Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 setzen wir den Wochenrückspiegel mit einem Artikel in Gang, der auf jeder x-beliebigen verschwörungstheoretischen Webseite stehen könnte – tut er aber nicht; er steht auf dem Onlineauftritt des Focus parat, und das (allein) macht ihn erwähnenswert – was hier nachzuspüren wäre.

Auf Platz 9 berichtet WDR5 über den Hauptstadtjournalismus, in diesem Fall geht es um die “Hintergrundkreise: Exklusiv, aber vertraulich“ – so der Titel des Beitrags. “Journalisten laden Politiker zum Gespräch – hinter verschlossenen Türen. Hier werden politische Ideen diskutiert, aber auch der neueste Klatsch aus den Parteizentralen. Daniel Bouhs klärt uns über die sogenannten Hintergrundkreise in Berlin auf.“

Den Radio-Beitrag vermögen Sie hier den Gehörgängen zuzuführen.

Auf Platz 8 geht’s weiter mit “Präsidentenverfügung 12333: Reagans Blankoscheck für Überwachung von US-Bürgern“ – denn:

“Ein früherer US-Regierungsmitarbeiter schlägt Alarm: Eine kaum diskutierte Präsidentenverfügung von 1981 biete die Grundlage, um Inhalte und Metadaten von Kommunikation fast ohne Limit zu speichern.“

Mehr dazu hier.

Und dann wird noch das Transkript des Interviews, welches Edward Snowden dem Guardian gab, insbesondere auf Inhalte abgeklopft, die die BRD betreffen – “Snowden über Deutschland: Die Suche nach der Wahrheit wird politischen Prioritäten untergeordnet“, und dies können Sie hier nachlesen.

Auf Platz 7 rangiert ein Artikel, den ich erst recht spät entdeckte, insofern er schon am 10. Juli auf Reuters erschienen ist. In dem Artikel las ich, dass ein Öl-Dienstleistungs-Joint Venture zwischen der chinesischen Firma SPT Energy und dem US-Unternehmen Halliburton gebildet wurde, um in der ländlichen chinesischen West-Provinz Xinjiang Öl und Erdgas zu produzieren. Im Zeichen des Fracking beabsichtigt China, mehrere solche “Allianzen mit globalen Ölfeld-Dienstleistungsunternehmen mit hochentwickelter Bohrtechnologie und Erfahrung“ zu schließen. Weitere Beispiele: Energieprojekte zwischen Weatherford und der Sinopec Group sowie FTS International mit Sinopec.

Wahrscheinlich, so nehme ich an, hoffen die chinesischen Zentrallenker, dass solche Geschäfte wie mit Halliburton die unruhige Region Xinjiang stabilisieren könnten. Darauf weist auch die neulich getätigte Investition von 3,2 Milliarden Dollar hin, um der dortigen Textilindustrie einen Schub zu verschaffen.

Der Artikel zum chinesischen Joint Venture mit Halliburton steht hier bereit.

Auf Platz 6 geben sich die Ökonomen Matthias Weik und Marc Friedrich sowie der Chefanalyst der Bremer LB Folker Hellmeyer die Ehre, um in der Talkshow „3 nach 9“ Crash-Aussichten zu diskutieren – hier auf der Glotze.

Auf Platz 5 empfehle ich einen Bericht der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V., “Ukraine: Ringen um die Machtgeometrie“, in dem es um das neoliberale Assoziationsabkommen zwischen der Ukraine und der “Weltmacht EUropa“ sowie europäisch-russische Machtkonflikte geht – als PDF-Datei hier erhältlich.

Auf German Foreign Policy kommt Dmitri Trenin, Leiter des Moskauer Carnegie Center, in dem Sinne zu Wort, dass das Gebilde “der Westen“ Russland “seit den Umbrüchen von 1989/91 … stets ausgegrenzt, Vorkehrungen gegen einen russischen Wiederaufstieg getroffen und seine eigene Machtsphäre systematisch ausgeweitet (habe). … Selbst nach Beginn des Ukraine-Konflikts hätten EU und USA diplomatische Schritte der russischen Regierung nicht erwidert; Chancen auf eine friedliche Lösung wurden dadurch zunichte gemacht. In Reaktion darauf entstehe eine neue Mächtekonkurrenz ähnlich der Mächterivalität des 19. Jahrhunderts, urteilt Trenin; neben Wirtschaftssanktionen sei dabei ein neuer ‘Informationskrieg‘ in vollem Gange.“

Mehr dazu gäbe es hier.

