Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 bekommen wir Wind davon, dass der altbekannte Jörg Asmussen seit geraumer Weile die Schuldenschnittfühler zu Alexis Tsipras ausgestreckt hat, der wohl heute mit dem Parteienbündnis Syriza in Griechenland als Wahlsieger hervorgehen wird. Jedenfalls berichtete “Business Insider“ unter Berufung auf die italienische Tageszeitung “La Stampa“ (wie ich erst jetzt Kenntnis nahm):
„Jörg Asmussen … ist seit einiger Zeit in geheimen Gesprächen mit hochrangigen Mitgliedern von Syriza gewesen. … Asmussen wird als Liebling von sowohl EZB-Präsident Mario Draghi als auch Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble beschrieben. Er ist der von Frankfurt und Berlin erkorene Mann, um mit Alexis Tsipras umzugehen, den Führer von Syriza, der eine komplette Auslöschung der griechischen Auslandsschulden befürwortet.“
Siehe hier.
Auf Platz 9 lesen wir von Witzeleien der “4th Party Collection“-Kategorie: “Die NSA beklaut und verspottet andere Geheimdienste“. Demnach geht aus Snowden-Dokumenten hervor, “dass die NSA mitliest, wenn chinesische Geheimdienste die UNO abhören.“ Das ist Clever & Smart: “Noch einfacher, als selbst zu spionieren, ist es, andere die Drecksarbeit erledigen zu lassen – und deren Datensammlung dann mit einer einfachen Operation selbst abzusaugen. Diese Denkweise zieht sich durch eine Reihe streng geheimer NSA-Dokumente, die am Sonntag im ‘Spiegel‘ veröffentlicht worden sind. Der US-Geheimdienst bezeichnet dieses ‘Spione selbst ausspionieren‘ als ‘4th Party Collection‘, als Ziel gelten mit Ausnahme der Five Eyes (also USA, Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien) alle Staaten der Welt. (…)
So gelang der NSA laut den Snowden-Dokumenten schon 2011 ein Zugriff auf den Server des chinesischen Abhördienstes. Die Chinesen hatten dort gespeichert, was ihre Cyberkrieger aus internen Computernetzwerken der Vereinten Nationen (UNO) gestohlen hatten. Ein gefundenes Fressen für die NSA. ‘Stehlt ihre Werkzeuge, ihr Know-how, ihre Opfer und ihre Ergebnisse‘, zitiert der ‘Spiegel‘ aus einer NSA-Präsentation.“
Mehr dazu hier beim “Standard“ in Österreich.
Dann las ich:
“Die Bundesregierung bereitet eine Strafbefreiung für Mitarbeiter der Geheimdienste vor. Noch in diesem Jahr werde eine Gesetzesreform auf den Weg gebracht, erfuhr die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) aus Regierungskreisen. Von einer ‘Schutzlücke‘ spricht der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder. Die Mitarbeiter der Dienste bräuchten ‘den Rechtsschutz, dass sie nicht für Straftaten von V-Leuten belangt werden, die zur Tarnung verübt wurden‘, sagte er der WAZ. Schon auf Empfehlung des NSU-Untersuchungssauschusses bereitet das Innenministerium eine Änderung des Verfassungsschutzgesetzes vor. (…) Zur Diskussion stehen zwei Modelle: Eine Generalklausel zur Strafbefreiung oder ein Katalog, in dem definiert wird, was V-Leute dürfen oder nicht. Ihr Einsatz sei „unverzichtbar“, doch dürfe ihre Tätigkeit ‘kein Freibrief für Straftaten sein‘, erläuterte Meyer. Es werde darauf ankommen, eine ‘praktikable Lösung‘ zu finden. Nach dem Anschlag von Paris fällt die Forderung auf fruchtbaren Boden. So rief Mißfelder dazu auf, die Geheimdienste zu stärken.“
Dieses las ich hier.
Hier können Sie des Weiteren den Artikel “Der BND baut sich einen rechtsfreien Raum: Erkenntnisse aus dem NSA-Untersuchungsausschuss“ lesen, und hier den Artikel “Britischer Geheimdienst stuft die Gefährlichkeit investigativer Journalisten zwischen Terroristen und Hackern ein“.
Auf Platz 8 wird uns die Erkenntnis nahegebracht: “Elitenvernetzung wird als solche kaum beachtet“.
