Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 starten wir mit einer Tatsache durch, die zu früheren Zeiten oftmals als wilde bzw. wechselweise auch krude “Verschwörungstheorie“ ohne jedwede Grundlage weggewischt wurde:

“Sie feuerten auf einen Feind, der gar nicht da war: Vor 50 Jahren lieferten übernervöse Marines den USA den perfekten Vorwand, in den Vietnamkrieg zu ziehen. Die Lüge von der Attacke im Golf von Tonkin wirkte, bis einen Mann das Gewissen packte.“

Der Artikel, der letztendlich doch einiges zu wünschen übrig lässt, steht hier auf der Website des “Sturmgeschwätzes der Demokratie“ parat.

Deutlich erkenntnisreicher geht’s in einem Artikel zu, der dieser Tage von Gareth Porter auf Consortiumnews erschien: “How LBJ Was Deceived on Gulf of Tonkin“ – aufzufinden hier.

Falls man die offizielle Lesart der 9/11-Anschläge anzweifelt, aus denen der “Krieg gegen den Terror“ hervorging, gilt man natürlich heutzutage ebenfalls ganz flink als “Verschwörungstheoretiker“ unterster Schublade. In letzter Zeit werden große Medien mit entsprechender Reichweite und die Politik aber durchlässiger, was das Äußern dieser Skepsis anbelangt. Hierzu fand ich diese Woche einen Artikel auf The Daily Bell vor, der Vermutungen darüber anstellt, weshalb das wohl so ist. Zur plausibelsten Erklärung wird diese erklärt:

“Angesichts all dessen, was zwischen Russland und den USA heute los ist, könnte dies ein massives Machtgerangel unter den beiden Regierungen sein, in dem Putin droht, bestimmte Aspekte zu 9/11 zu entblößen, und die USA versuchen, ihnen mit einer besser geeigneten Version der Ereignisse vorwegzurennen. In dieser Theorie, die die wahrscheinlichste ist, angesichts der bisherigen Hinweislage, ist es ein ungeheures Schachspiel.

Die USA und die NATO beginnen, Russland mit Militärbasen zu umgeben. Schach. Putin droht, Informationen darüber freizugeben, dass 9/11 ein Inside-Job ist, das Fundament vieler Amerikaner in ihrem Glauben an ihre eigene Regierung erschütternd. Schach. Die NATO und die USA versuchen in einem Staatsstreich, die Ukraine zu übernehmen. Schach. Putin schlägt zurück. Schach. Die NATO und die USA bringen ein malaysisches Verkehrsflugzeug herunter und versuchen, es auf Putin zu schieben. Schach. Putin beugt sich nicht und die Weltmeinung steht ihm zur Seite, und die USA beginnen eine Version von 9/11 freizugeben, um Putins Informationen zu diskreditieren. Schach.

Wenn dies der Fall ist, dann ist unsere Theorie darüber, was der Kongress zu 9/11 freizugeben im Begriff ist, dass dies wahrscheinlich eine größtenteils gefälschte Saudi-Arabien-Connection zeigen wird, mit ein paar Prügelknaben in der Bush-Administration, orchestriert als halber ‘Inside-Job‘, der die US-Bevölkerung so wütend und besessen machen wird, dass jeder Beweis, den Putin freigibt, im Lärm verloren geht, da die USA beginnen werden, gegen Saudi-Arabien auf Kriegsfuß zu gehen, einen weiteren Krieg und eine weitere Ablenkung der Öffentlichkeit erzeugend und die Tentakeln des US-Imperiums im Nahen Osten vergrößernd. Schach.“

Auffällig ist in der Tat, dass Russland die von Philip Zelikow und Ernest May vorbereitete Geschichte der 9/11-Kommission nie öffentlich in Frage gestellt hat. Und der Witz ist, dass die „russische“ Nicht-Beteiligung an allem, was mit “Truther“-Bewegung oder -Tätigkeit zu tun hat, kaum jemandem je auffiel oder sauer aufstieß. Jedenfalls hat sich Russlands Präsident Putin zur Angelegenheit 9/11 meines Wissens nach nur ein einziges Mal öffentlich geäußert, und zwar am 15. September 2001, als er in einem MSNBC-Interview zu Protokoll gab, dass er den russischen Geheimdienst vor dem 11. September angewiesen habe, die US-Regierung “in der stärkst möglichen Weise“ vor Angriffen auf Flughäfen und Regierungsgebäude zu warnen.

