Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 starten wir mit einem monetären Vorhaben Saudi-Arabiens, Bahrains, Katars und Kuwaits. Von diesen vier Mitgliedern des Golfkooperationsrates wird erwartet, dass sie bis Ende Dezember die Einführung einer gemeinsamen Währung bekanntgeben werden, die am US-Dollar angebunden sein soll.
Mehr dazu finden Sie hier.
Auf Platz 9 nehmen wir wahr, dass China dem US-Dollar nicht so schnell den Laufpass gibt, wie es ungeduldige Beobachter immer wieder vorhersagen. China, so lesen wir in einem Artikel von Valentin Katasonov, kündigte derlei schon des Öfteren an, ohne den Worten Taten folgen zu lassen. Im Gegenteil: es erwarb immer fleißig Dollar-Reserven hinzu. Und normalerweise würde die Absicht, vom weiteren Zukauf abzusehen oder gar einen Verkauf anzustreben, nicht sonderlich lautstark kommuniziert werden. Russland habe sich beispielsweise vom Januar bis hin zum Juli 2013 von ungefähr 20 Prozent seiner US-Staatsanleihen getrennt, ohne das mit großem Tamtam zu verbinden.
Falls Sie dieses Thema näher interessiert, klicken Sie bitte hier.
Auf Platz 8 lesen wir eher Gegenteiliges zu dem auf Platz 9. Unter der Überschrift “Yet another massive nail in the dollar’s coffin“ (“Noch ein massiver Nagel im Sarg des Dollar“) erfahren wir von einem Vorvertrag / einer Absichtserklärung (“Memorandum of Understanding“), der / die zwischen den Börsen in Hong Kong und Singapur abgeschlossen wurde. “Ihre Absicht – ihre Kräfte zu bündeln, um mehr Finanzprodukte herauszubringen, die im chinesischen Renminbi lauten.“ Der Autor Simon Black gibt zu bedenken, dass Hong Kong und Singapur die beiden dominierenden Finanzzentren in Asien schlechthin sind. “Seit Jahren haben sie in Konkurrenz zueinander festgesteckt, ähnlich wie New York und London. Ihre öffentlichen Partnerschaft ist also eine sehr große Sache … das klare Ziel anzeigend, das sie vor sich haben.
Unter dem Strich sehen die Finanzmanager in Asien das Menetekel an der Wand geschrieben. Sie können sehen, dass der Dollar in einer Phase des moribunden Niedergangs begriffen ist, und es ist klar, dass der chinesische Renminbi enorme Marktanteile vom Dollar wegnehmen wird. Sie wollen ein großes Stück der Action.
Laut einem Bericht, der gestern von der Society of Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) veröffentlicht wurde, hat der Renminbi den Euro bereits überflügelt, um die Nr. 2 der am häufigsten verwendeten Währung in der Welt zu werden, wenn es um Handelsabrechnungen geht.
Derzeit hat der Renminbi einen Anteil am weltweiten Markt für Geschäftsabwicklungen von 8,6%. Zugegeben, der US-Dollar hält den Löwenanteil mit mehr als 80%.
Aber schauen Sie nur, wie schnell der Renminbi gewachsen ist: im Januar 2012 war sein Anteil am Weltmarkt bloße 1,9%. Er ist also fast um einen Faktor 5x in weniger als zwei Jahren stark angewachsen.
Mit der heutigen Einigung zwischen den Börsen von Hong Kong und Singapur wird sich das Wachstum wahrscheinlich beschleunigen.“
Simon Blacks ganzen Artikel können Sie hier nachlesen.
Auf Platz 7 verharren wir bei China. Offenbar ist man sich im Reich der Mitte völlig im Klaren darüber, dass der Goldpreis manipuliert wird, um u. a. den US-Dollar im Vergleich besser dastehen zu lassen. Das legt ein Kommentar nahe, den Zhang Jie abgab, Mitherausgeber der chinesischen Publikation “Global Finance“ und ein Berater der chinesischen Gold-Vereinigung.
Über die Gold-Leasing-Praxis sagte er:
„Durch das kontinuierliche Gold-Leasing kann das Gold auf dem Markt zirkuliert werden und Derivate produzieren, mehr und mehr Papiergold schaffend. Dies ist sehr wichtig für die Vereinigten Staaten. Das Gold-Leasing ist ein wichtiges Instrument für die Federal Reserve und andere Zentralbanken im Westen, um den Goldmarkt heimlich zu kontrollieren und zu regulieren, um Gold-Kreditderivate und globale Kredit-Konflikte zu schaffen. „
Auf Platz 6 machen wir in illegalen Drogen. Dazu schauen wir uns ein TV-Interview mit Antonio Maria Costa an, dem ehemaligen obersten Drogenbeauftragten der UN. Mit Blick auf den Drogenkrieg, der in Mexiko wütet, macht Costa auf die Drogengeldwäscheaktivitäten großer Banken aufmerksam, die von essentieller Bedeutung bei dem ganzen Geschäftsmodell sind. „Ungeachtet dessen, was in der Finanzkrise 2008 geschah – es sind gewaltige Summen an Geld, die durch die Kanäle der etablierten Banken gewaschen werden. Sie werden sich an den Fall der Wachovia-Bank erinnern, die in den USA 2010 angeklagt und für schuldig befunden wurde, über 460 Milliarden Dollar gewaschen zu haben. Citibank – das gleiche. Und vor kurzem dann die HSBC. Die angesehensten Namen der Bankenwelt sind daran beteiligt.“ Costa, der den Drogenkrieg einen “gefälschten Krieg“ nennt, spricht sich für die Entkriminalisierung von Drogen aus, um dem Problem Herr zu werden.
