Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
ich heiße Sie herzlich willkommen zu Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 ertönt der Anpfiff mit 17 Fakten zum Wechselspiel zwischen Fußballbundesliga und der deutschen Wirtschaft. Wussten Sie beispielsweise, dass die Erträge der Bundesliga in der Zeit von der Saison 2003/04 bis zur Saison 2013/2014 um 124,8% auf 2,45 Milliarden Euro gestiegen sind? Dies entspricht einem jährlichen Wachstum von 8,4% und ist damit höher als das Wachstum von 23 der 30 Aktien im DAX.
Weitere Fakten dribbelt man Ihnen hier vor.
Auf Platz 9 ergeht ein Angebot an Sie, insofern Sie nämlich auf das Rückgrat einer gewissen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bieten können, “welches seit Beginn der Enthüllungen von Edward Snowden über die weltweite Totalüberwachung unter Beteiligung des BND im Juni 2013 nicht mehr benutzt worden ist.
Die Lendenwirbel sind hochflexibel und erlauben tiefste Verbeugungen vor unserem Hegemon in Washington.
Die Halswirbel Atlas und Dreher sind intakt und ermöglichen jederzeitiges Wegschauen bei Aufkommen von Verdachtsmomenten, dass deutsche oberste Bundesbehörden bis zur Halskrause in die grundgesetzwidrige und demokratiegefährdende Totalüberwachung verstrickt sein könnten, oder gar Massenüberwachungsprogramme wie ,xkeyscore‘ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz selbst genutzt werden könnten.“
Bieten Sie hier mit.
Mit Ruhm bekleckern tut sich die politische Führungsriege hierzulande in der Tat immer dann, wenn es um “Spionage“ und “Nachrichtendienste“ geht. Ein weiteres Glanzlicht setzte diesbezüglich Gerhard Schindler, der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, als er diese Woche “dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag (drohte), dass dieser sich nicht zu sehr mit den kriminellen Machenschaften des britischen Geheimdienstes GCHQ beschäftigen sollte. Denn sonst wäre der Bundesnachrichtendienst blind. Das wiederum berichtet fleissig Focus.de mit einer unkritischen Schreibweise, die an die PR-Abteilung von Geheimdiensten erinnert und von dort auch mit den Informationen versorgt wurde, um Stimmung zu machen.
Der britische GCHQ ist der größte Handlanger der NSA und sich in dieser Tätigkeit auch nicht zu schade, die Infrastrukturen der europäischen Partner mit Schadsoftware zu manipulieren und flächendeckend alles abzuhören und wegzuspeichern, was nur geht.“
Davon nahm ich hier Kenntnis, während der besagte Focus-Artikel hier erhältlich ist.
Auf Platz 8 wird neues Geld an chinesische Banken freigegeben, genauer 100 Milliarden US-Dollar, damit “neue Sorgen über das sich verlangsamende wirtschaftliche Wachstum des Landes“ signalisierend. Die chinesische Zentralbank lockerte während dieser Woche die Menge an Reserven, die von Geschäftsbanken mindestens gehalten werden müssen. “In zunehmenden Maße gibt die Zentralbank den Forderungen der Pekinger Führung nach, die Finanzierungskosten für Unternehmen zu reduzieren.“ Ein Offizieller der Zentralbank ließ sich dahingehend verstehen, dass der besagte Schritt der Beginn eines “Lockerungszyklus“ sei.
Weiteres dazu hier.
Ferner drei andere Artikel zu den Schwierigkeiten Chinas:
China pumping money into market ahead of Lunar New Year;
Pushing on a String? Two Charts Showing China’s Dilemma;
Devaluation by China is the next great risk for a deflationary world.
Auf Platz 7 heißt es auch beim Verfall, den der Rubel erlebt: wo Verlierer, da Gewinner. Gewinner des darniederliegenden Rubels sind Minenunternehmen, die in Russland Gold fördern. Nach China ist Russland der zweitgrößte Goldproduzent der Welt – “und seine Minenunternehmen haben nun die niedrigsten Kosten in der Welt“, wie die BCS Financial Group sagt, ein in Moskau ansässiges Investmentunternehmen. Wie der chinesische Staat kauft auch der russische Staat seinen einheimischen Produzenten das Gold ab.
Details dazu gibt es hier.
