Im ewig erregten Internet kursiert derzeit eine Debatte, ob auf dem neuen 5 Euro-Geldschein womöglich klitzekleine Hakenkreuze abgedruckt sind. Der Finanzjournalist Lars Schall befragte dazu den Chefdesigner des “Corpus Delicti“, Reinhold Gerstetter – welcher sich letztlich sehr bedeckt gab. UPDATE: Die EZB verlautbart, es gäbe „keine politischen Symbole irgendwelcher Art auf den Euro-Banknoten“.
Von Lars Schall
Vor ein paar Tagen stieß ich bei meinen Streifzügen durch das weltweit gespannte Informationsnetz auf eine heiß diskutierte Neuigkeit. Und zwar seien, las ich, auf der neuen 5 Euro-Note, die sich seit Mai diesen Jahres im Umlauf befindet, wohl Hakenkreuze zu sehen, so man eine bestimmte Stelle des Geldscheins extrem vergrößert betrachten würde. Genauer gesagt stieß ich auf diese Neuigkeit zuerst auf “Giza Death Star“, der Website des US-amerikanischen Buchautors Joseph P. Farrell – siehe hier.
“Richtungsstreit“
Um nachzuschauen, ob die bei Farrell zu sehende Vergrößerung tatsächlich zutraf, nahm ich einen neuen 5 Euro-Schein und eine professionelle Photographen-Lupe von Schneider Kreuznach zur Hand. An und für sich sah ich daraufhin dasselbe. Andererseits musste ich sogleich einschränkend feststellen, dass es sich in meinen Augen zwar wirklich um Swastikas handeln könnte (das uralte Symbol muss nicht mit Winkeln, Kanten und Ecken gestaltet sein, sondern kann auch rundgebogen dargestellt werden); aber die von den Nazis (und vor ihnen von der “Völkischen Bewegung“ – beispielsweise von Lanz von Liebenfels) verwendete Swastika ging in die entgegengesetzte Richtung. Sprich: nicht gen links, wie es auf dem neuen 5 Euro-Schein der Fall zu sein scheint, sondern gen rechts. (1) Wenn man sich übrigens die Geschichte des Hakenkreuzes als “Corporate Logo“ der NSDAP anschaut, trifft man in der Tat auf einen buchstäblichen “Richtungsstreit“ in den Jahren 1919/20 zwischen Friedrich Krohn und Adolf Hitler; letzterer setzte sich am Ende durch, und seither hatte die NSDAP ab Mai 1920 ein nach rechts gewinkeltes Hakenkreuz als Parteisymbol – wie im Übrigen, und das ist nicht ganz unwichtig, auch die geheimnisumwobene Thule Gesellschaft. (2)
Nicht nur ich fand diese Neuigkeit ob der kürzlich eingeführten 5 Euro-Noten interessant, sondern ebenso der Börsenreporter und Buchautor Michael Mross, der mich auf diesen Artikel hinwies.
Das “Corpus Delicti“
Um der Sache konstruktiv nachzugehen, bot es sich an, persönlich mit dem Künstler in Kontakt zu treten, der die neuen 5 Euro-Noten gestaltete: dem deutschen Grafiker und Designer Reinhold Gerstetter, der in der Vergangenheit schon des Öfteren Geldscheine entworfen hat (unter anderem die letzte Serie der DM-Banknoten). Am 29. Mai sendete ich schließlich folgende Medienanfrage an die Emailadresse von Herrn Gerstetter:
Sehr geehrter Herr Gerstetter,
mein Name ist Lars Schall, ich bin ein freier Finanzjournalist aus dem Ruhrgebiet (u.a. Asia Times Online). Ich kopiere diese Anfrage an den Börsenanalysten Michael Mross von MMNews.de. Ich habe gerade bei Ihnen daheim angerufen und bekam für diese Anfrage höflicherweise Ihre Email-Adresse mitgeteilt.
