Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 lasse ich zu Beginn die ehemalige Wall Street-Investmentbankerin Catherine Austin Fitts (siehe zu ihr hier und hier) diese Nachricht nahebringen:
“Südkorea hat soeben angekündigt, dass sie eine physische Goldbörse starten; dies folgt auf den Fersen von Singapur, Moskau und Thailand, die dasselbe tun, ganz zu schweigen von verschiedenen Zentralbanken, die die Rückgabe ihrer Goldbestände fordern.
Inzwischen hat die Bank von England gerade angekündigt, dass sie sich 2016 Richtung Plastikgeld bewegt, während Bitcoin fast 50% an Wert verliert, nachdem BTC China über Nacht sagte, dass es keine Einlagen mehr akzeptieren könne.
Indem die Entwicklung von digitalen Währungen, die eine detaillierte Spur für die Regierungs- und Unternehmensgeheimdienste hinterlassen, auf und ab geht, bauen wichtige Finanzzentren weltweit ein physisches Goldbörsen-Netzwerk auf.
Denken Sie darüber nach.“
Die eigentliche Meldung, “Korea Exchange Targets Gold Trade as Park Hunts Taxes“, finden Sie hier.
Apropos Bitcoin. Zu diesem Phänomen scheint sich dieser Tage ja fast ein jeder zu Worte melden zu müssen. Die einzige Wortmeldung, welche ich in dem ganzen Wust so recht erwähnenswert finde, ist die von Gonzalo Lira, der zum Ergebnis kommt, dass Bitcoin keinerlei Gefahr, sondern eine Währung darstelle, die die US-Regierung lieben lernen werde. “Ist das etwas“, fragt Lira am Ende seiner Betrachtung, “das wir als ein Volk wollen? Mehr Macht für die Regierung? Denn das ist das Versprechen von Bitcoin.“
Für die ganze Wortmeldung von Lira, “Bitcoins: A Fully-Compliant Currency The Government Can Love”, klicken Sie bitte hier.
Auf Platz 9 kommen wir zu einem Dauerbrenner in den Wochenrückspiegeln: dem Handels- und Partnerschaftsabkommen, das seit geraumer Zeit zwischen den USA und der EU hinter verschlossenen Türen ausgehandelt wird. So könnte es demnächst “zur Normalität werden“, heißt in der “ZEIT“, “dass ausländische Konzerne sich Schadensersatz in Milliardenhöhe erstreiten. Vor Gerichten, die kaum jemand kennt und die während ihrer Prozesse niemand beobachten kann. Ermöglichen könnte so etwas das transatlantische Handels- und Partnerschaftsabkommen, das gerade zwischen der EU und den USA verhandelt wird. Das soll die Zuständigkeit dieser Extragerichte auch in Europa ausbauen. ‘Da wird zweierlei Recht geschaffen‘, warnt Pia Eberhardt vom Corporate Europe Observatory, einer Nichtregierungsorganisation, die Lobbyarbeit von Firmen öffentlich macht. ‘Ein Recht für jedermann. Und ein besseres für Konzerne.‘“
Siehe mehr dazu hier.
Jemand, der sich vehement für einen transatlantischen Handelsblock ausspricht, ist übrigens Dr. Zbigniew Brzezinski, “um die chinesische Macht auszugleichen“ – wie Sie hier lesen können.
Der US-Ökonom Paul Craig Roberts sieht dagegen, wie er mir in einem Interview sagte, in der Trans-Pacific Partnership wie auch der Trans-Atlantic Partnership eher ein Mittel, „um Asien und Europa im Dollar-Unterstützungssystem gesperrt zu halten. Wenn man innerhalb dieser Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten ist, ist man im Grunde dazu verpflichtet, den Dollar zu stützen, und das ist die Funktion von ihnen.“ Siehe hier.
Schön ist auch, dass die Liberalisierung der Finanzmärkte durch das USA-EU-Abkommen TTIP weiter voranschreiten dürfte – siehe hier.
Auf Platz 8 begegnen wir dem Vorhaben Chinas, 2017 Staubproben von der Oberfläche des Mondes nehmen zu wollen, um sie zu den Menschenkindern auf die Erde zu schicken.
„‘Nach dem Erfolg der Chang’e-3-Mission wird das Mondexplorationsprogramm in die dritte Phase eintreten, deren Hauptziel es ist, unbemannte automatische Entnahmen von Proben zu erreichen und sie zurück (zur Erde) zu bringen‘, kündigte der Sprecher Wu Zhijian auf einer Pressekonferenz an, wie von Reuters zitiert. ‘Phase drei wird eine schwierige Aufgabe sein‘, sagte Wu.
