Die Woche im Rückspiegel betrachtet

Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, auf die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestoßen bin.

Von Lars Schall

Geneigte Leserin, geneigter Leser,

willkommen bei Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf zehn bemerkenswerte Geschichten und Veröffentlichungen präsentieren, über die ich im Laufe der jeweils vorangegangenen sieben Tage via wilder Internet-Klickerei stolperte.

Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…

TOP 10-LINKS DER WOCHE

Auf Platz 10 vernehmen wir einen gewissen Ruf, der durch die deutschen Lande geht. Es ist “der Ruf nach einer Regierung als Beschützer“. Dazu las ich heute: “In letzter Zeit hört man immer wieder, dass eine Regierung versagt hätte, wenn sie ihre Bürger nicht mehr schützen könne. Diese Aussage ist sowas von falsch, dass ich kaum weiß, wie ich mit der Klarstellung beginnen soll.“

Mehr zum “Wieso, Weshalb, Warum?“ gibt es hier.

Bei der “New York Times“ hallt uns indes der Ruf nach dem Rücktritt von einer gewissen Frau Merkel entgegen – horchen’S mit den Augen hier.

Auf Platz 9 rief man in Mexiko Jahrzehnte lang nach einem “starken Staat“ – und den hat man in gewisser Weise auch, selbst wenn der mexikanische Staat ein “gescheiterter“ zu sein scheint; kommt halt darauf an, wem der “Narco State“ Mexiko zugutekommt…

Wie dem auch sei, der Narco State fordert seinen Tribut: “Statistik: Drogenkrieg senkt Lebenserwartung mexikanischer Männer“ – siehe hier.

Auf Platz 8 bietet sich Ihnen die Gelegenheit, etwas über Zauberei für Manager in Erfahrung zu bringen, und zwar in einem Interview, das die “FAZ“ hier mit dem Zaubermeister Harold Voith veröffentlichte, der da befindet: “Zaubern können heißt, geistvoll zu unterhalten“.

Im Feuilleton der “FAZ“ stöberte ich in Rekordsummen des Jahres 2015 auf dem Kunstmarkt herum. Falls Sie dem ebenso Beachtung zuteilwerden lassen wollen, wäre hier der richtige Platz und Ort dafür.

Auf Platz 7 spricht man von Skandal. Ist nämlich so, dass der achso böse Bundesnachrichtendienst (BND) und der achso böse US-Geheimdienst NSA die gemeinsame Überwachung des Internets in der Abhörstation im bayerischen Bad Aibling wieder aufgenommen haben. Eiderdaus!, wer hätte das je gedacht?!  Wie auch immer, die Anlage in Bad Aibling wird insbesondere zur Überwachung des “Islamischen Krisenbogens“ eingesetzt, der Länder wie Libyen, Ägypten, Syrien, Irak und Afghanistan umfasst.

Dieses und mehr lesen Sie hier.

Dann bilden die USA im Kampf gegen den “Islamischen Staat“ unterdessen eine Cybertruppe – was mit Problemen verbunden ist, wie hier beim “Guardian“ nachzulesen ist.

Auf Platz 6 geschah es am 7. Januar in Washington DC bei der Brookings Institution, dass auf deren Website hochoffiziell ein Essay ihres derzeitigen „distinguished fellow in residence“ Ben Bernanke erschien, dem früheren Vorsitzenden des U.S. Federal Reserve System.

In dem Essay geht es um die Frage, was den US-Dollar weiterhin die primäre Reservewährung der Welt sein lässt, und er steht Ihnen hier unter der Überschrift „The Dollar’s International Role: An ‚Exorbitant Privilege‘?“ zum Lesen zur Verfügung.

Bernanke gibt in dem Essay vier Gründe für die Vorrangstellung des US-Dollars an: sein stabiler Wert, die Liquidität für US-Finanzmärkte und dem Markt für US-Treasury-Wertpapiere, die Sicherheit für Dollar-Wertanlagen (insbesondere Staatsanleihen), und die Funktion der Federal Reserve als Kreditgeber der letzten Instanz.