Den Artikel “The Walls Are Crumbling Down Around 9/11 – Why?” von Jeffrey Berwick finden Sie hier.

Auf Platz 9 stellen wir fest, dass die Buchhaltungsbranche derzeit zu den profitabelsten Geschäftszweigen in den USA zählt:

“Rechnungsprüfung, Steuer-Vorbereitung, Buchhaltung und Lohnbuchhaltung sind kollektiv unter den profitabelsten Branchen laut Sageworks, einem Anbieter von Finanzinformationen zu Privatunternehmen.

Diese Dienste hatten zusammen eine Nettogewinnmarge auf einer Vorsteuerbasis von 19,80 Prozent. Im Gegensatz dazu hatten juristische Dienstleistungen eine Reingewinnmarge von 17,82 Prozent, Öl- und Gasförderung eine Marge von 16,43 Prozent. … Über alle Branchen hinweg lag die Nettogewinnmarge vor Steuern bei 6,90 Prozent in diesem Jahr, im Vergleich zu 5,90 Prozent im Vorjahr.“

Diese Information entnehm ich diesem Artikel hier.

Und dann stellen wir durch die wachsamen Augen von Catherine Austin Fitts fest, dass es in den USA derzeit eine Einigungswelle zu Hypothekenkrediten gibt. Es gälte, alte Verbindlichkeiten hinter sich zu lassen und Geld in Regierungskonten liegen zu haben, wenn Liquiditätsprobleme, gar Bail-ins beginnen, so Frau Fitts – siehe hier.

Der US-Ökonom Lew Spellman seinerseits stellt fest, dass das sogenannte “exorbitante Privileg“, in dessen Genuss die USA in der internationalen Finanzwelt kommen, auf dünnem Eis unterwegs ist.

“Die Bereitschaft des Restes der Welt, einen Block seines Vermögens in US-Dollar denominiert zu halten, bedeutet, dass die US-Asset-Preise gestärkt werden und die USA in der Lage sind, einen wesentlichen Teil ihrer Staatsschulden an ausländische Inhaber zu günstigeren Zinsen zu verkaufen. Dies ist Ausländern als das ‘exorbitante Privileg‘ der USA bekannt. Aber das Privileg wird von einer kurzsichtigen US-Politik verschwendet und Pläne sind im Gange, die Reservewährungen zu wechseln.“

Spellmans Artikel “America’s Exorbitant Privilege is Skating on Thin Ice” lässt sich hier in Betracht ziehen.

Auf Platz 8 dreht es sich zunächst um NASA-Wissenschaftler von den Eagleworks Laboratories in Houston, Texas. Jene präsentierten unlängst auf einer Konferenz in Cleveland, Ohio ein Papier, in dem es um die Erzeugung einer bisher unerreichten Schubkraft geht. Hierzu werden hin- und herspringende Mikrowellen so verwendet, dass sie durch Bewirkung von Unterschieden im Strahlungsdruck eine Reaktion hervorrufen, bei der Schubkraft auftritt – welche interessant sein kann, um innerhalb von Wochen, statt von Jahren zum Mars unterwegs zu sein.

Falls Sie das interessiert, können Sie Ihrer Neugierde hier nachgehen.

