Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
willkommen bei Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 wirft Bettina Röhl eine “ketzerische Frage in den Raum: “Wer sind die Hetzer?“, denn sie befindet: „Nazi-Vorwurf ohne Nazi-Tat geht nicht“, und: “Es müsste endlich als ein Beleidigungs-und Verleumdungstatbestand anerkannt sein, jemanden, der keine Nazitaten verübt hat, als ‘Nazi‘ oder, genauso gemeint, als ‘Rechtsextremist‘ zu bezeichnen. Es kann nicht sein, dass jemand bestraft wird, der einen anderen ‘Arschloch‘ nennt, aber derjenige, der einen anderen ohne den Nachweis einer Tat als Nazi bezeichnet, straffrei ausgeht, also quasi einen Freibrief dafür hat. Es muss ein eigener Straftatbestand geschaffen werden, der die blindwütige Nazi-Behauptung gegen einen Menschen unter Strafe stellt. Der öffentliche Diskurs kann nicht durch leichtfertige Beschimpfung anderer als Massenmörder brunnenvergiftet werden, das heißt vom Grunde her aus den Fugen getrieben werden. Den Begriff Nazi mir nichts dir nichts zu verwenden, ist eine besonders verwerfliche Form von Hetze. Und die Bundesregierung muss sich zu allem auch noch den Vorwurf gefallen lassen, dass sie Ursachen und Wirkungen ebenso durcheinander quirlt wie Recht und Moral.“
Falls Sie Frau Röhls Plädoyer weiter folgen mögen, klicken Sie hier.
Auf Platz 9 steht ein Vorgang, über den ich lachen musste: „Journalisten-Verband will Haushaltsabgabe für Printmedien. Egal ob sie online erscheinen oder gedruckt, nach Ansicht des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) brauchen Zeitungen eine Haushaltsabgabe wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“
Mehr zu diesem Thema hier.
Ein Befund gewisser Zustände in D-land, der meine Lachmuskeln ebenfalls kurz in Wallung brachte, war dieser:
“Und wenn man die Berichterstattung im Stern über die Umfrage von Forsa betrachtet, dann muss man feststellen, dass die entsprechenden Ansichten wohl gerechtfertigt sind, nicht, weil eine Steuerung der Medien von oben naheliegen würde, sondern weil in Medien wie in allen Bereichen, in denen die Mittelschicht sich Pöstchen zuschiebt, eine Entprofessionalisierung mit einem Verlust grundlegender Fähigkeiten einhergeht, die man benötigt, um z.B. Journalismus zu betreiben. Anders formuliert: Die meisten deutschen Journalisten muss man nicht von oben steuern, damit sie Falschmeldungen verbreiten oder Nachrichten in einem ideologischen Licht verzerren: Die können es von sich aus nicht besser.“
Das gibt es hier aufs Auge gedrückt.
Auf Platz 8 rangiert der lesenswerteste Finanzbericht, der mir diese Woche unterkam:
“Mario Draghi gives the V-sign but a dangerous QE day looms”;
Auf Platz 7 sichtete ich zwei Meldungen auf “Lobby Control“, die einen näheren Blick verdienen:
und:
“Ein Drittel der Ex-EU-Kommissare vollzieht dreiste Seitenwechsel“.
Auf Platz 6 vermeldet Robert Fisk hier beim “Belfast Telegraph“, dass ein saudischer Prinz mit zwei Tonnen Amphetamin ertappt wurde – aber in Beirut, und deswegen fällt das nicht ganz so ins Gewicht.
Auf Platz 5 betreten wir die Wissenschaftsecke, in der wir drei Artikel vorfinden:
“The Science Surrounding Cryonics”;
“The Strange Growing Effectiveness of Placebos”;
und:
“Robots Can Now Teach Each Other New Tricks”.
Auf Platz 4 beginnen wir mit einer US-Drohung gen Peking, auf die Sie hier beim “Guardian“ treffen, “US threatens further naval incursions despite furious reaction from China“.
