Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 betrachten wir ein wenig die Auswirkungen der „Deepwater Horizon“-Ölkatastrophe:

“Die Explosion der Deepwater Horizon 2010 im Golf von Mexiko führte zu einer der größten Umweltkatastrophen weltweit. Das Ausmaß der Schäden scheint allerdings weiter und vor allem tiefer zu reichen, als Forscher bislang vermuteten. Davon zeugen schwer beschädigte Korallen am Meeresgrund.“

So Sie das interessierte, wären Sie hier am richtigen Platz.

Auf Platz 9 sind auf der Wirtschaftswoche extrem die “Putin-Versteher“ unterwegs. Da heißt es: “Wladimir Putin ist kein Kriegstreiber“, und:

“In der Ukraine-Krise darf sich Deutschland nicht von Amerika am Gängelband herum führen lassen, sondern muss das gute friedliche Zusammenwirken erhalten, das wir uns in den Jahrzehnten nach dem Krieg erarbeitet haben.“

Ferner beschäftigt man sich daselbst mit “10 Mythen über Putin und die Ukraine“.

Beide Artikel ploppen hier und hier auf.

Einige Medienanalysten machen derweil eine Veränderung in der westlichen Berichterstattung in Sachen Ukrainekrise aus – siehe hier.

Dann hätte ich noch zwei Artikel von Alexandra Bader im Angebot, “MH17 und das beredte Schweigen des Westens“, der hier aufzufinden wäre, und “So ist Wladimir Putin wirklich“, der hier bereitstünde.

Anschließend geht es zur NRhZ, wo geschrieben steht:

“Ein Teil des westlichen ‘Medien-Blackouts‘ zu den Brutalitäten des ‘Anti-Terror-Einsatzes‘ der Kiewer Machthaber in der Ostukraine wird dadurch begründet, dass ‘faschistische Kohorten an der Kampagne der Kiewer Junta beteiligt‘ sind. Das vermutet die US-Publizistin, Filmkritikerin und Professorin an der Edinboro-Universität, Luciana Bohne in ihrem am 10. August in der Online-Ausgabe des Magazins Counterpunch veröffentlichten Beitrag mit dem Titel ‘America’s Recruitment of Nazis – Then and Now‘.

Die Fußtruppen von Svoboda und Rechtem Sektor, die heute als sogenannte Nationalgarde kämpften, würden wie postmoderne Imitate der Originalfaschisten wirken, so Luciana Bohne. ‘Ideologisch erscheinen sie unwirklich, als würden sie aus einem tiefen Bombenloch in der Geschichte herauskriechen, das in der Nachkriegszeit nicht repariert wurde, absurd ausrufend ‚Ruhm der Ukraine‘.‘ Selbst als Statisten für ein B-Movie wären sie untauglich. Bohne fragt, warum diese Rückwärtsgewandten für den vom Westen unterstützten ‘Pro-Demokratie-Kreuzzug‘ auf dem Kiewer Maidan und danach rekrutiert wurden.

Es gehe nicht darum, ihren Faschismus im Herzen Europas zu etablieren, das sei sicher. Die NATO habe, unterstützt von der unterwürfigen EU-Finanzbürokratie in Brüssel, Europa okkupiert, bis an die russische Grenze, ‚wenn das Ukraine-Glücksspiel erfolgreich ist‘. Die Neofaschisten seien als ‘Instrumente‘ rekrutiert worden, um die Lage in der Ukraine zu destabilisieren, den Regimewechsel durchzusetzen und die gegenwärtigen ‘Anti-Terror-Operationen‘ zum Machterhalt der US-gestützten Kiewer Junta durchzuführen. Das sei ‘nur ein Schritt zu einem langfristigen Ziel: Regimewechsel in Russland‘.

Mehr dazu hier.

Hier können Sie sich abschließend noch über eine Petition zum Thema “MH17-Crash“ informieren. So begrüßenswert ich diese Aktion finde, sosehr scheint sich ein Fehler eingeschlichen zu haben. So wie in der Frühphase der Kampagne gegen den Iran es den USA gelungen war, das Verfahren der IAEA zu entwinden und dem Sicherheitsrat zu überstellen, so werden hier in dieser Petition sowohl die International Civil Aviation Organization als auch die IATA als Adressaten schlicht vergessen. Das kann sich als verhängnisvolle Ignoranz herausstellen – denn: Wenn David Swanson u.a. eine Art „Downing Street Memo“ erwarten, dann ist der Kandidat dafür ohne Zweifel der Funkverkehr zwischen den Luftraumkontrollen von der Grenze Polens über die einzelnen Abschnitte (vor allem Dnjepropetrowsk) bis Rostow am Don. Indem es diesen Funkverkehr wegschließt, verstößt die Ukraine gerade gegen das internationale völkerrechtlich bindende Regelwerk, auf das die Fluglinien, die diesen wichtigen eurasischen Transitbereich überfliegen, zu ihrer Sicherheit angewiesen sind. Alle die für die internationale Flugsicherheit Verwantwortung tragen, vor allem in eben diesen internationalen Organisationen, sollten von dieser Petition angesprochen werden.

