Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 pfeifen es mittlerweile die Spatzen von den Dächern, dass es dem Schattenbanken-System in China schlecht geht. So schreibt Claus-Peter Sesin:

“Die Akteure im Schattenbankensystem – regionale Banken, Fonds, private Geldverleiher und sonstige Investoren – refinanzieren sich wie normale Banken hauptsächlich am chinesischen Interbankenmarkt. Je mehr Zinsen sie dort zahlen müssen, desto weniger Gewinn werfen ihre halblegalen Verleih-Aktivitäten ab. Die von der PBoC verordneten Liquiditätsengpässe führten wunschgemäß dazu, dass sich die Zinsen am chinesischen Interbankenmarkt verteuerten – teils deutlich.

Ab Sommer 2013 entwickelte sich jedoch eine unangenehme Eigendynamik. Im Juli und später noch einmal im Dezember schossen die Zinsen an Chinas Interbankenmarkt auf über zehn Prozent hoch. Dies ist ein Indiz, dass die chinesischen Banken einander nicht mehr trauen. Sie haben Angst, ihre an andere Banken ausgeliehenen Gelder nicht mehr zurück zu erhalten.

Um eine unkontrollierbare Panik zu vermeiden, flutete die chinesische Zentralbank den Markt im Juli und im Dezember mit Milliardenspritzen. Marktbeobachter sehen darin – zumindest bislang – einen Sieg der Schattenbanker: In akuten Notlagen sind Chinas Zentralbanker offenbar nach wie vor zu einem Bailout bereit, um Schlimmeres zu verhindern.

Dennoch bleiben die sprunghaft angestiegenen chinesischen Kurzfristrenditen ein Alarmsignal. US-Großspekulant George Soros sagte Anfang Januar, dass die angespannte Lage an Chinas Interbankenmarkt eine ‘fatale Ähnlichkeit‘ zur Geldklemme aufweise, die ab Sommer 2007 in USA aufkam und in deren Gefolge 2008 viele Banken – darunter Lehman – pleite gingen.“

Und Yiyuan Zhou berichtet über die Geldklemme in China, dass der bekannte chinesische Immobilienexperte Niu Dao in seinem neuesten Blog-Beitrag schreibt: “‘Die Krise auf Chinas Kapitalmarkt ist viel schlimmer, als bisher angenommen‘. … In den Bereichen Börse, Immobilienmarkt und Wechselkurs des Renminbi (Yuan) werde der Finanzmarkt bald zusammenbrechen, prophezeite Niu – und gab Einschätzungen ab, wie das Szenario aussehen könnte.“

Mehr zum Thema lesen Sie hier, hier und hier.

Darüber hinaus machten sich auch rund zweieinhalbtausend Topmanager, Spitzenpolitiker und Starökonomen aus rund hundert Ländern in Davos beim alljährlich stattfindenden Weltwirtschaftsforum so ihre Gedanken zur “Black Box der Weltpolitik“ – wie hier nachzulesen ist.

Auf Platz 9 bleiben wir bei China, und dies kraft einer Studie, die den Export von Luftverschmutzung durch Outsourcing der Industrieproduktion nach China berechnet. In der besagten Studie, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde, werden “die Ausmaße der aus China stammenden Luftverschmutzung durch Smog und Ruß in den USA quantifiziert.“ Dabei wird der “Einfluss der von der chinesischen Exportindustrie produzierten Emissionen auf die globale Atmosphäre berechnet … so dass auch deutlich wird, wie stark das Outsourcing der Herstellung insbesondere von Konsumgütern und Produkten wie Fernseher oder Handys nach China nicht nur die Menschen dort gesundheitlich schädigt, sondern der Import dieser Güter in die USA oder Europa auch mit dem Export der Luftverschmutzung verbunden ist. Die chinesischen Exporte sind zwischen 2000 und 2007 um 390 Prozent angewachsen. Die von der billigen Produktion von Gütern ausgehende Umweltverschmutzung (emissions embodied in export – EEE) holt auch die Länder ein, die damit erst einmal die lokale Umwelt- und Luftbelastung sowie die klimabelastenden CO2-Emissionen verringern konnten. …