Das Interview, das für CNN geführt wurde, finden Sie hier.
Auf Platz 5 gehen wir dann auf den Drogen steil Outta Space. Und zwar habe ich mich diese Woche etwas schlau gemacht, was die Aktivitäten der US-Firma Planetary Resources betrifft – eine Unternehmung, die bis 2022 plant, natürliche Ressourcen auf erdnahen Asteroiden abzubauen. Mitgründer Peter Diamandis bringt vor, dass “alles, was wir auf Erden als wertvoll erachten – Metalle, Minerale, Energie, Grundbesitz, Wasser – in nahezu unerschöpflichen Quantitäten im Weltraum ist.“
Zu Planetary Resources finden Sie mehr hier, hier und hier.
Auf Platz 4 sehen wir den Plan der US-Weltraumbehörde NASA, Pflanzen auf dem Mond wachsen lassen zu wollen. Sie wird 2015 Samen säen, um zu erkunden, ob Menschen auf dem Erdtrabanten leben könnten. Die NASA sagte, dass der Test als eine Art “Kanarienvogel in der Kohlenmine“ diente.
“Pflanzen erblühen zu lassen bedarf der gleichen Zutaten für das Leben wie bei Menschen – Nahrung, Wasser und Luft – und auch psychologischen Komfort für Menschen, wie von den populären Gewächshäusern in der Antarktis und der Internationalen Raumstation demonstriert wird.
‚Wenn wir Pflanzen versenden und sie gedeihen, dann können [Menschen] es wahrscheinlich auch‘, sagt Nasa auf ihrer Website.“
Die NASA plant das Versenden der Sämlinge auf den Mond im Zuge der Mission des kommerziellen Raumschiffs Moon Express Lander, das versucht, den Lunar X-Prize-Wettbewerb von Google im Jahre 2015 zu gewinnen.
So Sie dem Interesse entgegenbringen, vermögen Sie diesem hier nachzugehen.
Auf Platz 3 geht’s wieder irdisch zu, indem wir – Potzblitz! – ausnahmsweise mal einen sachdienlichen Artikel in den „Deutschen Wirtschafts Nachrichten“ vorfinden. Der hat insofern Substanz als es beim Welt-Wechselkurs EURUSD wirklich um die Substanz der Eurozone geht. Die Wettbewerbsfähigkeit der meisten Euroländer jenseits der Eurozonengrenzen fängt allenfalls ab 1,25 USD und darunter an. Keine Maßnahme der EZB zur Verwässerung des Außenwertes des Euro kann anstinken gegen die Bilanzausweitung der amerikanischen und japanischen Zentralbanken. Selbst eine Auflösung des Chimerica-Nexus durch Ablösung des Renminbi-Kurses vom Dollar könnte daran wenig verbessern.
Gerade in dieser Situation, die ja schon lange besteht, aber anscheinend erst jetzt bei der BfG eingesickert ist, muß man die Systematik des Hankelschen Konzeptes vom Föderalen Euro dazudenken: Der Euro als eine Verrechnungseinheit wie der Ecu einst nach außen, Ankerwährung als Quasi-Goldstandard nach innen. Gerade im Hinblick auf diese Doppelfunktion lägen Stabilität und Flexibilität eines europäischen Währungsverbundes, der die Zwangsjacken des Euro sprengt und Möglichkeiten für Wachstum eröffnet.
Im engeren Verständnis erläutert Hankel den „Föderalen Euro“ (als modifizierte Rückkehr zum EWS) im Buch „Euro-Bombe“. Der Unterschied der beiden Varianten ist, ob der Euro als Umlaufwährung bleibt oder einer reinen Verrechnungseinheit weicht. Entscheidend ist aber, dass er gegenüber allen ehemaligen und neuen Währungen das Verrechnungs-maß wird, das neu festzulegen ist; und darüber hinaus, dass der Euro niemals gegenüber den Einzelwährungen abgewertet werden darf. Mit anderen Worten, eine Funktion wie Gold übernehmen kann, das ja auch seit Roosevelts monetärem Staatsstreich von 1934 mit seinem USD-Preis zur Grundlage von Bretton Woods wurde.
Den Artikel, den ich meine, finden Sie hier.