Zu den Goldexporten, die von Russland gen Schweiz stattfinden, gibt es unterdessen eine paar in den Raum geworfene Fragezeichen, wie Sie hier ersehen können.
An der Goldbörse in Shanghai ging’s im Januar hoch her, wie Koos Jansen hier berichtet.
Frische Angaben zu den 10 weltgrößten Goldproduzenten, sortiert nach Ländern und Minen, erhalten Sie derweilen hier.
Mark O’Byrne von GoldCore bringt Ihnen nahe, warum das neue Goldfixing das alte ist, jedenfalls dann, wenn es um Transparenz geht – schauen’S hier.
Auf Platz 6 wird doch tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Banken und Betrug hergestellt:
“Vor wenigen Monaten hatte eine Studie der Universität Zürich bei Bankern einen verstärkten Hang zu kriminellen Handlungen belegt und damit in der Branche viel Kritik ausgelöst. Wie Daten der KPMG aber zeigen, lag die Studie nicht ganz falsch: Die Unternehmenskultur im Bankensektor toleriert oder begünstigt implizit unehrliches Verhalten eher als in anderen Wirtschaftszweigen. Dies war die Kernaussage einer Studie von Ernst Fehr und Michel Maréchal von der Wirtschaftsfakultät der Universität Zürich. Die Erhebung war im vergangenen November veröffentlicht worden, wie auch finews.ch berichtete. Im angesprochenen Bankensektor reagierte man empfindlich. Obschon eine Reihe von Betrugsskandalen in Grossbanken den Berufsstand bereits reichlich in Verruf gebracht hatte, hiess es unter den Finanzleuten bald, jetzt werde ihre Gilde pauschal verunglimpft.“
Darauf stieß ich hier.
Auf Platz 5 kommen wir zu den Schulden. Die sind ja gerade in Sachen Griechenland in aller Munde. Statt diesem aktuellen Beispiel drückender Schuldenlast hier Beachtung zu schenken (dazu finden Sie überall sonst ohnehin genug geschrieben), finde ich es reizvoller, die Blase am Anleihemarkt als solche zu betrachten. Die Geschichte geht ungefähr so (einiges dabei unter den Teppich kehrend – zum Beispiel das Phänomen des „militärischen Keynesianismus“):
“Mehr als 30 Jahre lang haben die westlichen Länder den Rückgang des Lebensstandards durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen übertüncht. In der einfachsten Darstellung gaben souveräne Staaten mehr aus, als sie an Steuern erheben konnten, so dass sie Schulden (geliehenes Geld) emittierten, um ihre verschiedenen Sozialeinrichtungen zu finanzieren.
Dies wurde in der Regel als ‘vorübergehende‘ Angelegenheit verkauft. Aber wie uns Politiker immer wieder gezeigt haben, ist das Verausgaben nie eine vorübergehende Angelegenheit. Heute erhalten satte 47% der amerikanischen Haushalte eine Art von Regierungshilfe. Dies ist nicht nur vorübergehend … dies ist endemisch.
All diese Ausgaben werden durch geliehenes Geld finanziert … deswegen die Anleihe-Blase, die größte Blase der Finanzgeschichte: ein unglaubliches Monster von $ 100 Billionen, das nunmehr jeden Monat um Billionen Dollar wächst.
Wir schreiben das nicht um der Wirkung halber. Die USA allein emittierten in einem Zeitraum von acht Wochen gegen Ende 2014 mehr als 1 Billion Dollar an neuen Schulden.
Die Gründe, warum sie das getan haben? Weil sie nicht das Geld haben, die Schulden abzubezahlen, die aus der Vergangenheit fällig werden … also geben sie einfach NEUE Schulden aus, um das Geld zum Zurückzahlen der alten Schuld aufzutreiben.
Klingt sehr nach einem Schneeballsystem … aber die USA sind in dieser Hinsicht nicht allein. Weltweit ist die Staatsschuldenblase größer als $ 100 Billionen. (…)
QE war nie dazu gedacht, Arbeitsplätze zu schaffen oder Wirtschaftswachstum zu generieren … es war ein verzweifelter Trick von Zentralbanken, um den Anleihemarkt zu unterstützen, sodass die Zinsen nicht steigen würden.“
Aus dem Grunde verfolgen die westlichen Zentralbanken eine Zinspolitik bei null Prozent, da sie es sich nicht leisten können, die Zinsen steigen zu lassen. “In den USA bedeutet jeder Anstieg von 1% der Zinssätze zwischen $ 150 – $ 175 Milliarden mehr an Zinszahlungen pro Jahr auf unsere Schulden.