Der Politikwissenschaftler Dieter Plehwe, der am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) arbeitet, “sieht die Sozial-, aber auch die Kommunikationswissenschaften in der Pflicht, bessere Voraussetzungen für die Einzelanalysen im Hinblick auf die Vielzahl der existierenden Think Tank und Lobby-Gruppen zu schaffen. Plehwe … erklärt im Telepolis-Interview, dass die Forschung in Sachen Denkfabriken in den vergangenen Jahrzehnten schwieriger geworden sei, weil ‘die Zahl von relevanten elitären Organisationen gewachsen ist und ausländische ebenso wie inländische Einflüsse untersucht werden müssen‘.“
Das Interview, das Marcus Klöckner mit Dieter Plehwe zur Erforschung transnationaler Denkfabriken führte, ploppt hier auf.
Auf Platz 7 fällt ins Auge: “Amerikaner kaufen sich in russische Öl-Industrie ein. Geht das überhaupt? Trotz der westlichen Sanktionen will die amerikanische Firma Schlumberger, das weltweit größte Unternehmen für Erdölexplorations – und Ölfeldservice, die größte russische Bohrfirma Eurasia kaufen. Kaufpreis: 1,7 Milliarden Dollar oder umgerechnet 22 Dollar pro Aktie (und damit 46% an dem Unternehmen). … In drei Jahren kann Schlumberger dann den Rest der Firma übernehmen. Der Deal ist nicht nur wirtschaftlich interessant, sondern vor allem ein Politikum: wie wird die amerikanische Regierung reagieren? Was sagt Putin dazu? Ist das der Beginn einer Übernahmewelle?“
Darauf stieß ich hier.
Auf Platz 6 empfehle ich Ihnen einen gezielten Besuch der Website des “New Yorker“. Raffi Khatchadourian schreibt in einem langen Artikel über die weltweiten Anstrengungen von Computerentwicklern, die darauf aus sind, dass Computer die Emotionen von Menschen lesen können. Das geht vor allem über das Lesen von Gesichtern: “Unsere Gesichter sind Organe emotionaler Kommunikation. Manche Schätzungen gehen davon aus, dass wir mehr Informationen mit unseren Ausdrücken übermitteln als mit dem, was wir sagen.“
Die Geschäftswelt kann kaum darauf warten zu wissen, was ihre Kundschaft fühlt – und dementsprechend gehen recht große Geldmengen in die Forschung, wie Sie alles in allem hier unter “We Know How You Feel“ nachlesen können.
Auf Platz 5 heißt’s bei uns ganz klassisch: “Zum Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ach, wir Armen!“
Beim Golde hängt einiges von China ab, das das internationale Angebot abräumt wie keine Nation auf Erden. “Goldexperte Bill Holter von Miles Franklin hält China für den Schlüssel zur realen Neu-Einpreisung der Edelmetalle.“
Bin ich ziemlich d’accord.
“Mit Blick auf die aktuell bestehende Wechselkurs-Bindung des chinesischen Yuan an den US-Dollar, stellt Holter die Frage in den Raum: ‘Was wird passieren, wenn China seine Währung freigibt? Die Schweiz ist das Eine, China ist eine ganz andere Geschichte!‘ Wenn China seine Währung freigebe, dann wären die Auswirkungen auf den US-Dollar verheerend und das Finanzsystem werde sein Ende finden.“
Abwarten, das stünde erst einmal zum Beweis an; Totgesagte leben bisweilen länger.
“Holter sieht einen kausalen Zusammenhang zwischen der Wechselkurs-Bindung des Yuan an den US-Dollar und dem Goldpreis. ‘Die Chinesen wissen sehr wohl, dass Gold Geld ist, sonst hätten sie nicht die letzten Jahre damit verbracht, beinahe jede Unze, die aus dem Boden kam, aufzukaufen‘, so Holter.
China sei sich darüber im Klaren, dass der Goldpreis in New York und London durch ‘Papiergold‘ künstlich ermittelt werde. Wenn es am Goldmarkt zu einem Margin Call komme, dann würden Halter von Gold-Derivaten die Auslieferung von echten Metallen einfordern. ‘Was glauben Sie, was mit realen Metallen passieren wird, wenn sich 99Prozent des weltweiten Goldes als Fälschung erweisen?‘”
Ich glaube, dann werden jene, die Gold all die Jahre schlecht redeten, ohne den Markt zu verstehen, ihr blaues Börsenwunder erleben….
