Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

willkommen bei Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 können Sie zum Auftakt lesen, dass Goldman Sachs ein Patent für ein System angemeldet hat, das der Abwicklung von Kryptowährungen dienen soll. Warum “Gottes Akteur auf Erden“ das macht, siehe hier.

Auf Platz 9 bekenne ich, dass ich wenig darauf gebe, was bei Twitter passiert oder auch nicht. Das ist nicht jedermanns Meinung – sonst würden Mainstream-Reporter wie Elise Labott von „CNN“ sich keine Gedanken darüber machen, was sie dort bei Twittern posten können. Interessant ist nun, mit wem sich Frau Lobott zu welchem genauen Ereignis im Jahre 2013 Gedanken zu Twitter-Posts machte – wie Sie hier vorgeführt bekommen.

Nachdem Sie Kenntnis von Labotts Twittereien nahmen, sind Sie bestimmt schon eher für einen Artikel bereit, der wie dieser hier eine Überschrift à la “How the mainstream media became a neo-Stalinist propaganda regime for wealthy neocons“ trägt.

Auf Platz 8 summte ich leise “Praise the Lord and Pass the Ammunition” vor mich hin, als ich las, dass man in den USA jetzt Waffen via TV-Homeshoppingkanal beziehen kann – was hier hervorgeht.

Auf Platz 7 hat ein Forschungsteam an der University of California in Berkeley herausgefunden, dass die U.S. Federal Reserve Bank regelmäßig bestimmte Investoren und Medienorgane mit Informationsleaks versorgt, die zu einem Anstieg bei den Aktienrenditen führen. Die Fed nutze „informelle Kommunikationskanäle“, um die Informationsleaks in Zeitungen wie dem Wall Street Journal unterzubekommen. Die Leaks stehen im Zusammenhang mit Vorstandstreffen der Fed. „Die Forscher behaupten, Beweise für regelmäßige Fed-Leaks durch den Vergleich der Inhalte der Zeitungsartikel mit später veröffentlichten Vorstandssitzungsprotokollen gefunden zu haben und weisen auf Beratungen von privaten Finanzinvestoren hin, die Informationen, die in FOMC-Sitzungen erörtert wurden, enthielten.“

Die Fed tut dergleichen ganz bewusst, meinen die Forscher Annette Vissing-Jorgensen, Anna Cieslak und Adair Morse, um „Markterwartungen zu lenken“. Das erlaubt es ihr, „kontinuierliche, inkrementelle Änderungen der Politik zu erlassen.“

Die Forscher geben zu bedenken: „Während etwas informelle Kommunikation wahrscheinlich für die Fed notwendig ist, um von den Marktteilnehmern zu lernen, ist das ein feiner Balanceakt, da die Fed womöglich sehr wertvolle Informationen an bestimmte Investoren in der Privatwirtschaft abgeben könnte.“

Dies las ich hier.

Auf Platz 6 erfahrenen wir von den Handelserleichterungen, die für die chinesische Währung Yuan in den Vereinigten Staaten eingeführt werden. Nachdem der Yuan nun Teil der Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds geworden ist, wird der Yuan-Handel in den USA auf neue Füße gestellt. Dafür soll eine Gruppe sorgen, der Michael Bloomberg (Gründer von Bloomberg LP und ehemaliger Bürgermeister New Yorks), Mary Schapiro (ehemalige Vorsitzende der US-Börsenaufsicht SEC), Thomas Donohue (Präsident / CEO der United States Chamber of Commerce), Timothy Geithner (früherer US-Finanzminister und Vorsitzender der Federal Reserve Bank of New York) und Henry Paulson (ehemals US-Finanzminister und Vorsitzender / CEO von Goldman Sachs) als Führungsgremium angehören.

Mehr dazu hier.

Der Clou mit der Neuverteilung der Anteile und Proportionen an den IWF-Sonderziehungsrechten ist freilich, dass hauptsächlich die EU die Chinesen zulasten ihrer Anteile aufgenommen hat. Der Yuan soll ab dem 1. Oktober 2016 einen Anteil am Sonderziehungsrechte-Währungskorb von 10.92 Prozent bekommen. Der Anteil des US-Dollars fällt kaum, während der Euro um 6 Prozent einbüßt (Yen: – 1%, Britisches Pfund: – 3%).

