Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 starten wir mit einem Rückblick aufs Jahr 2014. Aus dem reichhaltigen Angebot, das sich dem Medienrezipienten an Jahresrückblicken präsentiert, wählte ich die Jahresrückschau aus, welche vom Chaos Computer Club zusammengestellt wurde. Am Anfang kommt zunächst eine Art Rechenschaftspflichtbericht; der eigentliche Rückblick auf 2014 beginnt ab Minute 17 – siehe hier.

Überdies gäbe es hier die „Fnord News Show 2014″ vom CCC-Kongreß und hier einen Vortrag beim CCC vom „Zentrum für Politische Schönheit“ zum Thema Mit Kunst die Gesellschaft hacken“.

Auf Platz 9 schweben wir dann über den Dingen, insofern die NASA beabsichtigt, eine Art Stadt über den Wolken der Venus zu bauen. Bislang ist die Venus ob ihres unwirtlichen Klimas kein Kandidat für Astronautenausflüge gewesen, aber das mag sich mit dem “High Altitude Venus Operational Concept” (HAVOC), an dem im NASA Research Center in Langley gearbeitet wird, zukünftig ändern.

Mehr dazu hier.

Im Weltraum schweben die USA und die Russische Föderation, man mag’s dieser Tage kaum glauben, übrigens gemeinsam über den Dingen. Jedenfalls gab es vergangenen Dezember hochrangige Gespräche über eine Weltraumkooperation zwischen der russischen Weltraumfirma Energiya und den US-amerikanischen Industriegiganten Lockheed Martin und Boeing. Am Ende der Gespräche wurde eine Reihe von Absichtserklärungen unterzeichnet. Vladimir Solntsev, der Präsident von Energiya, sagte danach, dass die US-Partner an gemeinsamen Programmen zur Erkundung des Alls interessiert seien.

Nähere Details finden Sie hier.

Auf Platz 8 mache ich einen Kuselkopp rückwärts zum Wochenrückspiegel vom 21. Dezember 2014. Seinerzeit machte ich auf die “Agenda 2015“ bzw. “Das Politik-Briefing für Deutschland“ vom “Tagesspiegel“ aufmerksam. Nun hat sich der Chefredakteur des “Tagesspiegels“, Stephan-Andreas Casdorff, zu der Lobbyisten-Veranstaltung geäußert. Casdorff sieht, wie nicht anders zu erwarten, “grundsätzlich kein Problem in der Kooperation seines Verlags mit Lobby-Organisationen. Die jüngst heftig kritisierte ‘Agenda-Konferenz‘ bezeichnete er im ‘medium magazin‘ (Ausgabe 01/2015) als ‘Verlagskonzept, das journalistisch relevant und politisch hochinteressant ist für alle Politik-Entscheider‘. Kurz nach der Veranstaltung vom 11. Dezember hatte die Organisation LobbyControl einen Interessenkonflikt beklagt und die Zeitung als ‘Lobbydienstleister‘ bezeichnet, weil Organisationen das Programm des Tages mitbestimmt hätten.“

Weiteres zum Thema gibt es hier auf die Augen.

Apropos Journalismus und so: “Das Sturmgeschwätz der Demokratie“ hat doch tatsächlich unlängst „eine putinfeindliche Pommesbude in Polen“ ausfindig gemacht und drüber schreiben lassen – siehe hier und hier.

Ferner Journalismus in den US of A: Die Washington-Korrespondentin des National Public Radio in den USA, Tamara Keith, bringt in der Veröffentlichung “The Fleeting Obsessions Of The White House Press Corps“ eine Reflektion darüber dar, wie kurz doch die Aufmerksamkeitsspanne unter ihren Kollegen geworden sei. “Wenn man die Nachrichten in einer x-beliebigen Woche im Jahre 2014 nicht mochte, befand man sich weitestgehend im Glück. Man brauchte nur ein paar wenige Tage warten, bis die Presse weiterzog.“

Den Beitrag von Frau Keith vermögen Sie hier zu lesen bzw. anzuhören.

Auf Platz 7 wird uns die Tatsache nahegebracht, dass eine Gruppe von Journalisten die bundesdeutsche Öffentlichkeit vor 30 Jahren darüber alarmierte, dass die Dystopie, die in George Orwells „1984“ ausgebreitet wurde, teilweise Realität geworden sei. Zwei der damaligen Autoren, Hans-Wolfang Sternsdorff und Werner Meyer-Larsen, schauen nun “mit dem Blick von damals auf die Welt im Jahr 2014“ zurück. Ergebnis der Rechenaufgabe 1984 + 30: „Die Realität ist tausendfach schrecklicher“.

Falls Sie das interessiert, klicken Sie hier.