Chinas Mond-Programm folgt den Fußstapfen der UdSSR und der USA, nach und nach mit jeder neuen Mission die Aufgabe erschwerend.
Die Chang’e-1-Mission (Chang’e ist der Name einer Mondgöttin in der chinesischen Mythologie) im Jahre 2007 setze einen Satelliten in die Mondumlaufbahn aus, der dort 16 Monate arbeitete und eine hochauflösende 3D-Abbildung von der Mondoberfläche machte. Die Chang’e-2-Mission im Jahre 2010 machten Fotos von Bereichen, die für die nächste Landungsmission von potentiellem Interesse sind. …
Die Chang’e-4-Mission wird ein Zwischenspiel sein, um technologische Ideen für die folgenden Chang’e-5- und Chang’e-6-Probensammelmissionen auszutesten. …
Diese Konsistenz von Chinas Raumfahrtprogramm macht deutlich, dass Peking nicht beabsichtigt, hinter die Weltmächte in der Weltraumforschung zu fallen.
Der chinesische Präsident setzte eine Priorität auf die Entwicklung des Weltraumprogramms des Landes und forderte die Etablierung Chinas als Weltraummacht.
‘Unser Mondexplorationsprogramm ist ein Technologie-Programm für die friedliche Nutzung des Weltraums, als auch ein offenes Programm‘, betonte der Sprecher Wu Zhijian, der darauf verzichtete, zu enthüllten, ob und wann China plane, Astronauten auf den Mond zu schicken.
Chinas Mond-Ambitionen über die Chang’e-5- und Chang’e-6-Probensammel-Missionen hinaus müssen noch bekannt gegeben werden, sagte er.“
Der Artikel, dem ich diese Informationen entnahm, steht hier auf “Russia Today“ parat. Und weitere interessante Space-News sehen / hören Sie, wenn Sie denn möchten, hier von Dr. Joseph P. Farrell dargebracht.
Auf Platz 7 wagen wir via “Vanity Fair“ einen Blick auf die Architektur von Gebäuden, die sich Unternehmen wie Apple, Google und Facebook leisten. Immerhin könnte das einiges über die Kultur aussagen, die bei diesen Unternehmen vorherrscht. Diese Untersuchung nimmt der versierte Architektur-Kritiker Paul Goldberger vor – und zwar hier.
Auf Platz 6 sehen wir sodann, dass für eine “Säuberung“ der Vatikan-Bank “mehr Ressourcen“ und “erfahrene Profis“ vonnöten sind. Ferner lässt die Arbeit innerhalb des Vatikans selber zu wünschen übrig, während immer mehr Berichte von “verdächtigen Transaktionen“ zutage treten.
Mehr zu diesem Thema gibt es hier.
Auf Platz 5 zeigt uns Raul Rojas anhand eines jüngst entdeckten Briefes von Konrad Zuse ein wenig den “Zeitgeist der Wirtschaftskrise“ auf. In dem Anfang 1932 geschriebenen Brief geht Zuse, der 1941 den ersten funktionstüchtigen Computerrechner der Welt bauen sollte, “auf drei Autoren ein: Henry Ford, Silvio Gesell und Oswald Spengler. Alle drei haben den jungen Zuse beeindruckt. Henry Ford mit seiner Autobiographie und das von ihm herausgegebene antisemitische Buch ‘Der internationale Jude‘, Silvio Gesell mit seinem Vorschlag eines ‘Schwundgeldes‘ und Oswald Spengler mit seinem grandiosen Entwurf einer Geschichtsphilosophie.“
Den Brief von Zuse finden Sie hier reproduziert.
