Finanzen sind ein Machtspiel

Lars Schall sprach mit der ehemaligen Wall Street-Führungskraft Nomi Prins über ihr jüngstes Buch „All the Presidents‘ Bankers“. Prins hebt hervor, wie eine elitäre Gruppe von Männern im 20. Jahrhundert die US-amerikanische Wirtschaft und Regierung umwandelte, die Außen- und Innenpolitik diktierte, und Weltgeschichte formte. Die Diskussion reicht von der Panik von 1907 und der Gründung der Federal Reserve über zwei Weltkriege und der Gold-Entkopplung des Dollars bis hin zur Frage, ob die US-amerikanische Finanzmacht heutzutage im Niedergang begriffen ist.

Von Lars Schall

Das englische Original des nachfolgenden Interviews erschien hier auf der Website von Matterhorn Asset MGMT / GoldSwitzerland in Zürich.

Finance is a Power Game

Für nähere Informationen zum neuen Buch von Nomi Prins, “All the Presidents’ Bankers: The Hidden Alliances that Drive American Power“, erschienen im April 2014 bei Nation Books, siehe hier.

Nomi Prins, die im US-Bundesstaat New York aufwuchs, arbeitete nach ihrem Universitätsstudium der Mathematik und Statistik für Chase Manhattan, Lehman Brothers, Bear Stearns in London und als Geschäftsführerin bei Goldman Sachs an der Wall Street. Nachdem sie die Finanzbranche 2001/02 verließ, wurde sie eine herausragende Finanzjournalistin, die nunmehr insgesamt fünf Bücher geschrieben hat, darunter das sehr zu empfehlende Werk “It Takes a Pillage: Behind The Bailout, Bonuses, and Back Room Deals from Washington to Wall Street”, das im September 2009 bei Wiley veröffentlicht wurde. Sie ist Senior Fellow bei “Demos” in New York City, gab zahlreiche Interviews unter anderem auf BBC World, BBC, Russia Today, CNN, CNBC, CSPAN und Fox, und ihre Artikel erscheinen unter anderem in der New York Times, Fortune, The Nation, The American Prospect sowie dem Guardian in Großbritannien. Ihre Website ist hier zu finden. Sie lebt in Los Angeles, USA.

Finanzen sind ein Machtspiel / Finance is a Power Game

Lars Schall: Hi Nomi, lassen Sie uns über Ihr neues Buch sprechen. Was war die Motivation, das Buch zu schreiben, und was ist die Hauptidee dahinter?

Nomi Prins: Meine Motivation ergab sich aus einem Roman, den ich vor diesem Buch schrieb, der „Black Tuesday“ hieß, eine historische Fiktion über den Crash von 1929. Bei den Nachforschungen zu diesem Buch, die nicht so umfangreich waren wie die Forschungen, die ich für „All the Presidents‘ Bankers“ anstellte, entdeckte ich dieses Treffen, das am 24. Oktober 1929 in der Morgan Bank an 23 Wall Street stattfand, nur einen schnellen kleinen Fußweg von der New Yorker Börse entfernt. Das war, als der Aktienmarkt seinen ursprünglichen Niedergang begann, woraufhin er ein paar Mal nach oben und unten sprang, aber schließlich über die nächsten Jahre 90 Prozent seines Werts verlor.

Doch an diesem Tag waren da sechs Banker, die großen sechs Banker dieser Zeit, die im Haus von Morgan auf Anfrage eines Mannes namens Tom Lamont zusammenkamen, dem amtierenden Vorsitzenden von Morgan. Jack Morgan, der eigentliche Vorsitzende, war drüben in Europa auf Reisen. Lamont rief die fünf wichtigsten Banker der Stadt zusammen und nach 20 Minuten entschieden sie, jeweils 25 Millionen Dollar einzusetzen, um die Aktienmärkte zu retten. Sie besaßen alle diese Geheimnisse, die sie in diesem Raum versteckten, abgesehen von der Tatsache, dass der Markt aus ihrer Kontrolle geriet. Einer der Männer war Al Wiggin, der Leiter von Chase; er tätigte Leerverkäufe mit Chase-Aktien, während er über deren Kauf sprach, um die Märkte zu retten. Charles Mitchell war ein weiterer Kumpan in diesem Raum, der die National City Bank leitete, die jetzt Teil der Citigroup ist. Er hatte diesen Deal, den er machen wollte – die größte Fusion der Zeit würde durchgehen, wenn er seine Aktien oben hielte, die verwendet werden würden, um die Fusion zu bezahlen. Er hatte also wirklich andere Gründe, die Märkte zu retten, als der Allgemeinheit wegen eines Überschwappens oder wirtschaftlichen Niederschlags zu helfen.

Das ganze Treffen und die Dramatik der Szenerie und die Art und Weise, in der diese großen Sechs entschieden, was zu tun war, und die Art, wie sie von Präsident Herbert Hoover unterstützt wurden, war faszinierend. Nach ihrer Entscheidung wurden sie in der Presse gepriesen, in der New York Times und so weiter, dafür dass sie wieder einmal die Märkte gerettet hätten, und es gab so viele Glückwünsche. All das blieb wirklich bei mir stecken. Und für das Buch „All the Presidents‘ Bankers“ folgte ich also dieser Idee der großen Sechs nach; heute haben wir wieder die großen sechs Banken, ebenso wie vor dem Crash von 1929. Sechs Banken in den USA kontrollierten Großteile der Finanzmärkte, und nicht nur von einer Perspektive des Reichtums und der Macht her gesehen; denn es gab da eine politisch-finanzielle Linie, die um die Banker und Präsidenten während dieser Zeit gezogen werden konnte, und heute auch.

Ich begann, dies aus der Präsidenten-Perspektive zu untersuchen – mit welchen Bankern sie Beziehungen hatten, denen sie vertrauten, das Land in Ordnung zu bringen, mit denen sie sich herumtrieben, mit denen sie Segeln gingen, mit denen sie in Clubs waren, mit denen sie Ivy League-Universitäten besuchten, und so weiter. So formte ich die Idee und Forschung für dieses Buch weiter aus, die mich zu allen Präsidenten-Archiven im ganzen Land brachte, von Teddy Roosevelt, dem Präsidenten während der Panik von 1907, was dort ist, wo das Buch anfängt, bis hin zu Barack Obama, der noch kein Archiv hat, weil er noch im Amt ist, und alle Dokumente dazwischen, die ich finden konnte.

LS: Sie erwähnten 1907, und der dominanteste Banker damals war John Pierpont Morgan. War er im Grunde der Vertreter der City of London und der britischen Banken an der Wall Street?