Übrigens “hat die Raumsonde Rosetta nach zehn Jahren den Kometen ‘Tschurjumow-Gerasimenko‘ erreicht. Rund eine Milliarde Euro kostet die technische Meisterleistung Europas. Das ist kein rausgeworfenes Geld“, meint Manfred Lindinger in einem Kommentar auf dem Onlineangebot der FAZ. Denn, so schreibt er weiter: “Nun darf man gespannt sein auf Rosettas Entdeckungen. Kometen gehören zu den ältesten Relikten in unserem Sonnensystem. Sie bestehen aus Urmaterie, aus der vor 4,6 Milliarden Jahren unsere Welt entstanden ist. Brachten Kometen tatsächlich Wasser und organische Moleküle, aus denen sich das Leben entwickelte, einst auf die Erde?

Das sind fundamentale Fragen, für deren Beantwortung die europäischen Steuerzahler eine Milliarde Euro aufbringen; auf zehn Jahre gerechnet sind das schätzungsweise zwanzig Cent pro Jahr und Einwohner. Sollte die Mission das Rätsel um die Entstehung unseres Sonnensystems lösen, ist das gut angelegtes Geld.“

Weiteres dazu ploppt hier auf.

Auf Platz 7 geht’s ganz irdischer, ganz menschlicher Art weiter. Und zwar mit: “Tendenziöse Attributierung in deutschen Printmedien: Putin vs. Obama – eine linguistische Analyse“. Hierbei handelt es sich um eine Bachelor-Arbeit, die von Mirjam Zwingli an der Hochschule für angewandte Sprachen in München vorgelegt wurde. In der Zusammenfassung lesen wir:

“Zielsetzung dieser Arbeit ist es, auf pragmalinguistischer Grundlage nachzuweisen, dass in der deutschen Presse die angemessene Objektivität in der Darstellung des amerikanischen Präsidenten Barack Obama und russischen Staatsführers Wladimir Putin nicht gemäß publizistischer Richtlinien eingehalten, und die Meinung der Leser nach eigenem Gutdünken beeinflusst wird.

Dazu war es notwendig, einen politischen Anlass zu finden, zu dem beide Politiker Stellung beziehen. Die Darstellung des Raketenabwehrschirmes in Europa in den Printmedien ist hierfür geeignet, da die Beurteilung dieses Gegenstandes durch die Medien die jeweilige Sichtweise der beiden Politiker zu eben diesem Thema in einem entsprechend positiven beziehungsweise negativen Licht erscheinen lässt.

Stellvertretend für das liberale Spektrum in Deutschland wurde die Süddeutsche Zeitung ausgewählt. Die konservative Ausrichtung wird durch die Frankfurter Allgemeine Zeitung repräsentiert.

Anhand ausgewählter Artikel dieser zwei Leitmedien wurde auf den drei Ebenen Wort, Satz und Text analysiert, mit welchen sprachlichen Mitteln die Verfasser versuchen, ihre persönliche Wertung entweder verdeckt oder offen auszudrücken. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung bestätigen die These der tendenziösen Berichterstattung und sollen dazu beitragen, einen neuen Forschungszweig aus der Verbindung von Medien- und Sprachwissenschaften zu schaffen, der sich mit der Rolle der Medien in der Kriegsvorbereitung beschäftigt.“

Die BA-Arbeit von Frau Zwingli vermögen Sie voll und ganz als PDF-Datei hier in Augenschein zu nehmen.

Zum Thema passt die Unterhaltung, die Afshin Rattansi in seiner RT-Sendung “Going Underground“ mit dem Autor und Dokumentarfilmmacher John Pilger über den Gazakrieg, den Ukrainekonflikt und die jeweilige Berichterstattung in westlichen Leitmedien präsentiert. Sich durch Westmedien meinungsbildend zu informieren, hält Pilger für “keine Option“ – und erklärt dies hier ab Minute 3:42.

