Der schurkische Nexus der Überwachung, Politik und Banken rührt in den neuesten öffentlichen Verlautbarungen des NSA-Chefs Keith Alexander einmal mehr sein Haupt, berichtet Natasha Lennard von Salon.com.
Von Natasha Lennard, Übersetzung Lars Schall
Natasha Lennard ist eine Redakteurin bei Salon.com. Die exklusive Übersetzung des nachfolgenden Artikels, der im englischen Original hier auf Salon.com erschien, wurde von Natasha Lennard für LarsSchall.com ausdrücklich und persönlich genehmigt.
NSA will noch mehr Befugnisse … um die Wall Street zu verteidigen
von Natasha Lennard
Fühlen Sie diesen Schlag als Gnadenstoß: Die NSA hortet nicht nur, wie wir jetzt wissen, Daten über jede unserer Kommunikationen, sondern will, so lernen wir nunmehr, über größere Überwachungsschleppnetzfahndungs- und tiefere Spionagekunstmöglichkeiten verfügen, um jenen anderen großen Bösewicht der letzten Dekade zu verteidigen – Wall Street. Der Nexus aus Macht und Kontrolle, der Washington, Silicon Valley und die Wall Street verknüpft, kam fast filmisch komplett in Verlautbarungen von NSA-Chef Keith Alexander in dieser Woche gegenüber Mitgliedern der Legislative zueinander.
Zu einem früheren Zeitpunkt in diesem Jahr, nachdem bekannt geworden war, dass die NSA die Kommunikation an den brasilianische Ölkonzern Petrobras ausspioniert, veröffentlichte der Director of National Intelligence James Clapper eine Erklärung, die anmerkte:
“Es ist kein Geheimnis, dass die Geheimdienstgemeinschaft Informationen über wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten sowie der Terrorismusfinanzierung sammelt. Wir sammeln diese Informationen aus vielen wichtigen Gründen: einer ist, dass sie den Vereinigten Staaten und unseren Verbündeten frühe Warnungen zu internationalen Finanzkrisen geben könnten, die sich negativ auf die Weltwirtschaft auswirken könnten. Sie könnten auch Einblick in die Wirtschaftspolitik oder Verhaltensweisen anderer Länder geben, die die globalen Märkte beeinflussen könnten.“
Michael Degerald schrieb auf Salon zu der Zeit, dass Clappers Referenz zur Vermeidung von Finanzkrisen bestenfalls hohl klang, im schlimmsten Fall nach der US-Einzigartigkeitsheuchelei schmeckte. „Um den logischen Pfad, der durch Clappers eigene Behauptungen gelegt wurde, als hypothetische Übung zu beschreiten“, schrieb Degerald, „warum spioniert die NSA nicht die Wall Street aus? Dies könnte ihnen all die Beweise geben, die sie benötigen, um die Verantwortlichen erfolgreich strafrechtlich zu verfolgen und sich wirklich in Richtung der Stabilisierung der Wirtschaft zu bewegen. Wenn sich irgendein Teil der amerikanischen Gesellschaft oder Unternehmen als korrupt bis ins Mark gezeigt hat und somit der Überwachung bedarf, ist es die Wall Street.“
Laut Berichten von Foreign Policy in dieser Woche und den öffentlichen Äußerungen von NSA-Chef Keith Alexander am Dienstag, spioniert die NSA an der Wall Street – aber natürlich nicht, um nach Gesetzesübertretungen zu schauen, sondern eher, um sie zu schützen und zu verteidigen. Alexander sagte Parlamentsabgeordneten, dass er für seine Spionagebehörde die Fähigkeit haben will, Cyberattacken gegen US-Banken zu verhindern. In deutlichen Worten forderte Alexander erweiterte rechtliche Befugnisse zum weiteren Ausbau der NSA-Überwachungsprogramme.
Wie Shane Harris von FP anmerkte:
“Eine Analogie ziehend, wie das Militär eine heranziehende Rakete mit Radar und anderen Sensoren aufspürt, stellte sich Alexander vor, wie die NSA in der Lage sei, ‘ein Cyberpacket‘ zu erspähen, ‘das sich anschickt, die Wall Street zu zerstören.‘ In einer idealen Welt, sagte er, würde die Behörde Echtzeit-Informationen von den Banken selbst bekommen sowie aus den traditionellen Kanälen der Geheimdiensterkenntnisse der NSA, und hätte die Befugnis, in Aktion zu treten, ehe ein Cyberangriff großen Schaden anrichtet.
Die Analogie ging etwas weit.
Für den Anfänger: was ist ein ‘Cyberpacket‘? Vermutlich meinte Alexander einen ausgeklügelten Computer-Wurm oder –Virus, der entwickelt wurde, um einen Computer zu stören oder die Daten in seinem Inneren zu zerstören. (Vielleicht so wie der, den seine Behörde angeblich entwickeln half, um Zentrifugen in einer iranischen Atomanlage zu zerstören.) Aber die Vorstellung, dass ein einziges, winziges Paket die Wall Street auszulöschen könnte, ist lächerlich. Das ist so, als sagte man, dass ein Paintball einen Panzer außer Kraft setzen könne.
Könnte ein Hacker die Wall Street wirklich auf einen Cyber-Schlag ausschalten? Aktuelle und ehemalige Geheimdienstmitarbeiter haben davor gewarnt, dass ein entschlossener Gegner elektronische Daten in den Computern von Banken, Clearingstellen oder Börsen manipulieren oder löschen könnte, was das Vertrauen in das Bankensystem unterminieren und eine landesweite wirtschaftlichen Panik auslösen könnte. Der Schaden könnte schwerwiegend sein, aber vermutlich nur vorübergehend.
Alexander schien nahezulegen, dass er permanent oder langanhaltend wäre. Der General ist einer der technologisch kompetentesten Beamten der Nachrichtendienste. Sollten wir also schlussfolgern, dass die Wall Street wirklich in der Gefahr eines katastrophalen Cyberangriffs steht? Oder dass sich Alexander in ein wenig altmodischer Panikmache übt, um die Werbetrommeln zur Unterstützung seiner Politik zu rühren?“