Und noch einmal Ukraine. Hier können Sie sich ein interessantes Gespräch anhören, dass der ORF zum MH17-Crash mit seinem Korrespondenten in der Ost-Ukraine, Christian Wehrschütz, über den Äther gehen ließ – oder vielleicht am Ende doch eher widerwillig gehen lassen musste?

“Journalisten zum Fürchten“ vermögen’S auf dem Tautenhahn-Blog zu bestaunen: “Es herrschen mehr chaotische Zustände in deutschen Redaktionen als an der Absturzstelle von MH17 in der Ostukraine. Was in der Ostukraine tatsächlich passiert, ist unklar. Klar ist, dass derzeit nicht nur ein mit Waffen geführter Krieg tobt, sondern auch ein Krieg der Worte. Medien und Journalisten aus Deutschland blamieren sich auf ganzer Linie, indem sie Spekulationen, ungeprüfte Informationen sowie persönliche Eindrücke in die Welt hinaus posaunen und diese als Wahrheit verkaufen. Immer häufiger stellt sich dann aber heraus, dass das ergriffene journalistische Wort überzogen war, ja manchmal sogar der Lüge gleicht.“

Dieser Artikel findet sich in Gänze hier.

Auf Platz 4 nimmt sich Patrick Cockburn der Krise im Irak an – oder genauer gefasst dem Sachverhalt: “Wie Saudi-Arabien ISIS half, den Norden des Landes zu übernehmen.“ Cockburn führt den Aufstieg von ISIS zum Teil auf einen langfristigen Plan von Prinz Bandar und der saudischen Elite zurück, die verhassten Rivalen, die Schiiten, auszuschalten, während sie ihre eigene repressive Macht über den Nahen Osten auszuweiten gedenken.

Hier sind ein paar Auszüge:

“Wie weit ist Saudi-Arabien mitschuldig an der Isis-Übernahme des Großteils des nördlichen Irak, und schürt es einen eskalierenden Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten in der islamischen Welt? Einige Zeit vor 9/11 hatte Prinz Bandar bin Sultan, der einst mächtige saudische Botschafter in Washington und bis vor ein paar Monaten Leiter des saudischen Geheimdienstes, ein aufschlussreiches und ominöses Gespräch mit dem Leiter des britischen Secret Intelligence Service, MI6, Sir Richard Dearlove. Prinz Bandar sagte ihm: ‘Die Zeit ist nicht mehr weit im Nahen Osten, Richard, wenn es buchstäblich ‘Gott helfe den Schiiten‘ heißen wird. Mehr als eine Milliarde Sunniten haben einfach genug von ihnen.‘

Der fatale Moment, der von Prinz Bandar vorhergesagt wurde, mag nun für viele Schiiten gekommen sein, indem Saudi-Arabien eine wichtige Rolle dabei spielt, ihn durch die Unterstützung des anti-schiitischen Dschihads im Irak und in Syrien hervorzubringen. Seit der Einnahme von Mosul vom Islamischen Staat im Irak und der Levante (Isis) am 10. Juni, sind schiitische Frauen und Kinder in den Dörfern südlich von Kirkuk getötet worden, und Shia-Luftwaffen-Kadetten wurden mit Maschinengewehren erschossen und in Massengräbern in der Nähe von Tikrit begraben. …

Es besteht kein Zweifel an der Richtigkeit des Zitats von Prinz Bandar, Generalsekretär des saudischen Nationalen Sicherheitsrates von 2005 und Leiter des Geheimdienstes zwischen 2012 und 2014, den entscheidenden zwei Jahren, als Dschihadisten der al-Qaida-Art die bewaffnete sunnitische Opposition im Irak und in Syrien übernahmen. In der vergangenen Woche am Royal United Services Institute sprechend, betonte Dearlove, der den MI6 von 1999 bis 2004 leitete, die Bedeutung von Prinz Bandars Worten und sagte, dass sie ‘einen abschreckende Kommentar (bildeten), an den ich mich in der Tat sehr gut erinnere‘“

Laut Cockburn zweifelte Dearlove die erhebliche finanzielle Unterstützung der Isis von privaten Spendern in Saudi-Arabien und Katar nicht an, und auch nicht, dass sie ein Schlüsselfaktor für den Aufstieg von Isis war.