2006 waren 36 Prozent der industriellen Emissionen an Schwefeldioxid, 27 Prozent der Stickstoffoxide, 22 Prozent des Kohlenmonoxids und 17 Prozent des Rußes in China mit der Produktion von Exportgütern verbunden. Etwa ein Fünftel dieser Emissionen gehen auf den Export von Gütern in die USA zurück. Nach den Berechnungen trug 2006 die mit dem Export verbundene Luftverschmutzung 3-10 Prozent der jährlichen Schwefelkontamination und 0,5-1,5 Prozent des Ozons im Westen der USA bei. Wenn man die dem Handel mit China verbundenen Emissionen (Stickoxide, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid) den USA zurechnet, würden deren Emissionen um 6-19 Prozent höher sein. …

Alle Emissionen gefährden die Gesundheit der Menschen in China und anderswo, aber man kann die Schuld nicht China und seiner Industrie alleine anlasten, so die Autoren, weil sie zu einem guten Teil durch die Herstellung von Gütern entstehen, die von den Menschen in den USA oder anderswo gekauft werden. Das ist zwar lange bekannt und führt auch immer wieder zu Diskussionen etwa bei den Klimaverhandlungen, da sinkende oder geringer ansteigende CO2-Emissionen in Europa oder den USA auch durch das Outsourcing in das Billigindustrieland China verursacht werden. Sowohl bei der Reduktion der CO2-Emissionen als auch bei internationalen Abkommen zur Verbesserung der Luft müsste das berücksichtigt werden, sagen die Autoren, da es einseitig sei, die Emissionen nur der Produktion und nicht auch dem Konsum von Gütern zuzuschreiben.“

Für mehr Informationen dazu klicken Sie hier.

Auf Platz 8 berichten Roland Berger Strategy Consultants, dass Engpässe bei der Ölversorgung des Globus nicht zu erwarten stehen. „Weil immer mehr Ölvorkommen durch immer bessere Fördertechnologien erschlossen werden können, erhöhen sich jedes Jahr die zugänglichen Gesamtreserven“, sagt Walter Pfeiffer, Partner bei Roland Berger. Ferner hieß es:

“Das Thema der politischen Stabilität in Förderländern bleibt zwar auf der Agenda, politische Krisen in einzelnen Staaten werden sich jedoch nicht wesentlich auf die Zukunft der Ölversorgung auswirken, meinen die Roland Berger-Experten. Grund: Das Angebot wird zunehmend diversifiziert, da mit der Förderung von Erdöl aus unkonventionellen Quellen zum einen die Zahl der erdölliefernden Länder wächst und zum anderen vor allem solche Nationen den Ausbau des Öl-Angebots vorantreiben, die nicht Mitglied der OPEC sind.“

Gleichwohl: “der Ölpreis wird in den kommenden Jahren voraussichtlich die Marke von 70 US-Dollar pro Barrel allenfalls kurzfristig unterschreiten.“

Sollte Sie das interessieren, so klicken Sie denn hier.

Auf Platz 7 befassen wir uns kurz mit “Obamas Kriegslüge“ – beziehungsweise mit einem Bericht von Richard Lloyd, einem früheren UN-Waffeninspekteur, und Theodore Postol, einem Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), die unter dem Titel “Mögliche Auswirkungen falscher technischer US-Aufklärung“ über den Chemiewaffenangriff im syrischen Ghuta bei Damaskus im August 2013 zum Schluss gelangen: “Die Giftgasmunition konnte nicht aus den Gebieten, die von syrischen Regierungstruppen kontrolliert wurden, abgefeuert worden sein.“

Wie die beiden Autoren zu diesem Ergebnis gelangten, dazu siehe hier.

Auf Platz 6 gibt es ein Video und einen Artikel zu einem der erstaunlichsten Historiker des 20. Jahrhunderts, Carroll Quigley, und seinem Opus Magnum „Tragedy and Hope“ (für die deutsche Teil-Übersetzung siehe hier).