NP: Er war derjenige, der die engsten Beziehungen hatte, sowohl aus persönlicher Sicht als auch wegen der Tatsache, dass die Morgan Bank Beziehungen mit der City of London wie auch mit Paris unterhielt. Zu der Zeit hatte sie Unternehmen, mit denen sie in diesen beiden Städten verbunden war. Was den Hintergrund der Panik von 1907 angeht, so war das eine große Bankenpanik in den Vereinigten Staaten, bei der die Leute besonders in New York zu den Banken hetzten, um ihre Einlagen herauszubekommen, weil es ein Vertrauensproblem gab und sich eine größere Bankenkrise zusammenbraute. Teddy Roosevelt hatte Angst, dass sie als eine größere Wirtschaftskrise für das Land überschwappen könnte. Er bat J. P. Morgan, die Situation zu beheben; das war im Jahre 1907, 22 Jahre vor dem Crash im Jahre 1929, bei dem seine Bank ebenfalls im Zentrum stand. Morgan repräsentierte sicherlich internationale Interessen in Bezug auf die US-Finanziers; er war der mächtigste, internationalste US-Finanzier, aber er war auch sehr besorgt ob seines Wachstums an Status in den Vereinigten Staaten. Nach diesem Zeitpunkt gab es viel mehr Wachstum für die Morgan-Bank nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Sogar schon vor der Panik im Jahre 1907, in den 1890er Jahren, war es die Familie Morgan – und das ist eines der anderen großen Themen meines Buches, dass nicht nur Einzelpersonen die politischen / finanziellen Allianzen und Politiken der USA daheim wie auch weltweit kontrollierten, sondern dies sind eine kleine Handvoll Elite-Familien, die Jahrzehnte lang Macht bewahrten, mehr als ein Jahrhundert lang, deren Vermächtnisse weiterhin Einfluss und Macht bewahren. Die Familie Morgan war sicherlich eine der wichtigsten Familien, die das taten. In den 1890er Jahren half einer der Morgans, J. S. Morgan, die City of London finanziell zu retten, als die Bank von England es nicht tun konnte. Also diese Vorstellung vom Privatbanker, der andere Privatbanker rettet, sowohl international als auch im Inland, fing ein wenig vor dem Zeitraum meines Buches an, aber sicher dauerte sie im 20. Jahrhundert fort.

LS: Wenn ich Sie im Zusammenhang mit der Panik von 1907 fragte: cui bono, was wäre Ihre Antwort?

NP : Der wahre Nutznießer der Panik von 1907 war natürlich J.P. Morgan, der die Morgan Bank zu der Zeit leitete und der Schlüssel-Beeinflusser und Wirtschafts-Vertraute von Präsident Teddy Roosevelt war, der ihm die durch das Weiße Haus und das Finanzministerium gedeckte Macht und Entscheidungsfähigkeit gab, um zu entscheiden, welche Banken bei der Bankenpanik von 1907 leben und welche Banken sterben würden; und das war, was Morgan tat.

Er entschied sich, die Banken zu unterstützen, die mit ihm in irgendeiner Weise verbunden waren, ob sie nun von seinen Freunden oder Kollegen oder Beziehungen geführt wurden oder in denen er nur finanzielle Interessen laufen hatte. Nach der Panik von 1907 waren es wirklich die Morgan-Familie, die Familie Stillman, die die National City Bank führte, die Bakers, die First National City Bank leiteten (und diese beiden Banken wurde schließlich das, was wir heute als Citigroup kennen, die heutzutage eine der großen sechs Banken ist, wie natürlich auch Morgan noch heute in Form von JP Morgan Chase existiert, eine weitere der sechs großen Banken). Der Nutzen ging wirklich an Morgan und es half ihn zuversichtlich zu machen, dass er das Schiff für die Gründung der Federal Reserve lenken würde, die DIE Bank für die Großbanken wurde.

LS: Wie wurde die Panik von 1907 von den Morgan- und Rockefeller-Interessen benutzt, um die Federal Reserve zu erschaffen?

NP: Das ist eine sehr interessante Frage. Was geschah, war – noch vor der Panik –, dass diese Finanziers, die neue Macht-Liga in Amerika, eine Möglichkeit finden wollten, um in das vorzustoßen, was ich das Zeitalter des Finanzkapitalismus nenne – obwohl sie das nicht so nannten. Die Idee war, dass man jetzt Geld aus Geld machen konnte, im Gegensatz dazu, dass es nur mit Industrie-Interessen wie Stahl und Öl verbunden war – auch wenn die Rockefellers mit der Standard Oil Company und anderen Interessen eine erhebliche Menge an Geld gemacht hatten und dies auch weiterhin machen würden. Aber sie, und vor allem William Rockefeller, suchten nach einem Weg, Geld um des Gelds willen machen zu können und um ein Teil des “Geld-Trusts“ (Money Trust) in den frühen 1900er Jahren zu werden.

Nach der Panik von 1907 waren J.P. Morgan und in einem geringerem Maße Rockefeller – die Rockefellers waren nicht an dem eigentlichen Treffen beteiligt, das auf Jekyll Island stattfand, obwohl William Rockefeller eine Mitgliedschaft im Jekyll Island Club zu der Zeit hatte. Bei einer Zusammenkunft, die dort im Jahre 1910 stattfand, trafen sich sechs Männer, um die Blaupausen für die Federal Reserve zu entwerfen. Dazu gehörte ein Kerl von der Regierung der Vereinigten Staaten, Senator Nelson Aldrich, der ein Senator von Rhode Island und mit der Bankenwelt sehr verbunden war. Er kannte Morgan; er kannte die Rockefellers, und so weiter. Und er und ein stellvertretender Finanzminister trafen sich mit vier Bankern, Frank Vanderlip, Henry Davison, Paul Warburg und Benjamin Strong, die alle mit Morgan verbunden waren. Es war die Mitgliedschaft von J.P. Morgan, wie ich in dem Buch beschreibe, die es ihnen erlaubte, sich überhaupt auf Jekyll Island treffen zu können. Dies war ein sehr exklusiver Club zu der Zeit; man musste Mitglied sein. Keine dieser Personen war Mitglied, und J.P. Morgan war nicht bei dem Treffen dabei, das stattfand.

Tatsächlich plante Nelson Aldrich noch nicht einmal, nach Jekyll Island zu gehen oder darum zu bitten; er wollte, dass diese Sitzungen auf seinem Anwesen in Rhode Island stattfinden würden, gewiss immer noch weg von der Öffentlichkeit, aber auch, um auf seinem eigenen Anwesen zu sein, das nördlich von New York und sicherlich nördlich von Georgia lag, was dort ist, wo sich Jekyll Island befindet. Aber er wurde von einem Straßenbahnwagen in Manhattan in New York City getroffen, während er dort zu Besuch war, um mit Morgan und einigen anderen Leuten über diese ganze Idee zu sprechen. Er befand sich noch auf dem Wege der Besserung und war sich nicht sicher, ob er überhaupt hingehen würde, und das war der Zeitpunkt, als J.P. Morgan vorschlug, in dieses Gebiet zu gehen, um dies zu erledigen, und die Einladung gab. Viele Vorkehrungen wurden auf Jekyll Island getroffen, um diese Menschen kommen zu lassen, weil es immer noch November war; es war noch keine Saison. Jekyll Island war im Dezember und Januar in Saison, wenn alle reichen Familien für den Urlaub kommen, und all die reichen Männer reden und all die reichen Damen und Kinder herumhängen und spielen würden.