Wie dem auch sei, derlei fand ich hier.
Dass der Goldpreis manipuliert wird, davon geht seit Jahr und Tag auch Bestsellerautor Jim Rickards aus. Und unlängst meinte er auf “Daily Reckoning“, dass das Preismanagement mittlerweile zum Vorteil Chinas vor sich gehe – kann es sich doch zum Diskontpreis mit Hartwährung eindecken, um das Verhältnis der gehaltenen Papiergeldreserven im Vergleich zu den Goldreserven strategisch günstiger zu gestalten. Die Manipulation werde solange anhalten, bis China so viel Gold zusammen habe, wie es brauche.
Falls Sie mögen, können Sie hier Näheres entnehmen.
(Die interessanteste Geschichte, die ich im Zusammenhang mit China las, war übrigens diese hier.)
Aber weiter mit Gold und weiter mit einem, nun ja, mehr und mehr Verbündeten Chinas, Russland. Die Goldkäufe Russlands, auf die wir des Öfteren in den Wochenrückspiegeln zu sprechen kamen, nehmen nicht ab, sondern nur zu, und das nunmehr im neunten Monat in Folge. Zuletzt legte sich die russische Zentralbank stolze 38.8 Millionen Unzen zu.
Schauen Sie mal hier.
Eine naheliegende Frage beim Gold ist, ob das Metall Teil eines neuen internationalen Währungssystems sein wird, und wenn diese Frage für Sie von Interesse ist, sind Sie hier bei Koos Jansen goldrichtig aufgehoben.
Auf Platz 4 kommen wir zurück zu Griechenland. Forschungsergebnissen einer Studie des Centrums für Europäische Politik (CEP) in Freiburg zufolge ist “Griechenland mit Finanzhilfen nicht mehr zu retten“. Die Forscher sehen „in einem Schuldenerlass … keine Lösung, weil das Problem ein anderes ist.“
Welches?
Nun, „ursächlich für die schwierige Lage Griechenlands sei der schrumpfende Kapitalstock des Landes. Diese Entwicklung führe dazu, dass die griechische Wirtschaft immer weniger produziert. Seit 2010 sei das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um über 15 Prozent gesunken, seit 2008 sogar um 25 Prozent. Dadurch sei auch die Steuerbasis des Staates stetig zurückgegangen. ‘Griechenland‘, resümieren die Experten, ‘hat sich damit immer weiter von dem Ziel entfernt, die öffentliche Schuldenlast von inzwischen 315 Milliarden Euro durch zusätzliche Steuereinnahmen stabilisieren zu können.‘“
In der Studie heißt der Befund wortwörtlich: “Der vielfach geforderte Schuldenschnitt löst das eigentliche Problem Griechenlands nicht: Solange die griechische Wirtschaft nicht wettbewerbsfähig ist, benötigt das Land neue Kredite aus dem Ausland. Auch die Wirkung des ersten Schuldenschnitts von 2012 ist verpufft.“
Weitere Informationen dazu bringen Sie hier in Erfahrung.
Auf Platz 3 befasst sich Fondsmanager und Devisenhandelsexperte Axel Merk in der “Financial Times“ mit den Gefahren, die von den Handlungen der Zentralbanken-Community rühren. Ausgehend von der kürzlich getroffenen Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die Mindestkursanbindung des Schweizer Franken zum Euro aufzuheben, schreibt Merk:
“Im Hinblick auf Investitionen haben die Zentralbanken auf der ganzen Welt riskante Anlagen relativ sicher erscheinen lassen. Risikozuschläge wurden gestaucht. Im Klartext, es war Wohlgefälligkeit an der Tagesordnung. Es ist nunmehr offensichtlich, dass die Anleger wohlgefällig waren, was das Risiko der Anbindungsaufgabe durch die SNB angeht. Aber wie steht’s um Aktien und Anleihen weltweit?
In den letzten Jahren sind beide Anlageklassen vor dem Hintergrund der geringen Volatilität, ein Maß für Wohlgefälligkeit, gestiegen. Das heißt, wenn sich die Zentralbanken von ihrem außerordentlich expansiven Kurs zu lösen versuchen, sollten die Risikozuschläge wieder steigen: die Angst könnte wieder auf den Markt zurückkommen. Unter gleichen Bedingungen, indem die Volatilität steigt, müssen die Preise für Vermögenswerte niedriger neuerhoben werden. Das ist ein Problem, wenn ein Großteil der wirtschaftlichen Erholung auf Vermögenspreisinflation basiert.