Zuletzt sei auf diesem Platz noch auf einen Aufsatz von Hauke Ritz hingewiesen. “Besitzt der gegenwärtige Konflikt zwischen dem Westen und Russland eine kulturelle Dimension?“, so lautet die Fragestellung. Antwort: “Darauf deutet tatsächlich einiges hin. Denn bereits längere Zeit vor Beginn der Ukrainekrise häuften sich Meinungsverschiedenheiten zu kulturellen Fragen“, wobei im Fokus jeweils “die in den letzten Jahrzehnten im Westen entstandene Pop- und Lifestylekultur“ stand. “Aus ihr ist eine ganze Reihe von neuen Werten hervorgegangen, wie z.B. spezielle Rechte für sexuelle Minderheiten. Von westlicher Seite wird diesen neuen Rechten die gleiche Bedeutung beigemessen wie den klassischen, aus der Französischen Revolution hervorgegangenen Menschenrechten. In Moskau betrachtet man dagegen das Vorhaben, diese Kultur und ihre Werte nun auch in Russland zu verbreiten, mit Skepsis. … Was verbirgt sich hinter diesem Streit? Wie ernst ist er? Und wie könnte er überwunden werden?“

Ritz geht davon aus, dass Russland und der Westen zwei antagonistische Weltsichten pflegen:

“Russland vertritt auch heute noch die Werte der Moderne, während der Westen angefangen hat, ganz neue Werte zu entwickeln, postmoderne Werte, die teilweise im Gegensatz zu den Errungenschaften der Moderne stehen.“

Und so läuft es auf die Frage hinaus: “Ist der Kulturkonflikt zwischen Russland und dem Westen letztlich ein Streit zwischen einer modernen und einer postmodernen Weltsicht?“

Ritz führt aus:

“Tatsächlich konzentriert sich die russische Kulturpolitik heute fast durchgängig auf Inhalte, die der Moderne zugerechnet werden können. Die Auflösung kollektiver Identitäten, wie die Postmoderne sie anstrebt, wird von Russland zurückgewiesen. Stattdessen werden zumindest einige dieser Identitäten gepflegt. … Statt auf Individualrechte setzt die russische Kulturpolitik eher auf Familienrechte und ist bemüht, dadurch auch die demographischen Probleme des Landes zu überwinden. Schließlich versucht Russland auch an seinem aus dem 19. Jahrhundert stammenden kulturellen Erbe festzuhalten. Der russischen Kunst, Literatur und Philosophie kommt im öffentlichen Leben eine viel wichtigere Rolle zu als in den Staaten der EU oder den USA. Umgekehrt kommen postmoderne Schulen – wie zum Beispiel Gender Studies – an russischen Universitäten praktisch kaum vor. Merkmale der Postmoderne, wie z.B. Individualismus, Wahrheitsrelativismus, übermäßige Ästhetisierung, Auflösung kollektiver Identitäten und der Übertritt in ein nachchristliches Zeitalter – all diese Facetten der Postmoderne werden in Russland kritisch betrachtet. Das westliche Bemühen um die Befreiung aller möglichen Minderheiten stößt in Russland auf offenes Unverständnis und wird in den russischen Medien nicht selten ironisch behandelt. …

Nun hat aber die postmoderne Weltsicht fast in ganz Europa und den USA den Sieg davongetragen und verfügt dort heute über eine kulturelle Hegemonie. Wer hat nun recht? …

Die Moderne hat über einen Zeitraum von 150 – 200 Jahren die europäische Kultur geprägt. In diesem Zeitraum waren die europäischen Werte in andere Kulturen übertragbar. … Umgekehrt ist es bisher fast nirgendwo gelungen, die Werte der Postmoderne in außereuropäische Kulturkreise zu übertragen. Auch im arabischen Kulturraum, im Iran und in China stoßen die Sichtweisen der Postmoderne auf Kritik. Russland steht mit seiner Skepsis somit nicht allein. Bedeutet das, dass die postmodernen Werte im Gegensatz zu den modernen Werten nicht universeller Natur sind?“