Herrn Mross und mir ist die derzeitige Diskussion über Ihre Gestaltung der neuen 5 Euro-Note aufgefallen – genauer, über die Kontroverse vermeintlicher „Hakenkreuze“/“Swastikas“ auf derselben. Diesbezüglich würde uns interessieren, wie Sie das als der Künstler sehen, der das Motiv entworfen hat? Könnten Sie erklären, was das vermeintliche „Corpus Delicti“ ist, und auch, welche Gedanken und Vorstellungen Sie generell bei der Gestaltung verfolgten?
Ein aktuelles Beispiel der Kontroverse:
http://qpress.de/2013/05/29/der-neue-5-euro-schein-mit-hakenkreuzen/
Wir würden Ihre etwaige Stellungnahme hierzu gerne veröffentlichen, um die Irritationen aus dem Wege zu räumen, soweit wir das können.
Mit besten Grüßen,
Lars Schall.
Nachdem ich dem verantwortlichen Künstler kurze Zeit später auch noch den vorläufigen Entwurf dieses Artikels zeigte, erhielt ich folgende Auskunft von ihm:
“(…)“
Falls Sie gerade eben keine Auskunft von Reinhold Gerstetter gelesen haben, so liegt es daran, dass es von ihm letzten Endes bis dato keinerlei Stellungnahme gab. Was das eventuell zu bedeuten hat, daraus machen Sie sich, verehrte Leser und Benutzer brandneuer 5 Euro-Noten, bitte Ihren eigenen Reim.
Ich hoffe, dass der Debatte damit halbwegs die richtige Richtung gewiesen ist: Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen!
Eine Presseanfrage an die Adresse der Europäischen Zentralbank befindet sich in Vorbereitung.
UPDATE vom 03. Juni 2013:
Nachdem der Artikel erschien, wurde ich von Herrn Gerstetter ermuntert, mich an die EZB zu wenden:
Sehr geehrter Herr Schall,
Thank you for your e-mail of yesterday.
Please note that there are absolutely no political symbols of any kind on the euro banknotes.
With kind regards,
EUROPEAN CENTRAL BANK
DG Communications and Language Services
Press and Information Division
Kaiserstraße 29
D-60311 Frankfurt am Main
Anmerkungen:
(1) Allerdings gibt es, so scheint’s, auch diese Rechtsum-Art der Hakenkreuz-Interpretation, die auf Anhieb zu sehen nun wirklich nicht jedermanns Sache ist. Ich sah sie jedenfalls nicht, um frank und frei zu sein.
(2) Zum Hakenkreuz und zur Thule Gesellschaft siehe auch Lars Schall: “Die üblichen Geschäfte hinter dem Gemetzel“, ein Interview mit Guido Preparata, am 5. August 2012 hier auf LarsSchall.com veröffentlicht.
Über den ganzen Shitstorm zu den „Swastika“ auf dem Fünfer wurde verdrängt, dass die Bezeichnung EURO nun auch in kyrillischen Buchstaben dort erscheint. Es wäre nett von dir, wenn du die Anfrage an die EZB dahin gehend erweitern würdest, warum nicht auch chinesische Schriftzeichen abgebildet werden. Danke
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das ‚Muster‘ nichts mit Hakenkreuzen zu tun hat, aber auch nicht zufällig so gewählt wurde. Eine solche Struktur, und zwar GENAU eine solche Struktur von Halbleitern (!) wird bei elektrischen Tattoos, die zum Auftragen auf unsere Haut gedacht sind, gewählt, denn „durch dieses Design werden zerbrechliche, anorganische Halbleiter extrem dehnbar und flexibel“ wie ein Golem-Artikel mal verkündet hat (http://www.golem.de/1108/85694.html). In folgendem Youtube-Video bei Minute 2:52 kann man es auf einem solchen Tattoo sehr gut sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=tVl-86yHjFs
Warum braucht „man“ also ein solches Design bei einer Geldnote?
http://picload.org/image/apccpwr/5_euro_swastika.png