Vergessen Sie Aktien, vergessen Sie Ihre Sorgen über diese oder jene Bewertungsmetrik, die EIGENTLICHE Frage ist die, was passiert, wenn die Bondblase platzt. Wenn das passiert, werden keine einzelnen Banken Pleite gehen, es werden ganze Nationen sein.“
Die Geschichte harrt Ihrer hier.
Mit den “Folgen des unvermeidlichen Zinsanstiegs für Bonds“ befasst sich eine Wortmeldung von Dr. Dietmar Siebholz, insbesondere um die Frage kreisend, “wie sich künftige Erhöhungen des allgemeinen Zinsniveaus für Staatsanleihen auf das Budget eines Landes auswirken werden und mit welcher Relation diese künftigen zusätzlichen Zinsbelastungen zu den erwarteten Steuereinnahmen“ stehen.
Falls das eine Frage ist, der Sie Wert beimessen, klicken Sie hier.
Die oben angegebene Schuldenmarke von 100 Billionen US-Dollar ist wohl zu tief gegriffen, wie aus einem Artikel bei “Russia Today“ hervorgeht. Demnach sind die globalen Schulden seit 2007 um 57 Billionen US-Dollar angestiegen.
„Nach der Finanzkrise 2008 und der längsten und tiefsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg wurde allgemein erwartet, dass die Volkswirtschaften der Welt Schulden abbauen würden. Das ist nicht geschehen. Stattdessen wachsen die Schulden in fast allen Ländern weiter an, sowohl absolut als auch im Verhältnis zum BIP. Dies schafft in einigen Ländern neue Risiken und begrenzt in vielen die Wachstumsaussichten“, so schließt McKinsey in einer Forschungsarbeit, die in 47 Ländern durchgeführt wurde.
“Die Höhe der Weltverschuldung erreichte 199 Billionen am Ende des Jahres 2014.“
So prangt es Ihnen hier entgegen.
Mit Schulden lässt sich so und so umgehen. Die Art und Weise, die in Griechenland mit einer Deflationspolitik probiert wurde (Absenkung der staatlichen Ausgaben bei gleichzeitiger Erhöhung der Einnahmen inmitten einer wirtschaftlichen Flaute), findet nunmehr in der hochverschuldeten Ukraine eine Neuauflage:
“Die Wirtschaft der Ukraine ist im freien Fall. Auch ohne den Konflikt in Osten des Landes wäre die Situation nicht einfach. Nun aber steht die ukrainische Gesellschaft vor wirklich schweren Zeiten. Im vergangenen Jahr ist die Wirtschaftsleistung nach Angaben der ukrainischen Notenbank um 7,5 Prozent geschrumpft. Das ist der schlimmste Einbruch seit der Weltwirtschaftskrise 2008/09, von dem sich die Ukraine noch gar nicht richtig erholt hatte. Hinzu kommen die Zerstörungen des Krieges, geschätzte 450.000 Binnenflüchtlinge, die auf absehbare Zeit nicht in ihre Heimat zurückkehren können, und eine beginnende Krise am Arbeitsmarkt. Ebenfalls kritisch: Eine Staatsverschuldung, die eine Refinanzierung nicht mehr am Anleihenmarkt, sondern nur noch über IWF-, EBRD- und EU-Hilfspakete zulässt. Daneben ist auch der Außenwert der ukrainischen Hryvna im Laufe des Jahres 2014 praktisch abgestürzt und hat sich gegenüber US-Dollar und Euro im Wert halbiert.
In dieser desolaten Situation setzen westliche Geber auf die üblichen austeritätspolitischen Ansätze. Gefordert werden Steuererhöhungen, ein Runterfahren der Subventionen für den Gas-Endverbraucher, nur minimale Erhöhungen des Mindestlohnes, obwohl dieser ohnehin kaum zum Leben reicht, und die Abschaffung der Parität bei der Verwaltung der Sozialkassen.