Überdies, so nun wieder Cockburn, habe von 2011 an der Aufstand der Sunniten in Syrien und die Übernahme dieses Aufstands durch Dschihadisten zu einer Destabilisierung des Iraks geführt – Dschihadisten, welche oftmals Unterstützung in Saudi-Arabien, Katar, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten erhielten. “Immer wieder warnten irakische Politiker davor, dass dadurch, dass nicht die Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien gesucht werde, die westlichen Führer es unvermeidlich machten, dass der Konflikt im Irak neu starten würde.“

Cockburn merkt an:

“Natürlich würden amerikanische und britische Politiker und Diplomaten argumentieren, dass sie nicht in der Position gewesen waren, ein Ende des syrischen Konflikts herbeizubringen. Aber das ist irreführend. Durch das Insistieren darauf, dass die Friedensverhandlungen über Assads Abschied von der Macht zu führen seien, etwas, das nie geschehen würde, da Assad die meisten Städte des Landes hielt und seine Truppen vorgerückt waren, sorgten die USA und Großbritannien dafür, dass der Krieg weiterging. …

Saudi-Arabien hat ein Frankenstein-Monster erschaffen, über das es schnell die Kontrolle verliert. … Auch ist dies nicht der einzige Punkt, an dem Prinz Bandar sich gefährlich irrte. Der Aufstieg der Isis ist eine schlechte Nachricht für die Schiiten des Irak, aber er ist eine noch schlimmere Nachricht für die Sunniten, deren Führung zugunsten einer pathologisch blutrünstigen und intoleranten Bewegung abtrat, eine Art islamische Khmer Rouge, die kein Ziel hat, außer Krieg ohne Ende.“

Der weitere bzw. ganze Artikel von Patrick Cockburn ploppt hier auf.

Auf Platz 3 übersetze ich aus einem aktualisierten Artikel von Nafeez Ahmed, der ursprünglich im Guardian in London erschien. Der renommierte Autor geht davon aus, dass der Zweck der israelischen Angriffe auf Gaza darin bestehe, die beträchtlichen Gasvorkommen, die auf dem Territorium vorhanden sind, unter Kontrolle zu bringen. “Israels Verteidigungsminister“, so ist in seinem Artikel zu lesen, “hat aktenkundig bestätigt, dass es sich bei den militärischen Plänen, die Hamas zu entwurzeln, um die Erlangung der Kontrolle über Gazas Gasreserven dreht.

Die Eroberung von Gaza beschleunigt sich. Israel hat jetzt seine Bodenoffensive begonnen, die palästinensische Todesopferanzahl auf 260 bringend, 80% davon Zivilisten.

Weitere 1.500 wurden verletzt und 1.300 palästinensische Häuser sind zerstört worden. Israels Ziel ist angeblich die ‚Wiederherstellung der Stille‘ durch die Beendigung der Raketenangriffe der Hamas auf Israel.

Am vergangenen Dienstag kündigte der israelische Verteidigungsminister und ehemalige Generalstabschef der isrealischen Armee Moshe Ya’alon an, dass die Operation Schutzrand (Operation Protective Edge) den Beginn eines langwierigen Angriffs auf die Hamas markiere.

Die Operation ‚wird nicht in wenigen Tagen enden'“, sagte er und fügte hinzu, dass ‚wir uns vorbereiten, die Operation mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln auszuweiten, um Hamas kontinuierlich anzugreifen.‘

Der Preis wird sehr teuer sein … ja, 4 Milliarden US-Dollar!

Am nächsten Morgen fuhr er fort:. ‚Wir führen Angriffe, die der Hamas einen sehr hohen Preis abverlangen. Wir zerstören Waffen, Terror-Infrastrukturen, Befehls- und Kontrollsysteme, Hamas-Institutionen, Regime-Gebäude, die Häuser der Terroristen, und töten Terroristen verschiedener Befehlsebenen. …

Die Kampagne gegen die Hamas wird in den kommenden Tagen ausgeweitet, und der Preis, den die Organisation zahlen wird, wird sehr teuer sein.’“

Ahmed erwähnt, dass sich Ya’alon im Jahre 2007, ein Jahr vor der Operation Gegossenes Blei (Operation Cast Lead), auf die Gasfunde vor der Gazaküste, die 2000 entdeckt worden waren, konzentrierte – Wert: geschätzte 4 Milliarden US-Dollar. Ahmed zufolge verwarf Ya’alon die Vorstellung, dass diese Entdeckungen zu “einem wirtschaftlich lebensfähigeren palästinensischen Staat“ führen würden; die Verkaufserlöse dürften “wahrscheinlich der Finanzierung weiterer Terrorangriffe gegen Israel dienen“, so schätzte er die Lage ein.