Auf Platz 4 lesen wir von Russlands Bestreben, für das kommende Jahr einen Plan zu erarbeiten, der vorsieht, dass ein Interkontinental-Raketen-System entwickelt wird, das sich auf mobile Schienenfahrzeuge stützt. Der Kommandeur der strategischen Raketentruppen Russlands, Generalleutnant Sergej Karakajew, sagte dazu: „Ein Bericht des Verteidigungsministeriums ist an den Präsidenten eingereicht worden und es wurde der Auftrag gegeben, einen vorläufigen Entwurf eines Schienenraketensystems zu entwickeln.“
Die russische Nachrichtenagentur “RiaNovosti“ berichtet, dass dieser “Eisenbahnschienen-Waffenplan“ dem Anschein nach “eine Reaktion auf ein US-Programm“ sei, welches als Prompt Global Strike bekannt wäre. “Die Vereinigten Staaten sagen, das Programm würde die verfügbaren Optionen bei der Reaktion auf Bedrohungen mit hoher Priorität auf der ganzen Welt steigern.“ Laut “RiaNovosti“ nannte der “stellvertretende Ministerpräsident Dimitri Rogosin, der die Verteidigungsindustrie beaufsichtigt, das Programm vor einer Woche ‘die wichtigste neue Strategie, die von den Vereinigten Staaten heute entwickelt wird‘, und warnte, dass amerikanische Führer ‘bedenken müssen, dass wir, wenn wir angegriffen werden, unter bestimmten Umständen natürlich mit Atomwaffen reagieren werden.‘“
Den “RiaNovosti“-Artikel gibt es hier auf die Augen.
Auf Platz 3 stolpern wir wieder einmal über die Tatsache, dass die US National Security Agency das Sammeln von Telekommunikationsdaten mit den 9/11-Terroranschlägen begründet. 9/11-Forscher Paul Schreyer findet “(a)n dieser Behauptung … jedoch mehreres fragwürdig“. Was das in Schreyers Sicht im Einzelnen ist, können Sie hier ausfindig machen.
Unterdessen macht sich James Woolsey, der ehemalige Chef der CIA, dafür stark, dass der NSA-Whistelbower Edward Snowden wegen Hochverrats angeklagt wird – und sollte er daraufhin verurteilt werden, möge er doch bitte „an seinem Hals aufgehängt werden, bis er tot ist.“ Siehe hier.
Außerdem scheint sich die NSA in der Manipulation von Bankkonten und des Finanzsystems zu betätigen – siehe dazu hier.
Und dann gäbe es hier noch eine knapp 45-minütige Film-Dokumentation von Al Jazeera zur NSA, die ich mir auf Youtube anschaute.
Auf Platz 2 nehmen wir zur Kenntnis, dass es laut dem US-Energieministerium “weniger denn eine Stunde braucht“, um ein bestimmtes Algen-Wasser-Gemisch so zu konvertieren, dass Flugzeuge und Automobile davon als Kraftstoff angetrieben werden können.
“Die Schmiere enthält vom Gewicht her etwa 10 bis 20 Prozent Algen. Der Rest ist Wasser. Diese Mischung wird in einen High-Tech-Schnellkochtopf geleitet, wo die Temperaturen sich um 660 Grad Celsius bewegen und ein Druck von 3.000 Pfund pro Quadratzoll herrscht, um die Mischung in einem flüssigen Zustand zu halten.
Innerhalb des Kochers sind ‘einige Technik-Tricks, die andere Leute nicht haben‘, die dabei helfen, Pflanzenöle und andere Mineralien wie Phosphor aus dem Wasser zu trennen, erklärte Douglas Elliott vom Pacific Northwest National Laboratory in Richland, Washington gegenüber NBC News.
Eine Stunde, nachdem es in den Kocher gegossen wurde, trennt die Schwerkraft das Rohöl aus dem Wasser, indem es am anderen Ende austritt. „Wir können das Bio-Rohöl reinigen und es zu flüssigen Kohlenwasserstoffen machen, die dazu dienen könnten, Benzin, Diesel und Jet-Brennstoffe, die wir jetzt aus Erdöl machen, zu ersetzen‘, fügte er hinzu.
Mehr noch, ein weiterer Wasser-Verarbeitungsschritt birgt Methan – im Wesentlichen Erdgas – aus dem übrig gebliebenen Pflanzenmaterial. Das restliche Stickstoff-reiche Wasser und geborgene Phosphor können recycelt werden, um mehr Algen wachsen zu lassen.
Elliott und Kollegen beschreiben den Prozess in einem Papier, das für die Veröffentlichung im Journal Algal Research angenommen wurde. Das in Utah ansässige Biokraftstoffe-Unternehmen Genifuel Corp hat die Technologie lizenziert und arbeitet mit einem Industriepartner daran, eine Pilotanlage zu bauen.“
Bei Interesse können Sie zu dieser Entwicklung hier noch mehr nachlesen. (So recht überraschen tut mich die besagte Entwicklung gleichwohl nicht, da mir als DARPA-Interessiertem bereits vor drei Jahren diese Nachricht hier zu Augen kam.)