Die Auswirkungen der Anlagenaufkaufprogramme oder quantitativen Lockerung der Zentralbanken bringen nicht nur Investoren in Gefahr, sondern bedrohen auch das soziale Gefüge und die politische Stabilität in der ganzen Welt. Denjenigen, die Vermögen besitzen und wissen, wie man mit Kredit umgeht, mag es gut ergehen, aber jene, die ohne Vermögenswerte oder Wissen dastehen, leiden. Geldpolitik ein wesentlicher Antreiber des steigenden Wohlstandsgefälles. Doch das eigentliche Problem, dass die Bürger und / oder deren Regierungen nicht in der Lage sind, ihre Bücher auszugleichen, wird nicht adressiert, weil die Maßnahmen der Zentralbanken die wirklichen Probleme maskieren.“
Der ganzen Artikel von Axel Merk, mit “ Are central banks a destabilizing force?“ betitelt, steht hier bereit.
Auf Platz 2 lenken wir unser Augenmerk auf gewisse Eigenarten, die Russland aufweist – nahegebracht von Dmitry Orlov:
“Jüngere Ereignisse wie der Sturz der Regierung in der Ukraine, die Sezession der Krim und ihre Entscheidung, sich der Russischen Föderation anzuschließen, die folgende militärische Kampagne gegen die Zivilbevölkerung der Ostukraine, die westlichen Sanktionen gegen Russland und am jüngsten der Angriff auf den Rubel, haben einen bestimmten Phasenübergang innerhalb der russischen Gesellschaft bewirkt, der, glaube ich, der im Westen, wenn überhaupt, sehr schlecht verstanden wird. Dieser Verständnismangel ist für Europa von erheblichen Nachteilen, um ein Ende dieser Krise auszuhandeln.
Während die Russen vor diesen Ereignissen eher zufrieden waren, sich als ‘nur ein weiteres europäisches Land‘ anzusehen, haben sie sich nun daran erinnert, dass sie eine eigene Zivilisation sind, mit unterschiedlichen zivilisatorischen Wurzeln (Byzanz statt Rom) – eine, die abgestimmten westlichen Bemühungen unterworfen war, die sie ein- oder zweimal pro Jahrhundert ein für allemal zerstören wollten, sei es durch Schweden, Polen, Frankreich, Deutschland oder eine Kombination der genannten. Dies hat den russischen Charakter in einer bestimmten Reihe von Arten konditioniert, die, wenn sie nicht ausreichend verstanden werden, wahrscheinlich zu einer Katastrophe für Europa und die Welt führen.
Sie sollten nicht denken, dass Byzanz irgendein kleinerer kultureller Einfluss auf Russland ist; er ist tatsächlich entscheidend. Die byzantinischen kulturellen Einflüsse, die mit dem orthodoxen Christentum aufkamen, zuerst durch die Krim (der Geburtsstätte des Christentums in Russland), dann durch die russische Hauptstadt Kiew (das gleiche Kiew, welches nun die Hauptstadt der Ukraine ist), erlaubten es Russland, über ein Jahrtausend der kulturellen Entwicklung zu überspringen. Solche Einflüsse umfassen die undurchsichtige und schwerfällig bürokratische Natur der russischen Staatsführung, die die Bewohner des Westens, die die Transparenz (und sei es nur bei anderen) lieben, so irritierend finden, zusammen mit vielen anderen Dingen. Die Russen nennen Moskau bisweilen gerne das Dritte Rom – das dritte nach Rom selbst und Konstantinopel –, und das ist keine völlig leere Behauptung. Das soll aber nicht aussagen, dass die russischen Zivilisation ein Derivat ist; ja, sie hat es geschafft, das gesamte klassische Erbe, durch eine deutlich östliche Linse betrachtet, zu absorbieren, aber ihr überwiegend nördliches Umfeld hat dieses Erbe in etwas radikal anderes verwandelt.
Da dieses Thema von überwältigender Komplexität ist, werde ich den Schwerpunkt auf vier Faktoren legen, die ich für das Verständnis der Transformation, die wir derzeit erleben, als wesentlich erachte.“
Die vier Faktoren und ein mehrstufiges Rezept, um ein Desaster anzurichten, benennt Orlov unter “Peculiarities of Russian National Character” hier.