Doch gerade diese Forderungen sind keine adäquate Lösung, will man die ohnehin stark unter Druck stehende Bevölkerung nicht geradezu in die Verarmung treiben. Dennoch werden sie weitgehend unhinterfragt propagiert. Und zwar sowohl von westlichen Ländern als auch von der neuen ukrainischen Regierung und dem Euromaidan.“
Dieses las ich in einem Beitrag auf der Website von “Internationale Politik und Gesellschaft“, der die Überschrift “Die Definition des Wahnsinns“ trägt – siehe dazu hier.
James Carden meint, dass der Internationale Währungsfonds der größte Feind ist, dem sich die Ukraine gegenüberfindet, und mitnichten Russland – wie Sie sich hier näherbringen lassen können.
Auf Platz 4 rangiert zunächst ein Interview mit John Kiriakou, dem einzigen CIA-Agenten, der im Zusammenhang mit dem Folterprogramm der CIA hinter Gefängnisgitter wanderte – mitnichten aber, weil er Verantwortung für die Folter trug, sondern weil er Informationen über die Folterpraxis der CIA an einen Reporter weitergab.
Das Interview mit Kiriakou schwappt hier hoch.
Was das CIA-Folterprogramm angeht, so verstrickt sich das Justizministerium der USA in Widersprüche – was man Ihnen hier aufzeigt.
Und Michael Hayden, Ex-NSA und CIA-Direktor, brachte unlängst in einer Rede seine Interpretation der US-Verfassung zum Besten – siehe hier.
Auf Platz 3 geht’s dem Fracking in den USA an den Kragen:
“Der Ölpreis hat sich in Windeseile halbiert. Dauerhaft kann die Ölindustrie, und ganz speziell die Fracking-Industrie, diese Tatsache nicht ignorieren – denn Fracking verursacht deutlich höhere Förderkosten als die konventionelle Ölförderung – laut Financial Times fördert die US-Fracking-Industrie mit Kosten von 75 US-Dollar.“
Inwiefern der “Öl-Crash für die Fracking-Industrie immer dramatischer“ wird, können Sie hier etwas vor Auge geführt bekommen.
Zu den Kosten wirtschaftlich erschwinglichen Öls äußerte sich vor nicht allzu langer Zeit die Bank of Canada in einem Bericht. Ihren Erkenntnissen nach könnte rund 1/3 der derzeitigen Produktion wirtschaftlich unrentabel sein, wenn der Ölpreis bei 60 US-Dollar pro Barrel steht. “Mehr als 2/3 des erwarteten Anstiegs des Weltölangebots wären ähnlich unrentabel. Ein Rückgang an privaten und öffentlichen Investitionen in kostspieligen Projekten könnte das zukünftige Wachstum des Ölangebots signifikant reduzieren und die Mitglieder der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) würden über begrenzte ungenutzte Kapazitäten verfügen, um den signifikanten Rückgang im Nicht-OPEC-Angebot ersetzen zu können.“
Es spricht einiges dafür, dass die Produktion wirtschaftlich erschwinglichen Öls bei Preisebenen von bis zu $75 den Peak erreicht hat – wie Ihnen des Weiteren hier vorgerechnet wird.
Apropos Peak Oil. Ron Patterson veröffentlichte auf “OilPrice.com“ einen Artikel namens “Why Peak Oil Is Finally Here“ – welcher Sie hier zum näheren Studium einlädt.
Das Desaster von BPs Deepwater Horizon hat am Boden des Golfs von Mexiko so um die 10 Millionen Gallonen an Erdöl hinterlassen, wobei eine Gallone 3,785 Litern entspricht. Welche Risiken das birgt, enthüllt Ihnen hier eine aktuelle Studie.
Dann sorgte ein außenpolitischer Artikel in der New York Times für einiges Aufsehen, da „die Saudis offenbar vorgeschlagen (haben), den Ölpreis wieder ein bisschen hochzutreiben. Warum? Weil man dann als Gegenleistung von den Russen verlangen könnte, dass sie mal aufhören, den Assad zu beschützen.“
So formuliert es Fefe hier.
In Sachen Energie empfehle ich zuletzt die Lektüre von “US, Russia at odds over energy in Cold War-style conflict“, aufzufinden hier.