Zu unterstreichen wäre:

“Wenn man den Gedanken zulässt, dass die im Kalten Krieg praktizierte Kulturpolitik zumindest einen Anteil an dem Epochenwechsel von der Moderne zur Postmoderne gehabt hat, so könnte dies verständlich machen, warum sich die Werte der Postmoderne nicht im gleichen Maße wie die der Moderne als universalistisch erwiesen haben. Und warum es soviel schwerer ist, sie in andere Kulturkreise zu übertragen. Denn dadurch, dass die Postmoderne im Kalten Krieg entstanden ist, ist der einseitige Bezug auf die Werte der französischen Revolution grundlegend für ihren Wertekanon geworden. Der Kalte Krieg hat dazu geführt, dass der Westen eine Kultur ausgebildet hat, die sich nur noch auf einen verhältnismäßig kleinen Ausschnitt der europäischen Überlieferung stützt und all jene Aspekte der Aufklärung preisgegeben hat, die im Kalten Krieg vom Sozialismus beansprucht wurden. Zu diesen gehörte etwa das Erbe der europäischen Geschichtsphilosophie.“

Den ganzen Aufsatz können Sie hier als PDF-Datei öffnen.

Auf Platz 6 steht ein Stück, in dem Tim Morgan, ehemals der Researchleiter bei Tullett Prebon, zitiert wird. Morgan präsentierte unlängst auf der Website des Daily Telegraph seine Ansichten zur Fracking-Industrie (“Shale Gas: ‘The Dotcom Bubble Of Our Times’“). Raúl Ilargi Meijer meint dazu:

“Ich mag gerne glauben, dass wir im Laufe der Zeit die Schieferindustrie als eine tragfähige Energiebranche so rigoros abgerissen haben, dass nichts mehr gesagt werden braucht. Aber nein, es muss durch immer mehr gut positionierte Personen wiederholt werden, bevor es sich setzt. So soll’s denn sein.

Die Schlussfolgerung ist, beim Schiefer geht’s um Geld, nicht um Energie. Und als solches ist es ein riesiger Geldabfluss. Es ist kein Asset, es ist eine Sinkhöhle. Wie ich erst letzte Woche zitierte, verlor die US-Schieferindustrie über 110 Milliarden Dollar pro Jahr in den letzten 5 Jahren. Das ist eine halbe Billion Dollar im Abflussloch. In billigen Krediten. Wer wird diese Zeche übernehmen? …

Geld-Broker Morgan konzentriert sich auf Großbritannien und seine unglücklichen Schiefer-Träume:

‘[…] Kaum jemand scheint die eine Frage gestellt zu haben, die sicherlich grundlegend ist: Ist die Schiefer-Entwicklung ökonomisch sinnvoll? Meine Schlussfolgerung ist, dass sie nicht funktioniert. Dass Großbritannien neue Energiequellen benötigt, ist sicherlich unbestritten. Zwischen 2003 und 2013 ist die inländische Produktion von Öl und Gas um 62% bzw. 65% eingebrochen, während die Kohleförderung sich um 55% verringerte. Trotz eines starken Anstiegs bei den Ausgabe für erneuerbaren Energien ist die Gesamtenergieproduktion um mehr als die Hälfte gesunken. […]

Diejenigen, die behaupten, dass Großbritannien vor einem Energieengpass stünde, liegen richtig. Aber diejenigen, die behaupten, dass die Antwort darauf Fracking sei, um Gas aus Schieferformationen zu extrahieren, machen sich schuldig daran, dass Hoffnung vor Realität geht. Das von der pro-Fracking-Lobby hochgehaltene Beispiel sind natürlich die USA, wo Fracking so viel Gas produziert hat, dass der Markt überversorgt ist und die Gaspreise deutlich nach unten gezwungen werden.