Aber dieses Treffen geschah wegen J.P. Morgan und auch Nelson Aldrich, dessen Sohn Winthrop Aldrich der Chef der Chase Bank für zwei Jahrzehnte wurde, und dessen Großneffe, David Rockefeller, auch der Chef der Chase für zwei Jahrzehnte wurde, und dessen anderer Großneffe, Nelson Rockefeller, wurde der viermalige Gouverneur von New York. Diese Familienlinie, die in dieser Zeit der Federal Reserve begann, war bis vor kurzem also ebenfalls evident.

Das Interesse der Banker bestand in der Sicherstellung, dass es in einer Paniksituation eine Federal Reserve gäbe, die die Banken absichern würde, so dass es zu keiner größeren Krise käme, und dass sie nicht ihr eigenes Geld einsetzen oder herumschnorren müssten, um herauszufinden, wie man sich selbst oder ihr System rettete. Das war der Anstoß für die Fed – eine konsolidierte Entität zu haben, die in der Lage war, Währung schöpfen zu können, um sie in Panikzeiten zu unterstützen. Und von der amerikanischen Regierungssicht betrachtet, von William Taft, der der Präsident nach Teddy Roosevelt war, und Woodrow Wilson, der Präsident nach ihm – sie beide glaubten, dass eine Federal Reserve erforderlich war – und das ist nicht das, was oft in Geschichte diskutiert wird, aber es ist in meinem Buch –, um die Macht Amerikas im neuen Jahrhundert zu fördern. Diese Idee, eine konkurrenzfähige Zentralbank zu haben, die sich mit den Privatbanken deckte, war etwas, das diesen Präsidenten beider Parteien sehr wichtig war; beide hatten sehr starke persönliche Verbindungen zu den Morgans, zu den Aldrichs und den Rockefellers und zu anderen Familien, die den Geld-Trust zu der Zeit lenkten.

LS: War die Schaffung der Fed eine Verschwörung?

NP: Es ist keine Verschwörung, sondern eine Tatsache, dass die Wall Street hinter der Fed stand; das sind echte Menschen von der echten Wall Street gewesen, die eine wirkliche Zusammenkunft hatten, und die mit Nelson Aldrich, dem Leiter des Finanzausschusses des Senats, zwei Jahre lang gearbeitet hatten, um Informationen zu sammeln und in Europa herumzureisen, um zu bestimmen, wie die Machart insbesondere der Banken von England und Frankreich als Blaupausen für die Federal Reserve verwendet werden konnten. James Stillman, der einer der Chefs des Geld-Trusts und ein Freund von Morgan und den Rockefellers war und die National City Bank leitete, die eine der größten Banken des Landes zu der Zeit war (heute Citigroup), hatte Monate lang mit Nelson Aldrich Europa bereist, vor diesem Treffen in Jekyll Island. Das ist also keine Verschwörung; dies ist eine dokumentierte Tatsache.

Dass sich vier Banker und zwei Personen aus Washington auf Jekyll Island trafen, ist ebenfalls keine Verschwörung, sondern eine Tatsache. Auch ist es eine Tatsache, dass – aufgrund dessen, was ich bereits erwähnte, Nelson Aldrich von diesem Straßenbahnwagen angefahren worden war, und er war noch immer nicht in bester Gesundheit nach dem Jekyll Island-Treffen; als er den Bericht über dieses Treffen in Washington präsentieren sollte, wurde dieser stattdessen von zwei Bankern vorgestellt – Frank Vanderlip, die Nummer 2 bei der National City Bank, der für James Stillman arbeitete, sowie Henry Davison, ein Senior Partner bei Morgan. Das ist keine Verschwörung, das ist genau das, was passiert ist.

LS: Ja, aber verschwörten sich diese Leute bei dem Treffen auf Jekyll Island miteinander, um die Federal Reserve kreiert zu bekommen?

NP: Es gab nichts, um sich zu verschwören, es war in der Praxis viel einfacher als das. Diese Männer arbeiteten zusammen, um die Federal Reserve hervorzubringen, weil sie sie wollten: Washington wollte sie, und so auch die Anführer der Wall Street. Sie befanden sich alle auf der gleichen Seite, so dass es keine Notwendigkeit für irgendetwas Konspiratives gab; sie kollaborierten.

LS: Aber der Öffentlichkeit war es nicht erlaubt, dies zu wissen, richtig? Und sie waren sehr vorsichtig, dass die Öffentlichkeit nicht davon erfuhr.

NP: Oh ja, absolut. Aber ich denke, wenn der Begriff „Verschwörung“ herumgeworfen wird, wissen Sie, hat er diesen dunkleren Kontext, wie: Ist das so geschehen, ist das nicht so geschehen, versuchten sie zusammenzukommen, um der Öffentlichkeit etwas wegzunehmen? Aber nein, das taten sie nicht; sie haben nur versucht, ihre eigenen Interessen zu schützen, weil sie es konnten. Die Öffentlichkeit wurde nicht politisch in irgendeiner Weise beteiligt, die der Art der Gestaltung der Fed in die Quere gekommen wäre, aber die Öffentlichkeit ist in der Regel nicht an Entscheidungen von Washington oder Wall Street oder etwas im Zusammenhang mit diesen Machtbeziehungen zugelassen.

Was ich in dem Buch schreibe, ist, dass es viele Gespräche gab, die unter der Taft-Administration im Zeitraum von 1910 bis hinein ins Jahr 1913 stattfanden, als die Federal Reserve-Gesetzgebung im Dezember 1913 verabschiedet und unterzeichnet wurde. Während der späteren Jahre unter der Woodrow Wilson-Regierung fanden viele Gespräche über den Aufbau der Fed in Washington statt, so wie sie es heute tun, bei denen Senatoren und Banker und Präsidenten Gespräche haben, nächtliche Treffen abhalten, und darüber entscheiden, wie Strukturen umgesetzt werden sollten und was unterzeichnet werden sollte, und wie es gegenüber der Öffentlichkeit verkauft wird. Also, wenn Sie bei dem an eine Verschwörung denken, ist alles an einer Regierung eine Verschwörung.

Die Realität ist jedoch, dass das die Art ist, in der diese Menschen arbeiteten, da sie es konnten. Die Idee war vor allem, wie es gelingen würde und in welcher Form. Und nachdem die Federal Reserve-Gesetzgebung von Woodrow Wilson genehmigt wurde, verkaufte er sie gegenüber der Öffentlichkeit als Reservebank, die helfen würde, der Öffentlichkeit Kredite zu bieten, den Kleinbauern, den kleinen Banken, die Amerika generell durch die Kreditbereitstellung für das System helfen würde, wenn es negative finanzielle Situationen gäbe.

