Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, über die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestolpert bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
willkommen bei Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf Geschichten und Veröffentlichungen zu 10 Themenbereichen präsentieren, die mir im Laufe der jeweils vorangegangenen Woche als wie auch immer beachtenswert auffielen.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 schauen wir uns in der Wissenschafts-Ecke um und erspähen darin diese Artikel-Auswahl:
“Are We Living in a Computer Simulation?”;
“Is Hawking’s Interstellar ‚Starshot‘ Possible?”;
“The world’s blackest material makes NASA’s ultra-black paint look like it’s not even black”;
“How to Launch a Rocket Into Space…and Then Land It on a Ship at Sea”;
“They Built the Single-Atom Engine And It Actually Works”;
“One-nm-thick graphene engine mimics two-stroke engine”;
und:
“Human-Animal Chimeras Are Gestating on U.S. Research Farms”.
Auf Platz 9 heißt es sodann:
“Mit Unterstützung für die Grenzsicherung Ägyptens, für den Aufbau einer Küstenwache in Libyen und für weitere Abschottungsmaßnahmen treiben Berlin und die EU die Installation eines hochmilitarisierten Grenzregimes zur Flüchtlingsabwehr in sämtlichen Küstenstaaten Nordafrikas voran. Am Montag hat die EU sich von einem libyschen ‘Regierungschef‘, dem die maßgeblichen Kräfte im Land die Anerkennung verweigern, um Hilfe beim Aufbau einer Küstenwache bitten lassen. Ziel ist es, das Ablegen von Flüchtlingen nach Europa zu verhindern. Schon am Vortag hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Ägypten Unterstützung bei der Abschottung der Grenze zu Libyen zugesagt. Der Bau einer Sperranlage an der tunesisch-libyschen Grenze ist von Beamten der Bundespolizei mit Aktivitäten im tunesischen Innenministerium begleitet worden. Algerien wiederum sichert seine Grenzen mit Elektronik aus deutscher Produktion. In Marokko hat Wirtschaftsminister Gabriel gestern Gespräche beendet, die ebenfalls die Flüchtlingsabwehr zum Thema hatten. Die Militarisierung der nordafrikanischen Grenzen soll es ermöglichen, die Flüchtlingsabwehr vorzuverlagern, um den EU-Binnenmarkt grenzkontrollfrei und damit auf globaler Ebene durchsetzungsfähig zu halten.“
Mehr dazu hier.
Mithin ist es ja nicht so leicht, den Überblick bei all den Konflikten auf dem Globus zu behalten. Um den Überblick zu behalten, bietet der Council on Foreign Relations einen “Global Conflict Tracker“ aus US-Sicht an – siehe hier.
Auf Platz 8 möchte die EU “mehr gegen den ganzen Terrorismus im Netz“ unternehmen. “Seit einem Jahr treffen sich daher Beamte der EU-Kommission und Europol regelmäßig mit fünf großen amerikanischen Internetanbietern, um den Zugang zu ‘terroristischen Inhalten‘ einzuschränken – ganz ohne Richtervorbehalt oder lästige Gesetzgebungsprozesse.“
Weitere Informationen gibt es dazu hier.
Darüber hinaus gibt es hier einen Überblick auf das neue Anti-Terror-Paket der Großen Koalition “im Hinblick auf Grundgesetzkonformität, Verhältnismäßigkeit und Privatsphäre“.
Auf Platz 7 befinden sich zeitgenössische Geheimdienstmitarbeiter “überwiegend genau da, wo Sie in diesem Moment auch sitzen: vor einem Monitor. Die Instrumente, mit denen die Geheimdienste die von Ihnen von offenbarten oder vermeintlich versteckten Daten tatsächlich auswerten, sind nun durch aktuelle Leaks und Zwangsveröffentlichungen ein Stück weit transparenter geworden.“
Dafür klicken Sie bitte hier.
Auf Platz 6 hat die BRICS-Entwicklungsbank die ersten Kredite vergeben – wie Sie hier nachschauen können.
Russland und China stellen unterdessen den Plan an, eine gemeinsame Goldhandelsplattform zu starten – was hier ersichtlich wird.
Die staatliche Nachrichtenagentur Russlands interessiert sich hier für die Manipulation von Gold und Silber (die westliche Presse tat’s derweilen diese Woche nicht, und manche, die es eigentlich etwas angeht, wussten davon überhaupt noch nichts – siehe hier).
Auf Platz 5 sah ich mir für diese anhaltende Recherche hier einen Artikel an, den Anthony L. Kimery in der Dezember-Ausgabe 1992 des “Wired Magazine“ veröffentlichte, “Big Brother Wants to Look in your Bank Account”.