„‚Ein Gasgeschäft mit der palästinensischen Autonomiebehörde wird per Definition die Hamas miteinbeziehen. Hamas wird entweder von den Lizenzgebühren profitieren oder es wird das Projekt sabotieren und Angriffe starten gegen die Fatah, die Gasanlagen, Israel – oder gegen alle drei …

Es ist klar, dass ohne eine umfassende Militäroperation, um die Hamas-Kontrolle über Gaza zu entwurzeln, keine Bohrungen ohne Zustimmung der radikal-islamischen Bewegung stattfinden können.‘

Ressourcen-Wettbewerb ist das Herzstück des Konflikts

Operation Gegossenes Blei war nicht erfolgreich mit der Entwurzelung der Hamas, aber der Konflikt nahm das Leben von 1387 Palästinensern (773 von ihnen waren Zivilisten) und 9 Israelis (3 davon waren Zivilisten).

Seit der Entdeckung von Öl und Gas in den besetzten Gebieten ist zunehmend ein Ressourcen-Wettbewerb in den Mittelpunkt des Konflikts geraten, der weitgehend von Israels zunehmenden einheimischen Energie-Leiden motiviert wird.

Mark Turner, Gründer der Research Journalism Initiative, berichtete, dass die Belagerung des Gazastreifens und der folgende militärische Druck entwickelt worden waren, um Hamas als ‚eine lebensfähige politische Einheit in Gaza (zu eliminieren)‘, um ein ‚politisches Klima‘ zu erzeugen, das für einen Gas-Deal förderlich wäre.

Dies beinhaltete die Rehabilitierung der besiegten Fatah als der dominierende politische Akteur in der Westbank, und das ‚Ausnutzen der politischen Spannungen zwischen den beiden Parteien, die Kräfte bewaffnend, die loyal zu Abbas standen, und die selektive Wiederaufnahme der finanziellen Unterstützung.‘

Ya’alons Kommentare aus dem Jahre 2007 zeigen, dass das israelische Kabinett nicht nur besorgt über Hamas ist – sondern besorgt darüber, dass die Gas-Ressourcen, wenn die Palästinser sie entwickeln, und die daraus resultierende wirtschaftliche Transformation grundlegend die palästinensische Schlagkraft erhöhen könnten.

Es wird nicht umsonst Leviathan genannt

Unterdessen hat Israel aufeinanderfolgende Entdeckungen in den letzten Jahren gemacht – wie das Leviathan-Feld“ – welches Israel, so Ahmed, „von einen Energieimporteur in einen aufstrebende Energieexporteur verwandeln könnten, der die Ambitionen hat, nach Europa, Jordanien und Ägypten zu liefern.“ Allein,  ein Großteil des Öls und Erdgas im Levantebecken „liegt in Hoheitsgewässern, wo die Grenzen zwischen Israel, Syrien, Libanon, Gaza und Zypern heiß umstritten sind.

Inmitten dieses regionalen Gerangels um Gas steht Israel vor seinen eigenen, wenig verstandenen energiepolitischen Herausforderungen. Zunächst könnte es bis zum Jahr 2020 dauern, ehe ein Großteil dieser inländischen Ressourcen mobilisiert werden kann.

Schlimmer noch, ein Brief aus dem Jahre 2012 von zwei Chef-Wissenschaftlern der israelischen Regierung – den die israelische Regierung entschied, nicht offen zu legen – warnte die Regierung davor, dass Israel noch nicht genügend Gas-Ressourcen habe, um die Exporte trotz aller erstaunlichen Entdeckungen aufrecht zu erhalten. Der Brief erklärte laut Ha’aretz:

‚Wir glauben, Israel sollte seine Nutzung von Erdgas bis 2020 erhöhen und sollte kein Gas exportieren. Die Schätzungen der Erdgas-Behörde sind mangelhaft. Es gibt eine Lücke von 100 bis 150 Milliarden Kubikmetern zwischen den Bedarfsprognosen, die dem Ausschuss vorgelegt wurden, und den jüngsten Projektionen. Die Gasreserven werden wahrscheinlich sogar weniger als 40 Jahren andauern!‘