Eine Auseinandersetzung mit Carroll Quigley (1910 – 1977) ist äußerst lohnenswert, da er „vielleicht der überragendste amerikanische Historiker des letzten Jahrhunderts“ war. „Sein Hauptwerk Tragedy and Hope ist ein legendäres Buch. In seiner Durchleuchtung der Aktivitäten und Verbindungen der englischen und amerikanischen Oberschicht und des internationalen Finanzkapitalismus legte er Dimensionen des internationalen Geschehens offen, ohne die das Zwanzigste Jahrhundert wohl kaum verständlich wird.“

Das Video finden Sie hier, den Artikel, auf dem das Video gründet, “Professor Carroll Quigley and the Article That Said Too Little – Reclaiming History From Omission and Partisan Straw Men”, finden Sie hier.

Auf Platz 5 machen wir den Fund kund, den das New York State Museum dieser Tage erzielte, als man daselbst auf “eine verloren geglaubte Tonaufnahme von der 26-minütigen Rede von Martin Luther King“ stieß, “die der Bürgerrechtler 1962 zum Gedenken des hundertsten Jahrestag der seinerzeit im Bürgerkrieg vom bedrängten Nordstaaten-Präsidenten Abraham Lincoln erklärten vorläufigen Gleichberechtigung von Afroamerikanern in Kriegsgebieten der Südstaaten gehalten hatte.“

In gemessenem, aber leidenschaftlichem Ton blickt Dr. King darin auf die Geschichte der Menschenrechte in Amerika unter Hinweis darauf zurück, dass die Unabhängigkeitserklärung und die Emanzipations-Proklamation weit davon entfernt waren, die Gleichberechtigung aller Bürger zu verwirklichen.

Mehr darüber (samt und sonders Audioaufnahme) steht Ihnen hier bereit.

Auf Platz 4 lesen wir ein paar von mir übersetzte Auszüge aus einem Artikel von Alfred McCoy, “Surveillance and Scandal – Time-Tested Weapons for U.S. Global Power”. McCoy, seines Zeichens distinguierter Geschichts-Professor an der University of Wisconsin (siehe das wärmstens empfohlene Buch “The Politics of Heroin“), schreibt darin u.a.:

“Seit mehr als sechs Monaten sind Edward Snowdens Enthüllungen über die National Security Agency (NSA) von der Washington Post, der New York Times, dem Guardian, Der Spiegel in Deutschland und Brasiliens O Globo ausgegossen worden. Doch niemand machte auf die Kombination von Faktoren aufmerksam, die die Erweiterung der NSA-Programme, um die Welt zu beobachten, für Washington zu einer Slam Dunk-Entwicklung machten. Die Antwort ist denkbar einfach. Für eine imperiale Macht, die ihren wirtschaftlichen Klammergriff um den Planeten verliert und in Richtung strengerer Zeiten geht, sehen die neuesten technologischen Durchbrüche der NSA wie ein Schnäppchen-Angebot aus, wenn es um das Projizieren von Macht und das In-Reihe-Halten von Verbündeten geht. …

Seit mehr als einem Jahrhundert, von der Befriedung der Philippinen im Jahre 1898 bis hin zu Handels-Verhandlungen mit der Europäischen Union heute, sind die Überwachung und ihre Cousins, die Skandale und skurrilen Informationen, eine Schlüsselwaffe um die globale Herrschaft für Washington gewesen. Nicht überraschend haben George W. Bush und Barack Obama in einer parteiübergreifenden post-9/11-Ausübung der Exekutivgewalt den Vorsitz über den schrittweisen Aufbau der NSA in ein geheimes digitales Panoptikum gehabt, um die Kommunikation von jedem amerikanischen und ausländischen Führer weltweit zu überwachen.