Daraus ging hervor, dass das US Treasury seit April 1990 das „quasi-geheime“ Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) unterhält. „FinCEN”, hieß es in dem Bericht, sei die „effektivste Finanzkriminalitätsermittlungseinheit“ der US-Regierung, und „vielleicht der Welt“. „Ihre Aufgabe ist es, die digitalen Spuren schmutzigen Geldes aufzuzeigen, seien es gewaschene Gewinne aus Drogenverkäufen, gestohlene S&L-Beutegüter, versteckte politische Schmiergeldkassen oder Finanzierungskanäle von Terroristen. Sie ist die einzige Bundeseinheit, die sich allein der systematischen Sammlung und Quer-Analyse der Strafverfolgungsbehörden, Geheimdienste und öffentlichen Datenbanken widmet.“
Zum Zeitpunkt, als der Artikel von Kimery erschien, stand FinCEN kurz davor, in ein „glänzendes Bürohochhaus in der Nähe der CIA in Vienna, Virginia (auch bekannt als ,Spook City‘)“ zu ziehen, wo unter anderem „die Talente von IRS, FBI, DEA, Secret Service“ ebenfalls anzufinden wären. „Laut ranghohen Geheimdienstmitarbeitern“ bestünde „Zugang zu den Ressourcen der CIA, der National Security Agency (die Daten zu elektronischen Währungsbewegungen in und aus den Vereinigten Staaten abfängt, von denen einige ihren Weg in FinCEN-Analysen finden) und der Defense Intelligence Agency.“ Inoffiziell hätten mehrere Geheimdienstler „zugegeben, dass sich neben der CIA auch der Nationale Sicherheitsrat und das Bureau of Intelligence and Research (INR) des Außenministeriums dem beeindruckenden FinCEN-Geheimdienstteam angeschlossen haben. Kurzum, FinCEN ist ein einmaliger Kessel, der die gesamten verfügbaren Finanzgeheimdiensterkenntnisse in den Vereinigten Staaten beinhaltet.“ FinCENs Mission mache die Beteiligung der Geheimdienst-Community erforderlich, „besonders beim Aufspüren von Finanzhandlungen unter Terroristen und der Durchführung finanzieller Spionageabwehr“, doch nur wenige Beamte seien bereit, „den Trend offen zu diskutieren.“
Kimery berichtete, dass FinCEN an einem Datenbank-Projekt namens Deposit Tracking System (DTS) arbeitete, um Geldtransfers von und auf US-Bankkonten in Echtzeit verfolgen zu können. „Unabhängig von der Form, die es annehmen wird, sagten die Quellen, könne DTS und jede andere Finanzdatenbank, die dabei herauskommt, in leichter Weise mit FinCENs Artificial Intelligence / Massive Parallel Processing (AI / MPP) Programm verknüpft werden, ein Strafverfolgungszielbestimmungssystem, das in ein paar Jahren online gehen wird.“
FinCEN entwickelte dieses 2,4 Millionen US-Dollar teure „Geldflussmodel“ zusammen mit dem Los Alamos National Laboratory. Die auf Künstlicher Intelligenz basierende Software sollte nach „unerklärlichen, atypischen Geldflüssen“ Ausschau halten. „Gekoppelt mit einem massiven Parallelcomputersystem könnte AI / MPP die Echtzeit-Überwachung der gesamten elektronischen Banken-Landschaft der USA leisten.“ In der nahen Zukunft sollten alle bis dahin existierenden Regierungsdatenbanken zudem durch AI / MPP miteinander verknüpft werden, darunter die CIA-Terroristen-Datenbank DESIST. „Die Rechtfertigung für die Schaffung eines solchen Systems ist bestechend“, schrieb Kimery, da so bisher unbekannte Finanzkanäle zu Terroristen reihenweise identifiziert würden. Verknüpfte man das Deposit Tracking System mit einem DESIST/FinCEN-System, wäre man in der Lage, terroristische Finanzströme in Echtzeit zu identifizieren – wodurch sich „frühzeitige Warnungen vor möglicherweise unmittelbar bevorstehenden Terrorhandlungen“ ergäben.
Den ganzen Artikel finden Sie hier unter “Big Brother Wants to Look in your Bank Account“.