Israels drohende Stromkrise

Wie Dr. Gary Luft – Berater des US-Energie-Sicherheitsrats – im Journal of Energy Security schrieb: „mit der beschleunigten Erschöpfung der israelischen Inlandsgasversorgung und ohne einen bevorstehenden Anstieg der ägyptischen Gasimporte, könnte Israel in den nächsten Jahren von einer Stromkrise  konfrontiert werden …

‚Wenn Israel weiterhin seine Erdgas-Pläne verfolgt, muss es seine Bezugsquellen diversifizieren.’“

Nachfolgend stellt Nafeez Ahmed das Geschilderte in den Kontext von Energie-Rekordpreisen in Israel, Verhandlungen mit der Fatah, Plänen von Tony Blair, der russischen Gazprom – aber sehen Sie selbst unter der Überschrift “Gaza: Israel’s $4 billion gas grab“ hier.

Auf Platz 2 meint der Nahostexperte und stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Orient-Stiftung Michael Lüders, dass es der israelischen Seite im Gaza-Konflikt nicht allein darum gehe, die Hamas in die Knie zu zwingen. „Darüber hinaus soll signalisiert werden: Ihr werdet einen eigenen palästinensischen Staat nicht bekommen. Ihr habt zu akzeptieren, dass wir diejenigen sind, die die Rahmenbedingungen eurer politischen Existenz setzen.“ Kräfte hüben wie drüben zielten darauf ab, den Konflikt zu vertiefen. „Das Ganze führt zu einer menschlichen Verrohung auf beiden Seiten.“ Lüders glaubt, dass die Erweiterung des militärischen Einsatzes Israels die Sicherheit der Israelis nicht erhöht und radikale Bewegungen auf der Gegenseite fördert. Darüber hinaus beklagt er die fehlende Kritik aus dem Westen.

Siehe hier.

Derweilen ging die Deutsch-Arabische Gesellschaft mit einer Deklaration zum Krieg in Gaza an die Öffentlichkeit – worüber Sie hier informiert werden.

In einem anderen Video widmen sich Jon Stewart und seine Redaktion unterdessen auf eher heiterer Art dem Wahnwitz in Israel/Palästina – wie hier angeschaut werden könnte. Die Kommentare Stewarts führten hie und da zu Verschnupfungserscheinungen – was wiederum hier erzählt wird.

Hier schlussendlich das Ganze vom All aus.

Und auf Platz 1 konstatiere ich: Wenn der Daily Telegraph, Londons 1855 gegründete konservative Tageszeitung, davon redet, dass die Herrschaft des US-Dollars an ihr Ende gelangt und der Greenback binnen eines Jahrzehnts seine gewohnte Rolle als Weltreservewährung einbüßen könnte, so sollte man dem durchaus Beachtung schenken. Drum hier ein paar von mir übersetzte Überlegungen des Telegraph-Redakteurs Liam Halligan:

“Anfang Juli 1944 versammelten sich Delegierte aus 44 Ländern im Mount Washington Hotel in Bretton Woods, New Hampshire. Ein Drei-Wochen-Gipfel fand statt, auf dem ein neues System vereinbart wurde, um die internationale Währungs- und Finanzordnung nach dem Zweiten Weltkrieg zu regeln.

Die USA waren schon das Handelskraftpaket der Welt, nachdem sie bereits mehrere Jahrzehnte zuvor das britische Empire in den Schatten gestellt hatten. Amerika war auch auf dem Weg, unter den Siegern von ‘Europas Konflikt‘ zu sein“, und dementsprechend war die Konferenz von Bretton Woods US-dominiert; die Vereinigten Staaten gaben die Bedingungen vor, unter denen man sich zu einigen hatte. Dazu zählte vor siebzig Jahren, dass die unbestrittene Vormacht des Dollar zementiert wurde.

“Seitdem”, so Halligan, “wurde der globale Handel größtenteils in Dollar durchgeführt und führende Volkswirtschaften haben den Greenback als ihre vorrangige Reservewährung gehalten.“ Auch würden die Operationen, die vom Internationalen Währungsfond und der Weltbank durchgeführt werden – beide Washington-dominiert mit etwas “französischer Augenwischerei“, so Halligan –, die Dollar-Hegemonie stärken.