Was genau war das Ziel eines solch beispiellosen Programms der massiven inländischen und planetaren Spionage, die die Gefahr von Kontroversen im In- und Ausland in sich trug? Hier kann uns ein Bewusstsein für die mehr als hundertjährige Geschichte der US-Überwachung … zur strategischen Bedeutung eines solchen Programms für die letzte Supermacht der Erde führen. Was die Vergangenheit zeigt, ist eine langfristige Beziehung zwischen amerikanischer staatlicher Überwachung und politischen Skandalen, die uns hilft, den unbestätigten Grund zu beleuchten, warum die NSA engste Verbündete Amerikas überwacht.

Nicht nur hilft eine solche Überwachung beim Gewinn von Geheiminformationen, die von Vorteil für die US-Diplomatie, die Handelsbeziehungen und Kriegsführung sind, sondern sie schöpft auch intime Informationen ab, die Hebelwirkung – ähnlich wie Erpressung – bei sensiblen globalen Geschäften und Verhandlungen aller Art haben können. Das globale Panoptikum der NSA erfüllt damit einen alten Traum von Imperien. Mit wenigen Tastendrücken eines Computer hat die Behörde das Problem gelöst, das die Weltmächte zumindest seit der Zeit von Kaisers Augustus plagte: wie kontrolliert man widerspenstige lokale Führer, die die Grundlage für die kaiserliche Herrschaft sind, indem man entscheidende, oft skurrile Informationen aufspürt, um sie geschmeidiger zu machen. …

Da die Lücke zwischen der globalen Reichweite Washingtons und dessen geschrumpfter gepanzerten Faust gewachsen ist, indem es darum kämpft, 40% der Welt-Rüstung mit nur 23% der weltweiten Bruttowirtschaftsleistung zu erhalten, müssen die USA neue Wege finden, ihre Macht weitaus wirtschaftlicher auszuüben. Als der Kalte Krieg anzog, war das Heavy-Metal-US-Militär – mit 500 Basen weltweit ungefähr um 1950 herum – nachhaltig, weil das Land rund 50 % des globalen Bruttosozialprodukts kontrollierte.

Indem sein Anteil an der Weltproduktion jedoch fällt – auf geschätzte 17% bis zum Jahr 2016 – und seine sozialen Wohlfahrtskosten unaufhaltsam von 4% des Bruttoinlandsprodukts im Jahre 2010 auf voraussichtlich 18% im Jahre 2050 steigen, wird eine Kostensenkung unumgänglich, wenn Washington als ‘einzige Supermacht‘ der Erde überstehen sollte. Im Vergleich zu den $ 3 Billionen an Kosten für die USA zur Invasion und Besetzung des Irak, sieht der NSA-Haushalt 2012 von nur $11 Milliarden für die weltweite Überwachung und Cyberkriegsführung wie eine Kostenersparnis aus, auf die das Pentagon schlecht verzichten kann.

Durch das Sammeln von Wissen – routinemäßiges, intimes oder skandalöses – über ausländische Staats- und Regierungschefs, haben kaiserliche Statthalter des alten Roms bis hin zum modernen Amerika sowohl das Geheimwissen, wie auch die Aura von Autorität gewonnen, die für die Herrschaft über fremde Gesellschaften notwendig sind. Die Bedeutung und Herausforderung, diese lokalen Eliten zu kontrollieren, kann nicht überbewertet werden. Während der Befriedung der Philippinen nach 1898 zum Beispiel hielt das US- Kolonialregime umstrittene Filipino-Führer durch die Überwachung, die politische Geheiminformationen und persönliche Skandale hervorkehrte, klein. Und das war natürlich genau das, was J. Edgar Hoover in Washington in den 1950er und 1960er Jahren tat.

Durch das Starten eines überschwellenden Flusses von NSA-Dokumenten an die Öffentlichkeit hat Edward Snowden uns einen Einblick in die veränderte Architektur der globalen US- Macht gegeben. Im weitesten Sinne ergänzt Obamas digitaler ‚Pivot‘ seine gesamte Verteidigungsstrategie, die er 2012 zur Reduzierung konventioneller Streitkräfte ankündigte, während die Expansion in die neuen, kostengünstigen Domänen von Weltraum und Cyberspace vorangetrieben werden.