Realität ist aber, dass die Fed von Anfang gestaltet wurde, um die größte Banken zu schützen, die zufällig auch die am stärksten politisch, sozial und persönlich verbundenen Institute in den Vereinigten Staaten waren, und so funktionierte sie fort. Deshalb hielt sie all die Fusionen aufrecht, die im Laufe des Jahrhunderts auftraten; deshalb stellte sie Liquidität zum Vorteil der größten Banken bereit; und deshalb sind die großen sechs Banken heute größer – sie sind nicht alle dieselben sechs Banken wie damals, es sind größere Ableitungen von ihnen –, und sie sind größer als sie es jemals zuvor gewesen sind, und sie erhalten mehr Federal Reserve-Subventionen als je zuvor; und die Federal Reserve hat eine größere Bilanzsumme als je zuvor. All dies ist über mehr als ein Jahrhundert lang dem Höhepunkt entgegengegangen; teilweise geschah dies offen, insofern wir die Ergebnisse sehen.

LS: Brauchen die USA die Fed?

NP: Das US-Bankensystem braucht die Fed, denn ohne ihre Subventionen wäre es im Laufe der Jahre wohl viele Male gescheitert, sicherlich im Laufe der letzten Jahre. Aber wieder ist es wirklich wichtig zu wissen, dass dies eines der Hauptthemen des Buches ist, dass … sie vom Beginn der Fed an die Fed benötigten. Die Fed ist gleichermaßen eine Bank für die Banken, wie sie ein politisches Finanzmachtinstrument für die Regierung ist. Die Regierung glaubt, sie brauche die Fed, um die größten Institute zu subventionieren und zu retten, die auf verschiedenen Wegen mit der Regierung integriert sind. Diese Banken handeln mit der Öffentlichkeit, wir geben ihnen unsere Einlagen, die Steuerzahler subventionieren ihre Fehler und ihre Rettungsaktionen. Aber zur gleichen Zeit sind die Philosophien der politischen und finanziellen Elite-Mitglieder von Amerika hinter der Fed in Linie gebracht.

Brauchen wir also die Fed? Die Öffentlichkeit braucht die Fed nicht. Die Aktivitäten, die die Fed zur Verfügung stellt, die die Öffentlichkeit betreffen, wie das Manövrieren der Zinssätze oder so weiter, könnten durch das Schatzamt durchgeführt werden, obwohl das Schatzamt die größten Bankeninstitute ebenso subventioniert und politisch, persönlich, sozial und finanziell unterstützt hat. Ja, es ist hilfreich, über eine Entität zu verfügen, um die Zinssätze zu halten, aber das ist nicht wirklich das, was die Fed als ihre volle Arbeit tut; was sie tut und was sie getan hat, ist, ein fehlerhaftes Bankensystem in der Verkleidung der Regulierung dieses Bankensystems zu subventionieren und die Gesamtkreditverfügbarkeit an das Land zu schützen, worüber sie tatsächlich keine Macht hatte. Das war eine der Lügen, unter denen sie vor 100 Jahren geschaffen wurde.

LS: Und ist die Fed nicht zu einer internationalen Rettungsbank geworden?

NP: Ja, aufgrund der ganzen Globalisierung des Finanzwesens, die in unterschiedlicher Weise während des vergangenen Jahrhunderts stattfand. Die amerikanischen Banken sind nicht die einzigen Banken, die sich gegenüber Finanzkrisen in Gefahr befinden. Diese Krisen sind zunehmend global und werden es auch in Zukunft sein. Wenn die Fed also beschließt, die großen amerikanischen Banken zu schützen, muss sie ihre größten Gegenparteien schützen, die aufgrund der Art des globalisierten Finanzwesens europäische Banken einschließen, die asiatische Banken einschließen, sie schließen im Grunde alle wichtigsten Gegenparteien der großen sechs Banken mit ein.

Aber nicht nur das – die Politik der Fed selbst, die Idee, um zu subventionieren, und die Philosophie dahinter globalisiert sich ebenso. Die Fed hat ihre Politik, wie wir in den letzten Jahren gesehen haben, in Europa hineingedrückt. Wir haben nunmehr in ganz Europa eine effektive Nullzinspolitik zusammen mit der Subventionierung und der Rettung und künstlichen Stärkung der größeren Institute auf Kosten der kleineren Institute und Stärkung der größeren Länder auf Kosten der kleineren Länder. Dies ist eine institutionalisierte Politik, die die Fed fördert, genauso wie das Finanzministerium und die Regierung der Vereinigten Staaten. Das ist eine Kooperationsförderung, die ebenfalls global geworden ist.

LS: Da es 100 Jahre seit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges her ist: Was ist zu den Großbanken an der Wall Street und dem Gemetzel zu sagen, das in Europa vor sich ging?

NP: Abermals ist das mit der Morgan Bank und der Familie Morgan verbunden. Als Woodrow Wilson ursprünglich erwog, die USA nicht am Krieg zu beteiligen, hatte er ein Treffen im Weißen Haus, und dies war eine sehr interessante Begegnung, weil er Wahlkampf auf der Grundlage einer Distanziertheit von den großen Bankeninteressen betrieben hatte, die seinerzeit der Money Trust genannt wurden. Aber er war tatsächlich ein Freund der Morgans; die Familie hatte ihn unterstützt, bevor er Präsident wurde und während seiner Präsidentschaft ebenso.

Dieses Treffen, das er im Juli 1914 im Weißen Haus hatte, wurde von der Presse kritisiert, weil es ihnen seltsam dünkte, dass Morgan das Weiße Haus besuchte, nachdem Wilson öffentlich gegen die Bankeninteressen Wahlkampf gemacht hatte. Es stellte sich aber heraus, dass Morgan mit Wilson über die Finanzierung eines Krieges redete. Und in der Tat, als der Krieg begann und die Vereinigten Staaten sofort die Franzosen und die Briten finanzierten, geschah dies wegen des Vorstoßes der Morgan Bank, dies zu tun, und während des Verlaufs des Krieges finanzierte oder leitete die Morgan Bank 75 Prozent aller privaten Gelder und Investitionen, die in die US-Kriegsführung und an die Verbündeten der USA gingen. Es bestand eine sehr enge Zusammenarbeit zu diesem Zeitpunkt zwischen der Morgan Bank, um die anderen Banken zu organisieren, und Woodrow Wilson. Sie sind sehr direkt miteinander verbunden, da Länder dazu neigen, ohne Geld nicht in der Lage zu sein, in den Krieg ziehen zu können.

LS: War der Vertrag von Versailles von Vorteil für die Großbanken an der Wall Street?