Das Problem mit dieser Parallele ist, dass sie auf einem grundlegenden Missverständnis der US-Schiefer-Geschichte basiert. Wir haben jetzt mehr als genug Daten, um zu wissen, was wirklich in Amerika passierte. Schiefer wurde hochgespielt (‘Saudi-Amerika‘) und Investoren haben Hunderte von Milliarden Dollar in den Schiefersektor gekippt. Wenn man so viel investiert, erhält man eine Menge Bohrlöcher […]. Wenn eine große Anzahl an Bohrlöchern in kurzer Zeit in Betrieb gehen können, erhält man eine Menge an anfänglicher Produktion. Dies ist genau das, was in den USA passierte.

Das Schlüsselwort hier ist allerdings ‘anfänglich‘ […] Im Vergleich zu ‘normalen‘ Öl- und Gasquellen, wo die Produktionsmenge jährlich in der Regel um 7% -10% abnimmt, sind die Raten des Niedergangs für Schieferquellen dramatisch verschärft. Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass die Produktion um 60% oder mehr in den ersten 12 Monaten der Operation fällt.‘“

Meijer schreibt:

„Die Dotcom-Blase könnte eine halbwegs passende Metapher für die Schieferindustrie sein, aber ich denke mehr entlang der Linien von Klondike, und jede andere Art von Goldrausch. Plus die Geisterstädte, die sie alle hinterlassen haben.

Und es ist keineswegs nur Schiefer, wo unsere Versorgung mit fossilen Brennstoffen eng wird. Die Probleme, in denen Big Oil ertrinkt, sind viel breiter gestreut.“

Meijer nennt die Arktik als besonderes Beispiel – und geht sodann genauer auf die dortigen Herausforderungen ein, siehe hier.

Auf Platz 5 komme ich auf ein Stück zu sprechen, das vor einigen Wochen schon auf Bloomberg erschien. Dort hieß es unter der Überschrift “Banks Dreading Computer Hacks Call for Cyber War Council“:

“Die größte Handelsgruppe der Wall Street hat laut einem internen Bericht einen von der Regierung und Industrie gebildeten Cyber-Kriegsrat vorgeschlagen, um terroristische Angriffe abzuwehren, die Finanzpaniken durch das vorübergehende Auszulöschen von Kontoständen auslösen könnten.

Der Vorschlag der Securities Industry and Financial Markets Association, als SIFMA bekannt, fordert einen Ausschuss von Führungskräften und stellvertretenden hochrangigen Vertretern aus mindestens acht US-Behörden einschließlich der Treasury-Abteilung, der National Security Agency und des Department of Homeland Security, alles von einem hochrangigen Vertreter des Weißen Hauses angeführt.

Die Handelsvereinigung zeigt in dem Dokument auch, dass SIFMA den ehemaligen NSA-Direktor Keith Alexander damit betraut hat, die gemeinsamen Anstrengungen mit der Regierung zu ‘erleichtern‘. Alexander wiederum hat Michael Chertoff mitgebracht, den ehemaligen US-Minister für Heimatschutz, und seine Firma, die Chertoff Group.“

Siehe dazu hier.

Ferner betrachten Sie zu dem angerissenen Sachverhalt auch dieses hier und dieses hier.

Auf Platz 4 äußert sich der US-Autor Chris Hedges angesichts des Gazakriegs wie folgt:

“Wenn Israel darauf besteht, wie es die bosnischen Serben in Sarajevo taten, die Waffen der industriellen Kriegsführung gegen eine hilflose Zivilbevölkerung zu verwenden, dann hat diese Bevölkerung ein angeborenes Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen. Die internationale Gemeinschaft muss handeln, um entweder die israelischen Angriffe und die Blockade des Gaza-Streifens sofort zu beenden oder das Recht der Palästinenser anzuerkennen, Waffen zu benutzen, um sich selbst zu verteidigen.“

