Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 schwirren uns Roboterbienen entgegen: ein Team um Harvard-Wissenschaftler Robert Wood arbeitet an einer fliegenden Mikromaschine namens “RoboBee“, die so groß wie ein Münzstück ist. Sie soll Bienen zukünftig beim Blütenbestäuben helfen – siehe hier.
Auf Platz 9 zaubern sich die Vereinigten Staaten von Amerika aus der Krise:
“Allen geopolitischen Krisen zum Trotz präsentieren die USA beeindruckende Wachstumszahlen. Aber den Großteil des Aufschwungs verdankt das Land gewitzten Statistikern.“
Mehr dazu hier.
Passend hierzu heißt es anderweitig:
“Auch wenn es anstrengend sein kann: Durchs Leben kommt man einfacher, wenn man etwas Ahnung von Statistik hat. Dass wir so schlecht im Prozentrechnen sind, macht uns anfällig für getrickste Panikmeldungen von Medien, Firmen und Politikern, sagt der Wirtschaftsstatistiker Walter Krämer“ – und zwar hier unter der Überschrift „100 Prozent von nichts bleiben nichts“.
Auf Platz 8 wird Wasser nicht zu Wein verwandelt, aber wohl alsbald in Finanzprodukte. “Wasser wird der Rohstoff des 21. Jahrhunderts sein”, sagt Richard Sandor, der CEO von Environmental Financial Products – und darauf heißt es sich hic et nunc vorzubereiten, um an den Börsen künftig kräftig Kasse zu machen.
Der Artikel “Enron-ization of Water: Wall Street’s Pending Resource Grab” harrt Ihrer hier.
Auf Platz 7 wenden wir uns den Psychospielen zu, die im Ukrainekonflikt fröhliche Urständ feiern. So schrieb Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer LB, unlängst:
“Die Verlautbarungen aus der Nato klingen … weiter recht martialisch. Dort redet man von einer hohen Wahrscheinlichkeit einer russischen Invasion in der Ostukraine. In der Tat soll Russland laut Berichten der Regierung der Ukraine in grenznahen Bereichen zur Ukraine eine Truppenstärke von 45.000 Mann vorhalten. Wir verweisen auf die Truppen der Nato, die aktuell vor Ort an Manövern teilnehmen und wir verweisen vor allen Dingen auf das Manöver Crescendo im September und Oktober!
Die Frage, wer welche Sicherheitsinteressen verletzt, wird vom Westen nicht gestellt.
Ebenso wenig wird die Frage erörtert, ob die Politik des Westens der letzten Jahre mangels Augenhöhe gegenüber den vitalen Interessen Russland, unter anderem bezüglich des Raketenschilds in Osteuropa (angeblich gegen Raketen Nordkoreas und Irans!), bezüglich eines EU-Assoziierungsabkommens (mit Militäragenda), hinsichtlich der verdeckten US-Intervention in der Ukraine, bezüglich der sofortigen Akzeptanz der nicht verfassungskonformen Putschregierung mit rechtsradikalen Elementen oder durch Agitation westlicher Politiker auf dem Maidan Skepsis Russlands gegenüber dem Westen schüren musste?
Was hätte der Westen, allen voran die USA, in einem solchen Fall gemacht, Truppen von der Grenze abgezogen?
Nach wie vor ist eine Deeskalationspolitik des Westens nicht erkennbar! Das impliziert die Verfolgung einer ganz anderen Agenda, einer geopolitischen Agenda (siehe Irak, Libyen …), in der die Ukraine lediglich Mittel zum Zweck ist (Brezsinski).
Erkennbar ist das auch an der unterschiedlichen westlichen Akzeptanz der Kollateralschäden bezüglich des Maidan (Nulltoleranz des Westens) und der aktuellen militärischen Intervention in der Ostukraine (viele tote ostukrainische Zivilisten, 730.000 Flüchtlinge in Russland). Wer hier eine Asymmetrie erkennt, liegt richtig.
Die aktuelle Regierung der Ukraine fiel immer wieder durch aggressive diskriminierende Äußerungen gegenüber den Menschen in der Ostukraine auf, die Feindseligkeiten offenbarten und damit den politischen Vertretungsanspruch der aktuellen Regierung für die Menschen der Ost- und Südukraine nahezu vollständig konterkarierte. Auch diesem Aspekt wird die westliche Politik nicht gerecht.
Nach wie vor warten wir auf Satellitenbilder der USA zu MH17 und auf den Funkverkehr Tower Kiew/MH17. Der Ball liegt definitiv nicht in Moskau (geliefert), sondern in Kiew und Washington.“
Siehe hier.
Zum Absturz von MH17, um den es mittlerweile doch ziemlich still geworden ist, gibt es hier eine gute Nacherzählung à la “Was bisher geschah…“.
Peter Vonnahme, vormaliger Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, sieht in Sachen MH17 den “Glaubwürdigkeits-GAU“ heranziehen, und schreibt zu Beginn:
“Wenn Sie eine klare Antwort auf die Frage erwarten, wer für den Absturz der malaysischen Passagiermaschine MH 17 verantwortlich ist, dann ist es besser, Sie legen diesen Aufsatz gleich wieder zur Seite und lesen stattdessen die Bild-Zeitung. Denn Bild ist immer dabei und weiß im Gegensatz zu mir alles ganz genau!