NP: Was beim Vertrag von Versailles passierte, es gab da einen Morgan-Partner, der aktiv mit Woodrow Wilson zusammenarbeitete, als der Vertrag ausgehandelt und unterzeichnet wurde, ein Mann namens Tom Lamont, der an der Morgan Bank seit Jahrzehnten und auch danach beteiligt war. Im Jahre 1919 war er maßgeblich für die Aushandlung der Reparationen, die Teil des Vertrags von Versailles werden sollten. Ein Grund dafür war, dass es wichtig für die Banken war, vor allem für die großen Banken, irgendeine Art von Stabilität in Europa zu haben, so dass sie sich grundlegend an Investitionen beteiligen konnten, am Wiederaufbau der Infrastrukturen in Europa. Und sie würden den Wiederaufbau der Infrastrukturen auf allen Teilnehmerseiten des Weltkriegs finanzieren.

Sie profitierten davon, weil sie in der Lage waren, ihre Reichweite und ihr Geschäft in Europa in einer Weise zu erweitern, zu der sie vor dem Krieg nicht in der Lage waren; der Vertrag selbst am Ende des Krieges war also sehr hilfreich. Natürlich war der Vertrag letztlich nicht hilfreich genug, denn wir hatten danach einen zweiten Krieg, nach dem großen Crash von 1929 und der großen Depression, durch den die Banker die US-Regierung weiterhin drängten, bei der Finanzierung einiger der Länder zu helfen, mit denen sie auch private Finanzierungen unternahmen, um die private Finanzierung weiterhin durchführen zu können. Es gab eine Reihe von Abkommen nach dem Vertrag von Versailles, an denen die Banker beteiligt waren, denn der Vertrag von Versailles funktionierte nicht wirklich gut genug, und bei denen sie nach wie vor in der Lage waren, die US-Regierung zur Finanzierung von bestimmten Umstrukturierungen in Europa zu drängen, so dass sie darauf huckepack Bankengeschäfte machen und ihre eigene finanzielle Reichweite in Europa abermals erhöhen konnten.

LS: War die Federal Reserve ein entscheidender Faktor beim Erzeugen des großen Crashs von 1929?

NP: Sie war kein ganz so großer Faktor, denn damals schob die Fed nicht so viel billiges Geld in die Wall Street wie heute. Aber sie war ein Faktor; in der Tat war einer der Chefs der großen sechs Banken, Charles Mitchell, auch ein Direktor der New Yorker Federal Reserve und Vorsitzender der National City Bank. Während die Märkte in der ersten Jahreshälfte 1929 ins Wanken zu geraten begannen, drängte er die ganze Fed dazu, die Zinsen zu senken, um billigeres Geld und Liquidität im System zu ermöglichen, weil er aus den Bilanzen seiner eigenen Bank und von seinen Geschäften her wusste, dass die Dinge zutiefst problematisch standen.

In einer gewissen Weise mögen die Schritte der Fed die Intensität des Absturzes noch verschärft haben, aber es waren wirklich die Manöver der größten Banken, die die Hauptursache waren. Sie waren in alle möglichen Arten von Spekulationen nach dem Ersten Weltkrieg beteiligt, da die drei Präsidenten in den Vereinigten Staaten nach dem Ersten Weltkrieg, Warren Harding, Calvin Coolidge und Herbert Hoover, eine Nichteinmischungspolitik betrieben, was die Arten von Spekulationen anging, in denen sich diese Banker engagieren konnten, und auf jeden Fall engagierten sie sich in einer Menge. So auch der Finanzminister zu der Zeit, Andrew Mellon, der selbst ein Gauner war; er war ein Millionär, ein Industrieller, und er hatte auch eine Bank geführt. Er schied schließlich in Schande aus der Hoover-Administration wegen des Verdachts verschiedener Arten der Steuerflucht und des Benutzens der Steuerpolitik aus, die er geschaffen hatte, um sich in dieser ganzen Spekulationsblase zu behelfen. Wirklich jeder war also beteiligt.

LS: Hat die Politik der Fed während der Großen Depression irgendetwas Gutes bewirkt?

NP: Erneut nicht wirklich. Die hauptsächliche politische Maßnahme, die während der Großen Depression half, waren der Glass-Steagall Act und das Vertrauen, den er bei der US-Bevölkerung in das Bankensystem einflößte, weil diese Gesetzgebung nicht nur die spekulativen Aktivitäten vom Geld der Einleger trennte, sondern auch die Möglichkeit für die Menschen im Lande, für die Steuerzahler, die zusätzlichen Risiken im Zusammenhang mit dem, was die Bankenbranche tat, schultern zu müssen.

Die Federal Reserve spricht heute über die damalige Federal Reserve, als sei diese beim Helfen der Weltwirtschaftskrise beteiligt gewesen (obwohl Ben Bernanke behauptet, sie hätte schneller helfen sollen); aber die Realität ist, dass sie nicht so entwickelt war, wie es heute geworden ist; es war keine ganz so ausgereifte Fed. Eine Menge dessen, was los war, musste von der Gesetzgebung kommen, vom Führungspersonal kommen, vom Grunde auf kommen, und ein Bankenführer im Besonderen, der Vorsitzende von Chase unter FDR, Winthrop Aldrich, arbeitete mit FDR beim Anschieben und der Förderung und Befürwortung des Glass-Steagall Acts zusammen, weil er glaubte, es sei für die Nation und für das Vertrauen in die Banken im Allgemeinen wichtig, ein sichereres und stabileres System zu haben.

LS: Warum fand eine Machtverschiebung von Morgan zu Rockefeller während und nach dem Zweiten Weltkrieg statt?

NP: Wie ich bereits erwähnte, war die Morgan Bank der herausragende Finanzier gewesen, der 75 Prozent der privaten Finanzierung im Ersten Weltkrieg bestimmte und sehr eng mit Woodrow Wilson und dem Finanzminister zu der Zeit verbunden war. Die Morgan Bank war in die Entscheidungen, die Washington über die Finanzierung der Kriegsanleihen in den Vereinigten Staaten traf, sehr eng eingebunden, um zusätzliche Mittel aufzutreiben. Doch zu der Zeit, als der Zweite Weltkrieg auftrat, war es Chase (die mehr eine Rockefeller-Bank war), und zwar aufgrund von Winthrop Aldrich, dem Vorsitzenden von Chase und Freund von FDR, die auf eine Verschiebung der Kriegsfinanzierung weg von der Morgan Bank drängte.

Die Anstrengungen im Zusammenhang mit dem Liberty Bond, der Kriegsanleihe für den Zweiten Weltkrieg in den Vereinigten Staaten, wurde wirklich von Aldrich sowie der National City Bank angeführt, der anderen großen Bank, die von James Perkins geführt wurde, und nachdem er gestorben war durch ein paar andere Führungskräfte wie Randolph Burgess, der ein Direktor der New York Fed gewesen war, bevor er ein leitender Vizepräsident bei der National City Bank wurde, und der eine sehr enge Beziehung zu Roosevelts Finanzminister Morgenthau unterhielt.

