Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 nehmen wir zur Kenntnis, dass das Mekka der Graffitiszene von New York City, das “5 Pointz Aerosol Art Center“ im Stadtteil Queens, vor dem Aus steht. Ich bedauere das persönlich sehr, da ich in den Künstlerateliers, die im “5 Pointz“ untergebracht waren, eine äußerst heitere Silvesterfeiernacht 2003/04 verbringen durfte.
Hier folgen ein paar Photos vom “5 Pointz“.
Auf Platz 9 gibt es eine Aufarbeitung der an die Öffentlichkeit gelangten Bestimmungen des “Intellectual Property Rights Chapter“ der “Trans-Pacific Partnership“ (siehe Platz 3 des Wochenrückspiegels von letzter Woche). Diese vermögen Sie sich hier anzuschauen.
Auf Platz 8 zieht’s uns auf die hohe See Britanniens hinaus, und vom Ausguck sehen wir Land in Sicht für das größte Turbinenprojekt Europas zur Gewinnung von Gezeitenenergie. Nachdem die schottische Regierung das Vorhaben genehmigte, haben mittlerweile, so sah ich bei BBC, die Arbeiten in Pentland Firth zwischen Orkney und dem schottischen Festland begonnen. Es wird geschätzt, dass die Energiegewinnung der Wellen- und Gezeitenkräfte 20 Prozent des elektrischen Bedarfs des gesamten UK abdecken könnte, wenn sie denn voll ausgeschöpft werden.
Mehr dazu finden Sie bei Interesse hier.
Auf Platz 7 werfen wir vom Ausguck einen kurzen Blick gen Fukushima, denn dort im Nordosten Japans fing nunmehr das hochriskante Unterfangen an, über 1.500 Brennstäbe in den Abklingbecken des havarierten Kernkraftwerks zu bergen. Dazu las ich zuletzt einen Artikel, der die Herausforderungen aufzeigt, die sich dadurch ergeben, dass “die Gefahren des Nichtstuns die überwiegen, dass etwas falsch läuft“.
Siehe hier.
Allerdings erzielte die Operation unterdessen bis hierhin erste Erfolge – siehe hier.
Auf Platz 6 flüchten wir vom Planeten Erde erst einmal hoch hinaus in die Weiten des Weltraums und holen uns ein Stück vom Mond. Jedenfalls wollen private Unternehmen Eigentumsrechte, wenn es darum geht, dass sie die US-Weltraumbehörde NASA bei zukünftigen Mondmissionen unterstützen. Das wirft u. a. das Problem der “Weltraum-Rechtssprechung“ auf, denn die Eigentumsrechte bezüglich des Monds sind, wie Sie sich denken können, mitnichten geregelt. Ohne eine Regelung jedoch “wird jeder Plan, den Privatsektor (an Mond- und Weltraum-Explorationen) zu beteiligen, letztlich scheitern“, warnte ein NASA-Report, der diesen Monat veröffentlicht wurde.
Falls Sie mehr dazu lesen möchten, klicken Sie bitte hier.
Auf Platz 5 bleiben wir in Weltraumgefilden, wenden wir uns aber vom Monde ab der Sonne zu. Das tun wir qua eines Interviews, das der NASA-Astrophysiker David Hathaway zum Thema der ungewöhnlich geringen Sonnenaktivität gab – genau genommen sagt Dr. Hathaway, der das NASA-Sonnenforschungszentrum am Marshall Space Flight Center in Huntsville im US-Bundesstaat Alabama leitet, dass die Sonne derzeit die geringste Aktivität “in vielleicht 200 Jahren“ aufweist.
So es Sie kümmert, was das bedeuten mag, können Sie das Interview hier nachhören.
Auf Platz 4 sind wir mit einem sehenswerten Interview mit Deutschlands Experten für organisierte Kriminalität schlechthin, Jürgen Roth, zurück auf Erden. Roth, der zu den bekanntesten investigativen Journalisten Deutschlands zählt, spricht von seinen Beobachtungen und Erfahrungen hinsichtlich der kriminellen Ökonomie in Deutschland und Europa. So sagt der gute Mann: “Wenn man über Mafia spricht, muss man logischerweise über Banken sprechen. Das ist ein Synonym im Grunde genommen.“
Die Ausführungen von Herrn Roth finden Sie hier.
Auf Platz 3 steht ein Artikel über die Gefahren für die Börsen, die von “Dark Pools“ ausgehen – womit versteckte Handelsplattformen gemeint sind, die anonyme Transaktionen großer Wertpapier-Pakete unter “dem Deckmantel der Dunkelheit“ erlauben. Dadurch leidet u. a. die Preisbildung an den Börsen und es werden höhere Kursschwankungen verursacht. Ein weiteres Problem stellen die Systematischen Internalisierer (SI) dar, “also jene Plattformen, auf denen Banken Aktienaufträge verschiedener Kunden gegeneinander ausführen. Dieses ‘Matching‘ verläuft aber offenbar nicht immer ganz reinlich, vermutet Christian Boschan, Mitglied des Vorstands der Börse Stuttgart.