Auf Platz 2 wird das, was nicht passt, passend gemacht – womit eine wesentliche Funktion der Propaganda umrissen wäre. Und “Propaganda“ als Begrifflichkeit und inhaltlicher Vorwurf befindet sich hoch im Kurs:
„‘Russland führt einen Propagandakrieg‘, titelt der Tagesspiegel, ‘Glaubt Putin die eigene Propaganda?‘, fragt sich Spiegel-Online, die EU-Staaten seien ‘machtlos gegen Russlands Propaganda‘, fürchtet die Süddeutsche, während die Zeit weiß: Moskaus ‘Propaganda-Apparat geht das Geld aus‘. Der nun wieder entflammte Konflikt in der Ostukraine ist unzweifelhaft auch ein Propagandakrieg. Glaubt man den Schlagzeilen hiesiger Leitmedien, dann hat Moskau die Exklusivrechte auf Propaganda.“
So beginnt ein Artikel von Sebastian Range zur Ukraine-Berichterstattung deutscher Medien – und schreitet hier weiter voran.
Zu “Deutschlands (neue) Großmachtambitionen“ erschien dieser Tage eine Studie der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V., über die Sie sich hier kundig zu machen vermögen.
“Zur Debatte um die deutsche Verantwortung in der Welt“ meldet sich an dieser Stelle hier Kollege Paul Schreyer zu Wort.
German Foreign Policy schreibt über einen “Ring um Russland“:
“Deutschland übernimmt eine führende Rolle beim Aufbau der neuen NATO-‘Speerspitze‘ in Osteuropa. Rund 2.700 von insgesamt 5.000 bis 7.000 Soldaten, die in diesem Jahr die gestern von den NATO-Verteidigungsministern beschlossene Kampftruppe etablieren sollen, werden von der Bundeswehr gestellt. Auch in den NATO-Stützpunkten, die in sechs Staaten Osteuropas eingerichtet werden, wo sie bei Bedarf als Operationszentralen dienen sollen, werden deutsche Militärs präsent sein.
Berlin erhält damit prägenden Einfluss auf die künftige NATO-Struktur in seinem traditionellen osteuropäischen Einflussgebiet. Die Maßnahmen ziehen den Ring, den das westliche Kriegsbündnis um Russland legt, ein weiteres Stück zusammen – zumal bereits vergangenes Jahr Schweden und das im Norden an Russland grenzende Finnland sich der NATO weiter angenähert haben und der Kaukasus-Staat Georgien sich ab diesem Jahr an der NATO Response Force beteiligen will, die auf 30.000 Mann aufgestockt werden soll. Aus ihr wird die NATO-‘Speerspitze‘ gebildet. Deutschland wird mit seiner führenden Position in der ‘Speerspitze‘, sollte der Konflikt mit Moskau unkontrolliert eskalieren, an vorderster Front gegen Russland stehen.“
Weiteres zum “Ring um Russland“ erscheint hier.
Passend dazu: “Krieg um die Köpfe. Der Psychologe Klaus-Jürgen Bruder über die Mechanismen und die Kritik an der ideologischen Mobilmachung.
Deutschland rüstet nicht nur im Äußeren auf – auch im Innern vollzieht sich eine Entwicklung gen Militarisierung des Zivilen, des Denkens, Handelns und der Bildung etwa – eine ideologische Mobilmachung also, die auf die Erhöhung der Kriegsbereitschaft der Deutschen zielt. Auf dem Kongress mit dem Titel ‘Krieg um die Köpfe: Der Diskurs der Verantwortungsübernahme‘, der vom 5. bis 8. März in Berlin stattfindet, wollen Psychologinnen und Psychologen die Einstimmung der Bevölkerung auf die scheinbare Notwendigkeit und Unausweichlichkeit der Beteiligung an Kriegen analysieren und kritisieren.“
Nach Auffassung von Bruder vermitteln die Medien “uns vor allem ‘Botschaften‘, denen wir zustimmen können, nein: sollen. Sie sind für die Herstellung von Konsens verantwortlich, wie Chomsky das nannte.
Im Fall der Kriegs-‘Zustimmung‘ beobachten wir vor allem eine Taktik der ständigen ‘Tabu‘-Brüche – und deren freche Kommentierung durch die Tabubrecher. So beispielsweise: ‘Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.‘ Dem entspricht auf Seiten der Rezipienten, zu denen die Bevölkerung gemacht wird, die ‘Gewöhnung‘.