Diese stärkeren Beziehungen zu den Regierungen von FDR, Truman und Eisenhower begannen sich in Richtung Chase und National City zu neigen. Außerdem hatten diese Banken ein anderes Modell als die Morgan Bank, welches darin bestand, dass sie das Geld der einzelnen Leute für die Kriegsanstrengung verwendeten und sie die Leute fragen würden, Konten bei ihnen zu eröffnen und von ihnen zugleich auch Kriegsanleihen zu kaufen. Daher gewannen sie während des Krieges neue Kunden hinzu, was auch zu ihrer Kraft hinterher beitrug, weil ihnen das mehr Kapital für die Zukunft gab, aber auch, weil sie kunstvoll mit Washington engagiert waren, mit der Kriegsanleihe, und mit privaten Finanzierungsbemühungen. Und so kippte die Balance aufgrund von Beziehungen, als auch aufgrund der Philosophie, einfache Leute mehr zu beteiligen.

LS: Wie prägte die Finanzmacht die Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg?

NP: Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Truman Präsident war und die Weltbank gerade durch das Abkommen von Bretton Woods zusammen mit dem IWF und so weiter gegründet worden war, gab es einen Mann namens John McCloy, der unter FDR der Stellvertretende Kriegsminister gewesen war, und er war auch ein privater Rechtsanwalt, der sehr eng mit der Familie Rockefeller arbeitete, mit Nelson Rockefeller und später David Rockefeller. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er gebeten, der zweite Präsident der Weltbank zu werden. Als er die Position akzeptierte, tat er dies unter einer Bedingung – dass die Wall Street der Distributionsmotor für die Anleihen sein würde, die viele Initiativen der Weltbank finanzierten. Er bat also um etwas außerhalb der Gesetzgebung, und zwar aufgrund von Gesprächen, die er mit Trumans Finanzminister gehabt hatte – dass die Wall Street wirklich der Entscheider darüber wäre, welche Länder die Weltbank unterstützen würde. (1)

Diese Länder waren kapitalistische Länder, und im Kalten Krieg bekamen die kapitalistischen Länder bessere Angebote. Die Eisenhower-Regierung würde die Länder finanzieren, die am meisten mit den Idealen von John McCloy übereinstimmten, der späterhin der Vorsitzende von Chase wurde, wie auch mit andere Bankern der Zeit. Viel von dem, was militärisch als auch finanziell in Form der amerikanischen Expansion nach dem Zweiten Weltkrieg und durch den Kalten Krieg passierte, war an Finanziers ausgerichtet, die militärische Unterstützung durch die USA bekamen, und die ideologische Unterstützung in der Regierung der Vereinigten Staaten wollte, dass die Banker Niederlassungen in den Ländern eröffneten, in denen sie Tritt gefasst hatte. Es gab diese gegenseitige Ausrichtung, als Amerika seinen Supermacht-Status, politisch und finanziell, nach dem Krieg wachsen ließ. Die Weltbank und der IWF waren nur Komponenten oder Instrumente bei diesem Wachstum.

LS: Ein Teil des Bretton-Woods-Systems war, dass der US-Dollar fast so gut wie Gold war. Warum befürworteten so viele prominente US-Banker die Beendigung des Goldstandards Ende der 1960er Jahren, Anfang der 1970er Jahre? Könnte es sein, dass der Goldstandard als wirksame Kontrolle über exzessives Finanzsektor-Wachstum und missbräuchliche Praktiken der Banken dient?

NP: Oh, Gold war absolut eine wirksamere Bremse übermäßigen finanziellen Wachstums und von Missbräuchen. Gold war auf eine Art eine effektive Regulierung. Es hielt die Expansion der Banker zurück, weil sie einen gewissen Reservebetrag beiseite legen mussten, und zwar mit einem realen Vermögenswert, an dem andere Welt-Teilnehmer ebenfalls Teilhabe hatten. Aus diesem Grund besaßen US-Banker weniger Kontrolle über die Bewegung des Goldes in und aus ihren Firmen. Sobald sie die US-Regierung überzeugt hatten, vom Goldstandard und von der Erfordernis abzurücken, dass Gold Transaktionen oder Spekulationen oder Expansionen decken musste, hatten sie Zugriff auf ein ganz neues Expansionsniveau.

Deshalb ziehen sie heute Null-Zins-Geld vor, billiges Geld, so dass sie weniger Hindernisse für ihre Aktivitäten haben. Dies ist Teil des gleichen Musters und der gleichen Logik, um vom Goldstandard abzurücken – sie bevorzugen den weniger eingeschränkten Weg zur Spekulation. Es gab eine enorme Expansion der globalen US-Bankeninteressen, die bereits nach den Kriegen begonnen hatte, aber anstieg, nachdem der Goldstandard beseitigt war, weil es einfach leichter zu machen war. Es gibt einfach weniger Barrieren für die Banker. Sie befürworteten sehr öffentlich, dass der Goldstandard entfernt werden sollte, und in der Tat, als Nixon ihn schließlich 1971 aufkündigte, kam nicht er selbst mit der Idee daher; dies war etwas, wofür sich Walter Wriston, der Vorsitzende der National City Bank, und David Rockefeller, der Vorsitzende der Chase, sehr stark gemacht und sich durch Briefe und Korrespondenzen und andere Arten von persönlichen Gesprächen, die ich in meinem Buch bespreche, eingesetzt hatten.

LS: Denken Sie, dass Gold eine Zukunft im Währungssystem haben wird?

NP: Ich denke, dass es sicherlich viele Menschen gibt, die das in Ländern außerhalb der USA wollen, aufgrund dessen wie sich das Finanzsystem global entwickelt hat; insbesondere die US-Banken haben so viel Macht, politisch und finanziell. Politisch wegen ihrer Allianz mit der US-Regierung, und finanziell, weil sie so viel billiges Kapital ohne Reserven wie Gold dahinter gehebelt haben.

Aber das ist auch der Grund, warum ich denke, dass es eine sehr große Machtverschiebung brauchen wird, politischer und finanzieller Macht, damit Gold wirklich … diese Art von Zukunft hat – weil diese Banker werden das vehement bekämpfen. Diese Institute, diese Beziehungen, die sie mit der Führung in Washington und mit der Federal Reserve haben, zeigen, welch enorme Menge an Kraft investiert worden ist, damit es keine Golddeckung bei spekulativen Transaktionen und Expansionen in der ganzen Welt gibt.

Also ich denke, es wird ein sehr harter Kampf für Gold werden, um ein Comeback als tatsächliche Erfordernis zur Deckung von Spekulationen zu machen. Es wird eine sehr lange Strecke sein, wenn es in Anbetracht des Widerstands dagegen von einer sehr stark konzentrierten und mächtigen politischen und finanziellen Allianz in den USA überhaupt möglich ist.

LS: Eine Sache, die den US-Dollar seit Anfang der 1970er Jahre unterstützte, war die Tatsache, dass Öl nur in US-Dollar verkauft wurde. Wie hat der Petrodollar in den 1970er Jahren das Verhältnis zwischen der Wall Street und Washington verändert?