Auf Platz 6 meint der indische Ex-Diplomat M K Bhadrakumar, dass Russland und China weder Verbündete, noch Rivalen sind. In letzter Zeit wird die These herumgereicht, dass sich in der Weltpolitik eine strategische Allianz zwischen Russland und China bilde. Herr Bhadrakumar bringt gebündelt vor, was aus seiner Sicht und Erfahrung dagegen spricht – und zwar tut er das hier.

Ein Gegengewicht zu Bhadrakumar erbringt (routinemäßig) Pepe Escobar auf der US-Website “Salon“ mit dem Artikel “Go West, young Han: How China and the new Silk Road threaten American imperialism“, welcher hier auf Sie wartet.

Zu Russland las ich noch einen weiteren Artikel, der nicht ganz ohne war: “Grandmaster Putin’s Trap”, geschrieben von Dmitry Kalinichenko. Unter anderem macht Russland offenbar gegenwärtig etwas, das ich seit Jahr und Tag als zukünftige Entwicklung vorausgesagt habe, nämlich den Verkauf von Öl und Gas gegen Gold.

Kalinichenkos Artikel wäre hier aufzufinden.

Auf Platz 5 geht Mike Whitney der Frage nach, ob Saudi-Arabien und die USA eine geheime Absprache haben, den Ölpreis in den Keller rasseln zu lassen – siehe hier.

Jeffrey P. Snider hält sich beim gleichen Thema an “Occam’s Razor“ und kommt zu etwas anderen Ergebnissen – wie Sie hier nachlesen können.

Marin Katusa von Casey Research glaubt, dass der Ölpreisverfall auf einen “Krieg” zurückzuführen ist, der seiner Ansicht nach zwischen der OPEC, Russland und der nordamerikanischen Frackingindustrie stattfindet – wie er Ihnen hier auseinandersetzt.

Jeremy Warner vom “Sydney Morning Herald”, der den Fall des Erdölpreises unter $80 nachweislich vorhergesagt hat, sieht die Möglichkeit für einen Abstieg von weit unter $20 gegeben – was Sie dieser Veröffentlichung hier entnehmen mögen.

Hossein Amir Abdollahian, Vize-Außenminister des Iran, findet das Nichtstun der Saudis gegenüber dem Erdölpreisverfall nicht besonders lustig, während der Ölmarktanalyst Chris Cook davon ausgeht, dass der Vorgang eine Chance für den Iran biete, eine stabilere Energiewirtschaft aufzubauen.

Abdollahians Äußerungen ploppen hier auf, Cooks Meinung hier.

“National Geographic“ stellt derweilen zehn “coole Energie-Ideen“ vor, die 2014 große Fortschritte machten – schauen’S doch mal hier.

Auf Platz 4 hören wir den Vorwurf von irakischen Parlamentariern und Beamten gegenüber den USA, dass diese die “Milizen der Terrororganisation ‘Islamischer Staat, gegen die die irakische Armee erbittert kämpft, regelmäßig mit Waffen und Lebensmitteln … versorgen.“

Mufid Al-Baldawi, Bürgermeister der Stadt Balad, kritisierte beispielsweise, “dass ein Apache-Kampfhubschrauber … den im Dorf Al Hudeira eingeschlossenen IS-Terroristen einen Container mit Waffen und Munition abgeworfen habe. Der Bürgermeister rief die Regierung in Bagdad zur Ermittlung auf.“

Das ist nicht das erste Mal, dass dergleichen geschieht. Langsam aber hat man im Irak anscheinend die Nase voll davon. “Mit den Ausreden, dies sei versehentlich getan worden, lassen wir uns nicht mehr irreführen“, wird der Parlamentsabgeordnete Awad al-Awadi zitiert. Der Verteidigungsausschuss des irakischen Parlaments sieht das ähnlich – worauf Sie hier stoßen.

Auf Platz 3 haben wir’s mit dem Geld. Machen wir den Anfang mit einer Graphik, die Jordan Weissmann als besonders aussagekräftig empfindet, und zwar zur Vermögensentwicklung ganz oben bei den “oberen Zehntausend“, wie man sie einstmals nannte.

Zur Graphik und dazugehörigen Erklärungen sollten Sie gelangen, so Sie hier draufdrücken.

Auf “Business Insider“ erzählt Morgan Housel, dass es vor nicht allzu langer Zeit ein Buchprojekt namens “500 Things you Need to know About Investing“ gegeben habe. Dieses Buchprojekt blieb letztlich unvollendet. Stattdessen wurde jetzt ein Artikel daraus, der “122 Things Everyone Should Know About Investing And The Economy“ enthält.

Los geht’s Schritt für Schritt hier.

Mein Freund Ned Naylor-Leyland, ein personifizierter englischer Gentleman, der ein gerüttelt Maß über Investieren und Wirtschaft versteht, da exakt dies sein Job ist, hat sich zu Anfang des Jahres eines Themas angenommen, dem ich viel abgewinnen kann: den deutschen Goldreserven in Übersee.

