ist, eine Gefahr für die Stabilität darstellt und abgebaut werden sollte, bevor sie Europas Nachkriegsordnung zerstört.
Ob es einen Wendepunkt in der Krise markiert, ist eine andere Sache. Italien, Spanien, Frankreich und Portugal haben ihre eigenen Krisen, die ihrem eigenen Rhythmus folgen.
Die Auflösung wird kommen, wenn die Demokratien Südeuropas den Schluss ziehen, dass die Erholung ein falsches Versprechen ist und dass der einzige Weg, um die Massenarbeitslosigkeit zu beenden, darin besteht, sich vom widersprüchlichen Regime der EWU zu befreien.
Es wird von Italien, nicht von Zypern entschieden werden.
Sehr beeindruckende Grafiken über die Finanz- und Schulden-Welten:
Derivate:
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Globale Schulden:
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Grafik der Euro-Banken “The European Super Highway of Debt”
http://demonocracy.info/infographics/eu/debt_piigs/debt_piigs.html
oder “Who Loaned Greece the Money?”
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