Und auf Platz 1 will ich last but not least darauf hinweisen, dass dieser Tage der neue “Thunder Road Report“ von Top-Finanzanalyst Paul Mylchreest veröffentlicht wurde, “The New New Great Game: Geography, Energy, the Dollar and Gold“. Schauen wir ein wenig in den Report hinein.
Im Zentrum steht Halford Mackinders Theorie vom eurasischen “Herzland“, welches für den, der es unter seine Kontrolle bringt, immense Vorteile birgt. Mylchreest wendet Mackinders Theorie in seinem Report als Hintergrund für seine Interpretation der geopolitischen Konfrontation zwischen den USA und China (im Tandem mit Russland) an. Besonderes Augenmerk legt Mylchreest bei dem “New New Great Game“ (NNGG) auf einen geographischen Schwerpunkt im Süd- und Ost-Chinesischen Meer und auf den monetären Schwerpunkt des US-Dollar-Systems. Mylchreest schreibt u. a. in seiner Einleitung:
“Die aufstrebenden Mächte China und Russland nehmen aggressivere geopolitische Taktiken gegen US / EU / NATO / japanische Interessen an. Je mehr ‘taubenmäßiger‘ die US-Politik gegenüber dem Iran nach dem jüngsten Atomabkommen ist, desto mehr droht die Destabilisierung des jahrzehntelangen Status quo in den diplomatische Beziehungen mit Israel und Saudi-Arabien.
Fast jeder Aspekt der eskalierenden geopolitischen Spannungen hat ein Energieelement, entweder direkt oder indirekt. Von einer Mackinder-Perspektive her betrachtet ist der strategische Wert des Energiesektor immens. Es stellt sich die Frage, ob der Aktienmarkt Energie-Vermögenswerte nach fünf Jahren der Minderleistung preislich zu tief bewertet, einschließlich jene zutiefst aus der Gunst gefallenen integrierten Öl – und Gasvorräte? Aus unserer Sicht ist das wahrscheinlich.
Wir glauben, dass die Bedeutung des monetären Schwerpunkts im NNGG unterschätzt wird, da China die Vorbereitungen beschleunigt, um die Rolle des Dollars im Welthandel zu untergraben. Der andere Aspekt von Chinas Strategie ist die Diversifikation in ‘harte Vermögenswerte‘, und soweit wir das beurteilen können, versucht China, den Markt für physisches Gold ‘in die Enge zu treiben‘. Seine strategische Bedeutung geht bei den meisten westlichen Investoren verloren. Wir präsentieren einige Einblicke in den heutigen Goldmarkt, die westliche Investoren schockieren könnten – Ähnlichkeiten mit dem Vorfeld der großen Tiefs des Goldpreises vor mehr als einem Jahrzehnt –, und Chinas Verständnis der modernen Goldmarkt-Mechaniken.
Die Bedrohungen für die bestehende US-zentrische Ordnung sind erheblich und der geopolitische Sand verschiebt sich. Die USA werden reagieren und sie haben die größte Wirtschaft und das größte Militär (mit riesigem Hochsee-Marine-Vorteil), die mächtigsten Investmentbanken und tiefsten Finanzmärkte und signifikanten (wenn auch sinkenden) politischen / diplomatischen Einfluss. In Bezug auf Box-Metaphern fragen wir uns, ob Ali gegen Foreman in Kinshasa 1974 (KO in der achten Runde) oder Leonard gegen Hagler im Caesars Palace 1987 (Punktsieg, bei dem der Streit, wer tatsächlich gewonnen hat, weitergeht) die Parallele sein wird.“
Da Paul Mylchreest ein absoluter Meister seines Fachs ist, der es nicht darauf anlegt, anderer Leute Zeit mit Schwachsinn zu verplempern, möchte ich Ihnen den Report wärmstens zum Weiterlesen empfehlen. Sie können ihn hier auf LarsSchall.com als PDF-Datei herunterladen.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: Dag Wirèn – Serenade For String Orchestra, Op. 11.
Und da Weihnachten vor der Tür steht, gibt’s noch eine kleine Gabe oben druff: “DAVE“ – eine filmische Hommage von Wim Reygaert an den Thin White Duke, David Bowie.
They got a message from the Action Man:
“I’m happy, hope you’re happy, too…”
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.
Zum Jahresabschluss einmal mehr ein wunderbarer Qualitäts-Potpourri aus Hintergründigem, zu Ergründendem, bisweilen Unbekanntem; dekoriert mit einer Prise good old school entertainment.
Stoff für mehr als einen Tag; die Zeit hab ich glücklicherweise…
Herzlichen Dank Lars Schall für die Bereicherung meines Lebens!
HB