Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

willkommen bei Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 umtreibt Milosz Matuschek ein gewisser Überdruss am Zustand moderner Tischgesellschaften – der “demokratisierten Fassung des antiken Gastmahls“:

“In solchen Runden wird nicht mehr deklamiert, propagiert, agitiert, musiziert, rezitiert und aus zu grossen Flaschen zu schlechter Rotwein getrunken. Die grossen Themen sind ohnehin auserzählt, tot und zu riskant. Man ist schliesslich nicht anwesend, um Irritationen, Widerstände oder Zurückweisung zu erleben, geschweige denn, etwas Neues zu erfahren. Stattdessen ergeht man sich in der Kommentierung der unmittelbaren Gegenwart: grosse Pfeffermühlen, der perfekte Garzeitpunkt des Fleisches, Herkunft und ideale Röstung von Kaffee, der Preis der Weinflasche, die neueste Sorte Himalajasalz. Wer zu diesem Stichpunktekarussell so gar nichts beizusteuern hat, verfügt vielleicht noch über eine exotische Nahrungsmittelunverträglichkeit, um sich interessant zu machen.“

Mehr zur Wohlstands-Tristesse gibt es von Matuschek hier auf “NZZ“.

Auf Platz 9 verlassen wir das Jammertal allzu irdischen Daseins und begeben uns in den Weltraum – dort, wo auch die USA und Russland das Kalte Kriegsspiel sein lassen.

Wenn Sie regelmäßiger Leser des Wochenrückspiegels sind, so ist Ihnen eventuell aufgefallen, dass die USA und Russland gerne im Bereich Weltraum und Hightech kooperieren – einerlei, was da getrötet wird in der Politik. Heute gibt es wieder etwas in der Richtung. Ist nämlich so, dass auf der Website “Space Daily“ bereits Ende März zu lesen war, dass die jeweiligen Weltraumbehörden NASA und Roscosmos an Plänen arbeiten, Menschen auf den Mond und den Mars zu befördern. Dies sagte der NASA-Beauftragte Charles Bolden auf einer Reise in Kasachstan, wo in Baikonur das russische Kosmodrom steht. “Bolden fügte hinzu, dass die NASA in der Zukunft plane, sowohl ‘mehr private Entwickler für unsere gemeinsamen Explorationsprojekte des Monds und Mars‘ anzuziehen‘, als auch ein ehrgeiziges Programm zum Gewinnen von Mineralien von einem Asteroiden zu initiieren.“

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Initiative stattfindet, wiewohl die NASA eigentlich einen Großteil der Zusammenarbeit mit dem russischen Konterpart auf Eis legte – wie Sie hier lesen können.

Bezüglich desselben Sachverhalts fand ich hier noch eine Meldung auf “Heise“.

Auf Platz 8 wird in Erinnerung gerufen, was der eigentliche Sinn und Zweck von Zentralbanken war. Axel Weber, ehemals Bundesbankpräsident, sagte in einem Interview, das letzten Monat in der “Handelszeitung“ erschien:

„Das ursprüngliche Ziel der Zentralbanken war nicht die Stabilität der Konsumentenpreise. Die entsprechenden Indizes wurden bei Gründung vieler Zentralbanken noch gar nicht erhoben. Zentralbanken wurden eingeführt, um die Kriegsfinanzierung zu sichern. Später wurde ihre Aufgabe um die Rolle als Kreditgeber der letzten Instanz erweitert.“

Aha, Krieg also. (Kleiner Tipp: Schauen Sie doch einmal, warum unter Wilhelm von Oranien die Bank of England gegründet wurde – Sie werden sehen, wie rechtens es ist, wenn Herr Weber sagt: “Zentralbanken wurden eingeführt, um die Kriegsfinanzierung zu sichern.“)

Das Weber’sche Zitat finden Sie hier.

Auf Platz 7 wandelt sich das “Griechenland-Drama“ immer mehr zum “Theater des Absurden“, insofern sich die Tsipras-Regierung nach dem Volksreferendum nunmehr vor dem Parlament in eine Situation gebracht hat, in der sie schon vor zwei Monate angekommen war – und das hätte man schneller und wesentlich einfacher haben können. (Oder hat da jemand insgeheim am Roulette-Tisch auf ein “Ja“-Votum gesetzt?)

So scheint nun der Stand der Dinge zu sein, dass das Volk an der Nase geführt wurde, das Bankensystem darniederliegt und “das, was an griechischem politischen Kapital in der EU übrig war, zerstört ist“ – wie Yves Smith hier unter der Überschrift “Tsipras Has Just Destroyed Greece” widergibt.

Auf “Mediapart“ können Sie sich hier wiederum ein paar Bemerkungen zum “Griechenland-Drama“ von einem nicht weiter genannten Insider der griechischen Regierung zu Gemüte führen, “’We underestimated their power‘: Greek government insider lifts the lid on five months of ‚humiliation‘ and ‚blackmail’“.

Dann hatte ich im Wochenrückspiegel vom 21. Juni auf eine aufschlussreiche Lektüre des Gelehrten Heinz Richter hingewiesen, die hier auf Englisch erschien.

Der Artikel wurde nunmehr auf Deutsch von der “FAZ“ veröffentlicht, und zwar hier unter der Überschrift “Griechische Schuldenkrise – Gut genährt dank Rousfetia“.

