Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 erklärt OECD-Volkswirt Sebastian Schich, wie “systemrelevante Banken stark von ihrem ‘Too big to fail‘-Status“ Nutzen ziehen. “Sie sparen jedes Jahr Zinsen in Milliardenhöhe, weil das Vertrauen der Investoren, dass der Staat diese Institute notfalls retten würde, ihre Bonität erhöht. Für 2012 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) diesen Zinsvorteil für 17 große deutsche Banken in einer Studie auf insgesamt 20 bis 30 Milliarden Euro geschätzt. Dies verzerrt den Wettbewerb zulasten kleinerer Banken, die solche Zinsvorteile nicht genießen.“

Die gesamten Ausführungen von Sebastian Schich finden Sie, so Sie hier klicken.

Auf Platz 9 bleiben wir bei den Banken, und zwar bei ihrem ungeheuren Privileg, (Schuld-)Geld aus dem Nichts schöpfen zu dürfen. Zu diesem Thema nämlich erschien dieser Tage ein Beitrag des SWR, der sich mit einer bestimmten Alternative befasste.

Diesen Artikel bzw. Audio-Podcast, der sich für eine öffentlich-rechtliche Anstalt sehen lassen kann, gibt es hier für Sie.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel hat übrigens diese Woche bekanntgegeben, dass der globale Schuldenstand die Grenze von $ 100 Billionen überschritten hat – siehe hier.

Auf Platz 8 widmet sich Eduard Braun der Geldsystemkritik von Joseph A. Schumpeter, einem meiner Lieblingsökonomen. Braun stellt dabei fest, dass das Bankensystem oftmals einen “systematischen Diebstahl“ begeht, “um damit den Fortschritt zu finanzieren.“

“Am deutlichsten wird der ganze Charakter der Fortschrittsfinanzierung in Schumpeters Diskussion des zusätzlichen Kredits durch das Bankensystem. Nachdem er beschrieben hat, wie den Unternehmern durch die Kreditschöpfung die Möglichkeit geschaffen wird, Produktionsmittel an sich zu ziehen, schreibt er:

So wird die Kluft geschlossen, die in der Verkehrswirtschaft bei Privateigentum und Selbstbestimmungsrecht der Wirtschaftssubjekte sonst die Entwicklung außerordentlich erschweren, wenn nicht unmöglich machen würde (S. 154).

Man lasse sich diesen Satz auf der Zunge zergehen! Was sagt Schumpeter denn hier eigentlich? Er sagt, dass die Geld- bzw. Kreditschöpfung der Banken den Zweck hat, das Privateigentum und das Selbstbestimmungsrecht auszuhebeln. Wohlgemerkt handelt es sich hier um die oben genannte Geldschöpfung, die in den Lehrbüchern unbeanstandet als das Selbstverständlichste und Harmloseste der Welt behandelt wird.“

Mehr dazu hier.

Auf Platz 7 geht Harold James auf die Hintergründe der Bankenrettungen des Spätjahrs 2008 ein, und insbesondere auf die wichtige Rolle der Federal Reserve und die weniger wichtige Rolle des Internationalen Währungsfonds – siehe hier.

Auf Platz 6 sieht Karl Heinz Roth auf Ossietzky “allen Grund, uns intensiv und in analytischer Schärfe mit dem Phänomen des europäischen Neofaschismus und dessen Verortung im herrschenden politisch-ökonomischen Machtgefüge auseinanderzusetzen.“ Derzeit seien in Europa “über 100 neofaschistische Terrorgruppen, Kampfbünde und Parteien aktiv – allein in Rußland treiben etwa 30 Organisationen, die diesem Spektrum zuzurechnen sind, ihr Unwesen.“ Die jüngste Expansionsphase des Neofaschismus sei das Resultat des Vorgehens in der Euro-Krise:

“Als die Regierungen der europäischen Peripherieländer unter dem Diktat der ‘Troika‘ aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank um die Jahreswende 2009/2010 krisenverschärfende Austeritätsprogramme durchsetzten, lösten sie eine soziale Katastrophe aus, die in vielem an die osteuropäischen ‘Schocktherapien‘ der 1990er Jahre erinnerte. Auch von dieser Entwicklung konnten neofaschistische Organisationsansätze profitieren. Der Neofaschismus hat inzwischen in mehreren süd- und südosteuropäischen Ländern tiefe Wurzeln geschlagen.“

Im Ergebnis sei “der Neofaschismus wieder zu einem Machtfaktor aufgerückt, der in zunehmendem Maße auf die sozialen, kulturellen und politischen Verhältnisse Europas einwirkt“ und dabei sei, “sich in Europa zu einem von erheblichen Teilen der Unterklassen mitgetragenen Phänomen der sozialen Regression und des neuerlichen Wegs in die Barbarei zu entwickeln. Sein politischer Hauptfeind ist und bleibt die Linke in allen ihren Schattierungen – obwohl sie durch ihren übermächtigen institutionellen Flügel bis zur Unkenntlichkeit deformiert ist. Wenn wir uns den damit einhergehenden Herausforderungen stellen wollen, müssen wir zuallererst mit einer radikalen Selbstkritik anfangen.“

Mehr dazu siehe hier.

Auf Platz 5 schreibt Dilek Zaptcioglu über “Gülen versus Erdogan: Vom Freund zum Feind“. Der Artikel, den Sie hier finden können, ist zwar durchaus lesenswert; ich möchte aber ergänzend empfehlen, sich diese Erklärungen hier von Sibel Edmonds anzuschauen – ansonsten verpassen Sie das Spannendste am Verhältnis Gülen – Erdogan.

Auf Platz 4 erfahren wir, dass bei der Bank of England Original-Dokumente im Zusammenhang mit der Bankenrettung 2007/08 und der Manipulation von Devisenmärkten zerstört wurden – siehe hier.

Auf Platz 3 sehen wir einen Artikel von Tim Weiner, Autor des Buches “Legacy of Ashes: The History of the CIA”, über den letzten CIA-Skandal. Weiner ist gut darin, die Botschaft: “Es steht zwar schlecht, aber so schlecht auch wieder nicht“ zu überbringen – und genau das tut er in diesem Artikel wieder einmal.

Zu lesen hier.

Auf Platz 2 können Sie mal schauen, ob es eine dumme Idee ist, mit einem Aufzug zum Mond empor zu steigen. Diese Idee nämlich verfolgt das US-Unternehmen LiftPort Group.

Der komplette Artikel zu diesem futuristischen Thema öffnet sich hier.

Und auf Platz 1 dreht es sich um den Internationalen Währungsfonds, der im Verbund mit EU-Institutionen derzeit daran werkelt, „die künftige Reform- und Wirtschaftspolitik der Ukraine festzulegen“.

“Nimmt man die bisherigen Äußerungen von Funktionären des Internationalen Währungsfonds (IWF) für bare Münze, dann müssen die Bürger der Ukraine künftig wohl neue Löcher in ihre Gürtel bohren, um sie noch enger zu schnallen als bisher ohnehin üblich. Er sei von dem Reformeifer der neuen Machthaber „positiv überrascht“ worden, erklärte der Chef der Europa-Abteilung des IWF, Reza Moghadam, nach einer Ukrainevisite Anfang März. Die neuen Autoritäten in Kiew seien wild entschlossen, eine „Agenda wirtschaftlicher Reformen“ in Angriff zu nehmen, so Moghadam.“

Was auf die pro-westlichen Demonstranten in der Ukraine in den kommenden Jahren wartet („Ihr habt’s ja nicht anders gewollt“), können Sie hier nachlesen.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: JIMMY SMITH – Root Down.

In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.

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