Wenn Sie aber politische Zerrbilder und Diffamierungskampagnen nicht für hilfreich halten, sondern Trennschärfe bei der Bewertung von Politik und glattgebürsteter Publizistik bevorzugen, dann lesen Sie weiter.“
Und zwar hier.
Ad Sinistram überlegt derweilen:
“Nein, man kann im Grunde nichts über die Kriegs- und Krisenherde schreiben, die sich derzeit global auftun. Nichts über die Ukraine, den Nordirak oder den Gazastreifen. Wie will man als kleiner Blogger, der nicht über die nötigen Quellen und Kanäle verfügt, besser machen, was beim großen Journalismus, der viel weitreichendere Mittel besitzt, schon nicht richtig klappt? Der berichtet zwar ohne Unterlass, schmückt aber seine Nachrichten immer häufiger mit Floskeln wie ‘offenbar‘, ‘mutmaßlich‘, ‘nach Berichten‘ oder ‘angeblich sollen‘ aus. Nichts Genaues weiß man nicht. Aber erzählt wird es trotzdem.“
Weiter im Überlegungsfluss geht es hier.
Auf Platz 6 stehen “NEWS AND VIEWS FROM THE NEFARIUM” mit Dr. Joseph P. Farrell zu den Agrarsanktionen an, mit denen Russland auf die westlichen Sanktionen in Sachen Ukrainekrise reagierte.
Die Meldungen, auf denen Farrells Reflexionen gründen, sind diese hier und diese hier – und der “NEFARIUM”-Videobeitrag selber ploppt hier auf.
Auf Platz 5 hält Dr. Sabine Schiffer, eine Sprachwissenschaftlerin und Medienpädagogin (–> Institut für Medienverantwortung), einen Vortrag zum Thema “Medien und Krieg und die Chancen und Grenzen des Internets“ – welcher hier bereitsteht.
Auf Platz 4 rangiert eine Graphik, die im Wall Street Journal (WSJ) erschien. Sie veranschaulicht, dass im “Land des Unternehmertums“, den USA, mehr alte Unternehmen dichtgemacht, denn neue gegründet werden. Das WSJ wartet mit einigen Gedanken dazu auf, warum das besorgniserregend ist – und mit diesen vermögen Sie sich hier vertraut zu machen.
Auf Platz 3 sichten wir Berichte, denen zufolge die IS-Terrorgruppe, die derzeit den Norden des Iraks erobert, die weltweit reichste Vereinigung ihrer Art sein dürfte. Laut Schätzungen erwirtschaftet IS zwischen 2 bis 4 Millionen Dollar pro Tag. Woher das Geld fließt? Aus Erdölverkäufen.
Mehr zum Sachverhalt können Sie Ihren Augen hier zuführen.
Zum Thema der IS und zur Frage, ob ihren Gegnern Waffen geliefert werden müssen, aber auch, welche Hintergrundakteure und -motive zu beachten sind, äußerte sich diese Woche in einem 3sat-Interview Professor Günter Meyer, Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Universität Mainz – das hier aufzufinden ist.
Auf Platz 2 stoßen wir auf Worte, auf die ich mittlerweile seit mehr als ein Jahrzehnt gewartet habe. Wie Reuters diese Woche berichtete, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin während seines Besuchs auf der Krim, dass Russland, immerhin derzeitig der weltgrößte Exporteur von Öl und Gas, Energieprodukte nicht mehr in US-Dollar, sondern in Rubel verkaufen sollte – was Sie hier nachschauen können.
In einem Kommentar namens “Putin moves to strike down the American petrodollar” steht geschrieben, weshalb dieses Vorhaben von einiger Tragweite ist – siehe hier.
Zur etwaigen Fakturierung russischer Öl- und Gasexporte in Rubel gibt es ferner hier ein paar “Gedanken-Experimente hinsichtlich etwaiger Wechselwirkungen solcher Überlegungen, welche ggfls. auch in Peking gewisse Sympathien auslösen könnten.“
Und auf Platz 1 nehmen wir zur Kenntnis, dass u.a. JPMorgan Chase und Goldman Sachs am Design von Schulden-Derivaten der nächsten Generation arbeiten:
“Die Wall Street beginnt zu jenen Finanzinnovationen zurückzukehren, die vor sieben Jahren die Schulden-Rallye verschärfen halfen, ehe sie die schlimmste Finanzkrise seit der Großen Depression vergrößerten. Die Instrumente werden wieder zum Sprießen gebracht, da die Anleger nach neuen Wegen suchen, um die Erträge zu steigern, die vom Zentralbankenstimulus unterdrückt werden.“
Während Lawrence McDonald von Newedge USA LLC zu Protokoll gibt: “Diese Produkte sind ein klarer Risikoindikator”, so sind sie zugleich doch “auch ein Spiegelbild des Vertrauens der Anleger in die Konjunkturaussichten.“
Hedgefondsmanager Peter Tchir kommentierte: „Wir sind in einer Phase, wo es mehr esoterische Produkte geben wird. Dies lässt mehr Probleme für die Zukunft beginnen.“
Die ganze Geschichte gibt’s hier aufs Auge gedrückt.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: ANGELO BADALAMENTI – Don’t Do Anything (I Wouldn’t Do).
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.