Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

willkommen bei Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 wird dem Generalbundesanwalt der BRD, Harald Range, der Vorwurf gemacht, er verschleppe die Ermittlungen wegen des massenhaften Ausspionierens der deutschen Bevölkerung durch die US National Security Agency. Falls sie den Eindruck haben, das ginge Sie etwas an, so hat der “Chaos Computer Club“ hier eine Erklärung des Vorwurfs für Sie.

Auch witzig: “Der BND kann leider keine Auskunft über Selektorenliste geben, weil die der NSA gehört“ – siehe hier.

Christian Harbulot von der Pariser „Schule für den Wirtschaftskrieg“ fordert, dass Europa spionagemäßig gegen die USA zurückschlagen soll – und tut das hier unter der Überschrift „Die Amerikaner behandeln uns wie Vasallen“.

Auf Platz 9 folgen zwei Veröffentlichungen von “Lobby Control“. Anlässlich der neuesten TTIP-Verhandlungsrunde in Brüssel widmet sich “Lobby Control“ zunächst den “fragwürdigen Aktivitäten“ der Bertelsmann Stiftung “rund um die Verhandlungen“, denn die kritisierte Einrichtung habe “massiv für das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU geworben. Zugleich ist der Bertelsmann-Konzern selbst möglicher Nutznießer des TTIP und unterstützt Lobbygruppen, die sich für das Freihandelsabkommen einsetzen. Die Stiftung verletzt damit weiterhin ihren eigenen Grundsatz, nicht zu Handlungs- und Geschäftsfeldern des Bertelsmann-Konzerns zu arbeiten.“

Mehr dazu hier.

Überhaupt, so “Lobby Control“ in der zweiten Veröffentlichung, die ich betrachtete, sei TTIP „ein Paradies für Unternehmenslobbyisten“ – was anhand einer Studie von “Corporate Europe Observatory“ und der Online-Kampagnenorganisation “SumOfUs“ begründet wird. Die Studie zeige auf, “dass insbesondere die Pharma- und Finanzindustrie ihre Lobbyarbeit für das TTIP-Freihandelsabkommen verstärkt haben. Der Studie zufolge hat die Pharmaindustrie ihre Lobbyanstrengungen zwischen 2012 und 2013 versiebenfacht. Auch die Finanz- und Maschinenbauindustrie sind aktiver geworden. Insgesamt dominiert die Unternehmenslobby weiter die Lobbyarbeit rund um die Verhandlungen.“

Dazu gibt es wiederum hier mehr.

Auf Platz 8 betreten wir die Bücherecke. In der finden wir ein neues Werk von Tim Weiner herumliegen, das uns interessieren könnte: “One Man Against the World: The Tragedy of Richard Nixon“. In die Kapitel 1 und 22 können Sie hier reinschauen.

Als nächstes kommt Ex-CIA-Mann John Rizzo zu Wort, der Ihnen hier im Gespräch mit der exzellenten Investigativjournalistin Dana Priest (“Washington Post“) einige Dinge aus seinem Buch “Company Man: Thirty Years of Controversy and Crisis in the CIA“ erzählt.

Schließlich gibt es noch eine Bücherrezension von Hugh Roberts, die vor allem durch ihre reiche historische Fundierung beeindruckt. Die Bücher, die Roberts im “London Review of Books“ bespricht, sind:

“From Deep State to Islamic State: The Arab Counter-Revolution and Its Jihadi Legacy” von Jean-Pierre Filiu.

“Inside the Homs Uprising” von Jonathan Littell,

“The Rise of Islamic State: Isis and the New Sunni Revolution” von Patrick Cockburn,

und:

“Inside the Army of Terror” von Michael Weiss und Hassan Hassan.

Die Besprechung ploppt hier auf.

Auf Platz 7 betreten wir dann den griechisch-europäischen “Absurditäten-Stadl“, welcher anderswo als “Griechenland-Drama“ firmiert.

Ist ja gar nicht so einfach, bei diesem Schauspiel Zeichen intelligenten Lebens zu entdecken, aber ein paar waren dann doch auf der Szenerie zu sehen – beispielsweise Costas Lapavitsas, der der einzige unter den ausgewiesenen Syriza-Akademikern zu sein scheint, der in der Lage ist, die Staats- und Herrschaftsverhältnisse Griechenlands auf den Punkt zu bringen oder zumindest mitzubedenken. (Derlei Zeichen intelligenten Lebens blieb Syriza bislang schuldig.) Drum hier und hier ein wenig Costas Lapavitsas in seinen eigenen Worten

Der Schweizer Ex-Banker und Finanzberater Michael Bernegger sprach kurz mit Norbert Häring, um zu bedenken zu geben: „Ohne funktionierende Banken verliert Griechenland seine Exportbasis“.

Ein kleiner Auszug:

Würde ein Austritt aus der Währungsunion die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen?

