Die US-amerikanische Finanzmarktexpertin Nomi Prins bestreitet, dass die Quantitative Lockerung der US Federal Reserve irgendetwas mit der Arbeitsmarktsituation in den USA zu tun habe. Stattdessen mache die Fed das, wofür sie von Beginn an da war und noch immer ist: Politik für Groß-Banken, Punkt.
Von Nomi Prins, Übersetzung Lars Schall
Der nachfolgende Artikelauszug, dessen exklusive Übersetzung für LarsSchall.com von Nomi Prins ausdrücklich und persönlich autorisiert wurde, erschien im englischen Original in voller Gänze am 6. Dezember hier.
Nomi Prins, die im US-Bundesstaat New York aufwuchs, arbeitete nach ihrem Universitätsstudium der Mathematik und Statistik für Chase Manhattan, Bear Stearns in London und als Managing Director bei Goldman Sachs an der Wall Street. Nachdem sie die Finanzbranche verließ, wurde sie eine herausragende Finanzjournalistin, die vier Bücher geschrieben hat, darunter das sehr zu empfehlende Werk “It Takes a Pillage: Behind The Bailout, Bonuses, and Back Room Deals from Washington to Wall Street”, das im September 2009 bei Wiley veröffentlicht wurde. Im Oktober 2011 erschien ihr neuestes Buch: “Black Tuesday“. Anfang 2014 wird ihr nächstes Buch veröffentlicht werden, „All the Presidents’ Bankers„.
Nomi Prins, die in Los Angeles lebt, ist Senior Fellow bei “Demos” in New York City, gab zahlreiche Interviews unter anderem auf BBC World, BBC, Russia TV, CNN, CNBC, CSPAN und Fox, und ihre Artikel erscheinen unter anderem in der New York Times, Fortune, Newsweek, The Nation, The American Prospect sowie dem Guardian in Großbritannien. Ihre Website ist zu finden unter: http://www.nomiprins.com/.
Siehe außerdem zu Nomi Prins dieses Exklusiv-Interview auf LarsSchall.com: „Wir sind in keiner Erholung”.
Der Taper-Mythos der Fed und die Großen Sechs Banken
von Nomi Prins
Es gibt einen vorherrschenden, politisch zweckmäßigen Mythos, wonach die Anleiheaufkaufprogramme der Fed irgendwie verwandt mit Jobmessen seien; als ob es eine wirtschaftliche Nabelschnur gäbe, die sich von einem Hypotheken gedeckten Wertpapier, das in den Bilanzbüchern der Fed liegt, hin zu einer menschenwürdigen Arbeit erstreckt, die im Herzen Amerikas verfügbar wird. Doch seit die Fed ihre beispiellose Null-Zins- und Multi-Billionen-Dollar-Anleiheaufkäufe-Politik begann, sind die wahren Nutznießer die Großen Sechs Banken (die mehr als $500 Milliarden an Vermögenswerten halten): JPM Chase, Bank of America, Citigroup, Wells Fargo, Goldman Sachs und Morgan Stanley.
Die Aktienkurse der Großen Sechs Banken haben den Dow-Anstieg seit 2009 um einen Faktor von mehr als 10 übertroffen. Darüber hinaus haben niedrige bis null Prozent Zinsen auf die Sparkonten der Bürger die Einleger und Renten- und Investmentfonds veranlasst, mehr Aktien zu kaufen, um die niedrigen Renditen auf Anleihen und Geldmarktinstrumente wettzumachen, damit die Börse weiter befeuernd.
„QE“ beinhaltet den Kauf von Anleihen, nicht die Schaffung von Arbeitsplätzen
Egal, wie viele Artikel und Politiker behaupten, dass die Fed Schatzanweisungen und Mortgage-Backed Securities (MBS) kauft, um a) der Wirtschaft oder b) den Arbeitslosen zu helfen, es ist nicht wahr.
Laut dem Economic Policy Institute „unterbewertet die Arbeitslosenrate die Schwäche im heutigen Arbeitsmarkt enorm.“ Stimmt, die offizielle Arbeitslosenquote („U-3“ in den Berichten des Bureau of Labor Statistics genannt) ist von einem Hoch von 10% Anfang 2009 auf 7% hinunter gekrochen. Aber das ist so, weil sich die Leute von der Jagd nach Jobs ausgeklingt haben. Die Anzahl dieser „Arbeiter“, wie sie das EPI nennt, ist mit dem Anstieg an der Börse gestiegen; das ist kein Zeichen für eine gesündere Arbeitssituation.