“Die Vorteile, die dieses System den USA verleihen, sind enorm. ‘Reservewährungsstatus‘ erzeugt eine riesige Nachfrage nach US-Dollar von Regierungen und Unternehmen auf der ganzen Welt, da sie für Reserven und Handel benötigt werden. Dies hat es aufeinanderfolgenden amerikanischen Regierungen erlaubt, Jahr für Jahr weit mehr auszugeben, als sie an Steuer- und Exporteinnahmen aufbrachten.“

Selbst trotz Richard Nixons Aufkündigung der “zuvor unerschütterlichen Konvertibilität des Dollars in Gold“ wuchs die Dollar-Nachfrage – wenngleich dieser Nixon-Schock freilich einer Zahlungsunfähigkeit gleichkam.

“Deswegen sorgt sich Amerika nicht um Zahlungsbilanzkrisen, da es für Importe mit Dollar zahlen kann, welche die Federal Reserve einfach druckt.“ Hinzu komme der enorme Markt für US-Schuldtitel. Und dieses „exorbitante Privileg“ sei letztlich “das Fundament der amerikanischen Nachkriegshegemonie“ gewesen. “Es ist vor allem der Status des Dollars, der es Washington erlaubte, seinen Willen zu bekommen und finanziellen Druck auf widerspenstige Länder über die Finanzierung des IWF auszuüben, während es Kriege im Ausland finanzierte. Um Politik und Macht zu verstehen, lohnt es sich, dem Geld zu folgen. Und für die letzten 70 Jahre war der Dollar der Herr im Hause.

Das wird nicht so bald ändern. Jedoch fand gerade erst etwas statt, das zeigt, dass der Dollar-Reservewährungsstatus nicht ewig währen wird und ernsthaft dünner werden könnte. Letzte Woche, sieben Jahrzehnte nach Bretton Woods, führten die Regierungen von Brasilien, Russland, Indien und China eine Konferenz in der brasilianischen Stadt Fortaleza, um die Gründung einer neuen Entwicklungsbank zu markieren, die, unabhängig von diplomatischen Feinheiten, wie man sie bezeichnet, die Absicht hegt, mit dem IWF und der Weltbank in Konkurrenz zu treten.

Es war schon lange offensichtlich, dass die BRIC-Länder im Kommen waren. Die Gesamtjahresproduktion dieser vier Volkswirtschaften in den letzten Jahren schraubte sich auf erstaunliche $ 29,6 Billionen (£ 17,3 Billionen) hoch“ – im Vergleich dazu die USA und EU zusammen: $ 34,2 Billionen.

“Amerikas BIP war laut IWF-Zahlen $ 16,8 Billionen, und Chinas war $ 16,2 Billionen“ – will heißen: “Das Gleichgewicht der globalen Wirtschaftskraft befindet sich auf des Messers Schneide. Morgen ist fast schon heute. …

Der Schlüssel für die Zukunft des Dollars ist der Petrowährungsstatus – ob er für den Handel von Öl und anderen führenden Rohstoffen verwendet wird. Auch hier ist der Wandel im Gange. Chinas unersättlicher Energiehunger und Amerikas verstärkter Fokus auf die heimische Produktion bedeuten, dass die Tage der in Dollar eingepreisten Energie gezählt scheinen.

Peking hat zahlreiche Abkommen mit Brasilien und Indien abgeschlossen, die den Dollar umgehen. China und Russland haben auch Rubel-Yuan-Swaps angeschoben, die Amerikas Währung aus dem Bilde verdrängen. Aber wenn Peking und Moskau – der weltweit größte Energieimporteur und der weltweit größte Energieproduzent – das Einpreisen in Dollar fallen lassen, könnte der Leitwährungsstatus‘ Amerikas ins Wanken geraten.

Das würde den Markt für US-Staatsanleihen unterminieren und Washingtons Finanzierungsfähigkeiten bezüglich seiner riesigen und immer noch schneller wachsenden $ 17,5 Billionen an Dollarschulden erheblich erschweren.“

Halligan erinnert an die Gashandelsübereinkunft zwischen China und Russland, die im Mai stattfand, von der niemand wisse, welcher Anteil genau in Yuan-Rubel-Basis laute. “Diese Frage, scheinbar albern, gehört zu den wichtigsten diplomatischen Fragen unserer Zeit.