Auf Platz 8 schreibt Geoffrey Lean vom Daily Telegraph über einen Report der britischen Regierung, der als Staatsgeheimnis gehütet wird. Hierbei handelt es sich um einen Bericht über die ökonomischen Effekte der Frackingindustrie auf ländliche Gebiete in Großbritannien, “inklusive ihre möglichen Auswirkungen auf Häuserpreise“. Allein, der Report ist extrem redigiert, wie Lean vorbringt, und die Schlussfolgerungen des Berichts “sind auf 11 Zeilen zurechtreduziert“ – wie er Ihnen hier en detail auseinandersetzt.

Auf Platz 7 gibt’s einen netten Chart hinsichtlich der Währungsabwertung diverser Länder auf die Augen, und zwar hier.

Auf Platz 6 sehen wir Symptomatisches: Bart Chilton, der in der Vergangenheit Commissioner der CFTC in den USA war, tritt nunmehr einer High-Frequency-Handelsorganisation bei, nachdem er High-Frequency-Händler in der Vergangenheit kritisiert hatte. Chilton wird zukünftig Lobbyarbeit für DLA Piper betreiben, um sich mit “Angelegenheiten der Regulierung und öffentlichen Ordnung“ zu befassen – wie Sie hier erfahren.

Auf Platz 5 veröffentlicht die FAZ “Die größten Banken-Strafzahlungen im Überblick“, und der jüngste Eintrag für den August besagt:

“Dem ‘Wall Street Journal‘ zufolge steht die Bank of America kurz vor einem Vergleich mit dem amerikanischen Justizministerium über 16 bis 17 Milliarden Dollar (rund 12 Milliarden Euro). Das wäre der höchste jemals bezahlte Betrag in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen der Regierung in Washington und einem Unternehmen.

Bei dem Verfahren geht es um Vorwürfe, die Bank habe Investoren beim Verkauf von Hypothekenpapieren hinters Licht geführt.“

Siehe dazu hier.

Auf Platz 4 äußert sich “Oeconomicus“ zur Ergänzung des ESM-Bankenrettungsvertrags vom Februar 2012, das Ganze unter der Überschrift “Die nächste Raubzug-Welle soll nach der parlamentarischen Sommerpause vorbereitet werden“. Bei Verabschiedung der Gesetzesergänzung stünde einer Dauerrettung der Banken nichts mehr im Wege – siehe hier.

Auf Platz 3 lesen wir in den Blättern für deutsche und internationale Politik über den “Mythos vom post-rassistischen Amerika“:

“Seit der Erschießung des 18-jährigen Michael Brown durch einen weißen Polizisten ist in den Vereinigten Staaten eine heftige Debatte über Rassismus entbrannt. Dabei hatten viele Kommentatoren bereits nach der ersten Wahl Barack Obamas – des ersten schwarzen Präsidenten der USA – behauptet, dass das Land nun in eine post-rassistische Phase übergegangen sei. Gemeint war damit, dass die verschiedenen Hautfarben der Menschen radikal an Bedeutung verloren hätten. Vereinzelte rassistisch motivierte Gewalttaten oder die weiterhin bestehenden rassistischen Einstellungen, die landesweite Umfragen belegen, seien nichts weiter als marginale Abweichungen von der vorherrschenden Aussöhnung zwischen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe.

Dieser Diskurs einer angeblich post-rassistischen Gesellschaft hat beunruhigende Auswirkungen auf den anhaltenden Kampf für die Gleichberechtigung von Afroamerikanern. Denn er verschleiert nicht nur die in der amerikanischen Gesellschaft tief verwurzelte rassistische Hierarchie, sondern vernachlässigt auch die Frage der Verteilung des Reichtums sowie dessen wachsende Konzentration in den Händen der (in der Regel weißen) Superreichen. Kurzum: Jene Privilegien, die mit einer als ‘normal‘ verstandenen weißen Hautfarbe einhergehen, werden schlicht ausgeblendet.“

Zu diesem Thema stoßen Sie hier auf mehr.