Während bescheidene Abstriche bei kostspieliger Rüstung und der Größe des Militärs gemacht wurden, hat Präsident Obama Milliarden in den Bau einer neuen Architektur für die globale Informationskontrolle investiert.“

Eine Zukunftsinvestition in einen neuen Weltmachtapparat, die McCoy auf insgesamt $ 1.2 Billionen beziffert.

Den gesamten Artikel können Sie hier auf TomDispatch ausfindig machen.

Auf Platz 3 gibt es “Krieg in Mali: Schutztruppen im Goldrausch“, eine gelungene Analyse von Uli Gellermann auf der “Rationalgalerie“. Auszug:

“Wer deutsche Medien konsumiert, der entdeckt rund um den anhaltenden Mali-Bürgerkrieg die alten abgegriffenen Vokabeln: Die ‘Mission‘ (SPIEGEL) ist wieder da, auch der neutrale ‘Einsatz‘ (FAZ), der wohl leider ‘robust‘ sein wird, feiert seine Auferstehung. Die extrem bescheuerte SÜDDEUTSCHE ZEITUNG lässt sogar den Begriff ‘Schutztruppe‘ wieder aufleben. Weil die deutsch-französische Brigade bald nach Mali marschiert. Als wisse sie nicht, dass unter dem euphemistischen Namen ‘Schutztruppe‘ schon einmal deutsche Mörderbanden in Afrika marodierend unterwegs waren. …

Was man in den deutschen Medien nicht findet, ist das Wort ‘Gold‘. Zwar haben mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Mali keinen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser. Zwar liegt die durchschnittliche Lebenserwartung dort bei 48,1 Jahren. Aber in Mali gibt es jede Menge Gold. Nach Südafrika und Ghana hat Mali die drittgrösste afrikanische Goldindustrie: 2009 wurden bereits mehr als 51,3 Tonnen Gold produziert, Tendenz steigend. Natürlich bleibt von den enormen Gewinnen so gut wie nichts im Land. Es sind internationale Konzerne wie der US-Finanzinvestor Randgold Resources Ltd. mit dem Sitz im europäischen Steuerparadies Jersey, die sich die Taschen füllen. Unter den Konzernen ist ebenfalls die Pearl Gold AG mit Sitz in Frankfurt, die dort auch an der Börse notiert ist. Das deutsch-französische Unternehmen braucht die deutsch-französische Brigade dringend: Denn der Bürgerkrieg lässt die Ausbeutung der malischen ‘Kodieran-Goldmine‘ stocken.

Auch das Wort Uran taucht in den vornehmen deutschen Medien nicht auf. Schon vor Jahren hat der französische Atomkonzern AREVA Uranvorkommen in Mali entdeckt. Auch die kanadische Rockgate Capital Corp. schürft in dieser Gegend. Über den Vertrag mit dem korrupten malischen Regime erfährt man keine Einzelheiten. Richtiges Pech hat die australisch-britische Oklo Uranium Ltd. Ihre Ausbeutungs-Stätten liegen im Gebiet der Tuareg-Rebellen. Ähnlich schlecht geht es der kanadischen Great Quest Metals Ltd., deren Aktienkurse seit dem Beginn des Bürgerkrieges 2012 auf ein Siebentel ihres bisherigen Wertes fielen. Nach der Nachricht über die französische ‘Intervention‘ hat sich der Wert der Aktie allerdings fast verdoppelt.“

Weiteres dazu hier.

(Lassen Sie mich diesen Artikel auch zum Anlass nehmen, um auf ein Interview hinzuweisen, das ich zu Beginn der französischen Mali-Intervention im Januar 2013 mit Pepe Escobar führte, “The Real Currency, Gold and Energy War in Mali“, zu finden hier.)

