Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 sehen wir ein Klischee quasi bestätigt:
“Diese Behauptung gehört zu den gängigsten Vorwürfen gegenüber den Medien: dass sie käuflich seien. Das gilt vor allem dann, wenn lukrative Anzeigen winken und man daran verdienen will. Da werden Verlage, Sender und Redaktionen schwach, daraus folgt eine Allianz zwischen guten Geschäften hier und angepasster bis unkritischer Haltung dort. (…) Am liebsten ist es Firmen, mit ihren Anzeigen beachtet und zudem in redaktionellen Beiträgen freundlich behandelt zu werden. Wie das bei ‘Spiegel‘ und ‘Focus‘ aussieht, sagt ein Aufsatz, den drei Forscher der TU Dresden im Fachorgan ‘Publizistik‘ (Heft 4/2014) veröffentlichten. (…) Das Ergebnis ist eindeutig: ‘Über Unternehmen wird sowohl im ‘Spiegel‘ als auch im ‘Focus‘ erstens häufiger, zweitens freundlicher, drittens mit mehr Produktnennungen berichtet, je mehr Anzeigen diese Unternehmen schalten.‘ Das mag in dieser Klarheit selbst die Autoren überrascht haben. Die bezeichnen übrigens, wohl etwas verharmlosend und eher technisch, solche Fälle als ‘Synchronisation von Nachricht und Meinung‘.“
Dieses las ich hier.
Auf Platz 9 bekunde ich, dass ich bei diesem Absatz der Biographie von Mikhail Khazin die Ohren gespitzt habe:
Since the summer of 2000 Khazin has been employed as a consultant. On September 10, 2001, when participating in the Expert journal’s forum and analyzing the economic situation in the United States, he foresaw a high likelihood of large-scale terrorist attacks organized by the U.S. authorities to explain the deterioration of the economic situation in the country. M. Khazin and his associates at the time elaborated the theory of modern economic crisis. At the beginning of 2002 Khazin published a paper dedicated to the basics of structural crisis in the USA which outlined the scale of the current crisis. 2004 saw the publication of the book ‘The Decline of the Dollar Empire and the End of Pax Americana’, written in 2003 in collaboration with A. Kobyakov.
Dergleichen Biographisches über Khazin gab es hier in Betracht zu ziehen.
Auf jeden Fall lohnt es, hier in die Veröffentlichung “Mikhail Khazin Q&A with the Saker Community“ hinein zu schauen.
Auf Platz 8 setzt sich “WiWo“-Autor Dieter Schnaas mit der “Hybris der Ökonomen“ auseinander und verfasst eine Anklage:
“Zu den größten Merkwürdigkeiten unserer so genannten Wissensgesellschaft gehört, dass ausgerechnet Ökonomen nichts von Wirtschaft verstehen. Der Gründe dafür gibt es viele, der Beweise täglich mehr – ich habe an anderer Stelle ausführlich darauf hingewiesen. Der technologisch fiktionalisierte Geldismus an den Finanzmärkten und die kreditbasierte Staatsschulden-Ökonomie, die Instabilität der herrschenden Wirtschaftsform und der Wachstumszwang des Kapitalismus, die Gefahren von Kapitalkonzentration und Monopolbildung sowie die Herausforderung des Westens durch autoritär gesteuerte Marktwirtschaften… – sieben Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise blicken ausgerechnet Wirtschaftswissenschaftler ratlos und immer ratloser auf einen Zivilisationsprozess, der sich mehr und mehr im Modus des Ökonomischen vollzieht.
Man übertreibt durchaus nicht, wenn man mutmaßt, dass die Disziplin der Volkswirtschaft heute in etwa da steht, wo die scholastische Philosophie mit ihren ständigen Spekulationen und neuerlichen Gottesbeweisen am Ende des Mittelalters stand: Sie dreht sich ’seit Jahrhunderten fast unbeweglich auf der Stelle‘ und bringt immer neue Generationen von Lehrern und Schülern hervor, die sich in ihren Untersuchungen wieder und wieder darin erschöpfen, ‚das bereits Gefundene zu verzieren und zu verehren‘ (Francis Bacon).“
Schnaas sieht vor allem drei Gründe für das angerissene Problem gegeben – welche, das sehen Sie hier.
Auf Platz 7 kommen wir einmal mehr im Wochenrückspiegel auf Gold-Repatriierungswünsche zu sprechen. Diesmal ist es Österreich, das Gold in die Heimat bringen möchte – siehe hier, hier und hier.