Ned nennt’s eine “bizarre Geschichte“, und einige Details dazu zeigt er Ihnen hier auf.

Die Vermögensverwaltung Mack & Weise GmbH hat eine Veröffentlichung herausgebracht, die mir beim Überfliegen nicht ganz unnütz erschien: “Gold, Geld und Illusionen – Die Tragödie unseres Währungssystems“. Zum Überfliegen oder genauen Hinschauen sind Sie hier goldrichtig.

Und dann hätte ich noch eine sich entwickelnde Auflistung von akademischen Papieren zum Phänomen “Bitcoin“ im Angebot, angefangen mit der Arbeit von Satoshi Nakamoto aus dem Jahre 2008. Ich find’s wirklich toll, was Brett Scott in dieser Sache zusammenträgt. Wo? Hier.

Auf Platz 2 präsentiere ich sodann zwei Veröffentlichungen vom österreichischen “Standard“:

1) Das Warten auf die Geldrevolution

Die Banken, wie wir sie kennen, sind am Ende ihrer Möglichkeiten. Selbst Vertreter des Establishments fordern ein radikales Umdenken.

Siehe hier.

2) US-Behörden sahen NSA 1976 als „kriminelle Organisation“

Enthüllungsjournalist James Bamford gibt Einblick in die Geschichte des Geheimdiensts und fordert Verfahren.

Siehe hier.

Des Weiteren könnten Sie noch etwas über den österreichischen “Standard“ lesen:

Wie der “Standard“ mit Geopolitik umgeht

„Die Tageszeitung ‚Der Standard‘ bewirbt sich als unabhängiges Qualitätsmedium, liefert jedoch im Kern die gleiche Propaganda wie Zeitungen mit grösseren Bildern und weniger Text. Dies stellen u.a. Journalisten wie Eric Frey, der vor ein paar Wochen im Fernsehen mit Dirk Müller konfrontiert wurde, und Gudrun Harrer unter Beweis. Harrer war am 27. Dezember bemüht, die Rolle der USA beim ‚Islamischen Staat‘ als ‚krause Verschwörungstheorie‘ zu verharmlosen.

Jochen Scholz, Oberstleutlant a.D. der Luftwaffe, schrieb daraufhin einen vom „Standard“ ignorierten Leserbrief. Scholz führt darin aus, was einige empörte User in kurzen Postings ebenfalls an Kritik deponiert haben. ‚Die große Verschwörung‘ war der Titel des Artikels, der in der Rubrik ‚Harrers Analysen‘ mit dieser Einleitung erschienen ist: ‚Der ‚Islamische Staat‘ ist eine Erfindung der USA: So lautete eine von vielen krausen Theorien, die im Nahen Osten kursieren. Ein Realitätscheck.‘ Jochen Scholz meint dazu…“

Was Jochen Scholz meint, das sehen Sie hier.

Und auf Platz 1 wird auf der Website der London School of Economics dargebracht, dass Jonathan Nitzan und Shimshon Bichler, die jeweils Politische Ökonomie lehren, davon ausgehen, dass “die Kapitalisten“ gar nicht wollen, dass sich die krisengeschüttelte Wirtschaft erholt. Laut Nitzan und Bichler entspricht es den Interessen “der Kapitalisten“, die Krise zu verlängern, da diese für sie einen Machtzuwachs bedeute. US-Daten zeigten auf: wenn die Arbeitslosigkeit steigt, können “die Kapitalisten“ die frohe Erwartung haben, dass ihr Einkommen in den folgenden Jahren wächst.

Kann es tatsächlich wahr sein, dass “die Kapitalisten” die Krise dem Wachstum vorziehen?, so fragen Nitzan und Bichler anfangs. “Auf den ersten Blick klingt die Idee albern. Laut Economics 101 liebt jeder Wachstum, vor allem Kapitalisten. Gewinn und Wachstum gehen Hand in Hand. Wenn Kapitalisten Profit machen, steigen echte Investitionen an und die Wirtschaft gedeiht, und wenn die Wirtschaft boomt, steigen die Profite der Kapitalisten. Wachstum ist die Lebensader der Kapitalisten.

Oder doch nicht?“

Die Antwort auf letztere Frage hängt nach Nitzan und Bichler davon ab, was Kapitalisten motiviert.

Was also motiviert Kapitalisten? Schauen Sie mal hier unter der Überschrift “Profit from Crisis: Why capitalists do not want recovery, and what that means for America”.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: CASH MONEY & MARVELOUS – A Real Mutha For Ya.

And if you look you will discover,

Lord, its a real mother for ya, yeah…

In dem Sinne, ganz der Ihre,

Lars Schall.

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