Wenn diese Arbeiter noch immer “Teil“ des nach Beschäftigung suchenden Publikums wären, würde die angepasste U-3-Arbeitslosenquote zwischen 10 und 11,8% seit Anfang 2009 geschwebt haben. Sie liegt derzeit bei 10,3%. In anderen Worten, sie ist immer noch verdammt hoch. Und das ist eine konservativere Schätzung der Arbeitslosigkeit als an Orten wie John Williams’ Shadowstats, der die Arbeitslosenrate auf Ebenen der Großen Depression von knapp unter 23% stehen sieht.
(Die BLS-Schätzung der U-6-Arbeitslosenquote, die Menschen miteinbezieht, die die Arbeitssuche kurz unterbrochen oder eher Teilzeitstellen statt Vollzeit-Arbeitsplätze gefunden haben, steht bei 3,2 %. Sie ist zusammen mit der offiziellen U-3-Schätzung gesunken, rechnet aber die „fehlenden“ 5,7 Millionen Beschäftigten auch nicht mit ein. Außerdem sind die langfristigen Arbeitslosenzahlen des BLS stets bei rund 4 Millionen Menschen geblieben.)
Glücklichen 100. Geburtstag, FED! (Bank für die Banker, nicht für die Leute)
Wie ich in meinem neuen Buch All the Presidents’ Bankers näher erkunde, wurde die Fed nicht im Sog der Panik von 1907 geschaffen, um den Menschen zu helfen, Arbeit zu finden. Sie wurde geschaffen, um den Bankern eine Rücklaufsperre vor den Tücken von riskanten Wetten bereitzustellen, die schief gegangen sind, und um die USA zur einer finanziellen Supermacht-Position anzutreiben, die über die Unterstützung des US-Dollar wettbewerbsfähig mit europäischen Großbanken war.
Gemäß der offiziellen Zusammenfassung im Federal Reserve Act von 1913 (der sich seinem 100. Jubiläum am 23. Dezember 2013 nähert), wurde die Federal Reserve gebildet, „um die Federal Reserve-Banken zu gründen, eine elastische Währung zu bilden, Hilfe bei der Refinanzierung von Wertpapieren zu leisten, eine wirksamere Bankenaufsicht in den Vereinigten Staaten zu schaffen, und für andere Zwecke.“
Außerdem, wenn die Fed wirklich eine Delle in der heutigen Arbeitslosigkeit bewirken wollte, hätte sie die fast $1.4 Billionen, die verwendet wurden, um MBS aufzukaufen, dafür ausgeben können, 14 Millionen Arbeitsplätze zu schaffen, die $100.000 zahlen, oder 28 Millionen Arbeitsplätze, die $50.000 zahlen, oder sie hätte die kleinen Geschäfte finanzieren können, die die großen Banken nicht unterstützen. Die Gleichsetzung von QE mit Arbeitsbeschäftigung entspricht dem unlogischen Angebot an die größten Banken, einen Abladeplatz für ihre Wertpapiere mit mittleren und geringen Gewinnaussichten bereitzustellen.
QE ist noch nicht abgeschlossen, da die Großen Sechs noch immer Müll-Hypotheken halten und es lieben, Handel zu treiben
Nach dem jüngsten Quartalstrend-Bericht der New York Fed ist das annualisierte Handelsergebnis der Großen Sechs Banken als ein Prozent der Handelsaktiva höher als vor der Krise, während das nicht-gehandelte, nicht-Zinsen erbringende Einkommen als ein Prozent der Bilanzsumme niedriger ist. Das bedeutet, dass die Banken im Vergleich zu anderen Unternehmen mehr Geld aus dem Handel nach der Krise als vor der Krise machen.
Hinzu kommt, dass die gesamten notleidenden Kredite (Non-Performing Loans) als ein Prozent der gesamten Kredite der Großen Sechs 4,75 % betragen (von einem Hoch in 2009 von 7,25%). Diese Zahl bleibt mehr als das Doppelte gegenüber dem Niveau vor der Krise, und mehr als das Doppelte gegenüber dem Rest der Branche (d. h. den kleineren Banken).