Griechenland ist mit seinen beiden wichtigsten Exportbranchen, Reederei und Tourismus, jetzt schon äußerst wettbewerbsfähig. Die Reederei ist außerdem Dollar-basiert, einnahmen- und ausgabenseitig. Ein Austritt und eine Abwertung schaden nur, genauso wie die interne Abwertung, weil sie diese kapitalintensiven Sektoren mit hohen Zinsen und einer Kreditsperre belasten.

Was sehen Sie als Priorität?

Griechenland steht wirtschaftlich vor dem Zusammenbruch, weil die Deflation die Banken durch notleidende Kredite enorm schwächt. Der Bankensektor müsste sofort gerettet werden. Dies setzt ein Bündel von Maßnahmen voraus. Verstärkte Eigenmittel, Übertrag der faulen Kredite in eine intelligent konzipierte Bad Bank. Griechische Gelder aus dem Ausland müssen wieder ins Land gelockt werden, unter anderem durch Abschaffung der Steuer auf Erträge von Bankdepositen, die in der Praxis nur auf inländische Guthaben gezahlt werden. Ohne funktionierende Banken verliert Griechenland seine Exportbasis.

Das kurze Interview gibt es in Gänze hier.

Weitere Zeichen intelligenten Lebens:

Will the EU regret dragging the UK into Greek bailout?”;

Die Politik des Staatsstreichs“;

Das Ende der Demokratie“;

Griechenland: Wieder einmal eine Bankenrettung durch die Hintertüre“;

Die Risiken der Bundesbank aus deren Guthaben-Saldo im TARGET-II-Programm der EZB-Verrechnung“;

und ganz besonders intelligent:

Ist der ESM in Wirklichkeit ein Perpetuum mobile?

Auf Platz 6 folgt ein Stapel an Infographiken im Zusammenhang mit den Vereinigten Staaten von Amerika.

Hier eine zum geringer werdenden Status des US-Dollars als weltweite Reservewährung.

Hier gibt es dann sehr viel mehr Infographiken, und das zum Thema der Landwirtschafts- und Nahrungsmittelindustrie in den USA.

Und hier folgen Infographiken zur Atomwaffenindustrie in den USA.

Auf Platz 5 machen sich Wissenschaftler Gedanken darüber, inwiefern pharmazeutische Produkte für den Menschen wie Prozac verhaltensverändernde Nebenwirkungen auf die Tierwelt haben werden – wie Sie hier nachlesen können.

Auf Platz 4 scheint irgendwie niemand so recht an die neuen offiziellen Zahlen glauben zu wollen, die die VR China über ihre Goldreserve bekanntgab. Zu diesem Thema siehe hier, hier und hier.

Der interessanteste Artikel, den ich zum Gold fand, hat aber einen anderen Hintergrund, und der spielt sich an der Rohstoffbörse der USA ab: “Comex Paper Precious Metals Open Interest Is Going Parabolic“, wie Sie hier erfahren.

Auf Platz 3 frage ich mal in die Runde hinein: Ist Ihnen auch aufgefallen, dass die hiesigen “Quantitätsmedien“ arg wenig über die BRICS- und SCO-Gipfeltreffen berichteten, die neulich in Russland über die Bühne gingen? Eine Ausnahme machte ich auf der Website der “Zeit“ aus, wo sich Theo Sommer zur Sache ausließ – drum sei hier darauf verlinkt.

Auf Platz 2 brechen wir auf in den Weltraum.

Also, ich kann ja Stunden über Stunden Photographien aus dem All betrachten, ohne dass ich dessen müde werde – und so ist es kaum ein Zufall, wenn ich Sie in dieser Woche auf diese schönen Bilder hier auf “Sputniknews“ hinweise.

Pluto ist zwar kein Planet mehr, aber dennoch nach wie vor interessant, wie Ihnen hier, hier und hier nahegebracht wird.

Und auf Platz 1 brachte mich die an und für sich traurige Geschichte einer Frau in Tennessee zum Lachen, die für das Fälschen von Geld verhaftet wurde. Zu ihrer Verteidigung sagte sie: „All These Other Bitches Get To Print Money So I Can Too“. Offensichtlich stand sie unter dem Eindruck, dass es ihr per Gesetz erlaubt sei, Geld zu drucken. Ganz ehrlich: ich habe bei der Lektüre dieses Artikels hier auf “Zero Hedge“ wahre Tränen gelacht – und obwohl mir der Preis (wie alle anderen auch) an meinem Luxushintern vorbeigeht, ist die gute Frau aus Tennessee mein Kandidat für den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: CHRIS MONTEZ – Sunny.

Sunny, yesterday my life was filled with rain.

Sunny, you smiled at me and really eased the pain.

Now the dark days are done and the bright days are here,

My sunny one shines so sincere.

Sunny one so true, I love you.

In dem Sinne, ganz der Ihre,

Lars Schall.

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