Jede Woche am Sonntag stelle ich eine Auslese der zehn bemerkenswertesten Geschichten und Veröffentlichungen vor, über die ich bei meinen Streifzügen durch die Tiefen und Weiten des weltumspannenden Informationsnetzes gestolpert bin.
Von Lars Schall
Geneigte Leserin, geneigter Leser,
willkommen bei Die Woche im Rückspiegel betrachtet. Mit diesem Format möchte ich Ihnen immer wieder des Sonntags im Schnelldurchlauf Geschichten und Veröffentlichungen zu 10 Themenbereichen präsentieren, die mir im Laufe der jeweils vorangegangenen Woche als wie auch immer beachtenswert auffielen.
Und damit ohne weiteren Aufhebens zu den…
TOP 10-LINKS DER WOCHE
Auf Platz 10 macht Musik den Auftakt. Ein ziemlich großes Bildungserlebnis ergab sich für mich, als ich 1987/88 die US-Gruppe Public Enemy entdeckte. In der Folge stiegen meine Englischkenntnisse beispielsweise merklich an, da ich verstehen wollte, was die “schwarzen CNN-Korrespondenten“ Chuck D und Flava Flav eigentlich so schnell von sich gaben.
Wie auch immer. Wir schreiben inzwischen das Jahr 2016, und diese Woche las ich hier:
“Mitglieder von Rage Against the Machine, Cypress Hill und Public Enemy gründen neue Supergroup – Anfang Juni soll das erste Konzert der ‘Prophets of Rage‘ stattfinden.“
Sollte die Supergroup nach D-land kommen, werde ich mir wohl ein Eintrittsbillet kaufen gehen.
Eine Art von Eintrittsbillet hätte man sich auch für ein Konzert des Sankt Petersburger Mariinsky-Sinfonieorchesters unter seinem Dirigenten Valeri Gergiev im syrischen Palmyra gewünscht. Gab’s aber nicht. Stattdessen gab’s ein “Armutszeugnis“ und eine “Bankrotterklärung“, wie hier über die Angelegenheit notiert wurde.
Auf Platz 9 hätte ich hier das Gegenteil von Big Brother für Sie, das wäre “LittleSis“ – wohinter sich eine freie Datenbank der Public Accountability Initiative verbirgt, die der Fragestellung “Wer kennt wen?” in den Führungsetagen in Wirtschaft und Regierung gewidmet ist.
Auf Platz 8 können Sie sich hier kundig machen, was das Arbeiten mit den von Edward Snowden bereitgestellten NSA-Dokumenten angeht, während Sie hier etwas über die Cyber-Sicherheitsgefahren fürs Finanzsystem erfahren.
Auf Platz 7 gibt es hier einen heftigen Rücktritt in Israel, der wohl Avigdor “Türsteher“ Lieberman zum neuen Verteidigungsminister des Landes machen wird, und hier gibt es in Brasilien eine Art Putsch (sich übrigens hier ab Minute 32:30 schon im Oktober 2015 im Berliner Café Lubitsch andeutend), der “Alte, Reiche, Weiße und Rechte“ ans Staatsruder bringt.
In zwei Interviews haben sowohl Dilma Rousseff (hier mit Greenwald) als auch Lula da Silva (hier mit “RT“) nicht nur die Kräfte hinter dieser brasilianischen Farbenrevolution angesprochen, deren Stoßrichtung sogar die Cardoso-Reformen und damit den demokratischen Verfassungsstaat beseitigen will; beide zeigen auch die vielfältigen Gegenkräfte auf, die sich in zwei Äußerungen verbinden. Die eine wäre eine Feststellung aus Lula da Silvas Interview, der Überlegungen aus dem Bereich der “produktiven Kreditschöpfung“ zugrunde liegen:
„… Eine Wirtschaft unserer Größe könnte es sich leisten, Staatsschulden von bis zu 65 Prozent zu haben, und das wäre kein Problem, so lange, wie das Geld in den Aufbau der Infrastruktur und in die Schaffung von Einrichtungen investiert wird, die es der Wirtschaft ermöglichen würden, Gewinne zu erzielen. Was wir nicht tun sollten, ist Schulden zu verwenden, um die Staatsausgaben zu finanzieren. Aber sie sollten verwendet werden, um in die Wirtschaft zu investieren und um Dinge wie Autobahnen, Eisenbahnen, Flughäfen und Seehäfen zu bauen. … “
Die andere wäre ein Produktiv-Gesang bei einer Besetzung des Kulturministeriums – siehe hier.
Dafür gibt es ein Vorbild, das hier als kleines Aktionskunststück Ihre Beachtung verdient: Carmina Burana am Westbahnhof Wien.
Ansonsten im Zusammenhang mit Israel noch zwei weitere Hinweise. Erstens auf eine Einschätzung des Ya’alon-Rücktritts von Ludwig Watzal, hier bei “Dissident Voice“ erschienen, und zweitens auf gewisse Nazi-Vergleiche, die der Vize-Chef des israelischen Militärs Yair Golan zog, hier beim “Guardian“ nachzulesen.
Auf Platz 6 ist’s ja so, dass manche Leute eine Art Lebensinhalt daraus machen, möglichst alles herauszufinden, was George Soros, der “König der Hedgefonds“, auf und abseits der Finanzmärkte anstellt. Diese Leute werden mitbekommen haben, dass es Herrn Soros derzeit nach dem Gold drängt – siehe hier, hier und hier.