Auf Platz 2 schauen wir auf einen meiner absoluten Lieblingsfilme aller Zeiten: “Dr. Strangelove“ von Stanley Kubrick. Anlass ist das 50. Jubiläum: der Film kam am 29. Januar 1964 in die US-Kinos, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Plot des Films: ein US-General, der an eine üble internationale kommunistische Verschwörung zur Beeinträchtigung “unserer wertvollen Körperflüssigkeiten“ glaubt, ist des Wartens auf das atomare Armageddon müde – und befiehlt kurzerhand einem US-Bomber, einen ersten Schlag gegen die Sowjetunion zu starten, wonach die Dinge ihren weiteren verhängnisvollen Lauf nehmen.

Eric Schlosser schreibt nun auf der Website des New Yorker dazu:

“Trotz der öffentlichen Versicherung, dass alles voll unter Kontrolle war, gab es im Winter 1964, während ‘Dr. Strangelove‘ in den Kinotheatern gespielt und als sowjetische Propaganda verurteilt wurde, nichts, um eine amerikanische Bomberbesatzung oder Raketenstart-Crew daran zu hindern, ihre Waffen gegen die Sowjets zu benutzen. Kubrick hatte das Thema seit Jahren erforscht, befragte Experten und arbeitete eng mit einem ehemaligen RAF-Pilot, Peter George, am Drehbuch des Films zusammen. Georges Roman über die Gefahr des zufälligen Atomkriegs ‘Red Alert‘ (‘Alarmstufe Rot‘) war die Quelle für den Großteil des ‘Strangelove‘-Plots. Für Kubrick und George unbekannt, hatte ein Top-Beamter im Verteidigungsministerium bereits eine Kopie von ‘Red Alert‘ an jedes Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für ballistische Raketen (Scientific Advisory Committee for Ballistic Missiles) des Pentagon geschickt. Im Pentagon wurde das Buch ernsthaft als warnendes Beispiel für das genommen, was schief gehen könnte. Auch US-Verteidigungsminister Robert S. McNamara zeigte sich privat besorgt, dass ein Unfall, ein Fehler oder ein abtrünniger amerikanischer Offizier einen Atomkrieg beginnen könnte. …

Im Nachhinein bot Kubricks schwarze Komödie eine viel genauere Beschreibung der Gefahren, die den nuklearen Kommando- und Kontrollsystemen innewohnten, als diejenigen, die das amerikanische Volk vom Weißen Haus, dem Pentagon und den Mainstream-Medien bekam.“

Mehr Hintergrund-Informationen zu Kubricks Meisterwerk warten hier auf Sie.

Und auf Platz 1 erklärt ein Staatsfunktionär eine Verschwörungstheorie aus erster Hand zur Verschwörungspraxis. Darauf lässt eine Einlassung von Werner Weidenfeld, ehemals Amerikakoordinator der Regierungen Kohl und Schröder, quasi nebenbei bemerkt, schließen:

„In den 12 Jahren als Amerikakoordinator habe ich 3 Verhaltensweisen amerikanischer Regierungen kennengelernt: In dem Moment, wo man mit ihnen einer Meinung ist, sind wir die besten Freunde, wir umarmen uns … man hat Angst um seine Rippen, weil die Umarmungen so intensiv sind. Wenn wir in zweitrangigen Fragen nicht einer Meinung sind, dann sagt die amerikanische Regierung regelmäßig, das passiert mit uns, wo bleibt die Dankbarkeit in der Geschichte, wir haben die Freiheit und die Sicherheit der Deutschen erobert und erhalten und was passiert … wenn wir in einer ernsten Frage anderer Auffassung sind, dann kommt Geheimdienstmaterial auf den Tisch, das Deutschland belastet und entweder ihr macht mit oder ihr seid dran. Insofern gibt‘s verschiedene Arten und die Amerikaner haben eine ganz klare Interessenlage.“

(Eventuell kombinieren Sie das soeben Gelesene mit dem, was Alfred McCoy auf Platz 4 schrieb.)

Mehr zur Einlassung von Werner Weidenfeld gibt es hier.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: BENT – Always.

Just before I go to sleep
There’s a rendez-vous I keep
And, my darling, till we do
You are always in my heart.

In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.

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