NP: Das ist eine ausgezeichnete Frage, weil die Geschichte, die ich von den frühen 1900er Jahren bis zu den 70er Jahren zurückverfolgte, eine Geschichte von sehr engen Beziehungen ist, Familienbeziehungen und gesellschaftlichen Verbindungen zwischen Bankern an der Wall Street und den Führungskräften in Washington, die primär in der politischen Ausrichtung auf der gleichen Seite standen. Aber von der Zeit an, da die Banker entdeckten, dass sie beim Recycling von Petrodollar beteiligt sein konnten, dem Geld, das in US-Dollar aus den Öl-Gewinnen im Nahen Osten gemacht wurde, begannen sie nicht einmal mehr so zu tun, als ob sie sich an US-Politiken ausrichteten, die der nationalen Bevölkerung zu Hause oder Menschen weltweit halfen.

Plötzlich hatten sie diese Außenquelle von enormer Profitabilität und für Kapital, das sie dann in den lateinamerikanischen Ländern als Schulden recyceln konnten, wohin sie expandieren wollten, aber nun hatten sie dieses zusätzliche Kapital, mit dem sie es tun konnten. Sie fingen an, sich aus der Angleichung an die Regierung auszuklinken, außer wenn es ausschließlich ihre eigenen Interessen entgegenkam, auch wenn sie heute immer noch enge Beziehungen zu den Elite-Mitgliedern der US-Regierung haben und auch weiterhin auf ihre eigenen Interessen pochen. Darüber hinaus ist die Verantwortlichkeit aus der Zeit vor 1970 gesunken, während die Rücksichtslosigkeit in den mächtigsten Wall-Street-Banken und -Bankern zugenommen hat.

LS: Ja. Eine Illustration dessen könnte das Folgende sein: In Ihrem Buch schreiben Sie über die Revolution im Iran im Jahre 1979 und wie diese zum Teil durch sehr egoistische Aktionen, die von David Rockefeller unternommen wurden, verursacht worden ist. Könnten Sie uns dazu bitte mehr erzählen?

NP: Ja, ich verbrachte viel Zeit in allen Bibliotheken der Präsidenten in meinem Buch, aber in Jimmy Carters Archiv in Atlanta, Georgia haben sie ein System, das RAC-System genannt wird, das viele Akten, insbesondere Akten der nationalen Sicherheit umfasst, die kürzlich vorgestellt wurden. Durch die Rückverfolgung war es offensichtlich, dass es eine Menge Spannung in Washington ob der Beziehungen gab, die David Rockefeller mit dem Schah von Persien vor der Iran-Krise, während der Iran-Geiselkrise, aber auch danach hatte, als Chase einseitig etwas sehr Draufgängerisches zu tun entschied, auf Antrag von David Rockefeller, und das war, eine Zinszahlung von der iranischen Zentralbank nicht zu akzeptieren. Chase beschloss dies ohne Rücksprache mit einem Konsortium von Kreditgebern für dieses Darlehen, einschließlich der europäischen Kreditgeber als auch der US-Kreditgeber, und nachdem die Zinszahlung nicht akzeptiert wurde, erklärten sie die Bank dann als zahlungsunfähig.

Dies war die erste Zahlungsunfähigkeit, die jemals für die iranische Zentralbank eingetreten war, und das erhöhte wirklich die Spannungen ob dessen, was mit der Geiselkrise im Allgemeinen und den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran im Besonderen passierte. Selbst am Ende der Geiselkrise lief die Vereinbarung, die Geiseln freizulassen, auf das Zurückerhalten einer Menge der Gelder hinaus, die von Chase und anderen Banken beschlagnahmt worden waren, und das ging bis zu den letzten Augenblicken vor der Freilassung der Geiseln so weiter, die unter Ronald Reagans Regierung und nicht der von Carter kam. Es gab eine Menge von Aktivitäten zwischen den beteiligten Banken über das Ändern von Zahlen und dem Misstrauen von Zahlen auf Seiten der USA gegenüber dem Iran, und so weiter.

Es ist eine sehr komplizierte Geschichte, aber im Wesentlichen zeigt sie, dass David Rockefellers Beziehung zum Schah ein Teil dessen war, warum die Geiselkrise überhaupt passierte, und für die Tatsache, dass sie so lange dauerte, insbesondere die Verhandlungen am Ende, bei denen es um Geld ging. Das waren Probleme, die durch Chase und andere Banken, die die ganze Sache verzögerten, verursacht wurden.

LS: Lassen Sie uns schnell vorwärtsspringen. Sehen Sie die Finanzmacht der USA auf dem Globus im Niedergang begriffen?

NP: Ich nicht, weil – und das ist anders als das, was viele meiner Zeitgenossen sagen –, aufgrund dieser Machtallianz, die besteht, wegen der Festigkeit und den historischen Verbindungen zwischen dem Weißen Haus und den mächtigsten Akteuren und Institutionen und Vermächtnissen an der Wall Street. Es steht so viel auf dem Spiel für beide Seiten, und es werden solche epischen Subventionen ans Finanzsystem gegeben wie es ist, da dies die Macht der Regierung in Washington und umgekehrt stärkt.

Das ist der Grund, weshalb die Regierung diesen großen Bankern und Instituten erlaubt, mit dem, was sie tun, davonzukommen, und weshalb sie sie in dem Umfang subventioniert, in dem sie es tut. Diese Banken werden künstlich durch Subventionen gestützt, und nicht von ihrer eigenen inhärenten Rentabilität. Dies ist eine sehr gefährliche Position, in der sie sich befinden, und in die sie uns alle hineinbringen. Die Fed hält 4,2 Billionen Dollar an Wertpapieren, die aufgrund eines epischen Anleiheaufkaufs in ihrer Bilanz stehen, zusätzlich zur Verfolgung einer Nullzinspolitik seit fast sechs Jahren in der Folge der Krise von 2008.

Das ist nur ein weiterer Hinweis darauf, wie viel Kraft, wie viel Macht aufgewendet wird, und wie viel dumme, aber echte Entscheidungen in Washington gemacht werden, um diese Machtallianz zu bewahren. Ich glaube nicht, dass es derzeit irgendeine andere Nation in der Welt gibt, die eine so starke und historische Verbindung zwischen ihrer Politik und ihrem Bankensystem hat, und das ist der Grund dafür, warum die USA weiterhin das tun, was sie tun, und warum sie diese Entscheidungen treffen und in diesem Machtspiel Straflosigkeit für diese Personen ermöglichen. Ich denke, solange es so viel Subventionierung und so wenig Verantwortlichkeit im Bankensystem gibt, wird die US-Finanzmacht bewahrt werden. Es ist eine schlechte Art und Weise der Machterhaltung, aber ich denke, dass ist das, was wir jetzt sehen und sehen werden.