Von der Staatengemeinschaft stünde keine Intervention für die Palästinenser zu erwarten, so Hedges, “und je länger wir in der Weltgemeinschaft versagen, nicht zu handeln, wird die Spirale der Gewalt nur schlimmer werden. …

Gewalt, selbst wenn sie in Selbstverteidigung eingesetzt wird, ist ein Fluch. Sie ermächtigt die Rücksichtslosen und bestraft die Unschuldigen. Sie hinterlässt im Nachhinein schreckliche emotionale und physische Narben. Aber, wie ich in Sarajevo im Bosnienkrieg der 1990er Jahre erfuhr, wenn Kräfte, die es auf Ihre Vernichtung absehen, unerbittlich angreifen, und wenn niemand zu Hilfe kommt, muss man sich selbst helfen.“

Das Versagen der internationalen Gemeinschaft gegenüber den Palästinensern, hat diesen keine Wahl gelassen, so Hedges weiter. Eine Resolution im UN-Sicherheitsrat nach der anderen verging, ohne dass sich merklich etwas änderte für die Palästinenser – außer zum Schlechteren. Hedges erinnert an die ignorierte Sicherheitsrats-Resolution 465 aus dem Jahre 1980 und sagt, dass Israel als Besatzungsmacht eine direkte Verletzung des Artikels III der Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten begehe. “Aber für Israel, wie für die Vereinigten Staaten, hat das Völkerrecht wenig Bedeutung.“

Letztlich gäbe es wenig im Leben der Palästinenser zu wählen, “aber sie können wählen, wie zu sterben ist. Und viele Palästinenser, insbesondere junge Männer, die in überfüllten Hütten gefangen sind, wo sie keine Arbeit und wenig Würde haben, werden einen sofortigen Tod riskieren, um dem langsamen, schmachvollen Tod der Besatzung die Stirn zu bieten.

Ich kann es ihnen nicht vorwerfen.”

Den Artíkel “The Palestinians’ Right to Self-Defense” finden Sie hier.

Abby Martin wiederum schaut sich die Faktenlage hinter dem Stichwort der “menschlichen Schutzschilde” an, die angeblich in Gaza zur Anwendung kommen – schauen Sie mit, und zwar hier.

Auf Platz 3 befasst sich Michael Kraske, freier Journalist und Buchautor in Leipzig, mit dem Schredderhandwerk beim Verfassungsschutz in Sachen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU):

“Der Schredder-Skandal schockierte die Öffentlichkeit und elektrisierte die Medien. Kurzzeitig. Heute ist die Berichterstattung versandet, obwohl drängende Fragen rund um den Verfassungsschutz weiter offen sind. Die Chronik der medialen Ermüdung liefert beunruhigend gute Gründe, nach NSA wieder über NSU zu berichten.“

Es lohnt sich, den Artikel “Geschreddert, vergessen, geschlossen“ hier in Gänze durchzulesen – denn im Grunde, so Kraske, stellt “der Schredder-Skandal … bei genauerer Betrachtung eine unbewältigte Staatsaffäre“ dar.

Auf Platz 2 fand ich zwei Beobachtungen sehr treffend und nahe am Kern, die in einem Interview von US-Politik- und Finanz-Insider David Stockman zu Protokoll gegeben wurden. Die eine steht im Zusammenhang mit der Einschaltung Putins und Lawrows vor einem bevorstehenden Angriff auf Syrien:

“Putin schritt ein, kam mit einer viel besseren Lösung daher, und das war die endgültige Entsorgung aller chemischen Waffen durch das Assad-Regime. Ich denke, dass rührte die Neo-Cons und das, was Sie vielleicht das expansionistische Außenpolitik-Netzwerk in Washington nennen können, wirklich auf. Sie können bei den Nachricht über den Zeitraum nachschauen, nachdem Obama zum Rückzug gezwungen worden war.“

