15 Jahre Afghanistankrieg: Ein Blick auf NSPD Nr. 9

Deutliche Anzeichen dafür, dass von Seiten der USA ein militärisches Eingreifen in Afghanistan bereits vor den 9/11-Terroranschlägen geplant war, gibt es viele. Eines dieser Anzeichen besteht in der bis heute kaum bekannten National Security Presidential Directive Nr. 9.

Von Lars Schall

Es folgt ein Auszug aus einem Buch zum Thema 9/11 und Tiefenstaat, an dem ich derzeit schreibe.

Der Plan zum Angriff auf Afghanistan, der Anfang Oktober 2001 in Kraft trat, wurde bereits vor den Anschlägen vom 11. September in die Wege geleitet und abgeschlossen. General Franks, der Oberkommandierende des Central Command (CENTCOM), prüfte in dem Monat, als der Report der NEPDG veröffentlicht wurde – das heißt: im Mai 2001 –, „Kriegspläne, die für die kommende Kampagne in Afghanistan genutzt werden würden. Zu dieser Zeit … war die militärische Planung der USA zunehmend als Bereitstellung von ,Ressourcensicherheit als ihrer primären Mission‘ definiert worden.“ (1)

Zudem begann im Juni ein erster Entwurf der National Security Presidential Directive Nr. 9 zu zirkulieren, deren spätere Variante zu „verdeckter Aktion” am Hindukusch aufrief und am 4. September genehmigt wurde – das bedeutet: sieben Tage vor den 9/11-Anschlägen. (2)

Am 9. September lag der Angriffsplan für Afghanistan schließlich laut Angaben von NBC fertig zur Unterschrift auf dem Schreibtisch des US-Präsidenten im Oval Office bereit:

„Von Präsident Bush wurde erwartet, detaillierte Pläne für einen weltweiten Krieg gegen al-Qaida zwei Tage vor dem 11. September zu unterzeichnen, aber er hatte vor den Terroranschlägen in New York und Washington nicht die Möglichkeit dazu“, meldete der US-Fernsehsender, indem er sich auf US-amerikanische und ausländische Quellen stützte. „Der Plan“, hieß es weiter, „behandelte alle Aspekte eines Krieges gegen al-Qaida, die von diplomatischen Initiativen bis hin zu militärischen Operationen in Afghanistan reichten, so die Quellen unter der Bedingung der Anonymität. In vielerlei Hinsicht zeichnete die Richtlinie (…) im Wesentlichen den gleichen Kriegsplan, den das Weiße Haus, die CIA und das Pentagon nach den Angriffen vom 11. September in die Tat umsetzten. Die Regierung war höchstwahrscheinlich deswegen in der Lage, so schnell auf die Angriffe zu reagieren, weil sie einfach nur die Pläne ,aus dem Regal“ zu ziehen brauchte.“ (3)

Condoleeza Rice bestätigte das Datum vom 9. September späterhin. (4) Desgleichen kam Donald Rumsfeld bei seiner Aussage vor der 9/11-Kommission auf die Sache zu sprechen, als er im Frühjahr 2004 sagte: „Dr. Rice erklärte, dass sie die Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats in ihrer ersten Woche im Amt um eine neue Präsidialinitiative gegen Al Qaida bat. Anfang März wurden die Mitarbeiter angewiesen, eine aggressivere Strategie zur Beseitigung der Al-Qaida-Bedrohung zu entwerfen. Der erste Entwurf dieses Ansatzes, in Form einer Präsidialdirektive, wurde von den NSC-Mitarbeitern im Juni 2001 in Umlauf gebracht und eine Reihe von Sitzungen fand in diesem Sommer auf der stellvertretenden Minister-Ebene statt, um die involvierten politischen Fragen zu besprechen, wie etwa eine aggressive Strategie gegen die Taliban in den US-pakistanischen Beziehungen.

Bis zur ersten Woche im September war das Verfahren bei einer Strategie angekommen, die den Vorgesetzten vorgestellt wurde und aus der später NSPD-9 wurde, die erste große substantielle Entscheidungsrichtlinie zur nationalen Sicherheit des Präsidenten“, die von Bush „mit geringen Änderungen und einem Vorwort, um die Ereignisse des 11. September widerzuspiegeln“, schließlich unterschrieben worden sei. (5)

Wohlfeile Analysen, die eine Instrumentalisierung der 9/11-Anschläge lediglich für die vorgeschobene Rechtfertigung des Irakkrieges anerkennen, mitnichten aber für den Feldzug in Afghanistan, greifen also etwas zu kurz in Anbetracht der Tatsachen.

Die National Security Presidential Directive Nr. 9 können Sie sich hier anschauen. Zur Rechtswidrigkeit, die den US-Krieg in Afghanistan insgesamt kennzeichnet, steht überdies hier ein Interview, das ich mit dem US-Völkerrechtsexperten Francis Boyle führte, zur Verfügung.

QUELLEN:

(1) Vgl. William R. Clark: “Petrodollar Warfare – Oil, Iraq and the Future of the Dollar”, New Society Publishers, Gabriola Island, 2005, Seite 71.

(2) Vgl. “NSPD-9: Combating Terrorism”, online abrufbar unter: http://www.fas.org/irp/offdocs/nspd/nspd-9.htm

(3) Vgl. Jim Miklaszewski / Alex Johnson: “U.S. sought attack on al-Qaida. White House given plan days before Sept. 11“, veröffentlicht auf MSNBC am 16. Mai 2002 unter: http://www.msnbc.msn.com/id/4587368/

(4) Vgl. Bob Woodward: “Bush at War“, Simon & Schuster, New York, 2002, Seiten 35-36 über die “National Security Presidential Directive # 9”.

(5) Vgl. “9/11  Commission Hearings. Part II”, veröffentlicht von Global Research am 25. März 2004 unter: http://globalresearch.ca/articles/COM403B.html

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One Response to “15 Jahre Afghanistankrieg: Ein Blick auf NSPD Nr. 9”

  1. Bill sagt:

    Lars,

    I propose that you also publish your article in English and send a note dealing with the article to wrh@whatreallyhappened.com

    I hope that you will publish an English language edition of your new book.

    My German is good enough that I can read a little, but I lack most ability to write grammatically.

    Great article!

    Thanks! Bill

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