LS: Eine spontane Frage: Glauben Sie, dass die Geheimdienste der USA ebenfalls daran beteiligt sind; bei der Aufrechterhaltung des Finanzsystems in den USA?

NP: Das ist nicht wirklich etwas, was ich in meinem Buch recherchiert habe und es wirft wirklich ganz andere Probleme auf. Aber Geheimdienstsysteme in den USA bilden Teile des Klebstoffs zwischen – aus technologischer Sicht – dem Finanzsektor und der Regierung. Nationale Sicherheitspolitiken sind im Allgemeinen mit der Politik der Expansion der Banken seit Jahrzehnten in Linie gebracht worden. Und wie ich zuvor über die Analyse der 70er Jahre erwähnte, das waren nationale Sicherheitsdokumente, die ich sah, nicht Aufzeichnungen des Schatzamts, um herauszufinden, was während der Iran-Geiselkrise wirklich vor sich gegangen war; drum bin ich sicher, dass wir mit den Jahren mehr Dokumente sehen werden, die eine starke Ausrichtung jüngerer Initiativen der nationalen Sicherheit mit den politischen und finanziellen Eliten zeigen werden.

LS: Wie sehen Sie das Endspiel der anhaltenden Finanzkrise und wie können sich die Menschen darauf vorbereiten?

NP: Das ist ebenfalls eine ausgezeichnete Frage. Das Endspiel ist das Spiel, in dem wir uns jetzt befinden. Die großen Finanzakteure sind in der Folge der Krise von 2008 in absurder Weise von Regierungen subventioniert worden, vorwiegend in den USA, wie wir besprochen haben, aber auch in Europa – die EZB hat einige rekordartige Entscheidungen getroffen, um die größten Banken in Europa zu bewahren und um ihnen zu helfen.

Ich sehe sich das fortsetzen, und das Ergebnis wird mehr Konzentration und Konsolidierung in den Händen der größten Banken und der größten Bankenführer sein, als wir jemals zuvor gehabt haben. In den USA beispielsweise haben die sechs großen Banken heute mehr Vermögenswerte, mehr Einlagen, und kontrollieren mehr Derivate, als zu jedem anderen Zeitpunkt in der Geschichte der USA. Indem eine kleine Gruppe von Personen und Instituten so viel Kapital und implizit auch diese Verbindungen zu politischen Eliten kontrolliert, wird dieses Spiel weitergehen; diese Konzentration von mehr Macht und Kapital geht weiter.

Wo geht das hin? Ich meine, bisher ist es in Bezug auf eine Stabilisierung der Situation für den Einzelnen weiter in die falsche Richtung gegangen. Wie können wir uns also schützen? Wir können das Geld, das wir in den größten Banken halten, minimieren. Selbst wenn wir Hypotheken in jenen Banken haben, können wir dennoch versuchen, die anderen Kapitalbeträge, die wir einbeziehen, zu minimieren, denn das ist ein Weg, um zumindest teilweise außerhalb dieses manipulierten Systems zu stehen. Ich denke, das ist wichtig. Wir müssen erkennen, dass die Euphorie dieser vermeintlichen Erholung, von der wir seit etwa 2009 zu hören bekommen, wirklich eine Erholung ist, die auf dem Rücken von Null Prozent Zinsen und eines epischen Anleiheaufkaufprogramms und all der anderen Dinge hergestellt wurde, die hinter den Kulissen zwischen Politiker und Bankenführern vor sich gehen, die das Aussehen von Gesundheit bewahren, aber in Wirklichkeit ein falsches Erscheinungsbild erzeugen.

LS: Eine letzte Frage: Warum haben Sie Ihre Karriere im Bankenwesen aufgegeben, Nomi?

NP: Ich war damit durch, und das war jetzt vor mehr als zwölf Jahren. Für mich war es eine Entscheidung, die sich schon lange zusammengebraut hatte, und im Jahre 2001 war es eine Kombination aus dem Enron-Skandal, WorldCom, 9/11, wissen Sie, ich war für eine Weile im Bankenwesen tätig gewesen und habe gesehen, wie sich eine Menge Dinge änderten in der Zeit, als ich dort war, die meine eigene Enttäuschung über die Arten von Leuten, die in den Instituten aufstiegen, anheizten. Es war alles zutiefst zuwider: der Grad der Geheimhaltung, der Grad schierer – nicht nur Gier -, sondern diese Verweigerung von Transparenz, um Kunden oder Klienten oder Investoren in Bezug auf die Transaktionen und Wertpapiere, die geschaffen wurden, zu erklären, was die Nachteile dieser Transaktionen waren. Als ich an der Wall Street anfing, war es für uns wichtig, Kunden die Kehrseite eines bestimmten Handels aufzuzeigen. Wissen Sie, wenn Sie dies kaufen, wenn Sie dies verkaufen, wenn Sie diese Kombination vornehmen, dann könnte dies in einem negativen Szenario passieren. Aber das wurde etwas von immer weniger Interesse im Bankenwesen. Der Markt für Kreditderivate explodierte natürlich zu der Zeit, als ich die Branche verließ.

Ich warnte davor, was passieren würde, als ich eine Schriftstellerin wurde; in meinem ersten Buch „‚Other People’s Money“ (“Das Geld anderer Leute“), das im Jahr 2004 herauskam, im Zuge der Abschaffung des Glass-Steagall Acts, wenn wir nicht Glass-Steagall zurückbekämen, wenn wir den Weg von Kreditderivaten und CDOs und des Benutzens von Darlehens, um fehlerhafte Wertpapiere aufzupolstern, weitergingen – dass wir im Begriff wären, eine große Krise zu schaffen, und so kam es denn. Ich glaube immer noch, dass es wieder geschehen wird. Was ich jetzt tue, ist zu versuchen, Menschen vor dem zu warnen, was geschieht – mit den Erfahrungen, die ich gewonnen habe, während ich dort tätig war. Die Enttäuschung und Kritik, die ich empfand, als ich ging, habe ich mir bewahrt. Und ich denke, ich bin öffentlich bestätigt worden. Außerdem habe ich ein viel besseres Leben als Schriftstellerin als vorher als Bankerin, weil ich auch mit meinem eigenen Gewissen viel klarer im Reinen bin.

Anmerkung des Übersetzers:

(1) Vgl. Nomi Prins: “Weltbank und IWF: Die Expansion der Wall Street-Reichweite rund um den Globus“, veröffentlicht auf LarsSchall.com am 3. Mai 2014 unter:
http://www.larsschall.com/2014/05/03/weltbank-und-iwf-die-expansion-der-wall-street-reichweite-rund-um-den-globus/

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3 Responses to “Finanzen sind ein Machtspiel”

  1. Hallo, lieber Herr Schall,

    eindrucksvoll, was Sie da regelmäßig verbreiten. Darf ich in meinem nächsten Newsletter nach einer sehr kurzen Einführung zu diesem Interview weiterleiten?

    Herzlichen Gruß
    Wolfgang Berger

  2. admin sagt:

    gerne!

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