An Popularität gewinnt ein Remake der US-Goldpolitik von 1933/34, als man im Zuge des Gold Reserve Acts den Wert des US-Dollars in Zeiten der Deflation gegenüber Gold deutlich abwertete. Eventuell könnte das wieder geschehen, sagt Doug Pollitt von Pollitt & Co. in Toronto hier unter der Überschrift „Pimco Goes Full Goldbug“.
Zu den wichtigsten Märkten zur Setzung des Goldpreises, London und New York, gibt es hier und hier zwei Infographiken.
Auf Platz 5 erhält die Wissbegier zur Frage, wieviel US-Staatsanleihen eigentlich genau von Saudi-Arabien gehalten werden, hier einige Antworten. “Bloomberg“ drängte das US-Finanzministerium auf die Veröffentlichung der Zahlen, und die Zahlen, die man schließlich erhielt, fallen deutlich geringer aus, als üblicher Weise angenommen wurde. Demnach besaß Saudi-Arabien im März 2016 US-Staatsanleihen im Wert von $116.8 Milliarden.
Die gegebenen Antworten vermögen aber auch Fragen aufzuwerfen, wie ich hier sah.
Auf Platz 4 rangiert ein guter, alter Bekannter; die CIA.
In dem “Washington Post”-Artikel “The CIA’s mysterious role in the arrest of Nelson Mandela” wird uns zunächst mitgeteilt, dass die Spekulationen über eine CIA-Beteiligung an der Verhaftung von Nelson Mandela im Jahre 1962 neue Nahrung erhalten haben. So Sie das interessiert, schauen Sie doch bitte hier vorbei.
Danach schwenken wir aufs Thema “Die CIA & Medien“. Einigermaßen bekannt ist der Aufsatz, der dazu im Oktober 1977 von Carl Bernstein im “Rolling Stone“-Magazin erschien – siehe hier.
Bernstein schrieb u.a.:
“Die Instrumentalisierung der amerikanischen Nachrichtenmedien durch die CIA ist weitaus exzessiver gewesen, als Vertreter der Behörde öffentlich oder in Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor Angehörigen des Kongresses zugegeben haben. (…) Mehr als 400 amerikanische Journalisten hatten im Geheimen Anweisungen der CIA ausgeführt, wie Dokumenten in den Akten des CIA-Hauptquartiers zu entnehmen ist. Manche der Beziehungen dieser Journalisten mit der Behörde bestanden stillschweigend, manche ausdrücklich. Reporter teilten ihre Notizbücher mit der CIA. Herausgeber teilten ihre Mitarbeiter. Einige der Journalisten waren Gewinner des Pulitzer-Preises, die meisten befanden sich in weniger herausgehobener Stellung: Auslandskorrespondenten, die erkannten, dass ihnen ihre Verbindungen zur Behörde bei der Arbeit half. (…) Unter den Führungskräften, die ihre Unternehmen der Behörde zur Verfügung stellten, befanden sich William S. Paley vom Columbia Broadcasting System, Henry Luce von Time Inc., Arthur Hays Sulzberger von der New York Times, Barry Bingham Sr. vom LouisviIle Courier Journal und James Copley vom Copley News Service. Andere Organisationen, die mit der CIA kooperierten, umfassen die American Broadcasting Company, die National Broadcasting Company, die Associated Press, United Press International, Reuters, Hearst Newspapers, Scripps Howard, das Newsweek Magazine, das Mutual Broadcasting System, den Miami Herald, und die alten Saturday Evening Post und New York Herald Tribune.“
Weit weniger bekannt ist dagegen eine 3-teilige Artikelserie, die zur Weihnachtszeit 1977 in der “New York Times“ erschien, “CIA: Secret Shaper of Public Opinion“ betitelt.
Für gewisse Buchrecherchen muss ich einen Blick in diese Artikelserie werfen, und wenn Sie das auch tun wollen, laden Sie sich folgende PDF-Dateien runter:
“The CIA’s 3-Decade Effort To Mold the World’s Views” (New York Times, 25. Dezember 1977);
“Worldwide Propaganda Network Built by the CIA” (New York Times, 26. Dezember 1977);
“CIA Established Many Links To Journalists in US and Abroad” (New York Times, 27. Dezember 1977).
Auf Platz 3 schreibt Heribert Seifert über einen, der ziemlich nervt: der Wutjournalist. Mehr zu diesem Ungetüm hier unter “Journalismus im Kampfmodus – Hetzer, Idioten und Dumpfbacken“.
Auf Platz 2 besitzen Sie die Gelegenheit sich eingehend zum BKA-Gesetz informieren zu lassen, und zwar in einer 3er-Serie hier, hier und hier.
Und auf Platz 1 geht hier hervor, was der Wachstumsmarkt, der mit kommerziell verwendeten Drohnen operiert, an Renditen abwerfen könnte.
Zuletzt noch das Musikstück der Woche: SHIGEO SEKITO – The Word 2.
In dem Sinne, ganz der Ihre,
Lars Schall.
Vielen Dank für die Rückspiegel-Ausgabe.
zu 4: Henry Luce gründete die TIME. Es scheint ein Scanner-Fehler übernommen zu sein, derzeit steht da Tirne.