Bei einer Veranstaltung der Europa-Universität Flensburg und Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), die in dieser Woche stattfand, sprach u.a. der Historiker Wolfgang Effenberger, Co-Autor mit Willy Wimmer von “Wiederkehr der Hasardeure“. Vortragstitel von Effenberger: “Schlachtfeld Europa: Eskalation oder strategisches Kalkül?“
Als mich Effenberger auf den Vortrag aufmerksam machte, bat ich ihn um eine Zusammenfassung des dargebrachten Inhalts. Hier ist sie:
Einhundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wird wieder diskutiert: Wie konnte es zu der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ kommen? Mit Blick auf die damalige politische Großwetterlage muss sich die Aufmerksamkeit auf das „Cui bono“ („Wem nützt es?“) richten, nur so können die Hintergründe in ihrer ganzen Tragweite verstanden werden. Denn Kriege brechen nicht einfach aus, Kriege werden gemacht. Wer waren die Planer und Wegbereiter, wer die Nutznießer?
Angesichts des Bürgerkrieges in der Ukraine – unter Einsatz von schweren Waffen – besteht die Gefahr einer Eskalation, wenn nicht eines Weltbrandes. Während Deutschland dabei ist, sich in PEGIDA- und ANTI-PEGIDA-Anhänger zu spalten, verabschiedete am 15. Januar 2015 völlig unbemerkt von der europäischen Öffentlichkeit das europäische Parlament eine 28-Punkte-Resolution zum Thema Ukraine. Im Aufbau und im Tenor befindet sich diese EU-Resolution im Fahrwasser der Resolution 758, die das US-Repräsentantenhaus am 4. Dezember 2014 mit 411 Stimmen (bei 10 Gegenstimmen) verabschiedet hat.
Für den slowenischen Philosophen Slavoj Žižek weist die gegenwärtige Situation eine frappierende Ähnlichkeit mit der Lage um 1900 auf. Damals wurde die Hegemonie des britischen Empires von aufstrebenden neuen Mächten infrage gestellt. Heute sind es die USA, die die Rolle des britischen Empires spielen, und bei den kommenden neuen Supermächten handelt es sich um Russland und China.
„Während sich das Szenario eines Dritten Weltkriegs seit über zehn Jahren auf dem Reißbrett des Pentagon befindet, wird eine Militäraktion gegen Russland mittlerweile auf ›operativer Ebene‹ durchgespielt,“ schreibt Slavoj Žižek, der weiter befürchtet, dass dadurch das Leben von Hunderten Millionen Menschen auf der ganzen Welt gefährdet ist.
Nun geht es um das, was Zbigniew Brzezinski bereits Ende der 90er Jahre in „The Grand Chessboard“ formulierte: Die Beherrschung der eurasischen Landmasse.
Die Mehrheit der europäischen Politiker scheint die immanenten Motive und Strategien, die das heutige globale Geschehen antreiben, wohl nicht zu kennen. So haben die Hasardeure – wie vor 100 Jahren – wieder Konjunktur.
Mit der Erfahrung der zwei Weltkriege und eines Jahrhunderts voller Entmenschlichung und Entwurzelung brauchen wir Visionen vom Frieden. Wir dürfen uns politisch nicht emotionalisieren lassen, sondern sollten auf eine philosophische Diskussion hinwirken, damit wir vom „Rechthaben“ wieder in das „Zuhören“ kommen und damit in das „Verstehen“!