Dann sah ich mir zu China ferner an:
“China Is About To Unveil Their Next Five Year Plan: Here’s what you need to know”;
“Crude ’Tipping Point’ Arrives: China Runs Out Of Space To Store Oil”;
“China Plans 2020 Deadline for Dismantling Capital Controls”;
und:
“China mounts gold liquidity grab as London market reforms”.
Unterdessen ist die Goldnachfrage an der Shanghaier Goldbörse weiterhin enorm. Außerdem gehört nun die russische VTB Bank der Börse an, wie Koos Jansen hier berichtet.
Was Syrien betrifft, so sagte Mustafa Alani, der Direktor für National Security and Terrorism Studies am Gulf Research Center in Dubai, dass “die Russen die Hitze in Syrien noch nicht zu sehen bekommen haben.“ Sollten die Russen mit ihren militärischen Interventionsbemühungen binnen eines begrenzten Zeitrahmens nicht erfolgreich sein, werde es „einen Stellvertreterkrieg“ geben.
Siehe hier.
Nunmehr legte der katarische Außenminister Khalid al-Attiyah gegenüber CNN den Start einer eigenen Militärkampagne in Syrien nahe. Gefragt, ob er die saudische Position unterstütze, eine militärische Option nicht auszuschließen, sagte er, dass alles getan werde, „was das syrische Volk und Syrien vor der Teilung schützt“, und es werde „mit unseren saudischen und türkischen Brüdern“ in Syrien „jede Anstrengung“ unternommen, „egal, was das ist. Wenn eine militärische Intervention das syrische Volk von der Brutalität des Regimes schützen wird, werden wir das tun.“
Dies las ich hier.
Sie kennen den militärischen Begriff “Boots on the Ground“, nicht wahr? Das ist der Tatbestand, wenn Bodentruppen einer Armee auf ausländischen Terrain direkt eingesetzt werden. In dem Sinne verstehen Sie dann auch diese Überschrift hier, “Pentagon Ready To Launch ‚Boots On The Ground‘ In Syria, Iraq”.
Und dann unternimmt Vladimir Putin an der russischen Heimatfront einen interessanten Schachzug, indem er der Verbannung des US-Dollars aus dem russischen Handel (beispielsweise Erdöl und –gas) den Weg bereitet – siehe hier und hier.
Derweilen wird den USA in der Springer-“Welt“ attestiert, ihr Öl zur Waffe zu machen, wie hier hervorgeht.
Auf Platz 3 sagt John Sopko, der Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR), dass in Afghanistan Unsummen verschwendet würden, aber niemand werde für den Geldverlust zur Verantwortung gezogen. Seiner Überzeugung nach müssten Leute “gefeuert“ werden und ihre Beförderungen verlieren, “und nur wenn das geschieht, werden wir wirkliche Veränderungen beim Schutz der Dollar des Steuerzahlers sehen.“
Die größte Verschwendung von allen findet laut Sopko bei der Anti-Drogenkampagne in Afghanistan statt, die „nicht wirklich irgendwas erreicht hat“. Dafür aber 8 Mrd. US-Dollar kostete. “Und wieder wurde niemand zur Rechenschaft gezogen und niemand hat seinen Job verloren.“
Die Afghanistan-Ausgaben sind mittlerweile größer als die Ausgaben im Zuge des Marshall-Plans in ganz Europa zusammen genommen: Auch nach Berücksichtigung der Inflation liegen sie bei derzeit etwa 110 Mrd. US-Dollar.
Mehr dazu hier.
Auf Platz 2 vermögen Sie im National Security Archive der George Washington University eine Dokumentation zu “Able Archer“ aus dem Jahre 1983 zu lesen: “The 1983 War Scare Declassified and For Real”, herausgegeben als “National Security Archive Electronic Briefing Book No. 533” von Nate Jones, Tom Blanton und Lauren Harper am 24. Oktober hier.
Und auf Platz 1 sollten Sie sich Zeit nehmen, um die Analyse “The Real Trouble Begins When Rising Inequality Splinters the Elites“ zu lesen, welche hier erschien.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: Gustav Mahler – 7. Sinfonie, 3. Satz, Scherzo: Schattenhaft.
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.