Wir wissen ja, wie ‘geduldig‘ eine Bevölkerung ist, wenn man sie allmählich an etwas gewöhnt, kennen das Wegsehen, Ohrenverschließen und Schweigen beispielsweise angesichts von Staatsterrorismus, Demokratiezerstörung, Menschenfeindlichkeit, sozialer Stigmatisierung und Exklusion bis hin zum Nichtwahrnehmen von Serienmorden wie in den KZ. Diese Gewöhnung durch sequentielle Tabu-Brüche wird dabei noch erleichtert und verstärkt durch flankierende Diskurse. Der Diskurs der Verantwortungsübernahme ist dabei derzeit der hegemoniale. ‘Verantwortung für Deutschland‘, heißt es da vor allem.“
Das ganze Interview, das Jens Wernicke mit Klaus-Jürgen Bruder führte, steht hier parat.
Und auf Platz 1 hätte ich einiges zu einem neuen Buch von Michael Pillsbury in petto, Titel des Werks: “The Hundred Year Marathon – China’s Secret Strategy to Replace America as the Global Superpower”, erschienen bei Henry Holt & Company. Pillsbury, ein verteidigungspolitischer Berater verschiedener US-Regierungen und China-Spezialist des Pentagon, vertritt darin die Ansicht, dass China ein geheimes, auf 100 Jahre angelegtes Modernisierungsprogramm verfolge, das darauf aus ist, die US-geführte Weltordnung mit einem chinesisch-dominierten Wirtschafts- und Politsystem abzulösen. Pillsbury, der jede US-Administration seit Richard Nixon in Sachen China beraten hat, sagt, dass die US-amerikanische Politik seit mehr als vier Jahrzehnten vom chinesischen Gegenüber eingelullt worden sei, um China “fälschlicherweise…als freundliche Macht zu beurteilen, die US-Unterstützung verdient.“ Aufeinanderfolgende US-Regierungen seien getäuscht worden, um das Projekt unwissentlich zu fördern.
Die Strategie, die Pillsbury entdeckt haben will, sah erst den Erwerb westlicher Technologie vor, dann die Entwicklung einer starken Wirtschaft, und zuletzt – in drei bis vier Jahrzehnten in der Zukunft – die Ersetzung der USA als Supermacht der Welt.
Aus seiner Sicht ähnelt das Spiel, dem China seit Jahren nachgehe, dem Brettspiel Wei Qi, das die Einkreisung des Gegners beinhalte.
So schreibt es Dan Southerland für “The Christian Science Monitor“ hier.
Anderweitig las ich (ich übersetze flugs):
“Die geheime Strategie, die auf der alten chinesischen Staatskunst gründet, stellte einen groß angelegte Transfer an Cash, Technologie und Know-how her, der die ,Superfalken‘ im Militär und in der Kommunistischen Partei in China stärkte, die jetzt Schritte unternehmen, um die Vereinigten Staaten aufzuholen und schließlich zu übertreffen, schließt Herr Pillsbury in seinem Buch „Der Hundertjährige Marathon“, das diese Woche veröffentlicht wurde.
Das strategische Täuschungsprogramm Chinas wurde von Mao Zedong im Jahre 1955 ins Leben gerufen und brachte die weit verbreitete Überzeugung hervor, dass China ein armes, rückwärtiges und nach innen gerichtetes Land sei. ‘Und deshalb müssen die Vereinigten Staaten ihnen helfen und an sie Dinge verschenken, um sicherzustellen, dass sie freundlich bleiben‘, sagte Herr Pillsbury in einem Interview. ‘Das ist völlig falsch.‘
Die chinesische Strategie ist auch auf die Erlangung der Weltwirtschaftsdominanz ausgerichtet, sagt er und stellt fest, dass … die kombinierte wirtschaftliche, politische und militärische Macht“ der Chinesen danach strebe, aus China “einen neuen globalen ‘Hegemon‘ zu machen, der sein antidemokratisches politisches System und seine räuberischen Wirtschaftspraktiken auf der ganzen Welt exportieren werde.