Meine Freunde vom Gold Anti-Trust Action Committee (GATA) hatten ein paar Fragen dazu – siehe hier. Diese Fragen sind mittlerweile auch von der Brookings Institution geposted worden – siehe hier.

Auf Platz 5 bringt Brad Hoff für das “Foreign Policy Journal“ dar, welcher Grund für die NATO bestand, 2011 den libyschen Diktator Muammar Gaddafi zu stürzen. Kürzlich veröffentlichte Emails der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton enthüllen, dass der libysche Plan, eine afrikanische Währung mit Gold-Deckung herauszugeben, um gegen den Euro zu konkurrieren, ein Motiv für die NATO war, dem “starken Mann“ in Tripolis ein Ende zu bereiten.

So steht es jedenfalls unter “NATO overthrew Libyan dictator to prevent gold-backed African currency” hier geschrieben.

Auf Platz 4 verlinke ich hier kurz und knapp auf die “SingularityHub“-Website, wo die “10 Most Exciting SciTech Advances of 2015“ auf Sie warten.

Auf Platz 3 hat meine Freundin Nomi Prins in einem Tweet auf einen Artikel verwiesen, der einen Verriß und, pardon, Verschiss dessen ist, was Larry Summers in der WaPo an Bernie Sanders in der New York Times zu bekritteln hatte.

Auf der einen Seite fällt auf, dass Sanders zwar mit vielen Einsprüchen gegen das Einreißen der Brandmauern von Glass/Steagall zur rechten Zeit, nämlich vor der endgültigen Demontage durch Rubin, Summers, Clinton und Greenspan Laut gegeben hat; seine Intervention jetzt auf der anderen Seite aber weder (jedenfalls nach meiner Sicht) sonderlich präzise und qualifizierend zwischen Fed of New York und Federal Reserve Board als Regierungseinrichtung unterscheidet. Dabei lässt er sich zu sehr auf die Rhetorik von Ron und Rand Paul ein, die unter dem common man immer wieder die Fehlwahrnehmung verbreiten, daß die Fed insgesamt eine Einrichtung des BIG government sei.

Mit solchen Anwürfen, Fehlschüssen und Informationsdefiziten darf man sich von einem Geier wie Summers nicht erwischen lassen. Der traut sich (und der Korrekturleser bei der WaPo traut sich nicht das zu korrigieren), Steagall zweimal falsch zu schreiben, und seine Verbrechen bei der Abschaffung dieses Sicherheitssystems eiskalt zu übergehen. Am Ende ergeben sich aus Summersens „Berichtigungen“ sogar einige überpragmatische Vorschläge, die sich dann Hellary gegen Sanders zunutze machen kann.

Überhaupt kommt mir mittlerweile das Auftreten und die Resonanz von Sanders, so ehrenwert der Senator sein mag, als für den opportunistischen Block der Dodd-Frank-Anpassung an Wall Street sehr gelegenes und überlagerndes Gegengewicht bzw Konkurrenz zu Elisabeth Warrens Analysen und Positionen vor. Das ist in diesem Fall des Streites inside-Democrats mit höflicher Unterstützung von PR  und Lobby der Wall Street hier nicht unerheblich, weil auch die Diskussion zwischen Sanders und Summers hin und her eine exemplarische Frage zu bail-out und bail-in unerwähnt läßt, die nur Warren und Cummings im Kongreß aufgeworfen hatten:

Their investigation reveals that this repeal now allows banks to keep nearly $10 trillion in swaps trades on their books that – were it not for the Dodd-Frank rollback – would be „pushed out“ to entities that are not insured with taxpayer funds.  It also finds that regulators have not conducted an analysis of the financial and taxpayer risks posed by the repeal, despite the fact that it allows banks to trade trillions of dollars of risky derivatives.

Bill Black ging dieser Angelegenheit in seinem Gespräch mit Real News in gemeinverständlicher Darstellung nach und brachte damit die Sprache auf neue, unmittelbar bevorstehende Finanzverbrechen, statt an bereits geschehenen, nirgends geahndeten Verbrechen und Inside Jobs zwischen 1999 und 2008 zu kleben.