Fast 10 % der Wohnungsbaukredite der Großen Sechs Banken sind notleidend. Das unterscheidet sich nicht so sehr von den 11%-Hochs im Jahre 2009 (im Vergleich zu kleineren Banken, deren Verhältnisse 3,5% gegenüber 6% im Jahre 2009 betragen). In anderen Worten, die Großen Sechs Banken halten immer noch schlechte Hypotheken in der Nähe der Rekordebenen und in höheren Konzentrationen als kleinere Banken. Das ist es, warum die Fed ihre Anleihekäufe nicht verringert, und nicht, weil sie auf eine magische Arbeitslosenquote wartet.
QE treibt die Aktienkurse der Großen Sechs an
Seit der Finanzkrise hat die Fed eine Bilanz von $3.88 Billionen an Wertpapieren angehäuft oder die Größe ihrer Vor-Krisen-Bilanz verfünffacht. Seit Dezember 2013 besitzt die Fed $ 1.44 Billionen an MBS, viele davon wurden ihren größten Mitgliedsbanken abgekauft, jenen, die in Vergleiche und Rechtsstreitigkeiten über die Integrität ähnlicher Wertpapiere und darin enthaltenen Darlehen verstrickt sind.
Seitdem die Fed am 13. September 2012 QE3 angekündigt hatte, eine Erweiterung der Anlagenkäufe von $40 Milliarden pro Monat (oberhalb der damals vorherrschenden Grenze von $45 Milliarden), ist der Dow um 19% hochgesprungen. In der Zwischenzeit sprangen die Aktien der Großen Sechs Banken aber um durchschnittlich 53,5 % empor (JPM Chase: plus 43%, Bank of America: plus 74%, Goldman: plus 42%, Citigroup: plus 57% , Morgan Stanley: plus 77%, und Wells Fargo: plus 27%).
Seit den Tiefstständen vom März 2009 ist der Dow um 142% gestiegen. Die Aktien der Großen Sechs aber sind durchschnittlich um 1.042 % oder 10 Mal mehr als der Dow gestiegen. (JPM Chase: plus 258%, Bank of America: plus 396%, Goldman: plus 122%, Citigroup: plus 4992% – die Aktie wurde am 6. März 2009 in Pfennig-Nähe gehandelt -, Morgan Stanley: plus 80%, und Wells Fargo: plus 408%).
Ja, sie waren nahezu tot, aber man kann nicht sagen, dass die Politik der Fed der breiten Wirtschaft im Vergleich zur mega-unproportionalen Unterstützung für die Banken geholfen habe. Diese Zahlen lügen nicht. Und Hilfe von der US-Notenbank hört nicht mit einer neuen Vorsitzenden auf.
Yellen zur (Banken-) Rettung?
In ihrer Erklärung an Obama vom 9. Oktober 2013 bedankte sich Janet Yellen, „dass Sie mir diese Gelegenheit geben, auch weiterhin im Dienste der Federal Reserve tätig zu sein und ihre wichtige Arbeit im Namen des amerikanischen Volkes zu erfüllen.“
Einen Monat später sagte sie vor dem Bankenausschuss des Senats: „Es könnte teuer werden, würde man scheitern, [dem Markt] keine Gefälligkeiten zur Verfügung zu stellen“, ihre Unterstützung für die Quantitative Lockerung und Nullzinsgeldpolitik (sowie der Aktienkurse der Großen Sechs Banken) unterstreichend.
In ihrer jüngsten FOMC-Sitzungsmitteilung bekräftigte die Fed: „Der Ausschuss beschloss, auf mehr Beweise dafür zu warten, dass der Fortschritt [in der Wirtschaft] nachhaltig aufrechterhalten ist, ehe die Geschwindigkeit der Aufkäufe angepasst wird.“ Es sagt jeden Monat das gleiche, mit leicht geändertem Wortlaut. Jedes Mal, wenn der Markt ob “Taper“-Befürchtungen wackelt, springt sie zurück, denn Profis wissen, dass die Fed den Kauf von Anleihen beibehalten wird, denn das ist es, was die Großen Sechs Banken von ihr erledigt getan brauchen. Um die Zeit für eine Ankaufverringerung zu analysieren, schauen Sie sich die Bilanz des Hypothekenbestands der Banken an, nicht die Arbeitslosenquote.