Im Augenblick … wird der Großteil des russisch-chinesischen Handels immer noch in Dollar abgewickelt. Aber die Kombination aus diesem neuen Gas-Deal und westlichen Sanktionen gegen Russland“ führte zu einer Intensivierung der Bemühungen, Nicht-Dollar-Abwicklungen zu erleichtern.

Ich schließe mich Halligan an, wenn er schreibt:

“Innerhalb eines Jahrzehnts oder so könnte ein ‘Reserve-Währungskorb‘ entstehen, bei dem die Zentralbanken Vermögen in einer Mischung aus Dollar, Yuan, Rupie, Real und Rubel sowie Edelmetallen aufbewahren. Vielleicht wird eine Art von synthetischem Bündel der weltweit führenden Währungen entwickelt werden, wobei der Schwerpunkt nach Jahren des westlichen Geld-Druckens auf Vermögenswerten gelegt werden wird, die durch Rohstoffe und andere Sachwerte gedeckt sind.“

Den gesamten Artikel von Liam Halligan, “The dollar’s 70-year dominance is coming to an end”, vermögen Sie hier ausfindig zu machen.

Erwähnenswert ist auch, was der Ökonom Heiner Flassbeck zum Spitzentreffen der BRICS-Staaten sagt, auf dem diese beabsichtigten, “nach jahrelanger Vorbereitung weitreichende Entscheidungen zur inneren Zusammenarbeit und zu ihrem Außenverhältnis zu verkünden.

Gekreißt hat der Berg zwar lange, herausgekommen ist aber leider nur ein Mäuschen. Sie wollen erstens gemeinsam eine Entwicklungsbank gründen und dafür einhundert Milliarden Dollar aufbringen. Zweitens wollen sie einen Pool an Reserven schaffen, also Reserven zusammenlegen, um im Fall neuer internationaler Spannungen nicht auf den von den USA und von Europa beherrschten Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen zu sein.

Dass eine neue Entwicklungsbank (eine Bank, die Infrastrukturprojekte in Entwicklungsländern finanziert) eine gute Idee ist, wage ich zu bezweifeln, denn es gibt derer schon sehr viele, nationale und internationale, so dass die Finanzierung von großen Prestigeprojekten (wenn man sich denn darauf einigen kann!) eigentlich kein Entwicklungsengpass ist.

Reservenpoolung und ein Counterpart zum IWF könnte eine sehr gute und wichtige Idee sein. Aber ich bin skeptisch, weil die bisherigen Versuche mit solchen Ansätzen in den Entwicklungsregionen kläglich im Sande verlaufen sind. In Asien tüftelt man seit der Asienkrise (im Rahmen der sogenannten Chiang Mai Initiative) an einem eigenständigen asiatischen Währungsfonds herum, ohne wirklich weitergekommen zu sein.“

Laut Flassbeck hätte u.a. gesagt werden müssen, “dass man genug hat von der neoliberalen Ideologie, die mit primitiven Mitteln versucht, Länder, die am Boden liegen, auf den „richtigen“ Kurs zu zwingen, obwohl sie nur eine Hilfe bei der Bewältigung von Devisenspekulation brauchen.“

Dieses und anderes sei nicht geschehen, und insgesamt stellt Flassbeck fest, dass “die entscheidende intellektuelle Wende in der internationalen monetären Kooperation fehlt.

Schade, die BRICS sind bisher doch nur another brick in the wall.“

Siehe hier auf Flassbeck-Economics.

Was den zuvor angesprochenen IWF angeht, so hätte ich hier noch etwas von Ambrose Evans-Pritchard im Angebot, “IMF fears ultra-low rates are fuelling bubbles“.

Unterdessen berichtet Koos Jansen, dass die chinesische Goldnachfrage von Juli 2013 bis Juli 2014 knapp unterhalb von 1000 Tonnen lag – siehe hier. (Russland soll im Übrigen, wie andernorts zu lesen war, allein im Juni 2014 an die 500.000 Unzen Gold für seine Zentralbankentresore erworben haben…)

Und Jeff Clark, Edelmetall-Analyst bei Casey Research, befasste sich dieser Tag mit der Frage, wie die Käufe Chinas die Nachfrage und den Preis beim Gold beeinflussen – siehe unter “The TRUTH about China’s Massive Gold Hoard” hier.

Soweit dieser Block.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: RAH BAND – Clouds Across The Moon.

Now, when I look at the clouds across the moon,
Here in the night I just hope and pray that soon,
Oh baby, you’ll hurry home to me…

In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.

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