Wenn man unterstellt, dass Jim Rickards (oder auch vor ihm schon der „Fraktal“-Analyst Benoit B. Mandelbrot u.a.) mit ihren Hypothesen von der Komplexität und Unvorhersagbarkeit der virtuellen Finanzverflechtung die richtige Betrachtungsform gefunden haben, dann reicht weder die rechnerische Bestimmung von Value at Risk noch die Einlegerhaftung in Höhe von 10 Billionen USD aus, um die komplexe Katastrophe abzuwenden, sobald sich die Einsicht einnistet, dass auch die FED (die in Washington) bankrott gehen kann, wie Willem Buiter 2008 gefragt hat. Dann gibt es die Meßgröße VaR für Derivate schlicht nicht mehr, und selbst das was Warren und Cummings aufgedeckt haben, kann der Wall Street nicht mehr helfen:

Their investigation reveals that this repeal now allows banks to keep nearly $10 trillion in swaps trades on their books that… – siehe oben.

Man kann das Bevorstehende auch noch konsequenter darstellen als es Elisabeth Warren und andere gleichen Formats und gleicher Statur seit Jahren tun – auch wenn man die Verfasser nicht gerade unter die respektierten Organisationen der USA zählen will: ‚Bail Ins‘ Mean Deadly Bank Blowout Is On Us: What Must We Do?. Eine noch radikalere Darstellung gibt es von jemandem, der jetzt auch Professor in Beijing ist.

Diese PDF-Datei hier könnten Sie sich hinterdrein zu den Debatten um das Federal Reserve System anschauen. Den Rückblick auf die Geschichte von National- bzw Zentralbank hat der Redner McDonough noch zu einer Zeit gehalten, als er in seiner Amtszeit noch nicht mit den Waghalsigkeiten seines Vorgängers Corrigan und des FED-Chefs Greenspan zu kämpfen hatte und dann in den Jahren bis zu seinem Ausscheiden aus der Fed NY die Vorgänge zwischen dem Platzen der Dot-Com-Blase und der verbrecherisch ausufernden Geldmengenerhöhung nach dem 11. September beaufsichtigen musste.

Auch was hierin und auch hier von ihm zitiert wird, zeugt von Durchblick, aber auch von Ohnmacht gegenüber den Off-Balance-Geschäften der Anteilsbanken an der New Yorker Fed.

Auf Platz 2 rangiert ein Interview mit Michael T. Flynn, einem ehemaligen United States Army Lieutenant General und früheren Leiter der Defense Intelligence Agency (DIA).

Das Interview prangt hier.

Und auf Platz 1 folgt hier “Die Verunglimpfung“.

Wenn Ihnen das zu seicht erscheint, habe ich hier eine Alternativ-Nr.-1 für Sie, „Enough Already! It’s Time To Send The Despicable House Of Saud To The Dustbin Of History”.

Zuletzt noch das Musikstück der Woche: THE BLACK ANGELS – The Sniper At The Gates Of Heaven.

Where do you go when heaven calls you?

What do you do, who do you turn to?

How old will you be when they finally catch you?

Don’t stop moving, they’re right behind

When there’s no one left on this earth you know

Who can save you kid, so just wake up wake up wake up…

In dem Sinne, ganz der Ihre,

Lars Schall.

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One Response to “Die Woche im Rückspiegel betrachtet”

  1. Wolke sagt:

    Ich hätte noch einen Nachtrag 😉

    „Putins militärische Intervention in Syrien und die Erfolge gegen die Terror-Miliz IS eröffnen der EU neue Spielräume und müssen als vertrauensbildende Maßnahme seitens der Russen gesehen werden.”

    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/01/10/oekonom-erfolge-gegen-isis-sind-dem-einsatz-moskaus-zu-verdanken/

    Leider stehen dem solche grotesken Statements im Wege:

    https://www.youtube.com/watch?v=a1IplrVubfA

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