Zum Thema der chinesischen Goldreserven las ich hier einen interessanten Artikel im indischen Magazin “BullionBulletin“.
Außerdem war ich diese Woche in München im Hotel Bayerischer Hof, um einen Vortrag von Chris Powell namens “Gold market manipulation — Why, how, and how long?” zu hören. Sie können ihn hier nachlesen – was sich lohnt, da er vollgestopft ist mit Quellen- und Dokumentenverweisen.
Unterdessen steht die Goldproduktion in Südafrika, diesem großen, traditionellen Goldproduzenten, augenscheinlich vor dem Aus – siehe hier.
Auf Platz 6 nehmen wir zur Kenntnis, dass nach mehr als 30 Jahren nunmehr die Generalbundesanwaltschaft verlautbarte, die Ermittlungen zum Oktoberfestattentat wieder aufzunehmen.
Einige Ausführungen zum Thema harren Ihrer hier.
Auf Platz 5 wird die Frage in den Raum gestellt:
“Wie soll ein Ausschuss Klarheit in die NSA-Affäre bringen, wenn die Bundesregierung und der deutsche Geheimdienst BND sowie sämtliche Ministerien gegen den Ausschuss zu arbeiten scheinen? Anstatt Vertrauen zu schaffen, indem tatsächlich Aufklärungsarbeit betrieben wird, sät die Bundesregierung Misstrauen und signalisiert deutlich, dass Transparenz in dieser Angelegenheit keinesfalls erwünscht ist.
Aktueller Aufreger ist die Weigerung des Bundesjustizministeriums, den im Ausschuss sitzenden Parlamentariern Informationen darüber zu geben, wie die Straftatvorwürfe der Vereinigten Staaten gegen Whistleblower Edward Snowden überhaupt lauten. Sowohl die Information selbst ist als geheim eingestuft als auch die Begründung, wieso die Information als geheim eingestuft wurde. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ist die ganze Veranstaltung etwa nur Show? Schließlich gilt der US-Amerikaner als wichtigster Zeuge im NSA-Skandal, was eine Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss – für die Opposition zumindest – notwendig macht. Doch dafür müssten die Parlamentarier über die Konsequenzen, die eine Aussage in Deutschland für Snowden haben könnte, in Kenntnis gesetzt werden. Schließlich steht durchaus zu befürchten, dass der Ex-Geheimdienstler verhaftet und in die USA ausgeliefert wird, sobald er deutschen Boden betritt. Sollte dem Whistleblower beispielsweise die Todesstrafe drohen, kommt eine Auslieferung laut deutschem Recht nicht in Frage. Auch die Aussicht auf unfaire Prozesse oder unverhältnismäßige Strafandrohungen sind Ausschlusskriterien für Auslieferungsanträge.“
Dieses steht hier geschrieben.
Sodann wird’s “funny“:
“Frage an den Generalbundesanwalt: Werden George Bush und Dick Cheney verhaftet, wenn sie nach Deutschland einreisen? … Nun droht neues Ungemach für die Bundesregierung, denn was passiert eigentlich wenn der frühere US-Präsident George Bush und der Ex-Vizepräsident Dick Cheney nach der Veröffentlichung des CIA-Folterberichts in Deutschland einreisen? Werden sie dann für ihre Verantwortung für die CIA-Straftaten zur Rechenschaft gezogen?“
Lesen Sie den Artikel hier.
Ferner gab es folgenden Vorgang in den USA zu beobachten:
“Unbemerkt von vielen Volksvertretern hat der US-Gesetzgeber eine Klausel in der Etatgenehmigung der nationalen Geheimdienste abgesegnet, die das Ausspähen der eigenen Bürger ohne Richterbeschluss erlaubt.
Die NSA und andere US-Geheimdienste dürfen US-Bürger künftig mit dem Segen des US-Kongresses ausforschen. Mit 325 zu 100 Stimmen hat das Repräsentantenhaus Mitte der Woche einen Gesetzentwurf zur Autorisierung der Budgets der Nachrichtendienste für 2015 verabschiedet. Was viele der Abgeordneten offenbar gar nicht mitbekamen: Der Senat hatte kurz davor ohne großes Aufsehen einstimmig einen Absatz eingefügt, der das Ausspähen US-amerikanischer Grundrechtsträger gestattet.“
Näheres dazu hier.
Außerdem befasste sich der “Spiegel“ ausführlich mit der NSA-Abhöraffäre in Sachen Angela Merkel – siehe hier unter “Karriere einer Abschrift“.