Auf Platz 6 attestiert Fefe der Kanonen-Uschi der Berliner Republik, dass es bei ihr herrlich “aus allen Rohren“ cybert, dass kaum noch Wünsche übrig bleiben: “Die Details sind schon fast bewusstseinserweiternd. Da braucht man keine Drogen mehr, alleine das Passivrauchen von den Ausdünstungen dieser Ideen machen schon high.“

Anstoß nimmt Fefe an diesem Vorgang im Internet als Kriegsschauplatz und Operationsraum der Bundeswehr:

“‘Die Bundeswehr müsse nicht nur im Inland in der Lage sein, Cyberangriffe ‘aktiv abzuwehren‘. Bei Missionen im Ausland soll es zum Beispiel möglich sein, die Nutzung von Internet und Mobilfunk durch den Gegner ‘einzuschränken, gegebenenfalls sogar auszuschalten‘.

A-Ha! Zivile Infrastruktur vernichten! Ja super! Die haben glaube ich das Land verwechselt, für das sie da kämpfen. Zivile Infrastruktur kaputtmachen, sowas machen wir eigentlich nicht. Seit der Haager Landkriegsordnung ist das verbriefter Teil des Völkerrechts, dass man zivile Infrastruktur verschonen soll.“

Den Anlass für die Wortmeldung sehen Sie hier.

Der Masterarbeit von Björn Wendt an der Universität Münster, “Die Bilderberg-Gruppe – Wissen über die Macht gesellschaftlicher Eliten“ (siehe hier), entnehme ich im Übrigen, dass beim diesjährigen Bilderberg-Treffen in Telfs-Buchen, an dem Kanonen-Uschi teilnahm, das Thema “Cybersecurity“ auf der Agenda stand.

Hier und hier naive Fragen dazu.

Dann hätte ich zum Thema “Cybergefahr“ / “Cybersicherheit“ / “Cyberkrieg“ noch im Angebot:

Is This What The First World Cyber War Looks Like: Global Real Time Cyber Attack Map”,

und:

Cyber Threat Has Oil And Gas Majors On Edge”.

Auf Platz 5 folgen zunächst zwei Artikel von Koos Jansen zum Komplex “China und Gold“ – als das wären:

How Much Are Chinese Gold Reserves?”,

Und:

China Rapidly Changing International Gold Market”.

Mit China als dynamischen Akteur auf dem Goldmarkt befasst sich auch ein Artikel, den ich hier auf “MarketWatch” las, “China wants to steal gold-market ‘reins’ from New York, London“.

Ebenfalls auf “MarketWatch” gibt Howard Gold die Einschätzung ab, dass der Crash im chinesischen Aktienmarkt erst am Anfang steht – siehe hier.

Eine beachtenswerte deutschsprachige Reflexion zum Aktien-Desaster in China wartet hier von Daniel Stelter auf Sie.

Auf Platz 4 soll es sich um die BRICS- und Shanghai Cooperation Organization-Gipfeltreffen drehen, die kürzlich stattfanden. Die Shanghai Cooperation Organization (SCO) hat nunmehr zwei neue Mitglieder: Indien und Pakistan. Dazu empfehle ich Ihnen diesen Artikel hier, “Shanghai Cooperation Organization turns Pan Asian“.

Ferner können Sie sich hier darüber kundig machen, was die SCO während der nächsten zehn Jahre zu erreichen hofft.

Auf Platz 3 untersucht BBC-Korrespondent Nick Bryant in dem Beitrag “The Decline of US Power?“ den abnehmenden Rang der USA als uneingeschränkte Weltmacht in der Post-9/11-Ära.

Wirklich lesenswert – und zwar hier.

Auf Platz 2 berichtet Robert Perry, dass es zu einer Verschmelzung zwischen Nazis und dem IS komme:

“Das Post-Putsch-Regime der Ukraine verschmelzt nunmehr Neonazi-Sturmtruppen mit militanten Islamisten – ‘Brüder‘ des hyper-gewalttätigen Islamischen Staats genannt“, so heißt es auf der investigativen US-Website “Consortiumnews“. Dies schüre “einen höllisches ‘Todesschwadron‘ –Gebräu, um die ethnischen Russen im Osten der Ukraine am Rande zu Russland zu töten.“

Falls Sie denken, dass das von Belang ist, dann bitte hier entlang.

Und auf Platz 1 kündigen sich saudische Milliarden-Investitionen in Russland an. Wegen der Situation, die der IS im Mittleren Osten hervorbrachte, gab es ja einige Verstimmungen zwischen beiden Regierungen. Und so horcht man denn auf, wenn man liest, dass Saudi-Arabien eine Absichtserklärung unterschrieben habe, demzufolge man 10 Milliarden US-Dollar in Russsland investieren wolle. Das verlautbarte jedenfalls Kirill Dmitriev, der Leiter des Russsischen Direktinvestionsfonds (RDIF). Die Gesamtsumme soll binnen vier bis fünf Jahren fließen und vom saudischen Public Investment Fund und der Saudi Arabian General Investment Authority kommen. 10 Handelsabschlüsse sollen noch in diesem Jahr erfolgen, sieben seien nach Dmitriev in der finalen Phase angelangt. Ein Großteil der Investitionen wird im landwirtschaftlichen Bereich stattfinden. Weiters wird u.a. in den medizinischen und logistischen Sektoren Russlands investiert. Umgekehrt sollen aber auch russische Gelder in den Golf wandern.

In Russland wird erwartet, dass ähnliche Kooperationen mit China, Südkorea und den Vereinten Arabischen Emiraten folgen dürften – wie Sie insgesamt hier ersehen können.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: ANTONIO CARLOS JOBIM – Surfboard.

In dem Sinne, ganz der Ihre,

Lars Schall.

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