Siehe dazu hier.

Auf Platz 5 sagt man in Berlin, das Assad-Regime in Syrien beziehe Erdöl von ISIS. Die Bundesregierung weigert sich, dafür irgendwelche „Beweise“ vorzulegen. Stattdessen solle man ihr gegenüber „Vertrauen“ aufbringen, dass das schon stimme.

Glauben Sie nicht? Zusehr Kindergarten? Dann schauen Sie mal hier.

Von Sophia Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Passau im Bereich des Rechts, las ich in dieser Woche hier einen Einwurf zur Beteiligung der Bundeswehr an den internationalen Kriegsfestivitäten in Syrien, “Deutschlands Weg in den Kampf gegen den IS – ein Pflaster aus rechtlichen Stolpersteinen“.

Unterdessen berichtete “Reuters“ hier von der konsolidierten Kontrolle, die der IS über Libyen erlangt hat.

Und hier zeigt “CNN“ das Interesse des IS am Gold.

Auf Platz 4 komme ich auf einen älteren Bloomberg-Artikel zu sprechen, der mir im Zuge meiner Recherchen zum Krieg in Afghanistan auffiel. Unter der Schlagzeile “Al-Qaeda Backers Found With U.S. Contracts in Afghanistan” schrieb Tony Capaccio für “Bloomberg” im Sommer 2013, dass Unterstützer der Taliban und Al-Qaida in Afghanistan US-Militärverträge erlangt hätten, um Aufträge der Regierung der Vereinigten Staaten auszuführen. John Sopko, der Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction, sagte über diese Vertragspartner mit militanten Verbindungen: “Sie mögen Feinde der Vereinigten Staaten sein, aber das ist nicht ausreichend, um keine Regierungsverträge zu bekommen.“ In einem Brief an den US-Kongress beschwerte sich Sopko darüber, dass es das U.S. Army Suspension and Debarment Office in 43 solchen Fällen unterlassen habe, aktiv zu werden.

So las ich’s hier.

Auf Platz 3 berichten Patrick Cockburn und Robert Fisk seit Jahren für den „Independent“ aus Nah- und Mittelost. Jetzt haben sie fast zeitgleich Artikel veröffentlicht, die mir a) so gar nicht “mainstreamig“ vorkommen, und die ich mir b) in einem vergleichbaren deutschen Medium, etwa der SZ, nicht so recht vorstellen kann – sehen Sie hier und hier nach.

Das andere Extrem ist die NZZ, die zurzeit derart auf Rechtskurs getrimmt wird, dass man fragen muss, ob das noch als Mainstream gelten kann. Im Schweizer „infosperber“ regt man sich hier mächtig auf.

Der NZZ-Artikel von Eric Gujer, dem stets etwas blasiert wirkenden NZZ-Chefredakteur, ist aber auch in der Tat schwer erträglich – siehe hier.

Auf Platz 2 rangieren zwei ganz hervorragende Hintergrund-Artikel, die beide am 2. Dezember erschienen, und zwar zu Entwicklungen in Saudi-Arabien und im Euroland.

Was Saudi-Arabien betrifft, so verweise ich auf Ambrose Evans-Pritchards investigatives Stück hier, “Oil speculators risk ’short squeeze‘ if impulsive Saudi Prince throws Opec surprise”.

Und in Sachen Euroland verweise ich auf David Stockman, der hier seine Meinung unter dem Titel “Draghi Das Dummkopf—–Here Comes More Beggar-Thy-Neighbor“ geigt.

Und auf Platz 1 lädt Sie Gary K. Busch dazu ein, sich mit den Beziehungen der Türkei zu seinen Nachbarn und Verbündeten zu beschäftigen. Busch attestiert der Türkei, eine universelle „Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei“-Karte wie beim Monopoly zu besitzen – und das möchte natürlich, wenn es denn stimmt, etwas erklärt werden. Busch tut das hier auf der Website von John Helmer unter der Headline “Turkey’s complicated relations with its neighbours and allies”.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: Gerald Finzi – Cello Concerto Op. 40 II – Andante Quieto.

In dem Sinne, ganz der Ihre,

Lars Schall.

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