Auf Platz 2 bringt German Foreign Policy zum Ausdruck:

“Westliche Aggressionen in Nah- und Mittelost und Hilfen wichtiger regionaler Verbündeter des Westens haben den Aufstieg der Terrororganisation ‘Islamischer Staat‘ (IS) erst möglich gemacht. Dies zeigen Beobachtungen von Experten. Wie ein Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) erläutert, hat sich der IS-Vorläufer ‘Al Qaida im Irak‘ erst nach dem US-geführten Überfall auf den Irak (‘Befreiung von Saddam‘) zu einer ‘schlagkräftigen Organisation‘ entwickeln können. Erst die Zerrüttung Syriens in dem auch von Deutschland befeuerten dortigen Krieg (‘Befreiung von Assad‘) hat es dem IS-Vorläufer ‘Islamischer Staat im Irak und der Levante‘ (ISIL) ermöglicht, ganze Landstriche unter Kontrolle zu bekommen und sich eine Machtbasis für die weitere Expansion zu schaffen.“

Um weiter einzutauchen, hechten Sie hierhin.

Dann wird auf Hintergrund die Frage gestellt:

“Worum geht es bei den Waffenlieferungen in den Irak wirklich? Einige Fakten. Es scheint eine glasklare Sache zu sein: Ein blutrünstiger brutaler Feind, der Islamische Staat (IS), bedroht gut bewaffnet und expansionslüstern Minderheiten, vor allem Jesiden, Kurden und Christen, im Irak. Die Milizen, die in der Lage wären, den Feind zurückzuschlagen, verfügen über zu wenig und zu schlechtes militärisches Gerät. Also müssen, ausschließlich aus ‘humanitären‘ Gründen natürlich, Waffen geliefert werden.“

Mit “Bang, Bang!“ geht’s hier voran.

Patrick Cockburn lässt den Aufstieg von IS hier Revue passieren, während der Stern hier unter Beweis stellt: “Kinners, wie sehr und schnell sich doch Kriegskoalitionen zu ändern vermögen…“.

Und auf Platz 1 machen sich einige Wirtschaftsnobelpreisträger für ein Ende des Euro-Experiments stark:

“Die ökonomische Elite hält den Euro hinderlich für den Aufschwung. Einige Laureaten sehen im Bruch des Euro sogar die einzige Chance, um das wirtschaftlich lahmende Europa wieder in Schwung zu bringen. ‘Ich kann mir mit dem Euro keinen wirklichen Aufschwung in der Euro-Zone vorstellen, der auch den Namen Aufschwung verdient‘, sagte James Mirrlees, Professor für politische Ökonomie in Cambridge.

Ein stures Festhalten an der Gemeinschaftswährung hält der Wirtschaftsnobelpreisträger von 1996 für zu kostspielig. ‘Die Kosten für den Zusammenhalt der Währungsunion dürften langfristig die Kosten für ein Auseinanderbrechen bei Weitem überschreiten‘, sagte Mirrlees.

Überraschend ist der Euro auf die Agenda des Treffens der Wirtschaftsnobelpreisträger in Lindau gekommen. Schließlich hatten die Finanzmarktakteure und die Politik unisono die Diskussion um das Projekt Gemeinschaftswährung für beendet erklärt.“

Mirrless‘ Fazit auf der Tagung in Lindau lautete: „Mit dem Euro wird es kein Gleichgewicht an den Arbeitsmärkten Europas geben.“

“Was er damit meint, zeigt die Entwicklung der Arbeitslosenquoten in den Euro-Ländern. Die haben sich dramatisch auseinanderentwickelt. Während die Quote in Deutschland auf 6,7 Prozent gefallen ist, liegt sie in Italien auf über zwölf Prozent.

In Spanien ist sogar jeder Vierte ohne Job. Noch dramatischer sieht das Bild bei der Jugendarbeitslosigkeit aus. Diese liegt in Italien mittlerweile auf dem Rekord von knapp 44 Prozent. In Spanien steht sogar mehr als jeder zweite Arbeitssuchende unter 25 Jahre ohne Job da. ‘Junge Spanier und Italiener, die in der jüngsten Rezession keinen Job gefunden haben, werden auf Jahrzehnte darunter leiden‘, sagt Peter Diamand, emeritierter Professor am MIT, der für seine Arbeitsmarktforschung im Jahr 2010 prämiert wurde.

Gerade die ersten Jahre des Berufslebens seien entscheidend für die Karriere und den späteren Verdienst. Wenn diese wichtigen Erfahrungen wegen Arbeitslosigkeit wegfielen, drohe dieser Generation eine jahrzehntelange Stagnation. Europa müsse umgehend mit großen Infrastrukturinvestments gegensteuern.

Drastischer formuliert es Christopher Sims, Professor für Geldpolitik in Princeton. Die Politik in Europa habe bis heute die Konstruktionsfehler des Euro nicht in den Griff bekommen. ‘Wenn ich Politikberater in Griechenland, Portugal oder Spanien wäre, würde ich den Staaten raten, Notfallpläne für den Ausstieg aus der Währungsunion auszuarbeiten‘, sagt Sims, der 2011 den Nobelpreis bekam.“

Den kompletten Artikel gibt es hier.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: CLIFFORD BROWN ENSEMBLE – Joy Spring.

In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.

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