Es gibt zwei Sachverhalte (in der expliziten und impliziten Darstellung des Spiegel), die ein ziemlich deutliches Licht auf die Rolle oder Verantwortung von Heusgen bei der Default-Konzipierung all jener Entscheidungen und Nicht-Entscheidungen spielt, die uns bei Frau Merkel so in Rage bringen (können).
Schreibt die vom Spiegel angeführte Golem-Seite (nämlich hier):
Dass der Spiegel anders als bei den Snowden-Unterlagen weder die Abschrift noch das Originaldokument je veröffentlichte, scheint aber einen Grund zu haben. Das in der Öffentlichkeit verbreitete Faksimile stammt unter anderem aus einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 27. Oktober 2013 und wurde dem Blatt offenbar aus dem Bundeskanzleramt zugespielt, wie der Spiegel vermutet. Auf dem Dokument lässt sich bei genauem Hinsehen gut erkennen, dass es sich um eine handschriftliche Aufzeichnung handelt.
„(S)cheint aber einen Grund zu haben …“ ist ein fragwürdige Formulierung. Der „Grund“ kann ja doch kaum sein, daß die FAZ dem Spiegel auf dem Umweg über das Kanzleramt zuvorgekommen war; denn: „Am 17. Oktober 2013 wurden die SPIEGEL-Redakteure Nikolaus Blome und Jörg Schindler beim Sprecher der Kanzlerin, Steffen Seibert, vorstellig. Sie legten ihm ein DIN-A4-Papier vor, auf dem Ausspähungsdaten zu Merkels Handy niedergeschrieben waren. Dabei machten sie Seibert klar, dass dieses Papier eine Abschrift aus einer NSA-Datenbank war, die der SPIEGEL eingesehen hatte. Und der Regierungssprecher verstand das auch so.“
Also hat der von der FAZ und nun auch wieder von Golem veröffentlichte Faksimile-Schnipsel einen hohen Grad an Phantasmagorie. Insoweit kann man die Argumentation des Bundesanwaltes nachvollziehen.
Aber in dem Spiegelbericht taucht der Name Appelbaum auf. Das ist nämlich jenerwelche Spürhund, der die Abhörmaßnahme entdeckt hatte.
Und die Originalszene, in der dieser Tatbestand abgefilmt erscheint, findet sich in „Citizenfour“, und zwar in einer Szene, in der sogar Snowden, Poitras und Greenwald über eine neue Entdeckung von den Socken sind. Auch die Filmbilder von den Bildschirmeinträgen sind in dieser Sequenz zu sehen – mutmaßlich dieselben Screenshots, von denen auch der Spiegel die Zusammenfassung hergestellt hat.
Worüber sich aber Snowden sofort wundert, ist die Tatsache, dass Merkel in diesem Screenshot nicht mit einem Codenamen, sondern ihrem Klarnamen erscheint. Warum wundert er sich? Weil gewöhnlich Targets (= ausgespähte Zielpersonen) einen Code erhalten. – Was bedeutet also das Auftauchen Merkels im Klarnamen in einem Datensatz, der das Handy bezeichnet, mit dem sie nicht Regierungsgespräche, sondern überwiegend private bzw. Parteikommunikation geführt haben soll?
Auf Platz 4 will das Weiße Haus vom Kongress in Sachen ISIL/ISIS/IS “weitgehend freie Hand für eine Genehmigung zum Einsatz militärischer Gewalt – zeitlich, geografisch und auch für den Einsatz von Bodentruppen.
Noch führt das Weiße Haus den Krieg gegen den ‘Islamischen Staat‘ im Irak und in Syrien auf der Grundlage der Kriegsermächtigung (Authorization for Use of Military Force – AUMF) aus dem Jahr 2001. Weil der IS zwar einmal al-Qaida angehörte, sich aber davon getrennt hatte, musste man in Washington zur formalrechtlichen Begründung die Angriffe damit legitimieren, dass sie sich auch auf eine vorwiegend wohl fiktive al-Qaida-Zelle in Syrien richten. Man hätte die Angriffe auch auf al-Nusra richten können, die brauchte man aber als Gegengewicht zum IS, daher wurde die Gruppe Khorosan geschaffen, deren Mitglieder angeblich aus Afghanistan über den Iran nach Syrien gelangte, um von dort aus unmittelbar bevorstehende Terroranschläge gegen die USA zu planen. Es war also Gefahr in Verzug durch al-Qaida, die AUMF ließ sich auf Syrien erweitern. Eine Genehmigung des Kongresses war durch diese Konstruktion vor den Midterm-Wahlen nicht notwendig. Groß hinterfragt wurde die fadenscheinige Legitimation in den USA und hierzulande nicht.“
Diesen Sachverhalt können Sie hier weiter verfolgen.