Auf Platz 2 werfen wir einen Blick gen Israel im Post-Iran-USA-Deal-Modus. Laut dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu ist der Iran darauf aus, Israel zu zerstören. Doch das ist nach Ansicht von Akbar Ganji, einem der führenden Dissidenten des Iran, “ein fälschlicher Vorwurf“. Die Realität sei vielmehr, dass der Iran gegenüber Israel keine Existenzgefährdung darstelle. Eher im Gegenteil: “Israel erwägt einen Militärschlag gegen den Iran, und es ist daher Israel, nicht der Iran, das eine Bedrohung für die Sicherheit einer souveränen Nation ist. Darüber hinaus, für den Fall eines Militärschlags, wäre Iran nicht in der Lage, eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit und die Existenz Israels zu präsentieren. …
Israels legendärer ehemaliger Verteidigungsminister Moshe Dayan sagte einmal: ‘Israel muss wie ein tollwütiger Hund sein; zu gefährlich, um ihn zu stören.‘ Netanyahu fabriziert nun eine neue Geschichte, diesmal gegen den Iran. Er warnt verärgert davor, dass der Iran ‘den Deal des Jahrhunderts‘ bekommen würde. ‘Die Iraner stolzieren sehr zufrieden in Genf herum – wie sie es auch tun sollten, denn sie haben alles bekommen und nichts bezahlt‘, sagte Netanyahu am 8. November. ‘Israel ist zu dieser Vereinbarung nicht verpflichtet, und Israel wird alles tun, was es tun muss, um sich selbst und die Sicherheit seines Volkes zu verteidigen.‘“
Der gesamte Einwurf von Ganji, “Netanyahu: Crying wolf again“, steht hier bereit.
Unterdessen warnt Yuval Diskin, der frühere Kopf von Shin Bet, dass ein Scheitern der Friedenverhandlungen mit den Palästinensern eine größere existenzielle Bedrohung darstelle als ein nuklear-bewaffneter Iran. Wie sich die Ansichten doch unterscheiden.
Mehr dazu hier.
Und auf Platz 1 sind wir zurück bei den Drogen. Nach Angaben der UN-Drogenbehörde (United Nations Office on Drugs and Crime, UNODC) gibt es in Afghanistan heuer wieder einen Rekord, so es um den Anbau von Opium geht.
„‘Der Schlafmohnanbau in Afghanistan erreicht ein ernüchterndes Rekordhoch im Jahr 2013‘, sagte das UNODC. ‘Nach der Afghanistan Opium-Untersuchung 2013 betrug der Anbau 209.000 Hektar Land, damit den früheren Rekord im Jahr 2007 von 193.000 Hektar übersteigend und eine 36 prozentige Steigerung gegenüber 2012 präsentierend.‘
Tatsächlich widmet Afghanistan nach den neuesten weltweiten Daten zum Schlafmohnanbau mehr Land für den Anbau von Schlafmohn als der ganze Rest der Welt zusammen. …
Nach den al-Qaida-Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf die Vereinigten Staaten sandten die USA Militärkräfte nach Afghanistan, um das Taliban-Regime zu stürzen und al-Qaida die Verwendung des Landes als sicheren Rückzugsort zu verwehren. In jenem Jahr hatte Afghanistan nach dem UNODC ein aufgezeichnetes Tief von 7.606 Hektar unter Schlafmohnanbau (im Jahr 2000 dagegen hatte Afghanistan 82.171 Hektar unter Anbau).
In den Jahren nach 2001 wurde die US-Truppenpräsenz in Afghanistan generell erhöht, vor allem, nachdem Präsident Barack Obama das Amt 2009 antrat und eine Truppenverstärkung startete.
Bis September 2002, ein Jahr nach den Terroranschlägen, gab es laut dem Congressional Research Service 10.400 US-Truppen in Afghanistan. Im Januar 2009, dem Monat, in dem Barack Obama zum ersten Mal ins Amt eingeführt wurde, gab es 32.800 US-Soldaten dort. Bis Dezember 2009 gab es 69.000. Und im September 2010 gab es 98.000.
Bis Oktober diesen Jahres, dem letzten Monatsbericht der NATO nach, gab es noch 60.000 US-Soldaten auf dem Boden in Afghanistan – 27.200 mehr (oder 83 Prozent mehr) als die 32.800, die da waren, als Obama sein Amt antrat.
Trotz der erheblichen langfristigen US-Truppenpräsenz in Afghanistan sind die Top-Opiumanbauregionen in Provinzen im Süden und Westen des Landes, die an den Grenzen des Iran und Pakistan liegen. Dazu gehören die Provinz Helmand, die an Pakistan grenzt; die Kandahar -Provinz, die an Pakistan grenzt; die Farah-Provinz, die an den Iran grenzt; die Nimroz-Provinz, die an den Iran und Pakistan grenzt; und die Nangarhar-Provinz, die an Pakistan grenzt.
Nach Angaben des UNODC-Berichts ‘blieb die große Mehrheit des Opiumanbaus in den Süd- und Westprovinzen des Landes, die von Aufständischen und organisierten kriminellen Netzwerken beherrscht werden.‘“
Hier ist der Artikel, den ich zu diesem Thema las, und hier kann der UNODC-Report als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: LCD Soundsystem – I Can Change.
And love is a murderer, love is a murderer,
But if she calls you tonight
Everything is all right.
Yeah, we know.
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.