In dem Interview sagte Herr Pillsbury, derzeit Direktor des Center for Chinese Strategy am Hudson Institute, das neue Details, die in dem Buch enthalten sind, zur Veröffentlichung durch das FBI, die CIA und das Verteidigungsministerium freigegeben wurden, einschließlich Details zu ehedem klassifizierten Präsidenten-Richtlinien, Geständnisse von bislang unbekannten chinesischen Überläufern und alarmierende Einzelheiten aus Schriften mächtiger chinesischer Militär- und Polit-Falken.
Das Buch beschreibt auch zum ersten Mal, dass die Öffnung gegenüber China in den Jahren 1969 und 1970, die als eine der bedeutendsten strategischen Schachzüge Amerikas betrachtet wird, nicht von Präsident Nixons damaligen nationalen Sicherheitsberater Henry Kissinger initiiert wurde. Stattdessen zeigt Mr. Pillsbury, dass es chinesische Generäle waren, die die US-Karte gegen die Sowjetunion spielten.“
Von einigen heiklen Details abgesehen, die von der US-Regierung aus dem Buch entfernt worden seien, stelle es in seiner Gesamtheit “eine autorisierte Offenlegung von Chinas geheimer Strategie“ dar, “die zu den wichtigsten Veröffentlichungen interner US-Regierungsinformationen seit mehr als einem Jahrzehnt zählt“, schätzt Herr Pillsbury die Dinge ein.
„‘Das unterstreicht die Bedeutung des Buches‘, sagte Herr Pillsbury in einem Interview. ‘Und es schickt eine Botschaft an China: Wir sind nicht so ratlos, wie Ihr denkt.‘“
In seinem Buch werden ferner genauso neue Details zu einer geheimen Kooperation zwischen der CIA und China bei verdeckten Operationen in Afghanistan und Angola enthüllt, wie auch zu Waffentransfers während der 1980er Jahre von nahezu 1 Milliarde US-Dollar.
“Die verdeckte Unterstützung für China, zusammen mit einem kontinuierlichen Fluss an US-Technologie und Geheimdiensterkenntnissen in den letzten 45 Jahren, war einst unter den am besten gehüteten Geheimnissen der US-Regierung.“
Derlei entnahm ich einem Artikel der “Washington Times“, der hier aufploppt.
Zu Pillsburys Buch äußert man sich auch in der aktuellen Ausgabe von “Foreign Affairs“, dem seit 1922 erscheinenden Journal des Council on Foreign Relations. Demnach artikuliert Pillsburys Werk “einige der Gründe hinter Washingtons zunehmender Angst vor China. Nach Jahrzehnten engen Kontakts mit hochrangigen chinesischen Militärs ist Pillsbury zu der Überzeugung gelangt, dass China weder einfach seine Kerninteressen zu verteidigen beabsichtigt, noch lediglich der Macht der Vereinigten Staaten entsprechen will, sondern die globale wirtschaftliche, kulturelle und militärische Dominanz zu erreichen trachtet. Er sieht Chinas gegenwärtiges Durchsetzungsvermögen als Eröffnungsphase einer langfristigen Anstrengung, die Welt für die Gedankenkontrolle, Missachtung der Umwelt, autoritäre Herrschaft und Verbreitung von Waffen nach chinesischem Stil zu sichern. Trotz der praktischen Unvermeidlichkeit, dass China letztlich eine weit größere Wirtschaft als die USA aufweisen wird, macht Pillsbury geltend, dass Washington den Vorrang wahren kann, so lange es beginnt, den Wettbewerb ernsthaft aufzunehmen, statt auf gemeinsame Interessen zu zählen, um die Zusammenarbeit Pekings zu erzeugen.“ Dem Urteil von “Foreign Affairs“ zufolge “verdient dieses Buch, dem Mainstream der Debatte über die Zukunft der US-China-Beziehungen beizutreten.“
Siehe hier.
Bei alledem ging mir ein wenig als eine Art von Hintergrundrauschen durch den Kopf, worauf ich im Wochenrückspiegel vom 16. November 2014 auf Platz 2 hinwies, nämlich eine Dokumentation von James Corbett mit dem Titel “China and the New World Order”. Falls Sie damals keine Augen dafür hatten, sich diese anzuschauen, haben Sie hier nun einmal mehr die Gelegenheit dazu.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: TOSCA – Heidi Bruehl (Makossa & Megablast Mix).
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.