Effenbergers Vortrag kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Und auf Platz 1 nehmen wir Kenntnis, dass 133 Länder der Welt im Laufe des Rechnungsjahres 2014 (am 30. September 2014 endend) Besuch von Kräften der U.S. Special Operations bekamen. Das entspricht rund 70 Prozent aller Nationen auf Erden. “Trotz seiner massiven Größe und Wirkung ist dieser geheime globale Krieg, der in weiten Teilen der Erde vor sich geht, den meisten Amerikanern unbekannt“, schreibt der investigative Journalist und Historiker Nick Turse in einem Beitrag auf TomDispatch.com, “The Golden Age of Black Ops”. Die überwiegende Mehrzahl aller Spezialoperationen “bleiben vollständig im Dunkeln, verborgen vor externer Aufsicht oder prüfenden Blicken der Presse. In der Tat, abgesehen von geringen Mengen an Informationen, die durch hochselektive Berichterstattungen von Militärmedien, offiziellen Leaks des Weißen Hauses, SEALs, die etwas zu verkaufen haben, und ein paar handverlesenen Journalisten, die über handverlesene Gelegenheiten berichten, wird vieles, was Amerikas Spezialoperationskräfte tun, niemals einer bedeutsamen Prüfung unterzogen, was nur die Chancen für unvorhergesehene Rückstöße und katastrophale Folgen erhöht.“
Die teilstreitkraftübergreifende Kommandoeinrichtung aller US-amerikanischer Spezialeinheiten (Special Forces) der US Army, US Air Force, US Navy und des US Marine Corps, das US Special Operations Command (SOCOM), welches 1987 geschaffen wurde und seinen Hauptstützpunkt auf der MacDill Air Force Base in Florida hat, erlebt seit 9/11 Hochkonjunktur: „‘Die Kommandoeinrichtung ist an ihrem absoluten Höhepunkt. Und es ist in der Tat ein goldenes Zeitalter für Spezialoperationen.‘ Das waren die Worte von Armeegeneral Joseph Votel III, ein West Point-Absolvent und Army Ranger, als er das Kommando über SOCOM im August letzten Jahres übernahm.
Seine Rhetorik mag hochtrabend gewesen sein, war aber keine Übertreibung. Seit dem 11. September 2001 sind die US Special Operations Forces in jeder erdenklichen Art und Weise gewachsen“ – sei es nun bezogen auf ihre Anzahl, ihr Budget oder ihr Einfluss in Washington. 2001 betrug die Personalgröße von 33.000; nunmehr sind es 70.000.
“Der Löwenanteil der SOCOM-Truppen sind Rangers, Green Berets und andere Soldaten der Army, gefolgt von Air Force-Luftkommandos, SEALs, Special Warfare Combatant-Craft Crewmen (SWCC – Kampfbootbesatzungen für Spezielle Kriegsführung) und unterstützendem Personal von der Navy, sowie einem kleineren Kontingent der Marines.“ Darunter gibt es ein Spektrum regionaler Einheiten: “die selbsterklärende SOCAFRICA; SOCEUR, das europäische Kontingent; SOCKOR, das allein Korea gewidmet ist; SOCPAC, das den Rest der Asien-Pazifik-Region umfasst; SOCSOUTH, das Missionen in Mittelamerika, Südamerika und in der Karibik durchführt; SOCCENT, das Kommando des US Central Command (CENTCOM) im Nahen Osten; SOCNORTH, das der ‘Landesverteidigung‘ gewidmet ist; und die Globetrotter des Joint Special Operations Command oder JSOC.“
Gleichwohl von SOCOM offiziell unbestätigt, gibt es auch noch kleinere Task-Force-Teams, die den Special Operations Forces zuarbeiten: die Kräfte des Special Operations Command Forward (SOC FWD). Ihre regionalen Einheiten sollen unter anderem sein: SOC FWD Pakistan, SOC FWD Jemen, SOC FWD Libanon, SOC FWD East Africa, SOC FWD Central Africa und SOC FWD West Africa.“
Die Liste kann noch weitergeführt werden. Um ein globales SOF-Netzwerk mit Verbündeten aufzubauen, gibt es mittlerweile Liaison-Offizielle der Special Operations Forces in vierzehn ausgesuchten Botschaften der USA. Bis 2019 soll das Programm auf 40 Länder expandieren.
Die ganze Buchstabensuppe, die Nick Turse kredenzt, können Sie hier auslöffen.
The Zbignator weiß unterdessen, wo US-Truppen auch gut tun: nämlich im Baltikum. Gegenüber dem Senate Armed Services Committee sagte Dr. Zbigniew Brzezinski am Mittwoch, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten Truppen ins Baltikum entsenden sollten, um Russland vor einem möglichen Einfall in die dortigen Länder abzuhalten. Brzezinski befürchtete, dass Wladimir Putin vielleicht die Kontrolle über das Baltikum erlangen wolle und die NATO mit einem schnellen Überraschungszug auf dem falschen Fuß erwischen könne.
Weitere Statements vom niemals aufgebenden Zbignator erhalten Sie hier.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: CHET BAKER SEXTET– Tune Up.
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.
Hallo Her Lars,
kann ich den Rückspiegel irgendwie abonnieren?
Beste Grüße
Roman Huber
nur die website als solche. lg.