Neulich hat das Repräsentantenhaus den Gesetzesentwurf H. Res. 758 mit großer Mehrheit verabschiedet, “der die politischen Aktionen der Russischen Förderation unter Staatspräsident Wladimir Putin aufs Schärfste verurteilt. Danach verfolgt die Russische Föderation eine Politik der Aggression gegenüber ihren Nachbarstaaten, die auf eine politische und wirtschaftliche Dominanz in der Region abzielt.“
Warum der ehemalige Kongressabgeordnete Ron Paul ob des Vorgangs in Washington – berechtigter Art und Weise – Sorgen hegt, siehe hier.
Auf Platz 3 habe ich Ihnen ein paar Links zum Thema Energie zusammengestellt, die mir so unter kamen:
The Financialized-Oil Dominoes Are Toppling
Oil Bust Contagion Hits Wall Street, Banks Sit on Losses
What the Federal Government Loses in Royalties From Cheap Oil
Dow Drops 300 as Oil Drags Down Markets
The Massive Boom In Off-Shore Dollar Lending—–A $9 Trillion Tower Of Financial Instability
Oil Rigs Seen Declining 600 by August as Prices Plunge
Big Oil Slashing Spending Amid Low Prices
Iraq’s Bright Oil Future Blocked By ISIS
EU: Gas security still hinges on Ukraine
Economist: Iran needs oil at $125 per barrel
Does South Africa face an electricity grid collapse?
S.Africa’s ANC eyes state sell-off to ease power crunch
WTI Crashes To $57 Handle; 80% Of Shale Production Non-Economic
Auf Platz 2 kommen wir noch einmal zum Ukraine-Thema zurück, indem wir uns einem Artikel von Michael Hudson zuwenden – einem von wenigen US-Ökonomen, denen es sich noch zuzuwenden lohnt.
Hudson schreibt – ich übersetze:
„1. Die Geopolitik, Großhandelsstrukturen und militärischen Bündnisse der Welt haben sich in den letzten Monaten radikal verändert. Russland hat seinen Gas- und Öl-Handel und auch seinen Handel in der Wehrtechnik neu ausgerichtet, weg von Europa in Richtung Eurasien.
Das Ergebnis ist das Gegenteil von Amerikas Hoffnung der letzten fünfzig Jahre auf eine Teilung und Eroberung Eurasiens: Russland gegen China aufstellen, den Iran isolieren und Indien, den Nahen Osten und andere asiatische Ländern daran hindern, dass sie sich zusammentun, um eine Alternative zum US-Dollar zu schaffen. Die amerikanischen Sanktionen und die Politik des Neuen Kalten Kriegs hat diese asiatischen Länder in Verbindung mit der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit als Alternative zur NATO zusammengebracht, und in den BRICS versucht man zu vermeiden, mit dem Dollarraum und den Sparprogrammen von IWF und Weltbank zu tun zu haben. (…)
2. Es gab so gut wie keine Diskussion über diese riesige geopolitische Neuordnung in den US-Medien, vor allem weil dies eine Niederlage für die neue Politik des Kalten Krieges bedeutet, die von den Neokonservativen im vergangenen Jahr angeschoben wurde, seitdem Russland Präsident Obama überzeugte, nicht in den Krieg in Syrien zu ziehen, was ein neokonservatives militärisches Ziel gewesen war.
Ihre Antwort war, Russland zu isolieren und seinen Handel wirtschaftlich anzugreifen, und damit seine Zahlungsbilanzstärke: seinen Gas- und Öl-Handel mit Europa. Im vergangenen Februar konstruierten US-Diplomaten einen Staatsstreich im Pinochet-Stil in der Ukraine, und verwendeten diesen als Hebel, um Europas Handelsaufbau mit Russland umzukehren.“
Dahinter, meint Hudson, habe 3. der Plan gestanden, Europa im Griff der US-Wirtschaft zu halten. “Der Traum war der Export von US-Schiefergas an Europa. (…) Das war von jeher ein Wunschtraum gewesen.“ Die Konfrontation mit Russland habe dazu geführt, dass Europa gegen seine eigenen wirtschaftlichen Interessen agierte. Europa gründe seine Diplomatie nicht auf ökonomischen und kommerziellen Interessen, sondern ordne diese der US-Kontrolle und den militärischen Zwecken der NATO unter. “Die Vereinigten Staaten ihrerseits haben die Aussage von Clausewitz in einer sehr begrenzten Form adoptiert, dass der Krieg eine Erweiterung der Außenpolitik mit anderen Mitteln ist: Krieg scheint der einzige Hebel zu sein, den die Vereinigten Staaten in ihrer Außenpolitik in diesen Tagen benutzen.“
Den ganzen Artikel, in dem Hudson vorbringt, dass die “Strategie des Westens“, Russland zu isolieren, gescheitert ist, finden Sie hier vor.