Auf Platz 4 kehre ich zu einem Thema zurück, das am 27. März auf Platz 3 gelandet war. An jenem Tag wies ich auf einen Artikel von Dan Baum im “Harper’s Magazine“ hin. Darin befand sich eine Aussage, die 1994 von John Ehrlichman gemacht wurde, einem Berater von Richard Nixon und Watergate-Mitverschwörer. Baum erzählt:
“Damals schrieb ich ein Buch über die Drogenprohibitionspolitik. Ich begann Ehrlichman eine Reihe von ernsthaften, wackeligen Fragen zu stellen, die er ungeduldig wegwischte. ‘Sie wollen wissen, worum es bei all dem wirklich ging?‘, fragte er mit der Unverblümtheit eines Mannes, der nach der öffentlichen Schande und einem Aufenthalt in einem Bundesgefängnis wenig übrig hatte, das es noch zu schützen galt. ‘Die Nixon-Kampagne im Jahr 1968, und das Weiße Haus unter Nixon danach, hatten zwei Feinde: die Anti-Kriegs-Linken und schwarze Leute. Verstehen Sie, was ich sage? Wir wussten, wir konnten es nicht illegal machen, entweder gegen den Krieg oder die Schwarzen zu sein, aber indem wir die Öffentlichkeit dahinbekommen würden, die Hippies mit Marihuana und die Schwarzen mit Heroin zu assoziieren, und dann beides unter schwere Strafe stellten, könnten wir jene Gemeinden stören. Wir könnten ihre Führer verhaften, ihre Häuser durchsuchen, ihre Treffen auflösen und sie Nacht für Nacht in den Abendnachrichten verunglimpfen. Wussten wir, dass wir über die Drogen logen? Natürlich haben wir das gewusst.‘
Ich muss geschockt ausgesehen haben. Ehrlichman zuckte bloß mit den Schultern. Dann schaute er auf seine Uhr, reichte mir eine signierte Kopie seines Spionageromans The Company und führte mich zur Tür.“
Auf diese Aussage von Ehrlichman stoßen Sie hier.
Bereits vor der Inauguration als 37. Präsident der Vereinigten Staaten ließ Nixon, der sich im Wahlkampf als “Law & Order“-Mann verkauft hatte, eifrig an den Konturen des “War on Drugs“ arbeiten, wie hier hervorgeht.
Ferner erfahren wir Interessantes aus den Tagebüchern von H. R. Haldeman, Nixons Stabschef im Weißen Haus. Am 28. April 1969 zeichnete Nixon ihm gegenüber seine grundlegende Strategie auf: „[Präsident Nixon] betont, dass man sich der Tatsache stellen muss, dass das ganze Problem wirklich die Schwarzen sind. Der Schlüssel ist, ein System zu entwickeln, das dies anerkennt, ohne so zu erscheinen.“ (Haldeman-Tagebücher, Seite 53).
Dies fand ich hier niedergeschrieben.
Man darf die Aussage von Ehrlichman also ziemlich bestätigt sehen.
Auf “CNN“ hieß es unlängst zu Ehrlichmans Aussage aus dem Jahre 1994:
“Mit Ehrlichmans Kommentar ist der Krieg gegen die Drogen zum ersten Mal als politischer Angriff gekennzeichnet worden, der entworfen wurde, um Nixon zum Sieg zu führen und um das Weiße Haus zu behalten.“ Es bestünde ein großer Gegensatz gegenüber Nixons öffentlicher Rechtfertigung für den Krieg gegen die Drogen, die erstmals im Juli 1969 im Kongress ausgesprochen wurde. Der Krieg gegen die Drogen war demnach “eine Reaktion auf den Anstieg bei der Heroinsucht und den emporkletternden Gebrauch von Marihuana und Halluzinogenen durch Studenten.“
So sehen Sie es hier unter der Schlagzeile “Report: Aide says Nixon’s war on drugs targeted blacks, hippies“ geschrieben.
Zwei weitere Artikel, die ich mir zu „Nixon, die Drogen und die Schwarzen“ ansah, waren:
“Haldeman Diary Shows Nixon Was Wary of Blacks and Jews”;
und:
“The War on Drugs: How President Nixon Tied Addiction to Crime”.
Auf Platz 3 können Sie sich hier mit dem Einfluss auseinandersetzen, den die CIA auf Medienproduktionen nimmt.
Gerichtsverfahren gegen die CIA wegen der Anwendung von Folter können weiter voranschreiten – wie Ihnen hier und hier vor Augen geführt wird.
Die CIA spielte eine gehörige Rolle bei den 9/11-Anschlägen. Im Fokus steht derzeit hingegen die saudische Rolle im 9/11-Zusammenhang. Zur Visite von US-Präsident Obama beim Haus Saud hat Robert Fisk einen hübschen Artikel geschrieben, hier zu finden unter “Obama knows 9/11 was linked to Saudi Arabia – its massive oil reserves are behind his official visit“.
Um Saudi-Arabien im 9/11-Kontext geht es auch hier, hier, hier, hier und hier.
Auf Platz 2 rangiert hier eine persönliche Erinnerung an den US-Autor und 9/11-Rechercheur Mike Ruppert, der vor zwei Jahren Selbstmord beging.
Und auf Platz 1 kommt eine aktuelle Pew Research-Umfrage zum Ergebnis, dass nur sechs Prozent der US-Bürger den Mainstreammedien noch Vertrauen schenken – klicke hier.
“The Media Insight Project“ beschäftigt sich hier mit der Frage “What Makes People Trust and Rely on News”.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: MARIACHI ROCK-O – Everyday Is Like Sunday.
This is the coastal town
That they forgot to close down
Armageddon, come, Armageddon!
Come, Armageddon, come!
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.