‘Die Betreiber von SI führen Aktienorders oft gegen die eigenen Handelsbestände aus. Damit sind natürlich vehemente Interessenkonflikte verbunden‘, sagt der Börsen-Manager. Eine Bank, die Aktien aus dem eigenen Bestand verkauft, wird dem Kunden wohl nicht immer die besten Konditionen bieten. Boschan ist freilich, wie er freimütig einräumt, Partei: Die Börse Stuttgart steht in Konkurrenz zu den Dark Pools, die angeblich Eigennutz mit Kundenwohl verwechseln. Doch auch unabhängige Experten und IR-Chefs von Großunternehmen hegen einen ähnlichen Verdacht wie Boschan – sie möchten sich damit allerdings nicht zitieren lassen.
Für Zündstoff sorgt ebenfalls, dass an manchem Dark Pool Informationen über geplante Block Trades zum Eigenhandel der Bank durchsickern, die diese Plattform betreibt. Wissen die Händler, dass ein Investor ein bestimmtes Aktienpaket erwerben will, können sie das Papier vorab mit Aussicht auf risikolose Kursgewinne kaufen. ‘Frontrunning‘ heißt die verbotene Praxis.“
Den ganzen Artikel finden Sie hier.
Auf Platz 2 wartet auf uns ein beachtlicher Aufsatz, den Prof. Dr. Heinz-Michael Winkels, der an der Fachhochschule Dortmund Datenverarbeitung und Logistik.unterrichtet, zur NSA-Abhöraffäre geschrieben hat. Dabei handele es sich im Kern um einen deutschen Regierungsskandal, der gekennzeichnet sei von Heuchelei und dem Buhlen nach “‘Liebe und Anerkennung‘ (sprich Five Eyes-Zugang) bei unseren Alliierten“.
Mehr dazu hier.
Und auf Platz 1 blicken wir auf die geopolitisch für mich interessanteste Nachricht der Woche. Wie Reuters am 21. November berichtete, könnte die Terminbörse in Shanghai alsbald dazu übergehen, Erdöl-Terminkontrakte in Yuan einzupreisen. Derzeit laufen dahingehende Vorbereitungen, um sich die Regulierungsgenehmigungen einzuholen. “China, das die Vereinigten Staaten als weltgrößter Erdölimporteur im September überholte, hofft, dass der Kontrakt in Asien zu einer Benchmark wird.“ Der Vorsitzende der Terminbörse in Shanghai, Yang Maijun, betonte: “China ist das einzige Land in der Welt, das ein wichtiger Rohöl-Produzent, -Konsument und ein großer Importeur ist. Es hat alle notwendigen Bedingungen, um einen erfolgreichen Rohöl-Terminkontrakt zu etablieren.“
Reuters zufolge sagten “Industrie-Teilnehmer mit direkter Kenntnis von dem Plan”, dass der Kontrakt in Yuan und US-Dollar eingepreist werde. Ob das Einpreisen in Yuan nur für chinesische Investoren gälte, darüber wollte sich Yang nicht äußern. Dafür sagte Chan Bo, ein leitender Manager bei der chinesischen Handelsfirma Unipec, gegenüber Reuters: „Der Yuan ist internationaler geworden und wird von der Finanzmarkt mehr anerkannt. Ich glaube nicht, dass es für die Welt inakzeptabel wäre, den Renminbi für den Rohstoffhandel zu nutzen.“
Mit der endgültigen Zustimmung Pekings, den Kontrakt anbieten zu dürfen, wird in Bälde gerechnet. Dafür spräche, so Reuters, dass “die Börse eine internationale Energiehandelsplattform in der Shanghaier Freihandelszone eingerichtet hat, die als Testgelände für Chinas Finanzreformen angepriesen wird, vor allem hinsichtlich auf die Yuan-Konvertibilität und Zinssätze.“
Die Reuters-Geschichte finden Sie hier.
Der ehemalige Staatssekretär des US-Finanzministeriums Paul Craig Roberts kommentiert den Vorgang auf seiner Website wie folgt:
“Das obendrauf auf der wachsenden Meidung des Dollar um Handelsungleichgewichte zu begleichen bedeutet, dass die Rolle des Dollars als Reservewährung zu Ende geht, was das Beenden des US-Finanz-Tyrannen und Finanz-Imperialisten bedeutet. Dieser Schlag für den Dollar zusätzlich zu den Schlägen durch die Auslagerung von Arbeitsplätzen und die ungedeckten Wetten im Casino, das durch die finanzielle Deregulierung geschaffen wurde, bedeutet, dass sich die US-Wirtschaft, wie wir sie kannten, dem Ende zuneigt.“
Siehe hier.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: PETER THOMAS SOUND ORCHESTRA – Bolero on the Moon Rocks.
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.