Da hat er nur vergessen, dass dem eine Abstimmung im britischen Parlament vorangegangen war und dass die NeoCons vor allem durch den umgehenden publizistischen Hieb elektrisiert wurden, den Putin der US-amerikanischen Ideologie ausgerechnet in der New York Times und an einem 11. September versetzte. Darin hatte Putin geschrieben, dass er mit Präsident Obama bei der Angelegenheit des “Amerikanischen Exzeptionalismus“ nicht übereinstimme. Putin:

“Es ist äußerst gefährlich, die Menschen zu ermutigen, sich selbst als außergewöhnlich zu sehen, was auch immer die Motivation dazu ist. Es gibt große und kleine Länder, reiche und arme, jene mit langen demokratischen Traditionen und diejenigen, die noch ihren Weg zur Demokratie finden. Ihre Politiken unterscheiden sich ebenso. Wir sind alle verschieden, aber wenn wir um den Segen des Herrn bitten, dürfen wir nicht vergessen, dass Gott uns gleich schuf.“ (Siehe hier.)

Eine andere Bemerkung von Stockman, die Sanktionen im Ukrainekonflikt betreffend, ist diese:

“Dies ist nur die Maschine, die auf der Suche nach Möglichkeiten blindwütig um sich greift, um einen Fall zu verfolgen, der von vornherein in die falsche Richtung läuft, aber Reaktionen auslösen wird – es ohnehin schon tat – bei den Russen und das ist verständlich. Also werden sie offenbar Hühnerimporte aus den USA beschränken und wir werden die Hähnchen-Kriege wieder in Gang bringen. Ich denke nicht, dass irgendetwas davon die Arbeit von Erwachsenen darstellt. Ich denke, es ist eine Art von Jugenddelinquenz, die in den Korridoren Washingtons freien Lauf besitzt.“

Wobei die treibenden Kräfte um Obama herum fast immer die Furien Power, Rice und Jarrett zusammen mit Nuland sind – und man nie so genau herausfinden kann, inwieweit diese sich von Pussy Riot unterscheiden. Die gab es, glaube ich, noch nicht, als David P. Goldman über Obamas Frauen herzog – siehe hier.

Das gesamte Interview mit David Stockman ist sehr lesenswert – hier können Sie’s in Augenschein nehmen.

Und auf Platz 1 rangiert ein Leitartikel der Mainpost: “Die Feigheit vor dem Freund“, geschrieben von Manfred Schweidler. Er empfindet die deutsche Haltung im Fall Snowden als beschämend:

“Kürzlich war wieder einmal Tag der großen Reden auf die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. Alljährlich erinnern Redner vom Bundespräsidenten bis zum Geschichtslehrer an den Mut, mit dem sich Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Mitverschwörer gegen das Böse stemmten. Sie werden uns Lebenden als Beispiele genannt: Unser Gewissen soll Gradmesser für unser Handeln sein. Das klingt gut. Aber wehe, wir werden beim Wort genommen, heute so mutig wie Stauffenberg unserem Gewissen zu folgen – oder zumindest denen zu helfen, die sich für uns dem Bösen entgegenstemmen: Dann wird aus denen, die gerade noch Stauffenbergs Mut zum Widerstand beschworen hatten, ein Volk von Angsthasen.

Nichts zeigt die Diskrepanz zwischen Lippenbekenntnissen und Mut zum richtigen Handeln deutlicher als die Art, wie Deutschland sich im Fall Edward Snowden wegduckt. Er hat uns das Ende der Privatheit und die totale Überwachung bedrohlich vor Augen geführt. Die Wucht dieser Enthüllungen wird uns gerade erst in ihrer ganzen Tragweite bewusst. Es geht nicht um das lächerliche Abhören des Kanzlerinnen-Handys.“

Mehr zur “Feigheit des Westens, Deutschland voran“, stünde hier zum Lesen bereit.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: 4 Hero – We Who Are Not As Others (Jazzanova Remix).

In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.

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