Und auf Platz 1 kommen wir zu einem Papier namens „Monnet’s Error?“, auf das ich durch diesen Bericht hier aufmerksam wurde. Darin steckt, wie zu erwarten, doch etwas mehr, als der Trompeter bei Kopp Online gelesen hat.
Es handelt sich bei „Monnet’s Error?“ um die Auswertung von Befragungen zu Befürwortung von und Zufriedenheit mit europäischen Institutionen. Dies über die diversen Phasen der Erweiterung von EG und EU hinweg sowie unterteilt nach den verschiedenen Alterskohorten und deren unterschiedlichen Erfahrungen mit Umfang und Grad der Integration der EG/EU. Also gleichsam eine Langzeitfieberkurve der Inkubation Europas mit dem Monnet-arismus.
Ich denke, die Erläuterungen der Verfasser zu den Verfahren und der Dynamik der Monnet‘schen Methode ergänzen einiges zum Verständnis dieser „Kettenreaktionen“. Zur Erinnerung sei auf Nettesheims „Staatsrechtsschrift“ und die von Meier-Lescano bei Guttenberg aufgespießte Zusammenfassung verwiesen (siehe hier):
“Im Zuge der Integration hat sich schließlich ein Hoheitsträger herausgebildet, der Recht setzt, ohne Staat zu sein. Der überkommene, seit nunmehr dreihundert Jahren gültige und nahezu zum Dogma erhobene Konnex von Staat und Recht, von Staatsgewalt und Rechtsetzung wird dadurch durchbrochen. Regierungsgewalt und Rechtsetzung dürfen nunmehr als Erscheinungen begriffen werden, die auch jenseits der Staatlichkeit erfolgen.“
Die “Conclusions“ der Verfasser ziehen die Summe aus den drei Phasen der Formation der EU, nämlich einen Querschnitt durch Altersgruppen und Mitgliedsländer, der keineswegs bloß die radikalen Ränder wie in Frankreich abbildet, sondern wie in Italien auch einen tiefen Einbruch der Erwartungen an Europa, die über alle Parteien hinweg aus dem europafreundlichen Zentrum heraus in verzweifelte Abwendung umschlagen.
Dagegen ist die Entwicklung der AfD ein geradezu rational gelenkter Prozess.
Hier können Sie das Papier als PDF-Datei herunterladen.
Welche horrenden Fliehkräfte mittlerweile in der EU wirken, zeigte ein Bericht in der “Financial Times“ auf, der unter der Überschrift “IMF warns Ukraine bailout at risk of collapse” erschien (–> kostenpflichtig, daher keine Verlinkung). Das Fliehkraft-Zitat:
According to two people who attended the EU meeting, concern over Ukrainian finances has become so severe that Wolfgang Schäuble, the German finance minister, said he had called his Russian counterpart, Anton Siluanov, to ask him to roll over a $3bn loan the Kremlin made to Kiev last year.
George Osborne, the UK finance minister, expressed surprise at the request, attendees said, saying the EU was now asking for help from Russia at the same time it was sanctioning the Kremlin for its actions in Ukraine.
Lustig, gell?
Dann gibt es obendrauf zum Abschluss noch ein Interview von John Batchelor mit Stephen F. Cohen über Russland, die Ukraine und Europa, das ich Ihren Ohren anempfehlen möchte, und zwar hier.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: EDDIE HIGGINS TRIO – Angel Eyes.
sehr geehrter Herr Schall,
würden Sie bitte Ihre Wochenrückspiegel wieder (so wie früher) taggen, denn dann könnte man per Link auf diese exzellente Presseschau verweisen.
Besten Dank!
MS
ja, hatte ich dieses mal vergessen. schreib ich mir hinter die ohren.
Einmal mehr ein exzellentes Musikstück,
…auf einer Webseite mit notorisch-exzellentem Inhalt!
Besten Dank!